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Dresdner Journal : 28.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190305284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19030528
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19030528
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-28
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Journal : 28.05.1903
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vri»«Sprrt«: Beim Bezug« durch di« Krlchäft,ü«»e lnn«rtz»s» Z>re*d«n» 2,LV M. (einschl. Zutragun»), durch di« im Deutschen Reich« 3 M. (ausschüeßlich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Ps Wird Zurücksendung der für die Schristleitung bestimmten, aber von dirfer nicht ein- geforderten Beiträge bean- sprucht, so ist da« Poftgeld beizufügen Dres-ncr Zmmml Herausgegeben von der Königl. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Urschet«»: Werktag« »achm » Uhr. — Originalbericht« nnd Mitteilnngen dürfe» nnr mit voller Quellenangabe nachgedruckt «»erden «»kündig«»,-gebühren: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi- gm^S-seuc oder deren Raum SV Pf. Bei Tabellen- und Ziffern sah b Pf Ausschlag für die Zeile Unterm Re- daktionSstrich (Eingesant oie Lextzeile mittler Schrift oder deren Raum SV Pf. «ebühren > Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi« mittags 12 Uhr für die nach mittag« erscheinende Nummer. 1903. O121 Donnerstag, den 28. Mat nachmittags. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem in Sachsen staatsangehörigen Professor und Bildhauer Baumbach in Berlin das Ritter kreuz 1. Klasse des AlbrechtSordens mit der Krone und dem Erzgießer Franz in DrcSden-Löbtau das Ritterkreuz 2. Klasse des AlbrechtsordenS zu verleihen. Dresden, 22. Mai. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem in Ruhestand ge tretenen Pfarrer Julius Balduin Börner in Regis das Ritterkreuz 1. Klasse vom Albrechtsorden zu ver leihen. Dem zeitherigen Pfarrer in Waldheim, Rudolf Theodor Richter, ist das Pfarr- und Superinten dentenamt zu Borna übertragen worden. Se. Majestät der König haben den Inhabern der Firma C. Robert Kunde in Dresden, Moritz Johann Georg Kunde und Gotthilf Christoph Otto Stephan daselbst, das Prädikat „Königliche Hoflieferanten* Allergnädigst zu verleihen geruht. Ernennungen, Versetzungen re. im öffent» lichen Dienste. Im GcschLflSvtreich« de» Ministeriums Per Finanzen. Bei der Post Verwaltung sind ernannt worden: Kaulsutz, Bömig, Sommer. Krause und Pose, seither geg. Tagegeld beschäft. Postassistenten, als etat mäßige Postassistenten im Bez. der Kaiser!. Ober-Postdirektion Dresden; Münch, Schuhmachermeister, als Postagent in Dittersbach (Bez. Chemnitz). (Behördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteil«) Nichtamtlicher Teil. Die deutschen Zustände in sostaldemokratischer Lelenchtung und in Wirklichkeit. Mau kann jetzt in sozialdemokratischen, freilich auch verschiedentlich in freisinnigen Flugblättern recht trübselige Schilderungen unserer deutschen Zustände lesen. Wenn man diesen Schwarzmalereien Glauben schenken wollte, so müßte man annchmen, bei uns zu Lande wohne der größte Teil der Bevölkerung höchst jämmerlich, die Kulturaufgaben würden grenzenlos vernachlässigt, die Steuern seien nicht mehr zu er schwingen und die Zölle drückten unser Volk völlig nieder. Schon der Augenschein aber belehrt die ver ständigen Flugblattleser eines besseren; denn sie müssen sich selbst sagen, daß es sich in unserem Vatcrlande doch noch recht gut leben läßt, und daß wir hinter dem Auslande in keiner Weise zurück stehen. Auf die Tatsache, daß Deutschland in sozial politischer Hinsicht an der Spitze aller Länder steht, daß seine Arbeiterschutzgesctzgebung, seine private und staatliche Arbeiterfürsorgc, sein großartiges Arbeiter versicherungswerk von keinem Lande der Welt erreicht worden ist, braucht hier nicht weiter eingcgangen zu werden. Diese Tatsache ist längst anerkannt und wird selbst in Arbciterkreisen nicht geleugnet, wenn auch die Sozialdemokratie es sich immer noch nicht nehmen läßt, zu Agitationszwccken von dem „bißchen Sozialreform" zu sprechen, das heutzutage doch kein Arbeiter mehr missen möchte. Allein auch in bezug ihrer Ausgaben für kul turelle Zwecke, für Kunst, Wissenschaft, Schulwesen, Rechtspflege, höhere Bildung steht die deutsche Nation anderen Kulturnationen voran, während sie in bezug auf ihre Belastung durch Steuern und Zölle hinter den Bewohnern anderer Länder zuin Teil sehr erheblich zurücksteht. Wir lassen einige statistische Daten zum Beweise dieser Sachlage hier folgen: An direkten Steuern jährlich auf den Kopf der Bevölkerung in Mark zahlen: Deutschland Frankreich England Italien Österr-Ungarn 8,41 18,44 21,SS 11,»4 7,S1. Hier steht Österreich um 90 Pf. hinter Deutsch land, während die übrigen Staaten zwischen 2 bis 3 mal so viel direkte Steuern zahlen. An indirekten Steuern jährlich auf den Kopf der Bevölkerung in Mark zahlen: Deutschland Frankreich England Italien Öftere Ungarn 13,23 46,20 30,11 16,2 26,29 18,70. Im Zahlen von indirekten Steuern wird also Deutschland von den anderen Staaten bei weitem übertroffen. Die spezielle Getränkesteuer (Wein, Bier, Schnaps) beträgt jährlich auf den Kopf in Mark: Deutschland Frankreich England Italien Österr. Ungarn 4,71 12,34 17,26 1,80 4,78 5,37. Auch diese Zahlen reden für sich selbst. Nun sollen die Ausgaben für geistige Kultur zwecke folgen. Ausgaben für Wissenschaft, Kunst, Unterricht jährlich auf den Kopf der Bevölkerung in Mark: Deutschland Frankreich England Italien Österreich-Ungarn 7,86 6,63 6,30 3,60 4,15. Ausgaben für den Volksschulunterricht jährlich auf den Kopf der Bevölkerung in Mark: Deutschland Frankreich England Italien Österreich-Ungarn 6,20 S,1v 5,83 1,64 2,77. In den Leistungen für Volksunterricht, höheren Unterricht, Wissenschaft, Kunst marschiert Deutschland an der Spitze aller Kulturstaaten. Ebenso hat Deutschland die verhältnismäßig größte Anzahl von Volksschülern. Der Kostenaufwand für einen Volks schüler beträgt im Jahr in Mark: Deutschland Frankreich England Italien Österreich-Ungarn 35,4 31,6 48,32 16,28 , 23,72. England, das erheblich weniger Volksschulen hat, als Deutschland, erscheint nur deshalb mit einer größeren Summe, weil die in England vorherrschende Privatschule selbstverständlich teurer ist, als die Staatsschule. Auch in bezug auf die Universitäten steht Deutsch land an erster Stelle. Es beträgt die Deutschland Frankr. Anzahl der Universitäten 22 19 Studenten 26 680 13 360 Professoren 1 920 568 Engl. Italien Österr.- Ungarn 11 21 10 13 400 9 000 18 600 344 600 1 430. Für die Sicherheits- und Justizpflege werden ausgegeben auf den Kopf der Bevölkerung in Mark: Deutschland Frankreich England Italien Österreich-Ungarn 6,09 4,03 7,86 5,32 4,5. Hier wird Deutschland nur von England UNI weniges übertroffen. Was die Ernährung des deutschen Volkes betrifft, so sind folgende Ziffern von Interesse: Es verzehren jährlich und auf den Kopf der Be völkerung gerechnet an Getreide und Fleisch in Kilo grammen : Deutschland Frankreich England Italien Österreich-Ungarn 252,8 273 218 187 2.6. Hier also wird beim Verbrauch der kräftegebenden Nahrungsmittel Deutschland lediglich von Frankreich übertroffen; den anderen Kulturstaaten steht es weit voran. Lunst und Wissenschaft. Königl. Opernhaus. — Am 27. d. Mts.: „Der Troubadour". Oper in vier Akten. Nach dem Ita lienischen des S. Cammerano von Heinrich Proch. Musik von Joseph Verdi. In der Rolle des Grafen Luna versuchte sich dies mal in Hrn. Walter Soomer vom Stadttheater in Halle ein junger Barytonist, dem das nur schwach be setzte Haus wohl ermunternden Beifall spendete, der aber auch nicht annähernd das aus der Partie hcrauszuholen vermochte, «vas in ihr liegt. Gerade deren pathetische und lyrische Rodomontaden mit Nachdruck, wie man zu sagen pflegt, an den Mann zu bringen, verursacht den stimmbegabten Vertretern der Rolle des racheschnaubenden Helden der „ebenso gräßlichen wie dunklen Begebenheit", um die es sich in der Oper handelt, zumeist ein be sonderes Vergnügen. Zu diesen Sängern aber, denen cs gegeben ist, auch einmal aus dem Vollen zu schöpfen, gehört Hr. Soomer nicht. Sein Organ ist ja in der Mittellage nicht ohne Wert, versagt daMr aber in der Höhe ganz und erscheint in seiner Gesamtheit kaum einer besonderen Entwicklung fähig; abgesehen davon, daß diese zur Voraus setzung ein völlige« Aufgeben der gegenwärtigen natura listischen Singweise haben würde. So konnte denn auch das, was der Gast zu bieten vermochte, nur mäßigen Ansprüchen genügen, und es traf sich in diesem Sinne für ihn nicht ungünstig, daß auch die übrige Vorstellung nicht zu den besseren gehörte, die wir hierselbst von der Oper in letzter Zeit erlebten Frl. Schenker ist offen bar von Anfang an zu einseitig auf da« Koloratursach ausgebildet worden, als daß sie sich ungestraft wiederholt auf dramatischem Gebiete hätte versuchen können. An ihrer gesanglichen Leistung al« Leonore fällt vor allem die Klanglosigkeit der Mittellagc ihre« Organs auf. Hrn. Petter «st cs als Manrico wohl nach wie vor gegeben, mit einigen hohen Tönen zu brillieren, ebenso bleibend ist aber auch seme darstellerische Hilflosigkeit. Als einzige Leistung von überragender Bedeutung ist Frl. v. Cha vannes Azucena zu bezeichnen. Dem der Künstlerin ge spendeten reichen Beifall durfte man mit gutem Gewissen sein Placet erteilen. Hr. Hofkapellmeister Hagen führte die musikalische Leitung. O. S. Centralthcater. Am 27. d. Mts.: „Da Dams LUX Oamslias" (Die Kameliendame) kieeo on 5 Aotos ck'AIexauckro Dumas tils. Wenn man, wie der Schreiber dieser Zeilen, das Glück gehabt hat, die bedeutendsten Marguerite-Dar stellerinnen unserer Zeit so ziemlich ausnahmslos gesehen zu haben, die Düse, die Sorma und wie sie sonst alle heißen, und der Künstlerin von 63 Jahren, die gestern hier die Kameliendame verkörperte, den Preis zuerkennt, so hat man damit in kurzen Worten ein Urteil gesprochen, das mit dem sonst beliebten Worte Kritik reine Ver bindung hat und haben kann, sondern lediglich der Aus druck rückhaltloser Bewunderung ist. Man mag, wenn man die französische Tragödin als l'Aiglon oder in einer anderen ihrer sogenannten männlichen Paraderollen ge sehen hat, streiten darüber, ob sie fähig ist, den Charakter des Mannes auf der Bühne auSzuleben — da« eine ist sicher, daß ihr keine der lebenden Schau spielerinnen gleichkommt in der Darstellung des Frauen- . charakters.. Hier sehen wir die schauspielerische Kunst in ihrer Vollendung. Wer sich der Darstellung der Duse- schen Marguerite zu erinnern weiß, dem ist der Eindruck geblieben, vah die Kameliendame der Italienerin wie eine verkörperte Psyche erschien, losgelöst scheinbar von dem Reinmenschlichen, erhoben in eine Höhere Sphäre Das gab, nsie zwingend immerhin diese Auffassung auf den Zuschauer wirkte, der Gestalt einen Schein von Un wahrheit, von Verkünstelung. Die Marguerite Sarah Betrachten wir nun noch die Genußmittel und ihren Verbrauch jährlich und auf deu Kopf der Be völkerung gerechnet: Anzahl der Liter Deutsch Frankreich England Italien Österr- land Ungarn Bier, Wein und Schnaps 124,5 121,6 123,5 96,2 64,2 Tabak 1,5 0,8 0,67 0,68 1,7 Kaffee, Tee 2,5 t,« 2,5 0,6 0,9 -. Im Bier-, Wein- und Schnapstrinken steht Deutschland den anderen Ländern voran, den meisten leider weit voran, im Tabakgenuß nimmt es die zweite Stelle ein. Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß Deutschland bei niedrigster Belastung seiner Be völkerung durch Steuern und Zölle den höchsten Aufwand für die materielle Lebenshaltung, für die Schulbildung und für sonstige Kulturaufgaben leistet. Es geht daraus hervor, daß die Schilderung der heimischen Zustände in sozialdemokratischen und frei sinnigen Blättern Phatasiegemälde sind, dazu be stimmt, die Bevölkerung unzufrieden und mißtrauisch zu machen. Tagesgeschichte. Dresden, 28. Mai. Wegen angeblicher Über schätzung von Steuerpflichtigen sind in einigen Preßorgancn Klagen erhoben und Angriffe gegen die Sächsische Steuerverwaltung gerichtet worden. In einem Leipziger Blatte wurde von einigen dortigen Steuer pflichtigen zu einer Agitation gegen die Art und Weise der Steueremschätzung aufqefordert, und an die auszugs weise Wiedergabe dieses Inserates knüpft das Berliner Tageblatt und ebenso eine Chemnitzer Zeitung — welche letztere erst am 15. Mai d. Js. unter Hinweis auf die bekannt gewordene Verordnung des Finanzministeriums vom 27 Februar 1903 geschrieben hatte, es sei allerdings bewiesen, daß das Finanzministerium als oberste Steuer behörde ehrlich bestrebt sei, Überschätzungen zu vermeiden — die Unterstellung, zweifellos hätten die Steuerbehörden „höheren Orts" Anweisung erhalten, „in Ansehung der mißlichen Finanzlage Sachsens" die Steuerschraube so fest wie nur irgend denkbar anzuziehen. Diese Behauptung ist vollständig unwahr und rein azrS der Luft gegriffen. Es ist aänzlich unwahr, daß das Finanzministerium oder die Kreissteuerräte die Einschätzungskommissionen, welchen letzteren bekanntlich, in gesetzlich gesicherter Unabhängigkeit von den Steuerbehörden, das Ein schätzungsgeschäft obliegt, in irgend einer Form an gewiesen oder ihnen auch nur irgendwie nahegelegt hätten, bei der diesjährigen Einschätzung scharf und hart zu verfahren. Wer nur einige Fühlung mit den leitenden Stellen der Steuerverwaltung hat, weiß, wie diese Stellen unermüdlich dahin wirken, daß bei der Steuerveranlagung mit Gerechtigkeit und Billigkeit ver fahren wird. Auch Fernerstehenden und der breiten Öffentlichkeit kann dies nicht verborgen geblieben sein. Ein Blick in die amtliche Instruktion zum Einkommen steuergesetz und ebenso in die kürzlich erschienene Instruktion zum Vermögcnsstcuergesetz (die jüngste um faßende Verordnung auf dem Gebiete des Steuerwesens) genügt, um zu erkennen, wie das Finanzministerium nichts anderes als eine gerechte und billige Ausführung der Steuereinschätzung, unter weitgehendem Entgegenkommen gegen den Steuerpflichtigen, wünscht. In demselben Sinne hat sich das Finanzministerium zu oft wieder holten Malen im Landtage und in zahlreichen Einzel verordnungen ausgesprochen. Daß trotz alledem bei einer Veranlagung von rund 1750000 Personen, die in Sachsen alljährlich ein zuschätzen sind, auch bedauerliche Fehl- und Mißgriffe vorkommen, kann nicht verwundern Nur ist dies nicht eine Eigentümlichkeit des Sächsischen Veranlagungs verfahrens, sondern liegt, abgesehen von der Unzuläng- Bcrnhardts fit frei von irgendwelchen psychischen Be sonderheiten, sie ist Weib im realsten Sinne des Wortes. Aber die eminente Beherrschung aller Mittel des sprach lichen und darstellerischen Ausdrucks, die schlechthin be wundernswerte Mcnschendarstcllung der großen französi schen Tragödin veredeln doch die Kourtisanengestalt Gautier so tief und überzeugungsvoll, daß die Wirkung nach dieser Seite keine geringere ist als die der italienischen Künstlerin, während in der rein naturalistischen Wiedergabe der Gestalt die französische der italienischen Schauspielerin weit überlegen ist. Die ungerechteste Kritik, die man der französischen Künstlerin gegenüber aussprechen könnte, wäre die, daß man von ihrer Leistung als von einer „virtuosen" sprechen wollte, denn so gewiß es wahr ist, daß sie jedes Mittel der Darstellung wie kaum eine andere neben ihr beherrscht, so unbezweifelbar ist cs, daß dieser Technik ebenbürtig, ja sie überragend die Macht des Gefühls, die seelische Anteilnahme an der verkörperten Gestalt, die tiefe innere Verbindung mit ihr zur Seite steht. Es wäre, stünde der Raum hierzu in unbeschränktem Maße zu Gebote, eine dankbare Aufgabe, die einzelnen Momente auS der wunderbar gesteigerten Leistung Sarah Bernhardts zu betrachten, zu schildern, wie ihre Marguerite durch die Liebe zu Armand aus dem tiefen Pfuhle, in dem sie zu versinken droht, emporgehoben wird zu Höhen von höchster sittlicher Reinheit, wie dann plötzlich das Glück, das ihr, der am Körper Hinsiechcnden, bereitet worden ist wie eine barmherzige Gnade, zu sammenbricht und wie nun das Dahmwelken folgt, das süße, durch eine reine, beseligende Liebe ver klärte Dahinwelken, das leidenschaftliche Sichanklammern an den armseligen LebenSrest, und das endliche friedvolle Erliegen Wollte man von Höhepunkten in der gestrigen Leistung Sarah Bernhardt« reden — ein Recht dazu besteht mcht, denn di« Darstellung der Künstlerin war von der ersten bi» zur letzten Szene rin lichkeit aller menschlichen Einrichtungen, namentlich in der großen Schwierigkeit begründet, die sich in einem hochentwickelten Lande' und zumal in Großstädten der überall zutreffenden Erfassung des steuerpflichtigen Ein kommens entgegenstellen. Anderseits kann nicht verkannt werden, daß den Einschätzungskommissionen in einer ganzen Anzahl von Fällen Deklarationen vorliegen, die, wenn auch sicherlich vielfach aus Unkenntnis, gegen die gesetzlichen Be stimmungen verstoßen und darum notwendigerweise An laß zu Ausstellungen geben. Daß aber die Vorsitzenden sowie die Mitglieder der Einschützungskommissionen, die aus der Wahl der Selbstverwaltungskörpcr hcrvorgehen, ihr schwieriges Amt gemäß ihrem eidlichen Angelöbnis nach bestem Wißen und Gewißen in redlicher und treuer Arbeit, oft schon lange Jahre, führen und dabei Über schätzungen ihrer Mitbürger nach Kräften zu vermeiden suchen, sollte nicht in Zweifel gezogen werden. deutsches Reich. Berlin. Wie in einem Teile der gestrigen Auflage unter Drahtnachrichten bereits gemeldet wurde, sand gestern vormittag vor Sr. Majestät dem Kaiser die all jährliche Frühjahrsparade der Potsdamer Gar nison statt. Der Andrang zu ihr war trotz des zunächst ungünstigen Wetters sehr groß. Schon die ersten Züge von Berlin waren überfüllt angekommen, und in dichten Mengen strömten die Schaulustigen, unter ihnen zahl reiche Fremde, über die Schloßbrücke der Stadt zu. Wem es bekannt war, daß der Kaiser um 7 Uhr 40 Min. cintreffen werde, blieb vorläufig auf dem Bahn hof zurück, um dem Monarchen, Der die Uniform der schwarzen Husaren trug, seinen Morgengruß auf der Fahrt nach dem Schloße zu entbieten. Hier war Ihre Majestät die Kaiserin bereits vom Neuen Palais 20 Minuten früher eingetroffen, um Ihren Gemahl zu begrüßen. Schon waren um diese Zeit die Truppen zum Marsch nach dem Lustgarten unterwegs, als plötzlich nach allen Kasernen der Kaiserliche Befehl gemeldet wurde, die Parade, die um 9 Uhr beginnen sollte, sei vorläufig verschoben worden, die Truppen sollten nicht ausrücken und weiteres abwarten. Trotzdem wogten immer neue Volksmaßen zum Lustgarten heran, der schließlich in seiner ganzen Ausdehnung dicht umlagert war. Etwa um 10 Uhr erfolgte alsdann der Befehl zur Ausführung der Parade, die von dem Kommandeur der 1. Garde division Generalleutnant und Gcneraladjutanten v. Moltke befehligt wurde. Während die Truppen Aufstellung nahmen, waren die auswärtigen Prinzen, unter ihnen Herzog Albrecht von Württemberg, und die fürst lichen Damen, die Prinzessin Friedrich Leopold, die Erbprinzessin und Prinzessin Karl von Hohcn- zollern u. a. m. im Schlosse eingetroffen und dort in den historischen Gemächern von der Kaiserin begrüßt worden. Als die Meldung erfolgte, daß der Kaiser, Der die Paradeuniform der Gardes du Corps mit schwarzem Küraß und dem Bande des Schwarzen Adlerordens trug, zu Pferde gestiegen sei, wurde der Befehl zum Präsentieren gegeben. Die Musik spielte, und unter dem dreimaligen Hurra ritt der Kaiser in den Lustgarten ein. Zunächst erfolgte das Abrciten der Fronten unter Begrüßung der einzelnen Truppen, dann nahm der Kaiser dem Denkmal Friedrich Wilhelms I. gegenüber Ausstellung und befahl den Beginn des Parademarsches. Eröffnet wurde dieser von der Leibgendarmerie; dann defilierten die Truppen, wie sie in der Aufstellung gestanden hatten. Beim 1. Garderegimcnt war Se. Kaiser!, und Königl. Hoheit der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen als Oberleutnant bei der 2. Kompagnie, seine jüngsten beiden Brüder und die beiden ältesten Söhne des Prinzen Friedrich Leopold bei der Leib-Kompagnie eingetreten. Die Fußtruppen defilierten in Zügen, des gleichen die Kavallerie, die Garde-Maschincngcwehrablcilung hinter den Garde-Jägern in Abteilungsfront, die Artillerie in Batteriesront. Beim Antreten wurden die Augen zunächst nach dem Schloße gerichtet, und die Offiziere salutierten hier vor der Kaiserin. Als die Gardes du Corps zum Parademarsch antraten, sprengte der Kaiser mit gezogenem Pallasch an die Tete und führte das fortwährendes, überwältigendes Crescendo schauspielerischen Könnens — so könnte man vor allem an die wunder bar gespielte Szene mit Duvals Vater im dritten Auf zuge, an die kurz darauf folgende Abschiedsszene, an den Auftritt am Schlüße des vierten Aktes und an die Schluß szene des letzten Aufzugs erinnern. Aber wie gesagt: es wäre ungerecht, Höhepunkte aus der Darstellung der Künstlerin herausgreifen zu wollen; eine genial fest gehaltene Stimmung beherrschte des Auftreten der Künst lerin vom ersten bis zum letzten Worte. Daß inan der gefeierten Tragödin im Laufe des Abends rauschende Ovationen darbrachte, die sich steigerten, je weiter die Vorstellung vorschritt, je mehr und über wältigender man der Größe ihrer Kunstausübung inne ward, war erklärlich und wohlberechtigt; die Partner, die sie hatte und die sich in nichts unterschieden von den bekannten Gestalten im Gefolge solch' großer Bühnensterne wie Mme. Bernhardt, in Verbindung mit ihr zu nennen, ist unmöglich' daß keiner von ihnen im Zusammenspiel mtt Marguerite die Wirkung der Szenen Mme. Bernhardts verdarb, ist ein Verdienst, groß genug, um ihnen ganz im allgemeinen das Zeugnis routinierter Schauspieler auszustellcn Hr. Deneubourg, der Darsteller des Armand, hatte nn vierten Akt sogar Momente, die für Augenblicke auch als künstlerische Einzelleistung fesseln konnten. W. DgS. Die Sammlung des Königl. Sächsischen Altertums vereins. Wie wir vor einiger Zeit berichteten, ist das Museum de« Königl. Sächsischen Altertumsvereins im PalaiS des Großen Gartens in diesem Jahre 14 Tage später al« gewöhnlich, d. h. am 15 Mai, eröffnet worden Der Grund hierfür war eine durchgreifende Umänderung der Aufftcllung, die sich au« mehrfachen Anläßen notwendig machte. —
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