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Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^7 45. Dienstag den 13. Juni 1871. Von dem unterzeichneten Gerichtsamt soll den 28. Juni 1871 Vormittags 10 Uhr das zum Nachlaß Johann August Tränkners gehörige Haus-, Garten- und Feldgrundstück No. 22a. des Katasters und No. 48 des Grund- und Hypothekenbuches für Kaufbach, welches Grundstück am 10. Mai 1871 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 408 Thaler —- —- gewürdert worden ist, auf Antrag der Erben an hiesiger Amtsstelle freiwilliger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsamtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 7. Ium 1371. In Stellvertretung: Dürisch, Assessor. In Gemäßheit der Vorschrift in § 11 der Verordnung vom 4. December 1868 zur Ausführung des Gesetzes vom 3. December 1868 „die Wahlen für den Landtag betreffend" wird auf die jetzt vorzunehmende Revision der Wahlliste für hiesige Stadt, von welcher Liste in der Rathsexpedition Einsicht zu nehmen jedem Betheiligten freisteht, sowie auf die Noth- Wendigkeit, etwaige Einsprüche rechtzeitig hier anzubringen, andurch aufmerksam gemacht. Rath zu Wilsdruff, am 9. Juni 1871. Kretzschmar. Tagesgeschichte. Dresden, 10. Juni. Neber Belgien aus seinem Hauptquartier Compwgne kommend, ist Se. königl. Hoheit unser Kronprinz heute Nachmittag 5 Uhr mittelst Extrazugcs auf dem Leipziger Bahnhofe hier eingctroffen, begleitet von der Frau Kronprinzessin, die ihm bis Riesa entgegeugefahren war. Sc. königl. Hoheit wurde auf dem Bahnhofe von der Generalität und dem Offiziercorps empfangen. Nächsten Dienstag begiebt sich Se. königl. Hoheit nach Berlin, um daselbst dem feierlichen Einzuge des Gardecorps, das in Frankreich nach den Kämpfen bei Metz bekanntlich (bei der Maasarmee) unter seinem Oberbefehle stand, bcizuwohnen. Dem Vernehmen nach wird in den nächsten Tagen auch der Prinz Georg, seinem auf dem Rück märsche befindlichen XII. Armcecorps vorauseilend, hier erwartet und sich zum Truppcncinzugc nach Berlin begeben. Das k. s. Ministerium des Cnltus und öffentlichen Unterrichts macht Folgendes bekannt: Seiten der ersten evangelisch-lutherischen LandeSsynvdc ist der Antrag au das Kirchcnregiment gerichtet worden, die Busstags- und Pfingstcollectcn für den Zweck der Unterstützung hilfsbedürftiger Lehrer rc. nicht länger fortbestehen zu lassen, und die in LvnngoHom beauftragten Herren Staatsminister haben beschlossen, diesem Anträge Statt zu geben. Demgemäß werden die wegen der Abkündigung und Einhebung der gedachten, seither an den beiden Bußtagen und am ersten Pfingstfeiertage in den Erblanden veran stalteten Collccten, sowie wegen Einsendung der gesammelten Gelder und des Cymbelcrtrags in dem Generale, die zeitigere Einsendung derer Bußtags- und anderer Collecten betreffend, vom 27. August 1728 und in den Verordnungen des Ministeriums an die Consistorial- bchörden vom I. Juli 1840 und vom 13. Januar 1860, sowie sonst crtheilten Vorschriften hiermit außer Kraft gesetzt und sümmtliche evangelisch-lutherische Pfarrer der Erblande angewiesen, die in Rede stehenden drei allgemeinen Kirchcncvllccten künftig nicht weiter ein sammeln zu lassen. Dem Vernehmen nach werden im Laufe des nächsten Monats die für den im Herbst zusammcntrctendcn sächsischen Landtag zu vollziehenden Ersatzwahlen stattsinden. Solche Ersatzwahlen haben, soweit bekannt, 27 zu geschehen, und zwar in 12 städtischen und in 15 ländlichen Wahlkreisen. Ausgeschieden aus der zweiten Stände- kammer sind, und zwar durch Loosung, die Herren Kretzschmar, I)r. Hahn, Temper, Schnoor, Mansfeld, I)r. Hülße, I)r. Biedermann, Hr. Gensel, Ackermann, Lange, Haberkorn, v. Könneritz, Mai (Ebersbach), Moschler, Kreller, Hauffe, Esche, Braun, Richter, Adler, Riedel, Fahnaucr, Heubner, Nestler, Israel, Bcllcville. Freiwillig hat sein Mandat uiedergeleat Herr Director Näser, so daß also die Stadt Leipzig zwei Neuwahlen zu vollziehen hat. In Dresden werden sich von den hcimkehrendan Truppen Artillerie lind Cavallcrie auf dem Prager Platz, die Infanterie aber aus dem Dohnaplatz formiren und aufstellen, um dann in Parade durch die Gewandhaus- und Moritzstraße über den Neumarkt zu mar- schiren, woselbst vor seiner Maj. dem König das Defiliren stattfinden wird. Leipzig, 9. Juni. Die „D. A. Z." berichtet: Uebermorgen Wird es ein Jahr, daß unsere Stadt durch die sich schnell verbreitende Kunde von einem an den beiden Schwestern Werner in der Grim- maischen Straße verübten scheußlichen Raubmordversuche in be ängstigende Aufregung befand. Der Thütcr war, wie man sich er innern wird, der eigene Bruder des Gemißhandelten, der oft be strafte Handarbeiter Karl Herrmann Bruno Werner, Welcher wenige Tage nach der That verhaftet und später zu 26 Jahren Zuchthaus vcrurthcilt wurde. Werner sollte nur einen kleinen Theil dieser schwe ren, aber gerechten Strafe abbüßen; er ist am 1. d. M. im Zucht hause zu Waldheim verstorben. Die Zeitung „Volksstaat" in Leipzig, das Organ der Bebel- Liebknechtschen Sozial-Democraten, schreibt: Wir sind und wir erklären uns solidarisch mit der (Pariser) Commune, und sind bereit, jeder Zeit und gegen Jedermann die Handlungen der Commune zu vertreten." Annaberg, 6. Juni. Bei der äußerst lebhaften Fabrikation der Anuaberger Gegend, bei den vielen Bestellungen auf Gorl, Spitzen, Posamenten und Webartikel dürfte cs vielleicht weithin in- tercssiren, daß jetzt — infolge des Krieges — nicht nur eine Menge Artikel, welche bisher meist Frankreich ausschließlich auf den großen Markt brachte, hier bestellt wurden, sondern auch, daß, als unlängst mehrere amerikanische Geschäftsreisende hier bestellten und sie die feinen, den französischen völlig ebenmäßigen Producte beschauten, die Entdeckung gemacht wurde, daß verschiedene rein sächsische Artikel den Weg nach Amerika unter französischer Etikcttirung gemacht hatten. So wurden unsere Waaren bisher durch den Zwischenhandel ver- theucrt. Die Handelswelt mag sich da jetzt rühren, um den vortheil- baften Zeitpunkt, die Waaren vorzulegen, nicht verstreichen zu lassen. Vielleicht kaufen unsre Hausfrauen auch bald keine rheinischen Näh nadeln mehr unter englischer Etikette. Eine erste bemcrkenswerthe Rückwirkung, welche die Haltung der Synode hervorgebracht, wird aus Lindenau in Folgendem gemeldet: In der dortigen Gemcindcrathssitznng vom 26. Mai ward das vom Kirchenvorstande eingegangene Gesuch: „die Gemeindevertretung wolle das zum Neubau einer Kirche zugesagte letzte Drittel der Bau summe schön jetzt in Aussicht stellen, wo erst ein Drittel vorhanden, da der Kirchenvorstand daun eher das letzte Drittel zusammenzubringcn sich getraue und eine möglichst baldige Inangriffnahme des Baues wünschenswerth erscheine", zur Berathung gestellt. Dabei äußerte ein Gemeinrrrathsmitglicd, Hr. Zahn: Abgesehen von andern Gründen könne er in einer Zeit, wo man die Gemeinden nicht für reif halte, sich ihre Geistlichen selbst zu wählen, wo man auf der Synode ganz