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—_ ,rt. bvnL 4, m Saft- anz er- old. N. ig beim 5. Oft, Ihr ;rt 8t>ät- vr - »IIÜ. nicht den -anz ». V. - 1887. :r Theil- Verlust llen den »psi. dten zur >er Gatte, iter, der «abriel men Ver- am 1. Ok- 4. Lebens« hieb. Um ssene«. Nachm. sr, 1837: ug. »tselivL rch. Lubliner. )ie Herren Frl. vo« irektion. i. Oktober: 97. 98.99. 7,r ° L 5,, °L AmtMM für die kömglicheu und städtische» Behörden zu Freiberg nud Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun tu Freiberg. » Erscheint jcdm Wochentag Nachmitt. -/.«Uhr für den i Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angenom. OO^ 231. Mittwoch, den S. Oktober, 1»87. Im Kanzlerheim zu Friedrichsruh. Wenn auch sonst das Sprichwort .Die Wände haben Ohren!' fast immer zutrifft, kann dasselbe doch auf die Wände der Kanzler-Wohnung in Friedrichsruh keine An wendung finden. Was innerhalb derselben am Sonntag zwischen dem deutschen Reichskanzler und dem italienischen Ministerpräsidenten Crispi, dem Staatssekretär Grafen Herbert Bismarck und dem italienischen Botschafter Gras de Launay verhandelt worden ist, wird nur dann in die Oeffentlichkeit dringen, wenn Fürst Bismarck Grund hätte, in dem Bekanntwerden jener Verhandlungen einen beson deren Vortheil zu erblicken. So ist man denn über den Zweck jener Begegnung zwischen den leitenden Staats männern Deutschland und Italiens bis jetzt lediglich noch auf Vermuthungen angewiesen und auf diesem Felde hat die europäische Presse in dm letzten Tagen Bedeutendes ge leistet, ohne eine recht überzeugende Kombination aufzu stellen. Von dem am Montag über Hamburg nach der Heimath zurückgereisten Ministerpräsidenten Crispi sind zu nächst auch keine Ausklärungm über seine Reise nach Friedrichsruh zu erwarten, denn anscheinend hatte er die Absicht, daß über diese Fahrt gar nichts bekannt werden sollte. Während er sich schon auf dieser Fahrt befand, schrieben italienische Blätter, er werde nur zwei oder drei Tage von Rom abwesend sein und seine Reise nicht über die Grenze Italiens ausdehnen. Das französische Journal „Matin" vereitelte aber die Absicht der Geheimhaltung durch eine Notiz, welche allgemein überraschte und die rus sische Regierungspresfe verspottete in demselben Moment die Annäherung Italiens an Deutschland und Oesterreich. Man war also in Paris und Petersburg zuerst und sehr genau von dem Ziele der Reise Crispis unterrichtet, was deutlich genug für das dort herrschende Mißtrauen gegen die mitteleuropäischen Mächte und die auswärtige Politik Italiens spricht, welche Crispi völlig in dem Geiste der Staatsmänner Depreti« und Robilant fortsetzt. Dies ver stimmt in Frankreich und Rußland um so mehr als Crispi noch vor Jahresfrist als der hervorragendste Vorkämpfer der romanischen Raffender brüderung und als ein zum Radikalismus hinneigender Fortschrittsmann galt. Wenn heute die Franzosen Crispi als einen ihrer schärfsten Gegner ansehen und jeden seiner Schritte argwöhnisch überwachen zu müssen glauben, beweist dies nicht eine etwaige Charakter losigkeit Crispis, sondern daß die französische Mittelmeer politik Frankreich aller Sympathien in Italien beraubt und selbst demokratisch gesinnte Italiener zu Gegnern der fran zösischen Republik gemacht hat. Daß freiheitliebende Italiener für das feste Bündniß mit den konservativen Regierungen Deutschlands und Oester reichs eintreten, ist wohl noch lange nicht so erstaunlich, als wenn die Radikalen Frankreichs um die Gunst des unum- kchränkten russischen Selbstherrschers buhlen. Trotz seiner Annäherung an die mitteleuropäischen Regierungen hat Italien sich Selbständigkeit genug bewahrt, um seinen Tra ditionen getreu das Selbstkestimmungsrecht der Bulgaren warm zu vertheidigen, welches die französischen Republikaner willig Preisgaben, um nicht die Gunst Rußlands zu ver scherzen. Die Haltung Italiens in der bulgarischen Frage verstimmt die russischen Regierungskreise deshalb ungemein, weil die letzteren fürchten müssen, daß dadurch Oesterreich- Ungarn zu einer kräftigeren Orientpolitik ermuthigt und Deutschland der Nothwendigkeit enthoben wird, aus Be sorgniß vor einer russisch-französischen Allianz Rußlands Ansprüche auf besondere Vorrechte in Bulgarien zu unter stützen. Die Petersburger Presse verhöhnte Italien, das sich angeblich der deutschen Hegemonie willig fügte, Rer die Berliner „Post" wies mit Recht darauf hin, daß Deutschland bisher seinen Einfluß auf seine Freunde nur zu Gunsten des Weltfriedens ausübte, dessen Erhaltung doch die amtliche russische Politik fortwährend versichert, ebenfalls eifrig anzustreben. Wenn die Friedensliebe des Petersburger Kabinet aufrichtig ist, hat auch das Letztere allen Grund, sich der Reise Crispis nach Friedrichsruh zu freuen und nicht die geringste Veranlassung, den Anschluß Italiens an Deutschland und Oesterreich zu bekämpfen. „Dieser Anschluß", sagt die „Köln. Ztg.", ist gleichbedeutend mit der Aufrechterhaltung des europäischen Friedens. Dieser Punkt ist es zweifellos, welcher der Begegnung in Friedrichsruh ein für die gesammte politische Welt hoch bedeutsames Gepräge und eine geschichtliche Tragweite giebt. Auf den Besuch Kalnoky's folgt der Crispi's, und damit wird zum ersten Mal daS deutsch-österreichisch- italienische Bündniß öffentlich bekundet, das für die weitere Zukunft vor allem berufen ist, der Welt den Frieden zu gewährleisten." Alle Wiener Blätter haben in der gleichen Annahme den Besuch Crispis bei Vem deutschen Reichskanzler mit Freuden begrüßt als einen glänzenden Beweis für das treue Feschalten Italiens an dem Fnedensbunde, durch welchen schließlich die rastlosen russisch - französischen Allianz- Bestrebungen ihre Schrecken verlieren müssen. In Wien ist man vollständig davon überzeugt, daß Crispi in Fried richsruh dieselben Zwecke verfolgte und fast dieselben An sichten vertrat wie der kurz vor ihm dort gewesene öster reichisch-ungarische Staatsmann Kalnoky Italien hat das gleiche Interesse wie Oesterreick, Rußland an dem Vor dringen an das adriatische Meer und an der Fest setzung auf der Balkanhalbinsel zu verhindern, wo durch Rußland in die Reihe der Mittelmeermächte ein- treten würde. Gerade deshalb läßt sich annehmen, daß auch am Sonntag die Lage im Orient und speziell in Bulgarien das Hauptthema der Unterhaltung in Friedrichs, ruh bildete, wenn auch andere Angelegenheiten noch nebenher gestreift worden sein mögen. Dem deutschen Reichskanzler, oer jede Aufstachelung der nationalen Leidenschaften in Rußland vermieden sehen möchte, wird eS jedenfalls ge- lungen sein, dm Uebereifer Crispis für die bulgarische Selbständigkeit zu mäßigen, ein Uebereifer, der dadurch er klärlich wird, daß Italien sich durch seinen eigenen Ursprung verpflichtet fühlt, anderen Völkern ein erfolgreiches Ringen um Freiheit und ein nationales Dasein zu gönnen. Der praktische Realpolitiker, welcher Deutschlands auswärtige Politik so weise leitet, dürfte aber Crispi ebenso wie Kalnoky überzeugt haben, daß die Frage, ob der Koburger in Bul garien bleibt oder nicht, gegenüber dem Friedensbedürfniß Europas in dm Hintergrund treten müsse, daß man ferner Rußland gewisse Zugeständnisse machen könne, vorausgesetzt, daß dasselbe sich jedes angriffsweism Vorgehens enthält. Von französischer Seite und von den klerikalen Blättern Roms wird behauptet, daß Crispi nach Friedrichsruh gegangen sei, um über die Versöhnung Italiens mit dem Papste zu unterhandeln, eine Annahme, die nur bei völliger Unkenntniß der Ansichten des ehemaligen Mitkämpfers und Freundes Garibaldis ernstlich Glauben finden kann. König Humbert hat Rom als die „unantastbare Hauptstadt Italiens' erklärt und damit ist für italienische Patrioten vom Schlage Crispis überhaupt keine „römische Frage" mehr vorhanden. Zum Ueberfluffe erklärte bereits un mittelbar nach der Abreise Crispis das ministerielle Organ „Riforma", „die Batikanfrage habe mit der Zusammenkunft in Friedrichsruh gar nichts zu thun. Wenn Crispi den Fürsten Bismarck besuche, so geschehe dies sicherlich zu Zwecken, mit welchen die ganze italienische Nation nur zufrieden sein könne und zu denen Freunde des euro päischen Friedens sich nur beglückwünschen könnten. In keinem einzigen Italiener werde der Verdacht auftauchen, daß die Begegnung mit den Rechten Italiens nicht in Uebereinstimmung stehe." In einem neueren Artikel sagt die „Riforma" über die Zusammenkunft des Minister-Prä sidenten Crispi mit dem Fürsten Bismarck: „Diese Be gegnung gebe die beruhigendste und schmeichelhafteste Idee von der politischen Stellung, welche Italien in Europa einnehme. Es sei übrigens in Folge dec die beiden Re gierungen vereinigenden Beziehungen und bei den Sym pathien, durch welche die beiden Staatsmänner verbunden leien, nur natürlich, daß man einen direkten Meinungsaus tausch über die beiden Staaten und den europäischen Frieden am meisten interessirenden Fragen angezeigt fühlte. Niemand vermöge zu sagen, welche Fragen speziell bei der Begegnung verhandelt würden; doch könne man die Meinung der Blätter theilen, daß Crispi mitwirken werde zum Wohle des Vaterlandes auf der Basts des Völker rechts und der Verträge. Wir haben," schließt die „Riforma", „offen und loyal den Schluß gezogen, daß Crispi den Frieden sichern und nicht den Krieg vorbereiten werde." Was aber auch in dem stillen Kanzlerheim in Friedrichsruh am Sonntag verhandelt worden sein mag. davon ist man allseitig überzeugt, daß die gepflogenen Verhandlungen dazu dienen werden, das Bündniß zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Italien zu kräftigen und damit der Welt eine erhöhte Friedensbürgschaft zu bieten. Tagesschau. Freiberg, den 4. Oktober. Am gestrigen Tage waren 80 Jahre verflossen seit dem Tage, an welchem der deutsche Kaiser als junger Prinz zu Memel in die Front der preußischen Armee eintrat. Dieser Gedenktag ist gestern in Memel festlich begangen und früh durch eine Revetlle der Garnison eingeleitet worden. Am Vormittag begaben sich das Militär, die Vereine und die Ge werke in festlichem Zuge nach der JohanniSkirche in Memel, woselbst rio FestgotteSdienst abgehalten wurde. Hieran schloß sich ein Umzug durch die Stadt. Mittag» 2 Uhr fand ei» Festesten statt, bei welchem Oberbürgermeister König die Fest rede hielt. Die Stadt Memel war gestern reich mit Fahne» geschmückt. — Kaiser Wilhelm empfing gestern Vormittag i« Vaden-Baden mehrere türkische Osfiziere, welche zur Dienst leistung in der preußischen Armer kommandirt waren und jetzt nach der Türket zurückkehren. Heute stattet Prinz Ludwig von Baiern unserem Kaiser tu Baden-Baden rinm Daakbesuch ab für seine Stellung a la suito des Serbataillons und wird zugleich dem Kaiferpaare seinen Sohn Prinzen Rupprecht vor stellen. — Der Prtnz-Regent Luitpold von Baiern empfing gestern Vormittag tm Thronsaale de» Münchener Residenz- schlosse», umgeben von den obersten Hofchargrn und de» Ministern, die Deputationen de» baterifchen Reichtrsth» und der baterifchen Abgeordnetenkammer zur Uebrrreichung der Adressen. Die Adresse de» RetchSrath» betont die Versicherung der Loyalität, sagt die gewissenhafteste Prüfung de» Budget» und der Gesetzentwürfe zu, erblickt in der Förderung de» Wohle» de» Arbeiterstande- eine hochbedeutende Staatsaufgabe und schließt mit Wünschen für die Wohlfahrt de» Prinz-Regenten von Baiern. Die Adresse der Kammer ist eigenüich nur eine Umschreibung der Thronrede. Erwähnung verdient allenfalls folgender Satz: „Dem auf Befehl Euerer Königlichen Hoheit vorgeleg ten Gesetzentwürfe über den Eintritt BaiernS in die nord deutsche Branntweinsteuer-Gemeinschaft hat die Kammer dm Abgeordneten bereit» ihre Zustimmung ertheilt. DaS Be wußtsein, sich ein» zu wißen mit Euerer Königlichen Hoheit wiederholt kundgegebenem Entschlusse, die bairischen Reservat- rechte wirksam zu schützen, hat der Kammer diesen bedeutsam« Schritt wesentlich erleichtert." — Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht einen aus Baden-Baden datirten Nachruf de» Generalstabsarztes der preußischen Armee vr. von Lauer für vr. von Langenbeck, der in den Friedenszeiten viele Jahre hindurch ein unermüdlicher und bewährter Lehrer an mili tärärztlichen Bildungsanstalten, in allen Kriegen stets ein hilfs bereiter treuer und zuverlässiger Berather gewesen sei und dessen genialer Erfahrung zahllose segensreiche Erfolge z« danken wären. Sein Name werde in den Annalen der KriegS- chirurgie, sowie in denen des gesammten MilitärsanitätswesenS unvergessen bleiben. Die Sanitätsoffiziere würden ihm in un auslöschlicher Erinnerung an die Liebenswürdigkeiten seines Wesens, sowie seine Freundestreue ein verehrungsvolles und dankbares Andenken bewahren. — Der Krieg Deutschlands gegen den König Malietoa von Samoa und dessen Herrschaft cheint zu Ende zu sein. Nach in London eingegangenen Nach richten aus Samoa ergab sich der König Malietoa den Deutschen und wurde an Bord des Kreuzer» „Adler" gebracht, welcher alsdann absegelte. Nach dieser von uns gestern be reits unter Depeschen mitgetheilten Nachricht dürfte der von Deutschland anerkannte Gcgenkönig Tomasese die Regierung Samoas ohne weitere Anfechtung behalten. Ueber den Handelsvertrag, den Oesterreich mit Deutsch land abzuschließen wünscht, schreibt das osfiziöse Wiener „Fremdcnblatt": „Daß unsere Regierung dem Abschluße eines Tarifvertrages mit dem deutschen Reiche alle Sympathien ent- gcgenbringt, ist genügend bekannt, wie nicht minder, daß die Agrarfreundlichkeit der deutschen Handelspolitik den Abschluß eines solchen kaum möglich macht. Die Haltung der der )eutfchen Regierung nahestehenden Organe, welche ja im Großen und Ganzen die Auffassung der Jntereßenkceise zum Ausdruck bringen, weist darauf hin, daß eine Erhöhung der Gctreidezölle in Deutschland in naher Sicht steht, womit dem Abschluß eine» Tarifvertrages der Boden eigentlich entzogen wäre. Wie dem aber auch sei, unbedingt nöthig ist es, daß hierüber volle Klarheit werde, denn auch für die Verhand lungen über den Fortbestand des jetzigen MeistbcgünstigungS- Berhältniffcs, das mit Ende dieses Jahres ohne Kündigungs frist abläuft, ist eine gewisse Zeit erforderlich, und drei Monate sind es nur noch, welche uns von jenem Termine trennen. Aus rein technischen Gründen läßt sich daher vor- aussctzen, daß die deutsche Regierung binnen Kurzem die vor mehreren Monaten von hier aus nach Berlin ergangene An«