Volltext Seite (XML)
ZchSnlnlra.tr Tngthlntt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinsnde Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich I Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colportsurs dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserats pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^188. Sonnabend, den 14. August 1880. "Waldenburg, 13. August 1880. Die schweizerische Regierungsweise. In der Schweiz wechselt der Präsident bekanntlich alle Jahre. Diese Einrichtung scheint auf den früheren französischen Gesandten in Bern, Graf Harcourt, einen recht günstigen Eindruck gemacht zu haben, denn er schreibt in einem Aufsatz in der „Revue de France" Folgendes: „Die Schweiz ist eine gemäßigte Demokratie. Wenn das Land dieses sein Lebenselement beseitigen würde, so ginge es einer raschen Auflösung entgegen. Es steht unter der beständigen Drohung des Auseinanderfahrens. Die Aufgabe der Bundesbe hörden ist, drei aus verschiedenen Nationalitäten entsprungene Gruppen zu bestimmen, daß sie in gutem Einvernehmen leben. Finden diese Gruppen im eidgenössischen Verbände nicht die Genugthuung, die sie erwarten, werden ihre Gefühle und ihre Interessen verletzt, so geht ihre natürliche Tendenz dahin, zu dem Stamm zurückzukehren, dem sie ent sprossen. Unter solchen Umständen giebt es unauf hörliche. Conflicte, jedoch verlieren sie ihr Gewicht gerade durch ihr häufiges Vorkommen. Nicht nur stirbt das Land nicht daran, sondern es lebt davon. Inmitten dieser täglichen Kämpfe befestigt und er frischt sich der nationale Gedanke. Das Land ist klein genug, daß eine Art gegenseitiger politischer Belehrung eintreten kann. Man steht den Geschäften zu nahe, um nicht die Nothwendigkeit von Zuge ständnissen zu begreifen. . . Wenn in Frankreich ein Ministerwechsel stattfindet, so gießt man das gejammte diplomatische und administrative Personal um. In der Schweiz bleibt im Gegentheil Alles beim Alten, wenn ein neuer Präsident kommt; es tritt gar kein Stillstand ein, keine Aenderung, weder in der Verwaltung, noch in der auswärtigen Ver tretung. Seit 30 Jahren hat Vie Eidgenoffenschaft 30 Präsidenten gehabt (oder, besser gesagt, 30 Präsi dentschaften), aber nur Einen Kanzler. Die wenigen Legationen, welche die Schweiz im Ausland unter hält, spüren die Wechselfälle der Politik in keiner Weise. Um nur zwei Beispiele anzuführen: Hr. Kern, der Gesandte in Frankreich, ist in Paris schon seit 23 Jahren accreditirt; Hr. Pwda, der Gesandte in Rom, versieht seine Functionen beim Könige von Italien seit 16 Jahren. Wäre die Dauer der Prä sidentschaft eine längere, dann würden wohl öftere Aenderungen eintreten. In den Vereinigten Staaten von Nordarmerika, wo der Präsident auf 4 Jahre gewählt wird, zieht sein Rücktritt eine durchgreifende Veränderung im Verwaltungspersonal nach sich. Da sich dies bei einer 1jährigen Präsidentschaft nicht bewerkstelligen ließe, so läßt man's bleiben. Die äußerste Instabilität (Unbeständigkeit) an der Spitze führt zu verhältnißmäßiger Stabilität: der Chef wechselt, die Angestellten bleiben. Da der Präsident aus dem Schooße des Bundesraths genommen wird, so ist er von diesem zu sehr absorbirt, als daß der Wechsel sich in der Eidgenossenschaft fühlbar machen könnte; und diese Verfahrensweise hat überdies den Vortheil, daß eine größere Zahl von Personen in die Besorgung der allgemeinen Geschäfte eingeweiht wird. Man übernimmt und verläßt die erste Rolle mit einer Einfachheit, die etwas Großes an sich hat." "Waldenburg, 13. August 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm stattete am Mittwoch Vormittag in Ischl u. A. auch Ihrer ! Durchlaucht der Fürstin von Schönburg einen Be such ab. Nach einer im Interesse des Publikums jüngst er gangenen Verfügung des preuß. Finanzminislers ist von demselben genehmigt worden, daß geringere Beträge bei der Gerichtskosten-Erhsbung von den Zahlungspflichtigen auch in Briefmarken eingesandt werden können. Es ist hierbei vorausgesetzt worden, daß von dieser Erleichterung kein zu ausgedehnter Gebrauch gemacht wird, und daß die Umwechselung der Briefmarken in baares Geld keinen Schwierig keiten begegnet. In Folge der in letzter Zeit mehrfach hervorge tretenen Mißhandlungen von Soldaten erließ das Kriegsministerium eine Verordnung, wonach jede körperliche Mißhandlung eines Soldaten bei dem nächste Vorgesetzten zur Anzeige gebracht wer den muß. Der Hamburger deutsche Arbeiterverein (Lassal- leaner) sprach sich in einer Versammlung am Sonn abend für das Tabaksmonopol aus. Aus Heilsberg schreibt man der „Königsb. H.- Ztg.": Die Regierung hat sämmtlichen hiesigen ka tholischen Geistlichen soeben eine Verfügung zu gehen lassen, nach welcher dieselben zur Ertheilung des schulplanmäßigen Religionsunterrichts in dem früheren Umfange in den hiesigen Volksschulen wie der zugelassen sind. Die Verfügung ist direct an die Betheiligten, also ohne Vermittelung des Bischofs erfolgt. Da dieselbe übrigens auf einem vorgedruck ten Schema ausgefertigt ist, so darf man ihren ge nerellen Charakter annehmen und daraus resultiren, daß sämmtliche Geistlichen der Dlöcese Ermland gleiche Zuschriften erhalten haben. Unter der Herrschaft des Königs Otto, eines Prinzen aus dem Hause Wittelsbach, hat Griechen land in Form von Anlehen oder Darlehen von baierischer Seite nicht unbedeutende Summen er halten. Ursprünglich betrugen die baierischen For derungen etwa 4 Millionen Frcs.; da aber seit langen Jahren auch die nicht gezahlten Zinsen zu einem beträchtlichen Betrage angewachsen sind, so stellt die Gesammtschuld sich jetzt auf nahezu 7 Mil lionen. Von München aus wird diese Forderung an den griechischen Staat jetzt nachdrücklich geltend gemacht, und man wird es Baiern in der That nicht verargen dürfen, daß es ebenso wie England und Frankreich die endliche Rückerstattung der in der Zeit des Philhellenismus dargeliehenen Gelder beansprucht. Die Reichsregierung, welche die An sprüche der einzelnen Bundesregierungen stets zu den ihrigen macht, hat nicht umhin gekonnt, auch diesen Folgerungen ihre mächtige Befürwortung an gedeihen zu lassen. In einer Zuschrift aus Oberschlesien über den dort eingetretenen Noth stand an die „Nat.-Ztg." heißt es: „die unmittelbare Veranlassung der Ueber- schwemmung sind wolkenbruchartige Regengüsse ge wesen, welche im Ouellengebiet der Oder und ihrer Nebenflüsse in Oesterreich niedergegangen sind. Be reits am 4., jedenfalls am 5. d. M. fanden infolge dessen große Ueberschwemmungen in Mähren und Oesterretchisch-Schlesien statt. Es unterliegt keinem Zweifel, daß unsere Behörden hiervon unmittelbar Kenntniß erhalten mußten und thatsächlich erhalten haben. Warum, so fragt man allenthalben, warum hat die Regierung nicht im Laufe des 5. und noch in der Nacht zum 6. d. M. den bedrohten Ortschaf ten in der Oderniederung von der drohenden Ge fahr Mittheilung gemacht? Bei dem außergewöhn lich niedrigen Wasserstande — kurz vor dem Hoch wasser konnte z. B. im Koseler Kreise die Oder fast überall durchwatet werden — hatte Niemand eine Ahnung von dem Herannahen des Hochwassers; hätte die Regierung die drohenden Ortschaften be nachrichtigt, so hätte unter allen Umständen eine Frist von 18 Stunden zur Bergung des bereits ge mähten Getreides gewonnen werden müssen. Jeder Verständige weiß, daß in solchen Fällen mit Auf bietung aller Kräfte von Menschen und Vieh man ches gerettet werden konnte, was später von den Wasserfluten unrettbar weggerissen wurde. In der bereits im Vorjahr so schwer heimgesuchten Ortschaft Birawa, Kreis Kosel, befindet sich ein Staatstele graph und eine Station der unter Staatsverwal tung befindlichen Oberschlesischen Eisenbahn; gleich wohl erfuhren die Einwohner von der drohenden Wassergefahr nichts, bis die Fluthen der Oder sich heranwälzten und .jede Rettung der Garben unmöglich machten. Hätte man rechtzeitige Meldung gemacht, so würde das gesammte oder der größte Theil des weggeschwommenen Getreides haben gerettet werden können. Der Eindruck, wel chen derartige Unterlassungen auf die Bevölkerung machen, ist der allerschlimmste; das Vertrauen zu der Regierung und ihren Maßregeln ist stark er schüttert. Wann endlich wird die Regierung, deren Commissarien Oberschlesien fortwährend bereisen, praktische Maßregeln treffen?" Fürst Bismarck, dem die Kur in Kissingen vor trefflich bekommt, hat nicht nur gegen die Hamburger „Reform", sondern auch gegen das Mitglied des Vorstandes der Hamburger Fortschrittspartei, den Rechtsanwalt vr. Wex, eine Anklage auf Belei digung erheben lassen, vr. Wex hatte nämlich vor einigen Wochen in der constituirenden Versamm lung der genannten Partei das Verfahren des Reichskanzlers in der Zollfrage gegen Hamburg einer überaus schroffen Kritik unterzogen. Die Mächte haben das britische Cabinet mit der Nedaction der Collectivnote in Beantwortung der , türkischen Note bezüglich Griechenlands betraut. Frankreich. Eine Versammlung der Socialisten und Com- munards in der Salle Graffard zu Paris hatte einen ganz kläglichen Charakter. Sie zählte kaum 100 Theilnehmer. Der biedere Rochefort und der große Volksmann Clßmenceau wurden von verschiedenen Rednern als Verräiher und Bourgeois tractirt. Henry Rochefort, der durch größte Reclame gänz lich unverdient berühmt gewordene Schmähschriften schreiber, spielt jetzt bekanntlich den wüthenden Athei sten. Er war das nicht immer. Im Jahre 1855 schrieb die Akademie von Toulouse einen Preis aus für die schönste Poesie auf die Mutter Gottes. Rochefort gehörte zu den Concurrenten und seine kleine aus vier Strophen bestehende Ode erhielt zwar nicht den Preis, aber sie erntete doch Aner kennung. England. Die Königin von England hat folgendes Tele gramm an den Vicekönig von Indien gerichtet: „Mein Herz blutet über den Verlust so vieler tap ferer Officiere und Soldaten. Bitte, drücken Sie den Verwundeten meine Theilnahme und Bekümmer niß aus." Aus dem Muldenthale. * Waldenburg, 13. August. Der Hauptzweck der allgemeinen deutschen Patent- und Musterschutz-Aus stellung, welche 1881 in Frankfurt a. M. stattfinden soll und zu welcher Anmeldungen durch den hiesi gen Gewerbeverein vermittelt werden, ist: das Neueste auf dem Gebiete der Erfindung und der Muster, wie es sich durch Ausführung von Patenten und