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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, S.?SSL Woch-ndl-t! sür Wikdrnff °. Um,°«nd S!L,. LSr-e Allerer Gkwall, KU-g oder sonstiger BclU-b-stSrungen besteht kc^An^pruch'aus der Zeitung oder Kürzung des Bczugspreyes. — Rücksendung cingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Porto bcilicgt. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nosieu. 9!v. 161—83 Aahrgang T egr^rldr „Amsb t 2V i I s d r u D r e s v e n Postcheck Dresden 2v o Ssnnabenv den 12 2u!i 1824 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gefpaltenc Raumzcilc M Boldpfcnnig, die 2gcfpaltenc Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gnld- pfennig, die ZgcspaltcneReklamezeNe im textlichen Teile ISO Goldpfennig. Nachweisungsgeduhr 20 Goldpfcnnige. Dor- ^dknnäch^^^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahme bis norm. 10Uhr —— ————— — Nichkigüeii d» durch Fernruf übermittelten Anzeigenübernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz odcr der Auftraggcder in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. I I vor neuen LoMämpM. Aus agrarfrvunLlichen Kreisen schreibt man uns: Ganz eigenartiger Zufall: wenige Tage, ehe Vie Negierung eine Vorlage beim Reichs rat einbringt, vurch die alle Einfuhrerleichterungen für Lebensmittel aufge hoben werden — sie sind bei Ausbruch des Krieges ver fügt worden —, stirbt der Sozialdemokrat Anirick. Einen Augenblick hat man bei dieser Nachricht daran gedacht, daß dieser Mann als Neichstagsabgeordneter den deutschen — Rederekord besaß. Bei der Beratung des Zolltarifs im Jahre 1902, der bekanntlich eine starke Erhöhung der Lebensmittelzölle einleitete, hielt er eine achtstündige Oppositionsrede gegen den „Brotwucher". Vielleicht stehen wir vor ähnlichen Kämpfen, da vie Regierungsvorlage den alten Zollsatz von 7,50 Mark für Weizen und 7,— Mark für Roggen als Maximalsatz wieder einftihrt, für andere Lebensmittel, wie Büchsen fleisch, Gefrierfleisch, Gerste, der Regierung freie Hand lassen soll; außerdem soll die Negierung die Berechtigung haben, autonom über die Erteilung von Einfuhrscheinen zu ent scheiden. In der Begründung der Vorlage wird aus drücklich auf die Notlage der Landwirtschaft, namentlich das immer unerträglicher werdende Mißverhältnis zwischen Erzeugerpreisen und den Preisen der Betriebsmittel hingewiesen, das zu einer ständig anwachsenden Gefahr für die Gesamtproduktion nicht zu werden droht, sondern schon geworden ist. Denn gerade auf leichteren Böden ist man schon lange zur exten siven Wirtschaft übergegangen. Nun besteht zweifellos auf dem Weltmarkt ein Überangebot an Getreide, das zwar auch durch eine gute Welternte, vor Mem aber durch eine stark ge minderte Nachfrage verursacht wird. Das gilt besonders für den Weizenverbrauch in Deutschland, der ganz außer ordentlich zufammengeschrumpft ist. Trotz des Überange botes sind aber Vie ausländischen Getreidepreise auf dem Weltmarkt bedeutend höher als die deutschen; sie werden nicht nur gehalten, sondern zeigen eine steigende Tendenz, allerdings abgesehen von unseren östlichen Nachbarn, wo das Getreide etwa ein Drittel billiger ist als das deutsche. Unsere Lebensmitteleinfuhr ist einer der stärksten Posten auf der Passivseite unserer Handels bilanz, und es besteht Lie Gefahr, daß dieser Posten stetig anwächst, wenn die deutsche Landwirtschaft nicht Preise für ihre Produkte erhält, die ihr ein Auskommen ermöglichen. Da wir nun aber einmal in Deutschland sind, so ist zu er warten, daß die parlamentarische Behandlung der ganzen Frage nicht aus rein wirtschaftlichem, sondern leider aus parteipolitischem Gesichtspunkt erfolgt. Und darum werden wir wohl eine vermehrte, aber keineswegs verbesserte Auf lage jener Kämpfe von 1902 erleben. Die Sozialdemokratie hat sich schon in schärfster Form gegen den „Brotwucher" und die „Hungerpreise" erklärt, und bei den Demokraten dürfte, schon ans alter Tradition heraus, die Gegnerschaft gegen den Agrarschutz noch längst nicht erloschen fein. Man betrachtet das Problem leider vor allem von dem Stand punkt der — Wählerschaft aus, und jene beiden Parteien werden durch die Erwägung beeinflußt, daß nun einmal die Mehrzahl der ländlichen Wähler rechts gerichtet ist, auf der anderen Seite ihre eigene Wählerschaft zum größten Teil aus reinen Konsumenten besteht. Und ebenso be- s gnerlicherweise ist die gegenseitige Rücksichtnahme d^.-, Konsumenten und Produzenten anf- ^Tander trotz der doch wirklich sehr ernsthaften Er- Mtungen der Kriegs- und Nachkriegszeit immer noch nicht vorhanden, die doch eigentlich eine wirtschaftliche Not- wendigkeit ist. Parteipolitisch liegt die Situation im neuen Reichs tag ziemlich klar; die Regierung hat für den Agrar schutz eine glatte Mehrheit von rechts bis in die Demokratie hinein, allerdings dürfte das freundschaftliche Verhältnis der Negierung Marx zur Sozialdemokratie eine mehr wie starke Trübung erfahren, wobei wir noch von den Folgen für die Große Koalition in Preußen absehen möchten. Freilich ist auch das Zentrum in seiner Zu- fammeUsetzrmg anders geworden, als es vor 20 Jahren war, und die Arbeiterkreife in ihm werden Wohl heftigen Widerstand leisten, schon um der Konkurrenz von links nicht zu erliegen. Außenpolitisch ist der 10. Januar von großer Bedeu tung, weil an diesem Tage die zollfreie Einfuhr der „elsässischen" Waren aufhören sollte. Wir werden damit von einer außerordentlich schweren Belastung frei, freilich nicht von den übrigen Bestimmungen des Versailler Ver trages, der unsere Souveränität im deutschen Zollwesen cinschnürt. Immerhin können wir doch dann eine ge schlossene Zollgrenze einrichten. Weit über die Absicht hinaus, die von der Negierung mit ihrer Vorlage verfolgt wird, werden nun aber die Folgerungen sein, die sich daraus ergeben. Einmal hat die Regierung gleichzeitig noch eine Herabsetzung oer Umsatzsteuer vorgeschlagen, um etwaigen Steige- > ungen Ler Lebensmittelpreise durch eine Verbilligung der übrigen Produkte entgegenzuwirken, übrigens auch einer Verbilligung der Kosten auf dem Wege vom landwirtschaft lichen Produzenten zum Konsumenten, das darf aber nicht genug fein: die gesamte Umsatz st euergesetzgebun^, rn u ß schleunigst revidiert werden. Es ist ein Undina. Stresemm fordert Wiederherstellung des stutus W. Deutschland läßt sich die Bestimmungen; des Gutachtens nicht aufzwingen f Die Rede Stresemanns auf der Iahreslagung des Stahlwaren- ' industriebundes. Elberfeld, 10. Juli. Auf der Iahreslagung des Eisen- f und Stahlwarenindustriebundes erörterte heute der Reichsmini- ' ster des Auswärtigen, Dr. Stresemann, die Lage der deut- s ' sehen Industrie, die durch die außerordentlichen Kreditschwierig- ! leiten und die damit zusammenhängende Schwierigkeit der Aus- s ; fuhrindustrie gekennzeichnet sei. Auf der Steigerung der Aus- > ! fuhr beruhe die Hoffnung aus Deutschlands wirtschaftliche Wie- - ' dergenesung. Die Entwicklung der deutschen Ausfuhr sei zum > f Kernproblem einer Durchführung des Dawes-Berichtes und zur s s Grundlage für die nach ihm zu leistenden deutschen Kriegsent- l schädigungen geworden. Der Redner führte weitet aus: Die l ungehemmte Entwicklung unserer wirtschaftlichen Beziehungen, ! der Wegfall der wirtschaftlichen Hemmungen im Innern und ; endlich die Lösung der Kreditfrage, besonders auch hinsichtlich s ! ausländischer Kredite, sind die drei Voraussetzungen für eine ; l Steigerung der deutschen Ausfuhrtätigkeit. Der Minister sprach , l die Hoffnung aus, daß im Zusammenhang mit dem Fortfall der l i Deutschland durch den Versailler Vertrag aufcrlegten handels- - politischen Fesseln die bevorstehenden Handelsvertragsverhand- - lungen Deutschland die wirtschaftliche Gleichberechtigung wieder beschaffen werden. Die Herstellung der deutschen wirtschaftlichen und finan ziellen Einheit, die die Verwaltungshoheit und die Wie derherstellung des Status guo vor dem Ruhreinbruch be dinge, sei das wette Problem, das im Einvernehmen mit Deutschland bei der Regelung des Sachverständigengut achtens gelöst werden müsse. Es kann, sagte Stresemann, gar kein Zweifel darüber bestehen, daß die deutsche Produktion sich durch die Fortdauer der militärischen Besetzung in den nicht vertragsmäßig besetzten Gebieten gehemmt sieht. Ohne zu den neuesten Pariser Beschlüssen Stellung zu nehmen, muß doch festgestellt werden, daß die Einschränkung der deutschen wirtschaftlichen und finan ziellen Souveränität durch den Dawes-Bericht über die Bedingungen hinausgeht, zu denen Deutschland nach dem Vertrage von Versailles verpflichtet ist. Man kann uns diese Bestimmungen nicht aufzwingen. Für die Beschluß fassung des Reichstages wird entscheidend sein, ob der Versailler Vertrag nicht nur hinsichtlich der Kompetenzen der Reparationskommission, sondern auch darin wieder hergestellt wird, daß für Deutschland die Grenze gilt, die es nach dem Vertrage von Versailles hat. Auch muß Sicherheit dafür geschaffen werden, daß darüber hinaus gehende Besetzungen im Zusammenhang mit der Durch führung des Dawes-Berichtes aufhören. Nur durch An erkennung dieser Grundsätze werden wir eine neue Aera wirtschaftlicher Verständigung an Stelle des bisherigen Systems der Gewalt erreichen. Schiedsspruch i« den deutsch-polnischen Verhandlungen. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Wien, 11. Juli. Die polnische Delegation für die deutsch polnischen Verhandlungen veröffentlicht folgendes Kommunique: Herr Dr. Kaechenbeck, unter dessen Vorsitz die deutsch-polnischen Verhandlungen in Wien gegenwärtig stattfinden, hat den Be vollmächtigten beider Regierungen am Dienstag den Schieds spruch über zwölf ihm vorgelegte grundlegende Fragen mitge teilt. Die Entscheidungen des Schiedsrichters werden den Unter händlern bei der Abfassung einer von beiden Mächten zu schlie- ßc>rden Konvention als Grundlage dienen. Diese Konvention wird die Durchführung der Entscheidungen des Schiedsrichters regeln. Sksrrs Uber veuklGIsncks knKvsNnung. (Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Rom, 11. Juli. Der „Popolo" veröffentlicht eine Unter redung mit Sforza. Dieser äußerte: Herriot sei der Mann dazu, die bisherige französische Außenpolitik einer Revision zu unter ziehen. Es sei zweifellos, daß das Kabinett Marx-Stresemann das Sachverständigengutachten ernstlich zur Anwendung bringen werde. Sforza erklärte: Die immer wieder aufkommenden Ge schichten über angebliche deutsche Rüstungen seien Märchen. daß vetspteiswerse Die Vermieterin eines möblierten Zimmers für Len Kaffee UNL Las FrühsWck, Las sie ihrem „Herrn" gibt, — Umsatzsteuer zu bezahlen Hai. Aber mit den Agrarzöllen wird überhaupt das ganze Problem ! unserer Schutzzollgesetzgebung aufgerollt, Las von ganz außerordentlicher außenpolitischer Bedeutung ist und hier nur angeführt werden kann. AL Las verknüpft und ver- s bindet sich aber bei uns mit innenpolitischen Gegensätzen, so daß man Wohl demnächst Wer einen Mangel an scharfen j und schärfsten Auseinandersetzungen im Innern nicht wird klagen können. Obwohl zunächst einmal feststeht, daß für - den Augenblick jedenfalls der Agrafchutzzoll zu einer Steigerung der Lebenshaltungskosten nicht führen wird. Vie „kimgung" in?am. Herriot gleich stoincare? Wie es vorauszusehen war, ist es gekommen: die Pa riser Verhandlungen haben ein Kompromiß gezeitigt, das die englisch-französischen Meinungsverschiedenheiten auszugleichen bestimmt ist. Macdonaldund Herriot sindeinHerz und eine Seele. Erreicht wurde das Ziel auf dem schon ost seit Lem Abschluß des Vertrages von Versailles eingefchlagenen Wege. Wie seine Vorgänger vor Poinears, so hat Macdonald vor Herriot eine Verbeu gung gemacht und seine bessere Einsicht unter drückt. An Stelle Les englischen Memorandums, das den Einladungen zur Londoner Konferenz beigegeben war, tritt eine englisch-französische Note, die ein gemeinsames Pro gramm aufftellt. In ihr erscheint als das wichtigste, daß die Reparationskom Mission als Verfehlungs instanz für Deutschland fortbestehen soll, wäh rend vordem Macdonald vernunftgemäß eine besondere Körperschaft schaffen wollte. Am Anfang wird der Umfall des englischen Staatsmannes noch einigermaßen schamhaft nur angedeutst, wenn gesagt wird : Die beiden Regierungen erkennen die Wichtigkeit der wirtschaftlichen und finanziellen Gesichtspunkte, besonders auch die Notwendigkeit, einen Zustand des Vertrauens herbeizusühren, der den et waigen Geldgebern die nötige Beruhigung ver schafft, aber sie stehen nicht auf dem Standpunkt, daß diese Notwendigkeit mit der Innehaltung der Bestimmungen des Versailler Vertrages unvereinbar sei. Dies wird in folgen den Ausführungen klargestellt: Die Verletzung dieser Be stimmungen würde gleichzeitig mit der dauernden Kontrolle eines mühselig geschaffenen Friedens das Vertrauen zu den feierlichen Verpflichtungen der Nationen zum Verschwinden bringen UW wäre dazu angetan, nicht neuen Konfinien vor- zubcugen, sondern sie vorzubereiten. Später wird man deut licher und sagt gerade heraus, daß man der Reparations- kommifston nicht nur ihre Rechte aus Dem Versailler Ver trage belassen, sondern ihr neue für die Durchführung des Dawes-Planes geben will, der nach der wiederholt ausge sprochenen Auffassung Macdonalds doch über jenen Vertrag hinausgeht. Da heißt es nämlich: Die Abmachungen, die Zustandekommen werden, dürfen die Autorität der Neparationskommission nicht beeinträch tigen. In Anbewacht der Tatsache jedoch, daß den Zeich nern der Anleihe von 800 Millionen Goldmark und den Obligationsträger» GaraMien besorgt werden müssen, wer den die beiden Negierungen ihre Anstrengungen vereinigen, um die Anwesenheit eines Amerikaners in der Neparations- kommisfion zu erreichen, für den Fall, daß die letztere eine Verfehlung von deutscher Sette scstzustellen hätte. Wenn oicse Lösung sich als unmöglich erweisen sollte und es den Mitgliedern der Neparationskommission nicht gelänge, sich über die Beurteilung der Tatsache zu verständigen, würden I die beiden Regierungen Vorschlägen, daß die Ncparations- kommission den Generalagenten für die Neparatronszah^ lungen hinzuzieht, der amerikanischer Staatsangehöriger sein soll. Wenn auch die Beteiligung oder Zuziehung eines Amerikaners die Sache einigermaßen bemäntelt, so darf man doch sagen, daß Herriot auf der ganzen Linie gesiegt hat, allerdings nur der Herriot von heute, nicht der von Chequers, der sicherlich über diese Dinge noch ganz anders gedacht hat. Der wahre Sieger ist PoincarL, in dessen Spuren jetzt Herriot wandelt, um sich zu halten. Wenn somit jetzt Herriot den gleichen Faden spinnt, wie sein Vorgänger im Amte des Ministerpräsi denten — mag es auch eine andere Nummer sein — so kann es nicht wundernehmen, daß in dem englisch-franzö sischen Programm von der Beteiligung Deutsch lands an den Londoner Verhandlungen nichts zu lesen ist. Man wird es in der ganzen Welt begreifen, daß die deutsche Regierung ob dieser Lücke bitter enttäuscht ist. Sie wird es hoffentlich trotzdem ver stehen, sich Gehör zu verschaffen. Es darf nicht übersehen werden, daß das Kompromiß zustande gekommen ist auf Grund von Erwägungen der inneren Politik Frankreichs. Ob die beiden leitenden Staatsmänner es werden durch- k führen können, steht noch dahin. Ist es noch keineswegs i sicher, wie sich die Parlamente in England und Frankreich dazu stellen werden, so bildet besonders die Haltung > derVe reinigte nStaateneinaroßesFrage-