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Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188803047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880304
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880304
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-03
- Tag 1888-03-04
-
Monat
1888-03
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.03.1888
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Nr. 53. — 8. Jahrgang Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de« folgenden Tage«) zur Versendung gelangende „Sächsische LandeS-Bnzciger" mit täglich einem besonderen Unter« haltunaSblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustige» Bilderbuch kostet bei de» Ausgabe stellen monatlich70Psg., bei deuPost-Anst. 75) Pf. (1888er Ztg-.-PreiSliste Nr. 8085.) Für Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: Souinier-LiseubahufalitUlauhcfl für Lmtiirn. Winter-Eiscubali»fal>rplanl>cft für Lachsen. Zllustr. Kalender er» Sächsischen Landbolen. JllustrirtesIahieSbuchdesLandes-ilnzeigerS. Sächsischer §illi-ks-Ai»kiier mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiiscke tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Sonntag, 4. Marz 1888. »n,kIgenvrel«rer„S,chs.Landtr.«n,eIgtrf-. Raum einer schmalen EorvuSzeile Io Psg. bevorzugte Stelle (lspalt.PetitzeileM) Pf. BeiWiederholung grotzer Annoncen Rabatt. Lei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifügen (je »Silben Corpusschrist bilden ca. 1 Zelle.) Annoncenannahnie nur bis Vormittag. Kerlag'. Almlider Wieiit. Buchdnickerei. Cl,c»i»itz. Theaterstrahe S (Fernsprechstelle Nr. 186). Telegr-Adr-: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei - b. Jllnstrirtes Unterbaltnngsblatt - 6 Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten Vom 3. März. San Remo. Heute um 9 Uhr traf Prinz Wilhelm ein. Prinz Heinrich, der gestern Abend anlangte, war dem Bruder bis Genua entgegengereist. Am Bahnhof war kein Mitglied der kron- prinzlichcn Familie zum Empfange. Der Kronprinz erschien Mittags auf dem Balkon und wurde vom Publikum durch Schwenken der Hüte und Tücher freudig begrüßt. Er dankte durch Abnehmen des Hutes. Der Kronprinz promenirte eine Zeit lang, setzte sich dann in einen Lehnstuhl und las Zeitungen. Seine Haltung ist aufrecht. Wir habe» warmes Wetter und wolkenlosen Himmel. Der Patient soll gut geschlafen haben. Paris. Die Mvrgcnblätter besprechen alle das Urthcil gegen Wilson. Das „Journal des Debats" wundert sich nicht darüber, baß die Richter Wilson in ihrem Erkenntniß so streng beurtheilten wie möglich, sondern darüber, daß sie nicht das höchste Strafmaß von fünf Jahren verhängten. „Rappel" lobt das Urthcil als Beweis dafür, daß die Republik die höchste Gerechtigkeit repräsentire und weil cs die Angriffe der Monarchisten entwaffne. Die „Justice" spricht sich in ähnlichem Sinne aus. Ein Mitarbeiter des „Figaro" hatte eine Unterredung mit Wilson, der das Urtheil als ungerecht bezeichnet, aber cs mit Ruhe hinnimmt. Antonin Proust, Emanucl Aröne und Reinach sprachen Grevy im Namen der opportunistischen Partei ihr Beileid und ihre Entrüstung über das Urtheil aus. Grevy erwiderte, daß er auf das Appellationsgcricht vertraue, das den Rechtsfall richtig beleuchten werde, welcher von dem ersten Richter unter Einflüssen, die er nicht qualifiziren wolle, so schlecht interpretirt worden sei. London. In gutinformirten Kreisen gilt als Ergebniß des Depcschenwcchsels über den Vorschlag Rußlands in Betreff Bulgariens, daß die Mehrzahl der Signatarmächte abgeneigt ist, der Pforte eine Aktion anzurathen, deren Folge Anarchie, bewaffnete Intervention und Beschleunigung der Katastrophe sein würde, die abzuwenden das Ziel des Dreibundes sei. Politische Rundschau. Chemnitz, den 3. März. Deutsches Reich. Die Privatmittheilungen aus San Remo lauten gar zu traurig, und es bedarf keiner langen Auseinandersetzung, daß der andauernde Husten, der eiterige, blutgemischte Auswurf, der ans den Kehlkopfgeschwüren herrührt, den deutschen Kronprinzen sehr stark mitnehmen. Er ist nie krank gewesen mit Ausnahme des be kannten Leidens im Anfang der siebziger Jahre und empfindet deshalb Störungen schärfer als Jemand, der häufiger von Leiden heimgesncht ist. Dazu ist das Alter, in welchem der Kronprinz gegenwärtig steht, empfindlicher, als spätere Lebensjahre, in denen sich der Körper schon an allerlei Gebrechlichkeiten gewöhnt hat. Der „Reichsanzeiger" vom Donnerstag publizirt folgendes Bulletin: San Remo, 1. März, 11 Uhr 5 Minuten Vormittags. Die Nacht war für Se. k. k. Hoheit den Kronprinzen gut. Das Allgemeinbefinden ist gehoben, auch das Aus sehen besser. Mackenzie. Schräder. Krause. Hovell. Bramann. — Der Kronprinz war am Mittwoch einige Minuten auf dem durch einen Windschirm geschützten Balkon. In der Nacht war der Schlaf befriedigend, der Answurf ist geringer, eine in den letzten Tagen ein getretene Verdauungsstörung gehoben. Der Kronprinz befand sich am Donnerstag wohlcr und frischer als Tags zuvor, er stand gegen 10 Uhr auf. Die Befürchtungen über den Verlauf der Krankheit sind aber noch nicht gemindert, Alles bleibt sehr ernst. Der Kronprinz schrieb längere Zeit, ob wohl die Acrzte es lieber sähen, die Anstrengung unterbliebe. Der hohe Patient scheint aber ganz besondere Aufzeichnungen machen zu wollen, ein Verbot Würde ihm also wohl mehr schaden, als die ruhige Gewährung. Die Aufzeichnungen sind wohl für den am Freitag eintreffenden Der Herr Redacteur in Stellvertretung. Humoreske von H. d'Altona. Schluß. Nachdruck verboten. „Aber, meine Gnä — Gnädige —" stammelte Thymian, Schritt um Schritt vor den funkelnden Augen des Heldenweibes zu- rückweichend, „ich — ich — weiß " „Herr Redakteur, die Leute warten auf Manuskript," tönte es in die Redaktionsstube hinein. „Wollen Sie das zurücknehmen oder nicht? Wollen Sie das berichtigen oder nicht?" pfauchte die aufgebrachte Dame mit be ängstigenden Gesten. „Ja, ja!" stotterte der Bedrohte. „Sie sehen — ich — meine Zeit " „Also ich, ich bin die erste Kraft des Thalia-Theaters und nicht diese Schminkstrippe! Verstanden? Und wenn Sie mir keine Genug tuung geben, stelle ich mich morgen hier wieder ein!" Sie rauschte hinaus wie ein Drachen, welchen plötzlich ein kräftiger Windstoß über das Feld jagt. „Herr Thymian, sch muß aber wirklich was zum Setzen haben!" murrte der Metteur. Auf dem Tisch lag ein Circular. „Au die geehrte Redaktion!" lautete die Ueberschrift. Thymian schob es dem Mahner mit einem wüthenden Blick hin. Wieder öffnete sich die Thür, durch die Spalte wurde ein roth- tzlühender Kopf mit gebrannten strohgelben Locken geschoben. „Bitte um Verzeihung! Der Herr Redakteur zugegen?" „Was wünschen Sie?" Der Eigentümer des Kopfes, der sich ausnahm wie ein be malter Gummiball, hüpfte vor Thymian hin, blickte ihn impertinent an und sagte: „Mein Name ist Hase, Friseur Hase. Haben Herr Redakteur vielleicht Hühneraugen?" „Nein, warum?" „Schade. Sonst hätten Herr Redakteur sicher meine Hühner- angentinktur längst erprobt und würden diese schöne Gabe der Natur nicht in den Augen aller Hühneraugenleidenden heruntersetzen. Ich Mnß dem Herrn Redakteur bemerken, daß es nicht gewissenhaft ist, etwas zu verdammen, was man nicht kennt. So! Nun gehen Sie hin und verklagen Sie mich! Ich habe die Ehre!" Prinzen Wilhelm und den Kaiser bestimmt. Professor von Bergmann ist noch in San Remo, nimmt aber an der Behandlung nicht mehr Theil und wird wahrscheinlich mit dem Prinzen Wilhelm zurnckreisen. Professor Waldeyer-Berlin, welcher die Kchlkopfpräparate nochmals auf die Krebsdiagnose hin untersuchen soll, ist Donnerstag nach-Kan Remo gereist. Waldeyer's Ansicht über den Krebs weicht von der Virchow's mehrfach ab. — Den Aerzten in San Remo ist infolge des Zeitungsgezänkes die Verpflichtung auferlegt, keinem Berichterstatter mehr Mittheilungen zn machen. Ob sich das durchführen läßt, ist fraglich; soll cs geschehen, erscheint eine Erweiterung der amtlichen Bulletins angemessen. — Die Direktion der internationalen Schlaf- wagengesellichaft in Paris erklärt eine Nachricht, sie solle einen Sonderzug nach San Remo schicken, für erfunden. Aus San Remo Donnerstag Abend cingcgangeue Nachrichten sagen, die Kronprinzeffi» besuchte mit ihren Töchtern die Villa Mortala bei Vcntimiglia. Der Kronprinz ist außerhalb des Bettes; der Ankunft des Prinzen Wilhelm sieht er mit großer Befriedigung entgegen. — Der „Rcichsanzeiger" veröffentlicht in seiner Freitagsnummer folgen des Bulletin aus San Remo: San Remo, 3 März, 11 Uhr 45 Minuten Vormittags. Nach einer guten Nacht ist auch heute das Befinden Sr. kaiserlichen und königlichen Hoheit des Kronprinzen besser und die Stimmung gehoben. Der Appetit hat in den letzten Tagen zugenommen, Husten und Auswurf wie bisher. Mackenzie. Schräder. Krause. Hovell. Bramann. — Mit einer Stimme Mehrheit hat der Reichstag den Antrag auf Einführung des Befähigungsnachweises bei Eröffnung des Ge werbebetriebes angenommen. Freilich war die Arbeit umsonst, denn es besteht schon heute kein Zweifel darüber, daß die verbündeten Regierungen den Antrag ablchnen werden. Das Votum war also ein Schlag ins Wasser. Bekanntlich ist der Antrag schon einmal angenommen, fand aber auch damals im Bandesrath keine Gnade. Es wäre ja möglich, daß man an maßgebender Stelle anderen Sinnes würde, wenn der Antrag mit bedeutender Mehrheit im Reichstage angenommen würde, aber auch dafür sind keine Aussichten vorhanden. So wird denn also Alles so bleiben, wie es bisher gewesen ist. — Die Gewerbekommission des Reichstages hat das Brodver- kaufsgesetz in zweiter Lesung mit 6 gegen 3 Stimmen angenommen. Die polizeiliche Abstempelung der Selbsttaxe, die in erster Lesung beschlossen war, ist gestrichen, neu eingesügt ist ein Verbot der Ueber- schreitung der Selbsttaxe. Beseitigt ist ebenfalls der vorgeschriebene Gewichtsstempel, doch muß das Brod mit der Zahl des Gewichts versehen sein. — Allgemein geht im Reichstage die Ansicht dahin, die Anträge über den Befähigungsnachweis werden in dritter Lesung abgelehnt werden. — Preußisches Abgeordnetenhaus. Donnerstags-Sitzung. Die zweite Berathung des Kultusetats gab zu zahlreichen Wünschen und Beschwerden wie in jedem Jahre Anlaß. Abg. Lassen beklagte sich über die Maßnahmen gegen die dänische Sprache beim Schulunter richt. Abg. Rickert (freist) beschwerte sich, daß höhere Schulbeamte an der letzten Wahlagitation theilgenommen. Minister von Goßler antwortete, er sei streng für freie Wahl der Beamten. Wo Anlaß zum Tadel vorliege, sei eine Rüge eingctreten. Abg. Windthorst und von Schorlemcr (Centruin) äußern verschiedene Wünsche auf weitere Abänderung der Kirchengesctzge bung. Minister von Goßler antwortet, daß über mehrere Punkte schon Erwägungen schwebten. Abgg. Jürgen- sen (natlib.) und Hansen (frcikons.) weisen die Ausstellungen des Abg. Lassen zurück. Abg. v. Stablewski (Pole) behauptet, der be kannte Sprachenerlaß für Posen und Wcstpceußen richte sich gegen den Katholizismus. Minister von Goßler bestreitet das entschieden. Nach einer gereizten Auseinandersetzung zwischen den Abgg. Rickert (freist) und von Minnigerode (kons.) vertagte sich das Haus auf Freitag 11 Uhr. — Es heißt, dem Reichstage solle in der nächsten Session auch ein Gesetz gegen die Trunkenheit vorgelegt werden. — Der Bundesrath genehmigte Donnerstag definitiv die Ver- Der Hase hüpfte mit stolz erhobenem Haupte hinaus. „Herr Thymian, die Leute haben nichts " „Himmel Sapperment, ich gab Ihnen doch eben " „Das hier? Das ist ein Lebcnsversicherungsprospekt, den können wir doch wohl nicht in der Zeitung abdrucken!" Thymian preßte die Lippen zusammen. Dann faßte er nach einer Zeitung, nach derjenigen, welche ihm am nächsten lag, ergriff die Scheere, ritsch, ritsch „Nehmen Sie das!" Wieder grinste der Metteur, daß dem „Stellvertretenden" das Blut wild in die Höhe stieg. Ec ließ sich an dem Redactionstisch nieder und stützte, brütender Gedanken voll, den Kopf in die Hände. „Sind Sie jetzt Redacteur hier?" schlug eine tiefe Baßstimme an sein Ohr, ihn rauh aus seinen Träumen weckend. Thymian blickte empor. Vor ihm stand eine vierschrötige Ge stalt in nichts weniger als sauberem Fleischerkittel. „Womit kann ich Ihnen dienen?" „Ich wollte Sie nur 'mal fragen, wie Sie sich unterstehen können, meine Wurst schlecht zu machen I Wenn die schlampige Köchin so 'ne Wurst drei Wochen lang vor dem Kuchenfenster in der Sonne 'rumliegen läßt, wird sie zuletzt wohl riechen müssen. Würde Ihnen gerade so gehn, sollte ich meinen!" Der Riese maß den Exapotheker mit einem verächtlichen Blick von unten bis oben und fuhr dann fort: „Sie sind mir zu wenig, sonst legte ich Sie zwischen zwei Stullen und verzehrte Sie zum Frühstück. Aber belangen werde ich Sie, gerichtlich, wegen Verleumdung, verstehen Sie, Sie Ehr abschneider?!" Donnernd fiel die Thür hinter dem Wurstfabrikanten ins Schloß. „Herr Thymian, wir müssen wirklich mehr zu setzen haben," mahnte es auf's Neue durch die wieder geöffnete Thür. „Zum Kuckuck noch mal — möchte Sie der " Herr Thymian kam mit seinem Wunsch nicht zu Ende. An dem Metteur drängte sich die lange schmächtige Gestalt des Gymnasialprofessors Schnaufler vorbei. „Der fehlte mir noch grade," murmelte Thymian mit einem verzweifelten Blick auf den vor ihm liegenden Haufen Zeitungen und Briefe. „Ah, Herr Thymian I" verbeugte sich Herr Professor Schnaufler. „Ich komme in einer außerordentlich wichtigen Angelegenheit. Ich fand da gestern in Ihrem „Merkur" eine Notiz, eine wirklich interes- längerung des Sozialistengesetzes auf 2 Jahre, sowie einige kleine Verträge und erledigte Verwaltungssachen. — Aus Stuttgart wird berichtet: Die Gesundheit des in Florenz erkrankten Königs Karl schreitet langsam zur Besserung voran. ES ist indessen noch für längere Zeit geboten, daß der König das Bett nicht verläßt und das Zimmer hütet. — König Malietoa, der abgesetzte Herrscher von Samoa, ist auf dem deutschen Kriegsschiff „Albatroß" in Kamerun angekommen. Er wird dort internirt werden. Oesterreich-Ungarn. Minister Graf Kalnoky ist am Donners tag von Wien zum Kaiser Franz Josef nach Pest gereist. Frankreich. Minister Flourens hat einen kleinen Ueberred- ungssieg in der Kammer davongetragen. Die Budgetkonimission wollte die französische Botschaft beim Vatikan beseitigen, Flourens widersprach dem auf's nachdrücklichste, weil dadurch Frankreich's Interessen im Orient geschädigt würden, und bekehrte auch schließlich die Kammer zu seiner Ansicht, so daß der Posten schließlich genehmigt wurde. — Kriegsminister Logerot hat für die neu zu schaffenden HeeresinspectionS- stellen die Generale Lewa!, Wolfs und Fövrier designirt. — Wilson hat für seinen Ordensschacher einen gehörigen Denkzettel bekommen: Zwei Jahre Gefängniß, 3000 Franken Geldbuße und Verlust der Ehrenrechte auf fünf Jahre. Italien hat auf die französischen Zollrepressalien kräftig geant wortet. Ein Erlaß des Ministeriums erhöht die Einfuhrzölle für französische Artikel ganz bedeutend, und diese Maßnahme hat unge- theilte Billigung im Parlament und in der Presse gefunden. Aus den Zeiten der Franzosenschwärmerei ist man eben hinaus. Crispi erklärte in den Kammern, er beabsichtige keinen Angriff gegen Frank reich auf wirthschaftlichem Gebiete, es handle sich nur um die Ver- theidigung berechtigter italienischer Interessen. Seine Hoffnung, eS werde schließlich doch noch zu einem Einvernehmen über die Verlänger ung des Handelsvertrages kommen, wird sich freilich kaum so schnell erfüllen. — Zwischen brodlosen Arbeitern und der Polizei von Rom ist cs zum Kampfe gekommen. Die Arbeiter forderten tumultuarisch Arbeit und drohten mit Excessen. Die Polizei mußte darauf mit den Waffen in der Hand Vorgehen. Die Menge warf mit Steinen. Biele Verwundungen. Rußland. Der Warschauer Courier meldet eine Verstärkung der russischen Grenzwachen um 2600 Mann. — Russische Blätter schreiben abermals, der Koburger wolle sich zum König von Bul garien ausrufen lassen. Das ist dummes Zeug. Spanien. Die spanische Regierung hat dem intriguanten Her zog von Mvntpensier, dem Schwager der Regentin, die Erlaubniß er- theilt, wie früher seinen Wohnsitz in Sevilla zu nehmen, ihm aber den dringenden Rath mit auf den Weg gegeben, sich von nun an aller Umtriebe zu enthalten. Orient. Wie Reuters Bureau meldet, haben nunmehr alle Mächte auf die bekannten russischen Vorschläge wegen Bulgarien ge antwortet. England hat sich dahin geäußert, es könne dem Sultan nicht anrathen, irgend einen Schritt zur Entfernung des Prinzen Ferdinand zu unternehmen, so lange nicht festgesetzt wäre, was nach des Kobnrgers Abreise geschehen solle. Dem Sinne nach ebenso hat ',.ch Italien geäußert, während Deutschland und Frankreich den rus sischen Vorschlag auf Ungiltigkeitscrklärung der Regierung des Ko- burgers unterstützen. Nun stehen also die Dinge noch ganz genau auf derselben Stelle, wo sie sich vor den russischen Vorschlägen be fanden. Amerika. Die von der demokratischen Mehrheit des ComiteeS für Mittel und Wege der Repräsentantenkammer ausgearbeitete Ge setzvorlage über eine Reform des Zolltarifs wird nunmehr dem Ge- sammtausschusse unterbreitet werden. Der Gesammtbetrag der vorge schlagenen Zollermäßigung wird auf 55 Millionen Dollars geschätzt. Herabgesetzt sind u. A. die Zölle auf Zucker, Eisen, Stahl, Holz, Leinen, Salz, Flaschen, Papier, Bücher in fremden Sprachen, Textib- waaren, Gläser, Handschuhe, Töpferwaaren, Kleider rc. sante Notiz, einen neu entdeckten Stoff betreffend, „kondensirtcr Ozon" nennt ihn der Verfasser. Der Artikel war leider recht kurz gehalten und ich möchte Sie daher, weil speciell diese Modifikation des Sauer stoffs, der Ozon, von jeher meine ganze Aufmerksamkeit herausgefor dert hat, höflichst um einige nothwendige Aufklärungen bitten. Also bitte!" Thymian erinnerte sich dunkel, gestern in der Eile eine Einsend ung, in welcher von Ozon die Rede gewesen war, blindlings ausge nommen zu haben. „Richtig, ja —" stammelte er. „Dieser kondensirte Ozon — — richtig — die oxidirte Masse des hm — ja " Ein immer mächtiger wirkendes Unbehagen, das sich seiner unter dem forschenden Blick des Gelehrten bemächtigt hatte, fesselte seine Zunge. Noch einmal nahm sie einen Anlauf: „Ich meine — das heißt — man vermuthet — dieser Stoff — hm — durch die elek trische Einwirkung wie ist es doch noch? — Hm — ja — entschuldigen Sie, augenblicklich " Des Professors Mumiengcsicht verzerrte sich zu einem spöttischen Lächeln. Er bewegte die knochige Rechte einige Male hin und her und sagte in einem vernichtend vornehmen Ton: „Zerbrechen Sie sich den Kopf nicht, Herr Thymian! Ich wollte mir nur erlauben, Ihnen mitzutheilen, daß Ihr kondensirter Ozon kondensirter Unsinn ist. Ich bedauere, einen Mann seinen Spott mit der Wissenschaft treiben zu sehen, dessen Bildungsgrad ihn über derartige Banalitäten erheben sollte. Leben Sie wohl!" Bevor der wie ein mit Wasser begossener Pudel Dastehende ein Wort der Erwiderung gefunden, hatte sich die Thür hinter dem Pro fessor geschlossen. „Herr Thymian, die Zeitung wird nicht fertig, wenn nicht end lich " In voller Wuth packte der stellvertretende Redakteur den Haufen Zeitungen, schleuderte sie dem Metteur vor die Füße und brüllte mit der Donnerstimme eines gereizten Löwen: „Da! Suchen Sie sich Ihr Gelump selbst zusammen! Ich habe genug davon!" Er ergriff Hut und Stock und rannte davon, als säße ihm die ganze Bewohnerschaft der Hölle auf den Fersen. Er galoppirte durch die Straßen, daß ihm der Schweiß von der Stirn rannte. Wohin?
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