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Wchmtz -Icitmz Dienstag, dm 8. September 1896. 62. Jahrgang. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Kmishauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Ktadtrath zu Dippoldiswalde. Inserate, welche bet der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk sam« Verbreitung finden, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eina«, sandt, im räaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. - Die „Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Breis vierteljährlich 1 M. ÄS Pfg., zweimonatlich S4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All? Postan- ftalten, Postboten, sowie vir Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redactmr: Paul Irhne in Dippoldiswalde. Mit achtseitlgem „Jllustrirten UttterhaltungSblatt". Mit land, und hauSwirthschastlicher MonatSbeUagr. Nr. 103 Frankreich und Rußland. Da die französischen Politiker und ZeitungS- berichterstatter der Welt glauben machen wollen, daß auf der ganzen Rundreise des Kaisers von Rußland dessen Besuch in Paris der Hauptzweck und der sprin gende Punkt in der europäischen Politik Rußlands und natürlich auch Frankreichs sei, so muß man wieder einmal das französisch-russische Bündniß oder Freund - schastSverhältniß beleuchten. Wir wollen dabei die neueste Nachricht aus Paris an den „Hamburger Korrespondenten", daß der Czar Nikolaus ursprünglich gar nicht daran gedacht habe, den Franzosen einen Besuch zu machen, und erst in Folge der Bitten der französischen Diplomaten und der Vorstellungen der russischen Minister sich entschlossen habe, einen Tag nach Paris zu kommen, gar nicht als maßgebend für die Beurtheilung der französisch-russischen Beziehungen hinstellen, sondern uns mehr auf die Thatsachen be rufen. Dabei ist es doch unverkennbar, daß nicht die natürlichen Interessen Frankreichs, welches auf dem Gipfel seiner Macht in diesem Jahrhundert Rußland fchon zweimal bekriegt und gedehmüthigt hat, die freie französische Republik mit dem selbstherrlichen Czaren- thume Rußlands zusammengeführt haben, sondern daß es lediglich Frankreichs Rachelust und nationale Eitel keit, dabei noch ein glühender Haß gegen Deutschland sind, also lauter schändliche Leidenschaften, welche die Franzosen dazu getrieben haben, um Rußland« Freund schaft zu buhlen. Denn die noch von den Franzosen ouSgestreute Behauptung, daß Frankreich sich in seiner Sicherheit von Deutschland fortwährend bedroht fühle und deshalb Rußlands Beistand brauche, ist lügen haft, da Deutschland mit Frankreich in Frieden zu leben wünscht und niemals daran gedacht hat, gegen Frankreich einen Eroberungskrieg zu führen. Was soll überhaupt Deutschland von Frankreich noch er obern wollen? Wir können im deutschen Reiche keine französischen llnterthanen brauchen. Es bleibt also eine Thalsache, daß nur die französische Rachelust in Verbindung mit einer grenzenlosen nationalen Eitel keit an dem Zustandekommen eines französisch-russischen Bündnisses arbeitet und Interesse hat. Aber da darf man doch auch fragen: Ist denn das französisch-russische Bündniß schon fertig? — Allem Anscheine nach ist die« nicht der Fall, denn eine Reihe Pariser Zeitungen beschäftigen sich fortwährend mit dem Bündnisse wie mit einer offenen Frage, ja die „Justice" bemerkte sogar, daß män anläßlich des CzarenbesucheS nun wohl endlich erfahren werde, was denn die Franzosen für ihre vielen den Ruffen geborgten Milliarden be kommen würden. Die Russen könnten ruhig und freundlich darauf antworten: Die Zinsen, welche unsere Staatsschuldscheine tragen! — Diese Antwort wollen aber die Franzosen nicht hören, sondern sie wollen von den Russen als Antwort hören, daß sie den Fran zosen „Elsaß-Lothringen" wieder verschaffen wollen. Auf diese Antwort werden die Franzosen aber seitens -er Russen wohl lange vergeblich warten, denn so gern und willig auch Rußlano das französische Gold in großen Haufen genommen hat, um in seine gerülteten Finanzen Ordnung zu bringen And Eisenbahnen zu 1>auen, so wenig wird es wohl Rußland danach gelüsten, gegen Deutschland einen großen Krieg zu führen, um -en Franzosen wieder zu Elsaß Lothringen und zu ihrer herrschenden Stellung in Europa zu verhelfen, denn ein Krieg mit Deutschland ist doch wohl auch für Rußland eine sehr gefährliche Sache, ganz abgesehen davon, daß dann wohl auch Oesterreich-Ungarn al« Deutschlands Bundesgenosse den russischen Eroberungs gelüsten entgegentreten würde. Ueberhaupt hat Ruß land in Westeuropa keine Interessen zu verfechten, denn Rußlands Interessen find im Orient und in Asien vollauf in Anspruch genommen. So werden die Franzosen auch mit und nach dem Besuche deS Ezaren in Bezug auf ihre Sehnsucht nach einem kriegerischen Bündnisse mit Rußland wohl noch lange einem leeren Wahne leben. -Lokales und Sächstfches. Dippoldiswalde. Zum 18., 19. und SO. Sep tember hält der Bienenzüchter-Verein die erste bienen- wirthschaftliche Ausstellung ab, lediglich zu dem Zwecke, die Bienenzucht, ein wichtiger Zweig der Volkswirthschaft, zu heben und das Interesse dafür zu wecken. Daß die Bienenzucht berechtigt ist, letzte res in Anspruch zu nehmen, nicht nur das des Bienen züchters selbst, sondern auch das des Landwirthes, des Gartenbesitzers, des Naturfreundes, eines Jeden, der seinen Gaumen letzt an irgend einer Frucht, daS mögen solgende Thatsachen begründen: 18S6 wurden von An siedlern auf den Chatam-Jnseln Obstbäume und Sträucher angepflanzt, die sie aus ihrem Vaterlande bezogen hatten. Dieselben gediehen, blühten reichlich, trugen aber keine Frucht. Diese, den Kolonisten unbegreif liche Erscheinung, hätte sie bald zur Fällung der Bäume veranlaßt, wenn ihnen nicht durch den Engländer Wood einige Bienenvölker übersandt worden wären, worauf die Bäume, nun von den Bienen beflogen, reichlich Früchte trugen. — Der Pfarrer von Nonville brachte 1883 einige Bienenstöcke an die Mauer seines Gartens, wo seit 20 Jahren 30 Obstbäume trotz aller Pflege sich weigerten, Früchte zu tragen. Seit der Einfüh rung der Bienen aber trugen Aepfel- und Birnenbäume wie durch Zauberschlag reichlich. — Aber auch an und für sich selbst schon wird die reichhaltige Ausstellung für jeden Laien von größtem Interesse sein. Die ver schiedenen Bienenvölker, die verschiedensten Wohnungen, einzelne Königinnen, die Fülle von Honig in Gläsern, Waben, künstlich ausgebauten Glocken und Körbchen, die Wachsprodukte und auch die Jmkergeräthe — das alles bietet des Anschauens genug und Allen etwas. So hofft und wünscht der Verein, daß die Opfer, die das Unternehmen heischt, ihm durch recht regen Besuch der Ausstellung anerkannt und erleichtert werden möchten. — In der letzten Gewerbevereins-Ver sammlung brachte der Vorsitzende, Herr Stadtrath Heinrich, nach Vorlegung verschiedener Eingänge zur Kenntniß, daß zu dem Besuche der König!. Samm lungen in Dresden neue Freikarten bei ihm für wirk liche Mitglieder zu leihen sind. Neben einer solchen Freikarte muß beim Eintritt die Mitgliedskarte mit vorgezeigt werden, sonst hat jene keine Giltigkeit. Aus die Anfrage der Gewerbekammer wegen Beibe haltung oder Wegfall der Dresdner Jahrmärkte soll geantwortetwerden, daßdiehies.Geschäftsireibenden augen scheinlich davon wenig berührt würden, daß aber unseren Töpfer am Christmarkt ihr Recht zum Feilhalten ge währt bleiben müsse. Vorbehältlich einer bestimmteren Einladung in der Sonnabendsnummer soll am Mon tag, den 14. dss. Mts., eine Nachmittagspartie nach Obercarsdorf unternommen werden und dabei die Holzwaarenfabrik von Herrn Böhme und die Pappen- fabrik von Herrn Nitzsche besichtigt werden. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Bcandplatz und erfolgreiche Löschthätigkeit gelegentlich deS, am 29. Juli dss. Js. bei dem Gutsbesitzer Eaitenmacher in Löwenhain infolge Blitzschlages entstandenen Brandes hat - die König!. BrandverstcherungS - Kammer den Spritzen der beiden freiwilligen Feuerwehren von Geising und Altenberg Prämien nach Höhe von 30 Mk. und bez. von 25 Mk. bewilligt. — Nach dem Genuß von Obst stellt sich gewöhnlich Durst ein; dieser wird am besten vermieden, wenn man mit dem Obst zugleich Brot genießt. Wenn man überhaupt die Kinder vor Unterleibs-Beschwerden be wahren will, so gestatte man ihnen niemals, daß sie Obst ohne Brot genießen. Wenn Eltern ihre Kinder gesund erhallen, insbesondere vor Durchfall, Diarrhoe bewahren wollen, so sei ihnen empfohlen, sie von klein an daran zu gewöhnen, Obst nur mit Brot zu essen. JohnSbach. Der beim Gutsbesitzer Abmann hier in Dienst stehende Max Bormann aus Hänichen kam am vorigen Donnerstag beim Einfahren von Getreide neben dem Wagen zum Fallen und wurde überfahren, wodurch er einen Echenkelbruch erlitt. — Nachdem der Keuchhusten etwas nachgelassen hat, sind neuerdings besonders unter den kleineren Schulkindern die Masern aufgetreten, sodaß vorläufig die Schließung einer Schulklasse angeordnet worden ist. Kreischa. Landwirthschaftl. Ausstellung, Sonntag, den 27., und Montag, den 28. September, findet hier eine landwirthschaftl. Ausstellung statt. Die selbe wird landw. Maschinen, Geräthe, Erzeugnisse rc., sowie eine Rinderschau umfassen, zu welcher letzteren 13 Bullen, 81 Kühe und 36 Kalben, zusammen 130 Stück Rindvieh angemeldet und die erforderlichen Prä mien durch Vermittelung des landwirthschaftl. Kreis vereins vom König!. Ministerium deS Innern bewil ligt worden sind. Die Rinderschau wird Sonntag, den 27. September, um 11 Uhr Vormittags, für die Besucher eröffnet. — Der Auftrieb hat vor 8 Uhr zu erfolgen, von welcher Zeit an die Preisrichter ihres Amtes walten, und an demselben Tage um 5 Uhr Nachmittags geschloffen. An Eintrittsgeld wird am Sonntag (einschließlich des AuSstellungSverzeichniffes) 50 Pfennige erhoben, am Montag 25 Pfennige. Die Vorbereitungen an Ort und Stelle werden in um- .faffender Weise vom hiesigen landwirthschaftl. Verein besorgt, und es ist nur zu wünschen, daß der nicht unbeträchtliche Aufwand an Arbeit und Mitteln kein vergeblicher werde, daß gutes Wetter zum Gelingen beitrage und die Veranstaltung sowohl im Interesse der Viehzucht unserer Gegend als auch in Bezug auf einheitliches Zusammengehen und rege Betheiligung der Landbevölkerung im hiesigen landwirthschaftl. Verein bauernde Anregung und segensreiche Früchte bringe. Tharandt. Jetzt ist es der hiesigen Stadlpolizei gelungen, einen Einbrecher auf frischer Thal zu er tappen. Dieser hatte eS wieder auf das Almosenbecken an der Kirche abgesehen, welches vor ungefähr acht Wochen schon einmal erbrochen und seines Inhaltes beraubt worden war. Der Thäter blieb aber uner mittelt. Diesmal aber wurde er in voller Arbeit be troffen, worauf er zwar in Strümpfen davonlief, aber trotzdem eingeholt und hinter Schloß und Riegel ge steckt wurde. Der Dieb ist ein wieberholt bestrafter, in Bautzen geborener und vor einigen Wochen noch in Dresden wohnhafter 29 Jahre alter Arbeiter. Dresden. Am 4. September, Vormittags »/t9 Uhr, reiste der Kaiser, Prinz Heinrich und Prinz Albrecht von Preußen mit seinen Söhnen vom Schle sischen Bahnhose nach Breslau ab. Die Verabschie dung vom König, Prinz Georg und den übrigen Fürst lichkeiten war eine überaus herzliche. Freiberg. Der Handarbeiter M. F. G. Pretzschner aus Spechtritz wurde am 3. September vom König!. Landgericht wegen Rücksallsbetrugs zu 1 Jahr Ge- sängniß und 2 Jahren Ehrenrechtsoerlust vsrurtheilt. Livdenau bei Kötzschenbroda. Dieser Tage sind durch die Untersuchungskommission in hiesigem Orte wiederum Reblausherde entdeckt und die Berge auf Grund einer amtshauptmannschastlichen Verordnung geschloffen worden. Meißen. Die Festtafel in der AlbrechtSburg am 3. September, welche sowohl im Banketsaale, wie . auch im Kirchsaale gedeckt und aus daS Herrlichste mit Gold- und Silbergeräthen, Meißner Porzellan-Aus sätzen und Blumengruppen dekorirt war, verlief auf das Glänzendste. Gegen Ende der Tafel erhob sich König Albert zum Toaste auf den Kaiser und dankte für die Ehre, welche dem XU. Korps dadurch erwiesen, daß derselbe di« Parade über dasselbe abgenommen habe, dankte ferner für die huldvollen Worte der An- kennung für die Leistungen des Korps, welche dex Kaiser beim Schluffe der Parade an den kommandi.