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Sächsische Elbzettung und Wissen", // Bsü Sckanüau. Sonnerslag, den 12. Mai 1927 71. ^jakrgsng Nr. 110 Um das Republikschutzgesetz Wie weiter gemeldet wird, werden die interfranktiouellen Besprechungen über die Verlängerung des Ncpublikschutzgesctzes in den nächsten Tagen fortgesetzt. Entgegen anderslautenden Meldungen wird von der Deutschen Allgemeinen Zeitung und von der Germania fcstgestellt, dass in der Kabinettssitzung am gestrigen Mittwoch das Rcpublitschutz- gcsetz überhaupt nicht zur Besprechung gekommen ist (!). Berlin, 12. Mai. Zu der Besprechung der Vertreter der Negicrungskoalition am gestrigen Mittwoch mit dem Neichs- kanzlcr, dem Ncichsjustizministcr, dem Ncichsinncnministcr und dem Reichswirtschaftsministcr berichtet die Tägliche Nundschau, man habe sich noch nicht über alle Punkte geeinigt. Aber man sei sich jedoch über die voraussichtliche Lösung in weitem Umfange klar geworden. Es handele sich nicht darum, das Ncpublikschutz- gcsctz einfach in Bausch und Bogen zu verlängern. Nach Ansicht der Juristen aller bürgerlichen Parteien, die des Zentrums nicht ausgeschlossen, werde der Sache am besten gedient, wenn die Be fugnisse des bisherigen Staatsgcrichtshofcs einem Senat des Reichsgerichts übertragen würden. Nach den bisherigen Be sprechungen könne man damit rechnen, daß auch von Zcntrums- seite einer Beseitigung des Staatsgcrichtshofcs keine Schwierig keiten gemacht würden. Im übrigen werde man wohl die wesent lichen Bestimmungen des Gesetzes verlängern. Auch der soge nannte Kaiser-Paragraph sei in den Besprechungen keine Streit frage gewesen, die einer Einigung ernste Hemmnisse bereiten könnte. Man werde allerdings dafür Sorge tragen müssen, datz die Verlängerung nur den Charakter einer provisorischen Maß- nahme trage, die solange in Kraft bleibe, als die notwendigen Bestimmungen noch nicht in die allgemeine Gesetzgebung über- gcgangcn seien. Für eilige Leser. * I» einer Entschlichung an die Neichsrcgicrung fordert der Kreistag Koblenz-Land die unverzügliche Räumung des besey- tcn Gebietes, lehnt cs aber entschieden ab, datz die Räumung durch neue, das Gesamtdeutschland belastende Zugeständnisse erkauft werde. * Wie aus Moskau gemeldet wird, Hal sich der deutsche Vo:- schaftcr Gras Vroctdorsf-Nantzau nach Berlin begeben. Vor seiner Abreise halte er noch längere Unterredung mit Litwinow. Mährend der Abwesenheit des Botschafters führt Botschaftsrat Gay die Geschäfte der Botschaft. " Wie aus Reykjavik (Island) gemeldet wird, ist bei einem Hausbrände der Deutsche Rudolf Köster umgekommen. * Nach den letzten Meldungen aus dem amcrilauischen Ucbcr- schwcmmungsgcbict steigt der Mississippi zwischen St. Louis und Cairo (Illinois) erneut sehr stark. Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf, Kleingietzhübcl, Kleinhenners dorf, Kripöen, Lichtenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postclwitz, Prossen, Rathmannsdorf, Rcinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wcndischfährc. sowie für das Gesamtgcbict der Sächsischen Schweiz Wichtige politische Beratungen. Die Dauer des N e p « b li ksch « tz g e sc tz e s. Sofort »»ach Eröffnung der neuen parlamentarischen Session sind auch die Verhandlungen über die Verlänge rung des Ncpublikschutzgesctzes in Fluß gekommeu. Den Anstoß hierzu gab ein plötzlich vom Zentrum gefaßter Beschluß, der sich einstimmig für eine Verlängerung des Ncpublikschutzgesetzcs auf zwei Jahre aussprach. Diesem Zeutrumsbcschluß folgten am Mittwoch Besprechungen von Vertretern der Regierungsparteien mit dem Reichs kanzler Marx, denen auch der Neichsinncnmiuister von Keudell, Jnstizminister Hergt sowie Reichswirtschafts minister Dr. Cnrtius beiwohnten. Als Parteivertretcr waren die Abgeordneten Graf Westarp von der Deutsch- nationalen Volkspartei, Scholz von der Deutschen Volks partei, Prälat Leicht von der Bayerischen Volks partei nnd von Guürard vom Zentrum erschienen. Nach diesen Besprechungen beschäftigte sich auch das Neichs- kabinett mit der Frage der Verlängerung des Ncpublik- schntzgesetzes. Die interfraktionellen Besprechungen waren streng vertraulich. Ju gutunterrichtclen parlamentarischen Kreisen wird erklärt, daß sich die Deutschnationalen mit einer Verlängernng des Ncpublikschutzgesctzes einver standen erklärt haben sollen, dafür aber die Beseitigung des im Gesetz vorgesehenen Staatsgerichtshofes verlangen. Wie es heißt, wird schon in allernächster Zeit die Ent scheidung darüber fallen, ob das Ncpnblikschutzgesetz ver. längert wird oder nicht. Zu einer solchen Verlängerung wäre eine Zweidrittelmehrheit des Reichstages not wendig; es müßte also außer den Regierungsparteien auch noch ein Teil der Oppositionsparteien für das Gesetz eintrcten. In welchem Umfange diese Parteien dies tun werden, läßt sich schwer Voraussagen; doch ist es immerhin möglich, daß sowohl Demokraten wie Sozialdemokraten für die Verlängernng des Nepublikschntzgesctzes stimmen werden, da sic natürlich ein erhebliches Interesse an dem Weiterbestehen gerade dieses Gesetzes haben. - - Unterhaltungsbeilage", Leben lM Bild Wett der 5rau", Illustrierte Sonntagsbeilage ritt orrv I verhängt, der sich einer geheimen Verbindung anfcyucßt, deren Bestreben cs ist, die repnblikanische Swatsform zu untergrabe«, oder deren Mitglieder unbefugt Waffen be sitzen Schon die Verheimlichung der Kenntnis eines solchen Wasfenlagcrs wird bestraft. Und schließlich enthält der wohl am meisten angewandte 8 8 die Bestimmung über die Höhe der Strafen, die für die Bcschimpfnng der re publikanischen Swatsform nnd der Reichs- oder Landes- farben verhängt werden. Strafverfolgung gegen Deutsche und Ausländer ist auch dann zulässig, wenn die Straftaten im Ausland begangen werden. Zur Aburteilung ist bekanntlich der Staats, ger'ichtshof znm Schutze der Republik eingesetzt worden, der aus neun Mitgliedern gebildet ist; drei davon sind Mitglieder des Reichsgerichts, während die andern sechs nicht berufsmäßig Richler zu sein brauchen. Ernannt werden sie alle vom Reichspräsidenten und gegen ihr Urteil finden Rechtsmittel nicht statt. Des weiteren regelt das Gesetz den Begriff der ver- botcncn Vereinigungen, die Bestimmungen über die Auf- lösuug solcher Verbände nnd die dagegen möglichen Rechts- mittel. Dazu gehört gleichzeitig die Behandlung von Druckschriften, die mit irgendeiner Bestimmung des Ge- setzes in Widerspruch kommen. Der fünfte Abschnitt behandelt als 8 28 die Stellnng der Dentschen Republik gegenüber den Mitgliedern solcher Familien, von denen ein Angehöriger bis November 1918 in einem ehemaligen deutschen Bundesstaat regiert hat. Dieser Paragraph steht jetzt ganz besonders im Mittel punkt der politischen Debatte. Nach ihm kann einem solchen Mitglied ehemals regierender Fami- lien, wenn cs seinen Wohnsitz oder seinen dauernden Aufenthalt im Ausland hat, von der Neichsrcgicrung das Betreten des Reichsgebietes untersagt oder der Aufenthalt anf bestimmte Teile oder Orte des Reiches beschränkt werden, allerdings nur danu, wenn die Besorgnis gerecht- fertigt ist, daß andernfalls das Wohl der Republik ge- fährdct wird. Eine Berufung gibt es in diesem Falle, nämlich an den Staatsgerichtshos. Man sicht also, welch' außerordentlich scharfe nnd die verfassnngsmäßigcn Rechte der Staatsbürger weithin be rührende Bestimmungen dieses Gesetz enthält. Daher ver steht man auch den Widerstand, der jetzt, da die Zeiten doch politisch andere geworden sind, sich in verstärkter Weise gegen das Gesetz erhebt. Eine wirklich endgültige Lösung der Streitfrage aber wird man wohl allein dadurch finden, daß das neue Strafgesetzbuch sich den ver änderten Zeitkäufen anvaßt. Der Inhalt des Gesetzes. Nach dem gewaltsamen Tode Nathenans am 21. Juni 1922 war in rasch verlaufener Beratung das „Gesetz znm Schntz der Republik" vom Reichstag mit einer Zweidrittel mehrheit angenommen, die notwendig war, weil das Ge- setz verfassungsändernde Bestimmungen enthielt. Im letzten Paragraphen war bestimmt worden, daß cs nur fünf Jahre in Kraft bleiben sollte; da es am 21. Juli 1922 durch Veröffentlichung im Neichsgesetzblatt Gesetzeskraft erhielt, so ist die Frist am 21. Iuli d. I. abgelaufen. Bekanntlich haben sich um die Frage, ob es ganz oder teilweise wieder erneuert werde« soll, ziemlich heftige ittncnpolitische Kämpfe entwickelt, die besonders deswegen bemerkenswert sind, weil auch innerhalb der ge genwärtigen Regierungsparteien die Ansichten hierüber sehr geteilt sein sollen. Ziemlich unvermittelt hat nun die eine Regierungspartei, dasZcntr n m, jetzt einstimmig beschlossen, die Verlängerung des Gesetzes nm zwei Jahre herbeiznführe«. Die Entstehungszcit des „Ncpublikschutzgesctzes" weist schon darauf hin, daß es einen Kampfcharakter für bc- mmmte .Zeit bat. Desweaen sind die Strafen für Ner- geyen und Verbrechen gegen das Gesetz sehr hohe und gehen >veit über jene des Strafgesetzbuches hinaus. Vor allem richten sie sich gegen Vereinigungen und Verab redungen, die bestrebt sind, Mitglieder einer republika- 'uschen Reichs- oder Landesregierung mit Gewalt zu ent ferne«, wobei diese Mitgliedschaft schon mit hohen Zucht hausstrafen belegt wird, die sich bis zur Todesstrafe stei gern, wenn dem Mitglied dahingehende Bestrebungen be kannt waren. Mitgliedschaft ist aber nicht nur strafbar, sondern auch rede finanzielle Unterstützung oder sonstige Hilfeleistung durch einen Außenstehenden; strafbar auch die nicht den Behörden mitgeteilte Kenntnis von solchen Vereinigungen. Strafbar ferner die näcWcn Verwandten, don geplanten Attentate« haben, aber durch mögUche»^ Anzeige das Gelinge» des Attentats er- Des weitere» enthält das Gesetz schwere Strafbestim mungen gegen Gewalttätigkeiten, die gegen Ncgwrnn^ Mitglieder verabredet werden, gegen Anfforderunacn ^u derartigen Gewalttaten, für Beschimpfungen von Mi- >« ou°r °m!s'A«!uL Lord"; sind. Ebenso werden schwere Gefängnisstrafen über jeden Drurk und Verlag: Sächsische Elbzcitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Nohrlapper Anzeigenpreis (in RM.): Die 7gespaltenc 35 mm breite Pctitzcilc 20Pfa.,fllr aus wärtige Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Neklanrczcile 80 Pfg. Tabellarischer Saß nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländischen Zeitungen „Ms WMW, Kilt es W MethM." Aon Lothar Schmidt. Wäre die Sache nicht so ernst, man könnte versucht sein, eine Scherzfrage zu stellen. Sic würde etwa lauten: Welche Laster dem deutschen Namen anzudichtcu, mit welchen Lügen von Schandtaten ihn zu besudeln, haben unsere ehemaligen Kriegsgegner unterlassen? Die Phantasie müßte sich schon sehr anstrengen, um die Lösung zu finden. Denn der Born gemeiner Verleumdung Ist dermaßen ausgcschöpft worden, daß schlechter dings zu diesem Thema nichts Neues mehr erfunden werden kann. Dennoch Ist es geschehen. Auf die hypothetische Frage wurde Antwort gegeben, und zwar nicht von einem unserer Kriegs- negncr, sondern von dem deutschen Professor Hans Schmidt In Gießen. Er erhebt den ungeheuerlichen Vorwurf, wir hätten den Weltkrieg durch unsere eigene Schuld verloren, da die Offensiven im Frühjahr und Sommer des Jahres 1018 an der Besoffenheit unserer Truppen gescheitert seien. Der Gießener Professor sagt das natürlich mit anderen Worten; er drückt es etwas akade- Mischer und höflicher in zwei Broschüren aus, welche massen. Haft von den Abstinenten als Kampfmittel gegen den Alkohol verbreitet werden. Auf diese Weise wird der Wahn eines Eigen- brödlers zur Methode erhoben. Wer die beiden Schriften von Hans Schmidt liest, kann sich dem Eindruck nicht entziehen, daß es sich hier um einen durchaus ehrlichen Ideologen handelt, der aus Vorurteil und aus Mangel an historischer Einsicht sich derart verrannt hat, daß er beim besten Willen nicht mehr imstande ist, Ursachen und Wirkungen zu unterscheiden, und somit die Folgeerscheinungen von allerdings symptomatischer Bedeutung für die Urgründe eines unabwendbaren Weltgeschehens ansicht. Wie sehr nun auch solch verhängnisvolles Irren zu beklagen ist, die Entrüstung sollte sich weniger gegen den immerhin gutgläubigen Verfasser richten als vielmehr gegen jene, welche diese groteske Behauptung zur Schmach des Vaterlandes als großzügige Pro paganda benüßen. Denn wenn solche Anklagen erhoben werden, ohne daß zugleich der bündige Beweis für die Wahrheit sich erbringen läßt, dann steht nicht mehr das Für und Wider der Alkoholfragc zur Debatte, sondern das nationale Gewissen. Un denkbar, daß die Organisation der Abstinenten keine Ahnung davon haben sollte, wie absurd die Behauptung ihres Wort führers ist. Welches Dunkel auch noch die letzten Ursachen des Welt krieges verhüllen mag, über eins kann kein Zweifel mehr walten, nämlich über die Frage, warum wir den Weltkrieg ver- loren haben nnd verlieren mußten. Wir hatten mit unseren wenigen Verbündeten die Welt zu Feinden. Der heroische Wi derstand, den wir über vier Jahre lang unbesiegt und als Er oberer in Feindesland stehend leisteten, ist ohne Beispiel in der Geschichte. Man lese das erhebende Buch von Schessauer „Wenn ich ein Deutscher wäre" (Berlin 1920). Der Autor, Amerikaner von Geburt, Engländer von Erziehung, Deutscher von Geblüt, ist voll von Bewunderung nicht nur für die Taten der deutschen Waffen, sondern auch für die moralische Kraft, welche hinter diesen Waffentaten stand. Die Stimmen des Auslandes, die, ivcnn auch naturgemäß weniger enthusiastisch, so doch allen kriegshetzerischen Lügen zum Trotz diese gigantischen Leistungen anerkennen, mehren sich von Tag zu Tag. Aber in Deutschland tritt ein Mann auf, ein Universitälsprojessor, ein „Wahrheits- ilicher", welcher die Entdeckung macht: französischer Alkohol hat die Deutschen unfähig zum Widerstand gemacht, hat sie verhindert, errungene Vorteile auszunützeu und den Angriff weiter vorzutragen. Man saßt sich an den Kopf. Das wird gedacht, gedruckt, geglaubt, in Tausenden von Exemplaren ver breitet! Herr Professor Hans Schmidt beruft sich auf das Zeug nis von Gewährsmännern, meist Nichlkombattanlen und Tem- verenzlern. Große Weinvorrülc, von den stürmenden Truppen in Albert, Estaires, Melville, Reims, Soissons usw. vorgefundcn nnd wahrscheinlich mit Absicht von den fliehenden Feinden dort zurückgelassen, Hütten die Sieger in Trunkene verwandelt und so den Verlust des Weltkrieges herbeigesührt. Die komman dierenden Generäle erwidern: Es ist richtig, daß mehrfach uw liebsame Alkoholcxzcsse oorgckommcn sind, hie und da Teil operationen auch beeinträchtigt haben mögen. Aber die Armec- führcr — darunter also Namen wie Hindenburg, Mackensen. Stein — weisen mit aller Entschiedenheit die groteske Bchaup tung zurück, daß dadurch das Gesamtergebnis der Offensiven von 1918 beeinflußt werden konnte. Sie geben dem Verfasser mehr oder weniger deutlich zu verstehen, daß sie cs für cine Anmaßung halten, ohne strategische Kenntnisse, ohne Einsicht in die komplizierten Bedingungen kriegerischer Operationen ein so vernichtendes Urteil.in die Welt hinaus zu schreien. Er aber läßt sich nicht belehren. Sein castsruin eonsso ist und bleibt: die Trunksnckt der Trnvven Kat uns bclicat. Tageblatt für die Enthüll die anrMchen ^tannlmachungen für den Stadtt-H^ Bmkfontm: dm L-upi,Äl»mI^ - OMSchstich- KmM-nK-Mdm' zwei,nieder. Et-dtSms-s-digi»^ »...den ----7 x„nip„»,r: Bnd Schm»-- Rr. « - Dnht-MriM MbM«, -.d E-Weini E n°«m. 6 M WAhL wM preis (inNM ) haibmono ch . P^pnkiionsveNe errungen. Erhöhungen Ler u»- --'»t de, N-chs-rter-n« Ständige Wockenbeilsgen: V,