Volltext Seite (XML)
Blatt Amts und des StadLrathes des Aönigl. Amtsgerichts Wutsnitz KefcHäftssteiren: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Nnnoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank. Rudolph Moffc und G. L. Daube L Comp. puSzeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Erscheint: Mi twoch und Sonnabend. Als Beiblättern 1. Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. landwirtschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Preis Vierteljährl. 1 M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. tvchenü/»,- ^fiir Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Znse-at- -- xt sind bis Dienstag und Freitag Vorm. S Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- ouck"»» Aahugaug. d-"-«««-' Mittwoch. Nr. 63. August 18SS. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Thei^werden^gegen Vergütung dankend Pulsnitz. Die Zeit der großen Erinnerungen hat nun ihren Anfang genommen. 25 Zahre, ein Viertel- hundert ist vorübergerauscht seit jenen ewig denkwürdigen Entscheidungen gewaltiger Kämpfe, des Jahres 1870. Allerorten in den deutschen Landen regt sich lebhaft das Bedürfniß dieser Tage zu gedenken, an denen Deutschlands Söhne von Nord und Süd, Ost und West für die Frei heit des Vaterlandes geblutet haben, der Tage zu gedenken, die dazu bestimmt waren, die Wiederherstellung der viel besungenen und langersehnten deutschen Reichsherrlichkeit borzubereiten und zum endlichen Ziele zu führen. Unter all' diesen Tagen tritt einer mächtig hervor: Der Die Berathungen zur Organisation des Handwerks. Die vertrauliche Konferenz der Ver treter deutscher Jnnungsverbände und Jn- nungsausschüsse hat in voriger Woche die Berathung über die Regierunsvorlage, betr. die Organisation des Handwerks, beendet. Die Regierungsvorlage fußt auf der Zwangsinnung und die Konferenz hat sich diesem Prinzipe angeschlossen unter Befürwortung einer Erweiterung. Nach der Regierungsvorlage sollen alle diejenigen Handwerker der Innung zwangsweise beitreten müs sen, welche Gesellen und Lehrlinge beschäftigen; die Konferenz hat nun diese Bestimmung dahin erweitert, daß auch der Großbetrieb, der handwerksmäßig ausgebildete Gesellen beschäftigt, nach Maßgabe der Zahl dieser Gesellen Beiträge leisten soll zu den Unkosten, welche den Innungen erwachsen durch Wohlfahrtseinrichtungen für Gesellen und Lehrlinge. Der Vertreter des Reichsamts des Innern, Geh. Rath Wilhelmi, hat sich mit dieser Erweiterung einverstanden erklärt. Außerhalb der Innung sollen somit nur bleiben dürfen diejenigen kleinen Handwerker, welche ihr Handweck allein betreiben, sowie die Großindustrie für diejenigen ihrer Arbeiter, die sie selbst für ihre Zwecke herangebildet hat, beziehungsweise für die unausgebildeten Arbeiter. Die Forderung des Befähigungsnach weises, auf den die Mitglieder der Konferenz an sich sehr großen Werth legten, wurde zunächst noch fallen ge lassen, nachdem die Regierungsvertreter auf Vas Bestimmteste erklärt hatten, daß die Regierung z. Z. unter keinen Umständen gewillt sei, sich auf den Befä higungsnachweis einzulassen. Habe sich die Neuorganisation des Handwerks auf der Basis der ^^""g^innung cingeführt und bewährt, so sei es vielleicht möglich, daß die Regierung dann auch der Forderung des Befähigungsnachweises entsprechen werde. Vorläufig glaubt man, und darin war die Konferenz geneigt beizustimmen, daß die Zwangsinnung ein genügendes Mittel gäbe, um manchen der jetzt empfundenen Mißstände und namentlich auch dem unlauteren Wettbewerb entgegenzutreten, da die Zwangsinnung ja mit Strafmitteln ausgestattet sei. Be züglich des Lehrlingswesens wurde etwas zögernd und widerwillig der Regierungsvorlage zugestimml, daß auch der nicht handwerksmäßig Ausgebildete, der ein Ge werbe 5 Jahre selbständig betreibt, das Recht haben soll, Lehrlinge auszubilden. In Sachen des Meistertitels beschloß die Konferenz unter Annahme der diesbezüglichen Regierungsvorlage, daß den Meistertitel nur der führen dürfe, der das Gewerbe erlernt und die vorgeschriebenen Prüfungen abgelegt habe. Zuletzt ist der Konferenz nun auch die letzte der Vorlagen, diejenige der Handwer kerkammer, unterbreitet worden. Die Vorlage ist zunächst einer Kommission überwiesen. Während die Re- gierung früher beabsichtigte, zuerst mit der Einrichtung der Handwerkerkammern vorzugehen, und dann erst der «7des Handwerks in Zwangsinnungen näher wie die Handwerker meinen, erst das Dach Fundamente zu bauen, will man jetzt beides men. Man erhofft damit die Vertreter Handwerkerkammern zu gewinnen; m weiten Kreisen des Handwerks und seiner Vertreter in der Konferenz ist man ledoch immer noch der Ansicht, daß es besser wa e, le Jnnungsverbände zu erhalten und weiter auszubauen. Sedantag, der unvergeßliche, an dem das stärkste französische Heer, das den Deutschen gegenübergestanden, zerschmettert am Boden lag, an welchem Kaiser Napoleon I. die Gnade des Siegers, des Königs von Preußen als Oberfeldherr der vereinigten deutschen Truppen anrufen mußte; an welchem Tage sich ein Gottesurtheil vollzog. Es ist und wird immerdar ein Tag nationalen Stolzes bleiben, ein Tag den würdig zu feiern namentlich in diesem Jahre sich alle Deutschen rüsten: Dem Lenker der Ge schicke der Völker zum Danke, den Kämpfern der sieg reichen Schlachten zur Ehre, der Jugend zum Beispiel und zur Nacheiferung! Auch in unserem Orte beginnt es sich bereits zu regen. Der Militärverein, als die zu diesem Feste berufenste Vereinigung, hat bereits ein Pro gramm entworfen, nach welchem sich die Sedanfeier im Großen und Ganzen in folgender Weise unter Mitdethei- ligung der ganzen Einwohnerschaft gestalten soll: Sonntag, den 1. Septr. früh 5 Uhr Reveille. Früh 6 Uhr Feierlichkeit beim Kriegerdenkmal auf dem Friedhöfe. Nachdem Schmü ckung des Russengrabes. Uhr Kirchenparade unter besonderer Ehrung der Kombattanten. Festgottesdienst. Nach der Kirche: Conzert auf dem Markte. Nachmittags Festzug durch die Stadt. Nach Ankunft des Zuges aus dem Schießp'ane eine Ansprache. Allgemeiner Gesang. Dann Conzert unter den Linden. Turnerische Aufführung. Abends Festlichkeit im Saale: Conzert und Tanz. Die weitere Ausführung im Ganzen und Einzelnen ist einem Festkommitse übertragen, an dessen Spitze Herr Bürger meister Schubert steht. Pulsnitz. Wie allgemein bekannt, hat auch der hiesige Gewerbeverein an den Stadtrath zu Dresden eine Petition gegen die Aufhebung der Dresdner Jahrmärkte eingereicht. Auf Wunsch des Vorstandes des hiesigen Gewerbevereins bringen auch wir dieselbe hiermit nachträg lich zum Abdruck: „An den Stadtrath zu Dresden. — Unterzeichneter Gewerveverein erlaubt sich, dem geehrten Stadtrath betreffs der jetzt schwebenden Frage über Auf hebung der Jahrmärkte mit folgender Petition näher zu treten. Wie aus den Berichten über die Sitzungen der Handels- und Gewerbekammer zu ersehen ist, ist dort über die Jahrmärkte ein solch abfallendes Urtheil gefällt worden, daß wir uns genöthigt sehen, den verschiedenen Ausfüh rungen mit Nachstehendem entgegen zu treten. Von Pulsnitz aus beziehen 11 Pfefferküchler, 40 Schuhmacher, 6 Töpfer, 3 Böttcher, 6 Tischler, 2 Korbmacher, 2 Hutmacher und 2 Strumpfwirker (alles kleine Gewerbetreibende) die Jahr märkte, deren Existenz durch Aufhebung dec Märkte, wenn nicht vollständig, so doch zum größten Theil in Frage gestellt würde. Angeführte Handwerker fertigen ihre Waare selbst an, deren Qualität wohl Niemand anzweifeln kann, da sie bereits theilweise einen großen Weltruf genießen Ebenso stellt auch Dresden einen hohen Prozentsatz der Marltfieranten, so waren z. B. zu dem am 16. Juli 1895 in Pulsnitz stattgefundenen Jahrmarkt 46 Dresdner Fieranten vertreten, deren feilgebotene Artikel in Mützen, Weiß-, Woll-, Posamenten und Galanteriewaaren bestanden, gegen welche wir uns nicht erlauben würden, den Titel „Marktzigeuner" zu gebrauchen. Wir müssen ferner unsere Verwunderung ausdrücken, daß der Herr Stadtrath Wetz lich, der vor Kurzem aus dem Verbanostage Sächsischer Handwerker- und Gewerbevereine in Bischofswerda so warm für die im Jahre 1896 in Dresden stattfindende Gewerbe- Ausstellung eintrat und besonders die kleinen Gewerbetreiben den, welche mit ihren Anmeldungen zurückgeblieben waren, ermuntert hat, sich daran zu betheiligen, jetzt gegen die Jahrmärkte spricht, da durch deren Aufhebung nur kleine Gewerbtreibende geschädigt würden. — Was ist eine Aus stellung? Ein Jahrmarkt in feinerem Styl, den ein kleiner Handwerker der großen Unkosten halber nicht be schicken kann. — Welcher Ausfall an Fracht (so bringt z. B- nur ein Chemnitzer Jahrmarkt über Mk. 30,000), Fahrgeld und Steuern würde dem Staate entstehen! Dieser Wegfall von vielen Hunderttausenden müßte doch nur durch noch höhere directe Steuern aufgebracht werden. Wir ersuchen daher den hochwohllöblichen Stadtrath, die s- Zt. erst mit vielen Mühen errungene, nun Jahrhunderte alte Einrichtung der Jahrmärkte weiter bestehen lassen zu wollen und zeichnen mit vorzüglicher Hochachtung der Gewerbeverein zu Pulsnitz im Namen von 192 Mitgliedern". — Das Ministerium des Innern verordnete eine strengere Durchführung der Vorschriften des Jmpfgesetzes. Es wird ausgeführt, daß die rastlose Agitation der Jmpf- gegner insofern nicht ohne Erfolg geblieben zu sein scheint, als gewisse Anzeichen dafür vorliegen, daß sogar in ärzt lichen Kreisen impfgegnerische Regungen sich mehr und mehr geltend machen, woher es sich z. B. erklärt, daß u. A. in den Kreishauplmannschaften Dresden, Zwickau und Leipzig im Jahre 1892 je 16,30, 18,27 und sogar 22,50 Prozent der Erstimpfpflichtigen ärztliche Beschei nigungen erhielten, auf Grund deren von der Impfung Abstand genommen werden mußte. Es sollen nun die Jmpfärzte in denjenigen Jmpfbezirken, in denen verhält- nißmäßig zahlreiche Befreiungen stattfinden und die von Privatärzten bewegten Impfungen auffallend häufig erfolg los bleiben, die Ursachen ermitteln und feststellen, ob die Verhältnisse thatsächlich so liegen. — lieber die Rückzahlung des Fahrgeldes bei Nicht benutzung von Fahrkarten sind die Deutschen Eisenbahn- Verwaltungen nach der Zeitschrift „Zonentarif" folgender maßen schlüssig geworden: Der Verein Deutscher Eisen bahn-Verwaltungen hat sich geeinigt, im Falle nachgewiesener Nichtausnutzung von Fahrkarten eine Erstattung von Fahrgeld vorzunehmen. Der Mangel des Kopirungszeichens gilt nicht unter allen Umständen als Beweis, vielmehr ist der Nachweis der Nichtausnutzung durch eine auf der Karte selbst ertheilte Bescheinigung des Stationsbeamten derjenigen Station, wo sie gelöst wurde, unter Angabe des Grundes der Nichtbenutzung und Bezeichnung der Adresse einzusenden. Von dieser Verwaltung wird alsdann die Rückerstattung des zu viel bezahlten Fahrgeldes an den Bezugsberechtigten abzüglich etwa entstehender Porto- Auslagen veranlaßt. — Theilt man die zur Einkommensteuer in Sachsen eingeschätzten Personen in vier Klassen, die unbemittelte bis 800 Mk. Einkommen, die mittlere mit über 800 bis 3300 Mk., die wohlhabende mit 3300 bis 9600 Mk. und die reiche Klasse mit noch höheiem Einkommen, so ergiebt sich aus den amtlichen Veröffentlichungen über das Ergebniß der Einschätzungen, daß im Jahre 1892 die Zahl der in die unbemittelte Klasse eingeschätzten Personen 66,06 Proz. Dagegen stieg die Prozentzahl der mittleren Klasse von 30,51 auf 31,14, die Prozentzahl der wohlhabenden von 2,70 auf 2,79 und die der reichen Klasse von 0,73 auf 0,77. Ein Rückgang des Wohlstandes läßt sich also aus der sächsischen Einkommensteuer-Statistik durchaus nicht erweffen; sie spricht vielmehr von einer fortschreitenden Abnahme des Prozentsatzes der Unbemittelten und von einem Aufsteigen derselben in die mittlere Klasse, die ihrer- seits wieder zur Vermehrung der wohlhabenden und der reichen Klassen beitrug. — Eine wichtige Entscheidung hat das Reichsgericht gefällt. Danach ist jeder Verkäufer verpflichtet, vor dem Abschluß eines Geschäfts die ihm bekannten Mängel des Gegenstandes dem Käufer anzugeben. Unterläßt er solches, so handelt er arglistig und wird außer der gesetzmäßigen Strafe mit der Haftpflicht belegt. Die Entscheidung ist besonders auch für den Viehhandel von Belang. Kamenz, 31. Juli. Nach einem Beschluß der am vergangenen Montag abgehaltenen Vorstandssitzung des hiesigen Gewerbevereins wird sich um Mitte August eine Deputation desselben zu Sr. Excellenz Herrn Finanz minister v. Watzdorf nach Dresden begeben, um nochmals in der Angelegenheit der bereits wiederholt petirten Er bauung einer Eisenbahn von Schwepnitz nach Kamenz vorstellig zu werden. Die Absendung dieser Deputation erfolgt auf ein vom König!. Finanzministerium an besagten Verein ergangenes Schreiben hin, worin die Verwirklichung einer Linie Schwepnitz Kamenz zwar für aussichtslos er- klärt, jedoch der Empfang einer Abordnung behufs einer weiteren Rücksprache darüber zugesagt wurde. — Die des Giftmordes an ihrem früheren Ehemanne und ihrer leiblichen Mutter beschuldigte verehel. Bräuer aus Crostwitz hat dem Vernehmen nach die That bezüglich ihrer Mut ter bereits eingestanden, während sie die Thäterschaft bezüglich ihres Ehemannes fortgesetzt hartnäckig in Abrede stellt. Bautzen, 1. August. Die stattgehabte Berufs- und Gewerbezählung in der Lausitz hat die bekannte traurige Thatsache, daß die Einwohnerzahl auf dem platten Lande wie überall, so auch hier stetig zurückgeht, von Neuem bestätigt. In der Amtshauptmannschaft Löbau weisen allein 33 Dörfer zusammen 1250 Einwohner weniger auf als bei der Volkszählung 1890. — Auch ein Zeichen der Zeit!