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Wchmtz-MtW Amtsblatt für die Königliche Amishauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die SLadträthe zu Dippoldiswake und Irauenstein „Wel-eri»8elwng" erscheint wöchentlich ör«- inal: Di-nStag, Donners, laa und Sonnavenv. Preis vierteljährlich I M. Sb Pfg-, zweimonatlich S4 Pfg-, einmonatlich 42 »fa. Einzelne Nuimnem 10 Pfg- — Alle Postan stalten, Postboten, sowie jie Agenten nehmen Be stellungen an. Inserat«, welche bei dw bedeutenden Auflage des Blattes ein« sehr wirk same Verbreitung finde«, «erden mit 1V Pfg- di« Spaltenzeil« oder oerew Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Lingo- sandt, im reoaltionelkn Lheile, di« Spaltenzeil« -0 Pfg. Verantwortlicher Redactenr: Carl Ichnc in Dippoldiswalde. Nr. 29. 55. Jahrgang. Donnerstag, dm 7. März 1889. Die Kabinetskrifis in Italien. Die fast zweiwöchenllichen, seltsam verschlungenen Verhandlungen der italienischen Deputirtenkammer über die außerordentlichen Finanzmaßnahmen der Regierung haben in voriger Woche zu dem Rücktritte des Ministe riums Crispi geführt, da dasselbe auf keine Mehrheit für die von. ihm befürworteten finanz- und steuer politischen Projekte rechnen konnte. Das Ereigniß kommt nicht unerwartet, denn wenn auch Crispi noch kurz vorher in der Angelegenheit der römischen Ar beiterunruhen ein Vertrauensvotum von der Kammer erhielt, so hatte doch schon die ganze letzte Zeit ein bedenkliches Abbröckeln der einst so stattlichen Regie rungsmehrheit in der italienischen Volksvertretung ge zeigt und die Finanzdebatte verwandelte diese Mehr heit in eine offenkundige Minderheit. Crispi hätte sich wahrscheinlich durch eine Zurücknahme oder wenigstens Modifizirung seiner Finanzvorlage, die hauptsächlich infolge der vermehrten Rüstungen Italiens nothwen- dig geworden waren, behaupten können, aber hierzu wollte er sich nicht verstehen und so zog er cs vor, lieber zurückzutreten, als noch länger sich auf eine unzuverlässige Kammer stützen zu müssen. Daß der Sturz Crispis den italienischen Demokraten und Fran zosenfreunden durchaus nach dem Herzen ist, bedarf keiner besonderen Versicherung. Die parlamentarischen Vertreter dieser Richtung haben Crispi von Anfang an, als er im Herbste 1887 nach dem Tode Depretis an die Spitze der Regierung trat, wegen seiner aus wärtigen Politik und speziell wegen deren deutsch freundlichen Haltung, bekämpft und der offene An schluß Italiens an den Bund der zwei mitteleuro päischen Kaisermächte erbitterte die mit Frankreich lieb äugelnde radikale Partei in Italien nur noch mehr gegen Crispi. Bis jetzt halten die von Zeit zu Zeit unternommenen Versuche der Radikalen in der italie nischen Deputirtenkammer, das Ministerium Crispi zu Falle zu bringen, noch immer zu negativen Erfolgen geführt und erst ihr Bündniß mit denjenigen zahl reichen Elementen der Kammer, die wohl mit der aus wärtigen Politik Crispis, nicht aber mit seiner steuer- und finanzpolitischen Richtung einverstanden sind, hat die Radikalen nunmehr das erstrebte Ziel erreichen lassen. Nach dem auch in Italien üblichen parlamen tarischen Brauche müßte König Humbert nun aus den Reihen der Koalition, durch welche das Ministerium Crispi zum Rücktritte genöthigt wurde, eine geeignete Persönlichkeit mit der Neubildung des Kabinets be auftragen. Aber nach den aus Rom vorliegenden Andeutungen wird dies nicht geschehen, vielmehr hat König Humbert wiederum Crispi diese Aufgabe über tragen, und dies beweist nur aufs Neue, daß Crispi trotz seines augenblicklichen parlamentarischen Miß erfolges doch immer wieder der einzige italienische Politiker ist, welcher die Situation beherrscht. Nur wird er bei der Bildung seines neuen Ministeriums allerdings die franzosenfreundliche Linke wohl oder übel berücksichtigen müssen und allgemein bezeichnet man in Rom schon diese und jene der genannten Richtung angehörende Persönlichkeit als Mitglied des neuen Ministeriums Crtspis. Außerdem verlautet be stimmt, daß letzterer alsdann das auswärtige Porte feuille an den seitherigen Unterstaatssekretär im Aus wärtigen Amte, Damiant, abgeben wird und hiermit würde sich Crispi seines direkten Einflusses auf die künftige auswärtige Politik deS Apenninenstaates be geben. Welche Richtung dieselbe nehmen wird, wenn CriSpi nicht mehr an ihrer Spitze steht, läßt sich vor läufig noch nicht beurtheilen, aber für die europäischen Friedensfreunde ist es wenigstens ein Trost, daß der bisherige leitende Staatsmann Italiens auch fernerhin der leitende Geist des römischen Kabinets bleiben wird und von der Energie und der Besonnenheit Crispis steht zu erwarten, daß sein Einfluß auch- fernerhin noch genügen wird, um Italien auch weiter dem mittel europäischen Friedensbunde als treues Mitglied zu erhalten. LoLaks und Sächsisches. Dippoldiswalde, 6. März. Die gestrige Fast nacht, der Schluß des Karnevals, scheint bei uns sehr ruhig und höchst solid — wie das ja auch gar nicht anders sein kann — verlaufen zu sein. Ein grobes Verdienst liegt darin freilich nicht, zumal wenn man sein Gutes vorher schon genoffen hat. Und an Gelegenheit dazu hat es nicht gefehlt. Wer alle die Karpfenschmäuse, AbonnementSconcerte, Bälle mit und ohne Masken, Feste mit und ohne Kostüme, Schlitten fahrten, Eisfeste u. s. w., die hier und in der Nach barschaft in der Faschingszeit vom Stapel gelaufen sind, nur zur Hälfte mitgemacht hatte, der konnte sich gestern wohl eine besondere Fastnachtsfeier schenken. Und so haben wir denn außer vom Kipsdorfer Bade hotel von einer Einladung zu einer solchen nichts ge lesen, wenn man nicht das Verzehren einer Bratwurst oder eines Pfannkuchens oder das Schwingen des Tanzbeins (wir haben allerdings nicht weniger als 16 Einladungen zu Tanzmusiken in letzter Nummer gehabt) als Fastnachtsfeier gelten lassen will. Dem mag nun sein, wie ihm wolle, in früheren Zeiten kon- zentrirte sich der FaschingStrubel hauptsächlich auf die Fastnacht, bei der es dann allerdings zieuüich lebhaft herging. Hatten doch sogar fämmtliche Schulen zur Fastnacht einen, auch zwei Tage frei, was mit Ein führung des neuen Schulgesetzes im Jahre 1874 auf gehört hat, eine Neuernng, mit der wir uns aus mehrfachen Gründen völlig einverstanden erklären. Nun, geht's zur Fastnacht nicht mehr so bügelhoch hoch her als ehedem, wird sich auch zur Aschermitt woch nicht mehr, wie so üblich, der Katzenjammer ein stellen, weder der physische, noch der moralische, und das ist auch etwas werth. — Bei dem letzten großen Schneefall haben sich die von vielen Landgemeinden angeschafften einfachen Schneepflüge, welche mit Pferden bespannt in kürzester Zeit und mit geringem Aufwande eine treff liche Bahn Herstellen, ausgezeichnet bewährt. Die An- schüffungskosten dieser Schneepflüge, werden vielleicht schon bei einem einzigen Schneefalle ausgeglichen durch die Ersparnisse an den Ausgaben für das bisher übliche Auswerfen, abgesehen davon, daß der Schnee pflug durchweg gute Bahn schafft auch an Stellen, wo bisher an Auswersen nicht gedacht wurde. Im eigenen Interesse der Landgemeinden, sowie aus Für sorge für Schulkinder, Briefträger rc. ist dringend zu wünschen, daß die Anschaffung derartiger Werkzeuge, die auf jedem Dorfe hergestellt werden können, von den Behörden den Gemeinden zur Pflicht gemacht werde. — Der Obstnutzungs-Ertrag, der von den Chaussee- und Siraßenbäumen im Jahre 1888 erzielt wurde, beträgt im Königreiche Sachsen 85,140 M. 47 Pf. — Wie viel von dieser Summe auf die Amts hauptmannschaft Dippoldiswalde entfällt, läßr sich leider nicht genau bestimmen, da dieselbe zu den Straßen- und Wafferbau-Inspektionen Dresden, Freiberg und Pirna gehört. Die Inspektion Dresden l. und ll. er zielte einen Nutzen von 10,408 M. 5 Pf., Freiberg einen solchen von 752 M. 35 Pf. und Pirna I. und II. 7908 M. 90 Pf. Pretzschendorf. Bei hiesiger Sparkasse wurden im Monat Februar 37 Einzahlungen im Betrage von 4875 M. — Pf. gemacht, dagegen erfolgten 18 Rück zahlungen im Betrage von 3714 M. 75 Pf. "O Kreischa. Die gegenwärtige ausgezeichnete Schlittenbahn ruft auch hierorts reges Leben hervor. Täglich treffen größere oder kleinere Gesellschaften zu Schlitten hier ein und belustigen sich zumeist in Blasches neuerbautem Ballsaal. Wie Kreischa das Ziel vieler Schlittenfahrten bildet, war es vorigen Sonntag auch Ausgangspunkt einer solchen. Die hiesige Kasinoge sellschaft veranstaltete eine Parthie nach Glashütte. Der ca. 20 Schlitten zählende Zug setzte sich Mittags 12 Uhr unter den Klängen der Musik vom Gasthofe zum Erbgericht aus in Bewegung. Eröffnet wurde er durch das stattliche Viergespann der Herren Arnold und Hubald. In Glashütte angekommen, gaben sich die Theilnehmer ini Gasthofe zur Stadt Dresden einige Stunden ven Freuden des Tanzes hin. Fröhlich und wohlgemuth kehrten sie am Abend zurück. — Wie verlautet, soll nächsten Sonntag im oberen Gasthofe ein Kinderconcert stattfinden. Dresden. In Erwiderung eines Besuche-,des Offizierkorps vom 2. sächsischen Grenadier-Regiment in Potsdam traf am 5. März eine Anzahl Offiziere vom 1. Garderegiment zu Fuß aus Potsdam in Dres den ein und wurde von den Offizieren des erstge nannten Regiments am Bahnhofe echt kameradschaft lich begrüßt. Am Tage darauf waren dieselben zum Frühstück ins kgl. Schloß befohlen und nahmen auch am Abend am Hofballe Theil. — In der Festzugs-Angelegenheit wird jetzt anderweiten Mittheilungen gegenüber in einer aus Dresden vorliegenden Meldung direkt betont, daß sich der betreffende Ausschuß in der schon erwähnten Sitzung vom 1. d. M. für ausgelöst erklärte, da er seine Aufgabe durch die vorauSgegangenrn Beschlüsse de» RathS und de» geschäft-führenden Ausschusses al- erledigt erachte. Eine Aufforderung, den jetzt in den Vordergrund tretenden Karl'schen Festzugs - Esttwurf weiteren Berathungen zu Grunde zu legen, wurde abgelehnt. — Nach einer im neuesten Gesetz- und Verord-, nungsblatte erschienenen Verordnung sind diejenigen Landgendarmen, welche zeither mit Doppelpistolen be waffnet gewesen sind, an deren Stelle mit Revolvern« versehen worden, welche als die dienstlichen Schuß waffen der betreffenden Beamten anzusehen find. — Im Jahre 1887/88 erreichte die Biererzeugung im Königreiche Sachsen die gewiß ansehnliche Höhe von 3,843,888 Hektoliter. Bei einer Bevölkerung von 3,179,168 Einwohnern ergiebt dies eine Biererzeugung von rund 121 Liter auf den Kopf eines jeden Ein wohners, „Kind und Kegel mitgerechnet". Der Zahl nach standen im Betriebe 755 gewerbliche Brauereien, so daß in der Brauperiode 1887/88 auf je 4211 Ein wohner eine gewerbliche Brauerei entfiel. — Die Teiche Sachsens, welche sich von 1843 bis 1878 um 2242 da — 19,7» Prozent verringert hatten, haben seitdem wieder eine Ausdehnung um 612 da — 6,7 Prozent erfahren, indem in zahlreichen Fällen trockengelegte und landwirthschastlich benützte Teiche wieder angelassen und besetzt, in anderen Fällen Teiche neu angelegt wurden — bemerkenswerthe Zei chen der gesteigerten Neigung für die Fischzucht. Pirna. Der „P. A." enthält in seiner Nummer vom 5. März eine Aufklärung über Ansteckung der Schweine durch Trichinen, die wir, da oerartige Fälle sicher nicht vereinzelt dastehen werden, bisher aber nur nicht erkannt wurden, hier folgen lassen. „Die betr. Schweine waren 6 Monate in der Behausung des Herrn Bäckermeister Schulze zur Mast aufgestellt; die gefundenen Muskeltrichinen waren bei beiden ca. 3 Monate alt, mithin war die Infektion erst hier in Pirna erfolgt. Wie? — ersieht man aus Nachstehen dem. In wissenschaftlichem Interesse ersuchten Herr BezirkSthierarzt Rost und Herr Schlachthofthierarzt Haubold Herrn Schulze, einige von den im Schweine stalle bemerkten Ratten zu fangen und den letztge nannten Herren zur mikroskopischen Untersuchung ab zuliefern. Die- gelang endlich vor einigen Tagen mit zwei Stück, und richtig, beide waren, wie vermuthet, trichinös; beide erfreuten sich trotz der Trichinose einer recht behäbigen Leibesfülle, die eine Ratte wog 180, die zweite 150 Gramm. Es wurden nun von der schwereren Ratte 0,7 Gramm Mu-kelfleisch in 47