Volltext Seite (XML)
LS. Jahrg. Geschäftsstelle undMedaktlo»! Dresden>A. 16, Holbeinstratze SR Sonnabend den 8. Juli 1916 Ferrisorechcr 21866 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147S7 »»«^abrX mitMustr.»eUankviertkyührlich vez«g»pret», lit Mustr. Bcilan . . X. In Dresden und ganz Deutsch. sie« Hau» m O ' « diertcljadrli» 1.80 und ganz Deuischland ) in Oesterreich 4.<I7 X. iand frei Hau» ».«» « 4» X. »»«gab» » Dresden ».«» Oesterreich 1.8« In frei Haus Dt, Einzel-Nummer 10 ^ sche BolkSzettimg erscheint an allen Wochentagen nachmittags. c> Slu,eigen, «nnnhmedon Seichästsan,eigen bi» Ivi'chr , von Familicnanzeigcu bis I I Uhr vorm > Preis Wr diePetit-Gpaltzeile »0 ^.im R-5.r- ! meteil St» Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fern- i wrechcr ausgcgcbeneNnzcigen kSniien wir d e) Bcranlworlilchleit sürdie Richtigkeit de» Lexlr» ^ nicht übcrnchincn. >, Kprechstunde der Redaktion: I I—IS Uhr dorm. O 6 Organ der Zentrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilage. Der kulturelle Einsatz im jetzigen Weltkriege Wie der Weltkrieg bezüglich der Kriegsführung und der damit verbundenen Aufopferung von Menschen und Material aller Art alle bisherigen Kriege in Schatten stellt, fc ist es auch bezüglich des kulturellen Einsatzes, wofür die daran beteiligten Völker kämpfen. Frühere Kriege wurden wegen wirtschaftlicher oder nationaler Interessen zwei mit einander kämpfender Staaten ausgefochten. Die ganze europäische Kultur als solche, die Zukunft ganzer Dynastien und Völker kam aber dabei nicht in Betracht. Im gegen wärtigen Kriege ist es anders. Ta handelt es sich für die beiden Kaisermächte Mitteleuropas nicht nur um den Ein satz einzelner Provinzen, oder um diese oder jene wirtschaft lichen Interessen, sondern um den Einsatz der gesamten Kultur Mitteleuropas gegenüber dem halborientalischen Rußland, dem eigensüchtigen britischen Jnselreiche und den revolutionär-demagogischen Staaten Frankreich und Ita lien. Alles, wofür unsere Vorfahren in unzähligen Kämp fen seit den Zeiten Rudolfs von .Habsburg, ja selbst der Babenberger gekämpft haben, alles, wofür die Deutschen seit der Begründung der deutschen Dynastien und Monarchien geblutet haben, steht in dein gegenwärtigen Weltkriege aus dem Spiele. Der evangelische Theologieprofessor G. Harnack hat in mehreren Reden, die er während des Weltkrieges ge llalten hat, darauf hingewiesen, daß das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn im gegenwärtigen Weltkriege die abend- ländische christlich-monarchische .Kultur gegen die von Ruß land vertretene morgenländisch-christliche Zivilisation vcr- verteidige, und daß dieser Kampf auch in Rußland eben von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet werde, daß daselbst nicht nur die leitenden Kreise des russischen Kaiserreiches diese Auffassung haben, sondern auch breite Massen des russischen Landvolkes, das den jetzigen Krieg als einen solchen der slawischen Orthodoxie gegen die „bösen" Deut schen auffaßt. Diese letzteren gelten gerade beim unge bildeten russischen Volke als gottlos und bösartig. Der Russe haßt nicht nur den Katholizismus, sondern auch die evangelische .Kirche besonders deshalb, weil er in ihnen westliche Kulturinittel erblickt, deren Aufgabe es ist, den Osten deutscher und polnischer Herrschaft untertan zu machen. Die russischen Panslawisten möchten deshalb dem Kriege die Tendenz geben, alle slawischen Völker dem Ein flüsse des russischen Zarentums gefügig zu machen und gleichzeitig an Stelle des Katholizismus und der evan- gelischen Religionsgcsellschaften die slawische Orthodoxie bis an die Gestade der Oder, der Elbe und der Donau zu verpflanzen. Es ist klar, daß durch diese Tendenz die ge samte abendländische Kultur, die auf der deutschen christ- lichen Monarchie beruht, in ihren Grundfesten bedroht wird. Das gesamte Lebenswek der römisch-deutschen Kaiser seit den Zeiten Karl des Großen und Otto I., die die römisch- wird. Das gesamte Lebenswcrk der römisch-deutschen Kaiser östlich der Elbe und am Donaustrand gefördert hatten, wird durch diese nach Westen gerichtete russisch-orthodoxe Expan- sionspolitik bedroht. Serbien als Trabant Rußlands sollte ganz die gleiche Nolle im Süden spielen, die Rußland im Norden Oesterreichs mit allen Mitteln in Szene zu setzen suchte, bis der Weltkrieg dieser Minierarbeit ein Ende machte. i k. i > , 2 Es ist merkwürdig, daß die von der christlichen deutschen Monarchie vertretene abendländische Kultur nicht nur im Osten unseres Kontinentes erbitterte Gegner fand, sondern auch in jenen Ländern, die von dieser abendländisch christlichen Kultur abgefallcn sind. Gerade diese Staaten sind die Verbündeten des russischen Zarismus geworden. Es ist dies das eigensüchtige britische Jnselreich, dessen Königtum eben durch seinen Abfall von der römisch-katho lischen Kirche durch König Heinrich VII l. etwas sehr ähn liches geworden ist, wie das russische Zarentum. Hier und dort gewahren wir ein Staatskirchentum, das die gesamte Monarchie und die Gesellschaft durchdringt, und eben da durch eine eigenartige, von der christlich-abendländischen Kultur, die durch Karl den Große», »nserin Nachfolger, ge schaffen worden war. völlig verschieden ist. Der ganz außer ordentliche skrupellose Egoismus und die politische Recht lichere! Englands und Rußlands, die jeden politischen Widersacher nicht nur als Feind, sondern sogar als Aus- gebürt der Menschheit, ja als Feind Gottes und der Reli- s Das Neueste vom Tage s »»»»s« > ,,!«» N MW l>Mk WMU (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, 8. Juli 1916. Westlicher Kriegsschauplatz Beiderseits der Somme hat der Heldenmut und die Ausdauer unserer Truppen den Gegnern einen Tag voller Enttäuschungen bereitet. Die zahlreichen immer wieder neu einsetzenden Angriffe wurden blutig abgewiese». Die Unzahl der gefallenen Engländer vor dem Abschnitte Ovil- lers-Contal-Maison Bazentin-le-Grand und der Franzosen vor der Front Biaches-Soyecourt geben Zeugnis von der Masse der zum Angriff eingesetzten feindlichen Kräfte sowie von der verheerenden Wirkung unseres Artillerie-, Maschinen gewehr- und Jnfanteriefeuers Rechts der Maas opfert der Feind fortgesetzt seine Leute in starken, vergeblichen Anstürmen gegen unsere Stel lungen „Kalte Erde"; er hat keinen Fuß breit Boden zu gewinnen vermocht. Mehrere Hundert Gefangene siele» in unsere Hand. Schwächere Vorstöße gegen die „Hohe Bal terie von Daniloup" wurden leicht abgewiesen. Die Artillerie- und Patrouillentätigkeit an der übrigen Front war teilweise rege. Der Angriff etwa einer sranzö- sischen Kompagnie iin Priesterwalde scheiterte. Oestlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe des Generalfeldmars challs v. Hindenburg: Bei Abwehr erneuter Angriffe südlich des Narocz- Sees nahmen wir zwei Offiziere, 210 Mann gefangen und schlugen an anderen Stellen schwächere Vorstöße ab. Heeresgruppe des Generalfeld marschalls Prinz Leopold von Bayern: Mit vollem Mißerfolge endeten die seit gestern wieder holten Anstrengungen starker russischer Kräfte gegen die Front von Z'rin bis südöstlich von Gorodischtsche sowie beiderseits von Darowo. Die vor unseren Stellungen liegenden Toten zählen nach Tanseudeu, außerdem verlor der Gegner eine nennenswerte Zahl Gefangener. Neue' Kämpfe sind im Gauge. Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: Südwestlich von Lnck haben mir einige Vorteile er rungen. Armee des Generals Grafen v. B 0 thiner : Nordwestlich von Buczacz sind russische Angriffsunter- uehrnungen erfolglos geblieben. Balkan-Kriegsschauplatz Artilleriekämpfe zwischen Vorder und Dojran-See ohne besondere Bedeutung. Oberste Heeresleitung. Noch ein Opfer der Seeschlacht Der holländische Fischdanipser „Thory M. 16-1" hat nach Meldung der „Voss. Ztg." in der Nordsee im Netze Teile der drahtlosen Telegraphieeinrichtung und eine Flagge des englischen Kreuzers „Carysfort" aufgefischt. Dieser Kreuzer ist 3800 Tonnen groß, seine Besatzung etwa 400 Manu stark. Nach den geographischen Angaben würde es sich auch bei diesem Kreuzer um ein Opfer der Seeschlacht am Skagerrak handeln. Die Freihandrlsmitglirdrr des englische» Unterhauses beschlossen nach Berichten verschiedener Blätter, alle vom Freihandelsprinzip abweichenden Vorschläge der Pariser Wirtschastskonfercnz zu bekämpfen. Ein Heldendrnkmal Unter lebhafter Anteilnahme der schwedischen Bevölke- iniig wurde laut „Tägl. Rundsch." vor einigen Tagen das von der deutschen Kolonie in Stockholm gestiftete Helden- denkmal zu Ehren der im Kampfe für das deutsche Vaterland gefallenen „Albatroß"-Helden in Wisby mit be sonders feierliche Gepräge enthüllt. Nikolai wieder Höchstkommandierender Dem „Lokalanzeiger" zufolge finden sich in russischen Blättern Andeutungen, als ob Großfürst Nikolai Nikolaje- witsch wieder Höchstkommandierender werden solle. liest« irv/uxs«lUoUel Von-Üg,ivke I»izisI»»I08 neue uncl ^skrumollts, alle Rols- vllck Ltilsrteu, so^vio vuoll 2siollllunA «aNItioitlUGS von 60 Karl- all Riesige ^uswulll, güllsti-xs ^»lllivoire. voller 1LllS8elli'i»b»,tt! Rlliel-Pisnos! Ivksnn-kisvi-gsn-liilss l2 gion anzuseheu geneigt ist, beruht hauptsächlich aus denn eigenartigen Staatskirchentum dieser beiden staatskirchlichen Monarchien, in denen Kirche und Staat und Staatspolitik und Religion als fast ein und dasselbe angesehen werden. Der Freiburger Universitätsprosessor Brie hat kürzlich ein Werk über den britischen Imperialismus versaßt, in dem ei nachweist, daß dieser wesentlich aus der messianistisch-reli- giösen Staatsauffassung der Engländer beruht, die Groß britannien als ein Werkzeug der göttlichen Vorsehung an sieht, und dieses dafür berechtigt hält, alle übrigen Völker der Welt zu leiten. Das russische Staatskirchentum hat in weiten Kreisen der russischen Intelligenz, selbst in solchen, die sich Liberale und Radikale nennen, die gleichen Wahn vorstellungen von der Mission des russischen Volkes als Welterlöser zustande gebracht. Frankreich und Italien lind eigentlich nichts anderes als vom römischen Katholizismus abgefallene Apostatenstaaten, die aber eben deshalb zu Werkzeugen des russischen und britischen Imperialismus ge worden sind. Tie Phrasen vom Kampfe „für Zivilisation und Kultur", welche angeblich die Staaten des Vierver bandes gegen Deutschland und Oesterreich verteidigen, sind eigentlich ein Ausdruck der Tatsache, daß die Bevölkerung aller Staaten des Vierverbandes sich dessen bewußt ist, daß Deutschland und Oesterreich-Ungarn für eine höherwertige christlich-monarchische Kultur kämpfen, die dazu berufen ist, die minderwertigen Kulturen des Ostens ebenso aus- zuscheiden wie die dekadenten Zivilisationen des Westens. Deshalb wird im jetzigen Weltkriege seitens der Mittel mächte für einen überaus großen Kultureinsatz gekämpft, für einen größeren als jemals zuvor in irgend einem Kriege, den Oesterreich-Ungarn und die Staaten des Deut schen Reiches geführt haben. Mögen die Opfer dieses Krie ges noch so furchtbar sein, mögen vom Volke noch so große Anstrengungen verlangt werden, so ist es doch gewiß, daß der siegreiche Abschluß des gegenwärtigen Weltkrieges alle diese Opfer und Leiden tansendhaft wieder zu ersetzen in der Lage sein wird, daß hingegen eine gegenwärtig wohl nicht mehr zu gewärtigende Niederlage für die Mittelmächte Folgen hätte, die ärger wären, als es Konsequenzen einer Niederlage je gewesen sind. Kaiser Wilhelm hat zu Be ginn des Krieges mit Recht in einer Ansprache an das deutsche Volk in Berlin gesagt, daß der jetzige Krieg für die Erhaltung der gesamten deutschen Kultur geführt werde, für alles, was die Vergangenheit geschaffen hat und für die gesamte Zukunft des deutschen Volkes. Was bezüglich des Deutschen Reiches gilt, gilt ebenso bezüglich Oesterreichs, das durch alle seine kulturellen Traditionen mit diesen ver bunden ist. Der Lausanner Nationalitätenkongreß In der Schweizer Fremdenstaüt am Genfer See. Lau sanne, die seit jeher als Zusammenkunstsort von Vertretern aller Völker der Erde gilt, wurde in den letzten Tagen des Monats Juni ein Nationalitätenkongreß abgehalten, dessen Aufgabe es war, die Stellung kleinerer Völker gegenüber den politischen Fragen festzustellen, die infolge des Welt krieges entstanden sind. Dieser Schweizer Nationaliräten- kongreß stand unter dem Einflüsse gewisser französischer Schweizer und belgischer Professoren, die die politischen Schlagwörter der Diplomaten dcS LierverbandeS zur Gel tung zu bringen suchten. Mochte aber auch der britische, belgische und französische Einfluß ans dieser Tagung noch so sehr herportrcten, so konnte doch der Eindruck zahlreicher Reden von Vertretern gerade jener Nationalitäten, die inner russischer und britischer Gewaltherrschaft stehen, nicht völlig ausgelöscht werden. Die britische Diplomatie hat sich be müht, in diesem Nationalitätenkongreß besonders Sym pathien für Belgien und andere kleinere Nationalitäten zu erregen, deren sich die Diplomatie des Vierverbandes zu be dienen suchen. Nun haben aber gerade die Vertreter jener Nationen, die unter russischer und britischer Herrsä)aft stehen, sich auf diesem Nationalitätenkongreß die Gelegen heit nicht nehmen lassen, an die Adresse der hohen Protek toren der „Selbständigkeit der kleinen Völker" - als solche treten ja Rußland und England ans — recht ernste Worte zu richten. Finnländer, Georgier, Armenier, russische Mo hammedaner und Israeliten, ein Vertreter Kurlands und Letten haben durch ihr Reden die Rcgierungsweise des russischen Zarismus in recht anschaulicher Weise belenchtet und die Forderung erhoben, daß ihren Völkern durch den