Volltext Seite (XML)
Nummer 245 — 25. Jahrgang «mal wöch. Bezugspreis für Olstbr. 3,00 F einschl, tiestellgelb. Anzeigenpreise: Die Igesp. Petitzeile 30^, Stellengesuche 20 Die Petitreklamezeile, 98 Milli» meter breit, 1 ^l. Offertengebühren für Selbstabholer 20 -H, bei Uebersendung burck) die Post außerdem Portoznschlag. Einzel-Nr. 10 «Z, Sonntags-Nr, 1S L. Geschästl. Teil: I. Hillebranü in Dresden. ÄickjMe Donnerstag, 28. Oktober 1926 Im Falle höherer Gemalt erlischt febe Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. Änzeigenaufträgen u, Leistung v. Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt eingesanbte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte werd. nicht ausbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittags. Hauptschristleit.: Dr. Joseph Albert, Dresden« volrsMümg Llgarriiliiili« KokI v resclen SttulivUrsS» 7 Löste tzuslitäten blisclri'gsle Preise «LtIchl>«n>ftkUe, t'rua >»>» Berln« l üdtti«. B»chdr»i7ere> «SnibH., DrcSdett-A. I. ^olicrslrakc 17. Fomrul 2UN2. PuINchecklonln Dresden I47V7 BanNuittoi Dresdner Bank, Dresden FUr christliche Politik und Kultur Redaktion der Eaihsiilteu Volk,»zettung Dresden-VUlsiadt 1, Polierslratze 17 Fennat 2V71L „nd 21012. Wie sie Kämpfen Es ist sehr interessant, gegenwärtig die sächsischen Tageszeitungen aller Richtungen zu verfolgen. Im Wohl- Kampf kann man ja am besten die Charaktere studieren, die Leute geben sich in der Hitze des Gefechtes viel natür licher, sie sind sehr offen und sagen uneingeschränkt das heraus, was an Verstand oder Unverstand in ihren Ge hirnen Platz hat. Und das alles mit einem Pathos, mit einer Entrüstung und „Ueberzeugung", als ob es keine anderen Wahrheiten auf Gottes Erde gäbe. Es ist ja eine alte Tatsache, das; ein Redner, der den größten Radau macht, auch die größte Begeisterung unter seinen Zuhö rern erzeugt. Und es ist eine weitere Tatsache, daß ein Redner die Menge um so enthusiastischer für sich gewinnt, je weniger Gutes er an dem Gegner läßt, je mehr er ihn mit Haut und Haaren verdammt. Auf Tatsachen kommt es dabei durchaus nicht an, sondern ganz allein auf den rhetorischen Schwung. Aus Beweise verzichtet die Masse im Feuer der Begeisterung. Es ge nügt, wenn Behauptungen aufgestellt werden und zwar in solcher Menge, daß man gar nicht m ehr merkt, wie die Beweise sortbleiben. Ein beliebtes Thema ist gegenwärtig der Radi k a - l i s m u s. Blättert man die Zeitungen auf der Rechten durch, so kehrt unfehlbar immer der Kampfruf wieder ge gen jenen Kommunisten- u. Nadikalsozialisten-Terror, wie er sich bis in das Jahr 1923 in Sachsen ausmirkte. Von diesem Thema zehrt man Tag für Tag. Dazu wird Sow jet,: utzlanü nebenbei. noch ai die Dinge in recht grausigem Licht erscheinen zu lassen Und es werden die Qualen ausgemalt, die das Gesamt bürgertum erdulden würde, wenn es nochmals diesem Radikalismus Tür und Tor öffnete. Sie AMU -er MeiWeil Der Entwurf eines sächsischen Kirchenaufsichlsgesetzes — Ein Appell zur Lan-lagswahl Das hört sich schön an. — Besagt aber für das po sitive Programm derjenigen Partei, die tagtäglich mit solchen abgebrauchten Mitteln den Kampf zu führen gezwungen ist, gar nichts. Gewiß ist es höchste Pflicht des Bürgertums — worunter wir allerdings auch den rechtschaffenen Arbeiter verstehen — sich gegen den Gedanken einer Sowjetherrschaft zu wenden, und es wird sicherlich niemand unserer Zeitung den Vorwurf machen wollen, seinerzeit den Kampf gegen den Radikalismus zu gelinde geführt zu haben. Im Gegenteil ist wohl kaum ein anderes Blatt diesen Leu ten schärfer auf den Leib gerückt. Aber wir sind des halb heute doch sehr weit davon entfernt, diesen Ruhm als größtes oder sogar als einzigstes positives Mo ment bei den Wahlen in die Wagschale zu werfen. Wer immer wieder solche abgetanen Dinge aufgreifen muß, weiß offenbar nicht recht, wie er den Wahlkampf mit gu tem Gewissen führen soll — seine Schatzkammer ist sehr- arm. Wir wollen nun einmal folgende Frage aufwerfen: war denn der Radikalismus mit dem Einrücken der Reichswehr in Sachsen im Jahre 1923 erledigt? Ist er seitdem verschwunden? — Durchaus nicht. Er hätte zum größten Prozentsatz vernichtet werden kön nen, wenn diejenigen Parteien, die sich heute als seine so hervorragenden Bekämpfer ausgeben, nach 1923 bis auf den l)eutigen Tag eine positive Staatspoli tik getrieben hatien. Statt dessen aber blieb bei spielsweise die Deutschnationale Partei in der Opposition, also außerhalb der Regierung. Sie leistete der Arbeit der Negierungskoalition ebenso Widerstand, wie die radikalen Parteien der Linken. Aber damit nicht genug. Sie be nutzte ausgerechnet in Sachsen überaus viele Gelegen heiten, um dem durch die Reichswehr niedergeworfenen Radikalismus neuen Zündstoff zuzuführen. Eine weise Staatspolitik, die das Gesamtmohl des sächsischen Volkes im Auge gehabt und die es vorsichtigver mieden hätte, das Aefühl dieses bis in die ärmsten Schichten so gereizten Volkes zu verletzen, hätte Wunderwir- ken können. Es Hütte tiefe schwere Wunden heilen und so manche verhetzte Schicht mit der Ordnung versöhnen können. Mit der Peitsche oder mit Ba jonetten oder mit Kommandoworten kann man aufdie Dauer keinen unzufriedenen Volksteil Niederhalten. Man muß ihm ein wahrhaftiges Beispiel an Arbeit und Staatsgesinnung geben. Und all jene anti - republikanischen Tendenzen, die sich in der Öf fentlichkeit von rechts her so sehr fühlbar machten, muh ten sie nicht erneut das Feuer auf der anderen Seite schü ren? Auch die Deutsche Volkspartei kann in diesen« Sinne durchaus nicht freigesprochen werden. Wir wollen lieber nicht an Einzelheiten erinnern, die sich in Sachsen abgespielt Haben, sie sind jedem allzu deutlich in Erinne rung. Und wenn man die Liebe eines Volksteiles ge winnen will, der etwas auf die Farben des Reiches hält, so soll man diesem Volksteil nicht fortwährend andere Farben vor Gesicht halten. Das bedeutet nichts weniger, als absichtlich neuen Groll heraufbeschwören. Tatsache ist jedenfalls heute, daß nach deräutzeren Überwindung des sächsischen Radikalismus im Jahre 1923 Wir preisen ungern auf diese traurige» Kuliurbokumente zurück. Wir müssen es aber, weil man neuerdings in dieser Hin- 1 I sicht »»H einer kurzen Atempaus? anscheinend bemüht ist, diese i. „'gefnhrlicye" religiöse Freiheit durch eine neue Staatsaufsicht zu „korrigieren". Am 28. Juni dieses Jahres ist dem sächsischen Landtage der „Entwurf eines Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen R e l i g i o n s g e s e l l s ch a f t e n" zugegangen. Der Entwurf l)at in den ministeriellen Rüstkam mer», wo schon seit 1920 an ihm herumgetüstelt morden ist, manche Wandlungen erlebt. Jetzt präsentiert er sich bereits in der dritten Fassung. Der alte Landtag hat sich anscheinend aus einer instinktiven Scheu heraus an diese heikle Materie nicht recht herangctraut. um den Wahlkamps nicht durch neue schwere Sün den zu belasten. Und so bildet denn dieser Gesetzentwurf das Erbe des verstorbenen Landtages an seine» Rechtsnachfolger, der am kommenden Sonntag durch den Schöpfungsakt des Vol kes entstehen soll. Es ist vor nicht allzu langer Zeit hier in Dresden in einer öffentlichen Rede behauptet worden, es sei eine Lüge, dass der Katholizismus vor dem Umsturz in Deutschland weniger Freiheit gehabt -habe als heute. Der Alaun, der das gesagt hat, wusste offenbar nicht, dass es einmal ein Aufsichtsgesetz über die katholische Kirche in Sachsen gab, das aus der Knlturkampfzeit vom 23. August 1876 datierte, und das auch in jeder Bezie hung dem Geiste dieser Entstehungszeit Ehre machte. Und doch hat es bis zum Jahre 1918 das Verhältnis des Staates Sachsen zur katholischen Kirche bestimmt. Es gehörte nach der Dialektik dieses Gesetzes offenbar zu dem Begriffe der Freiheit, das; nicht etwa nur jedes neu zu errichtende Gotteshaus von einer staat lichen Genehmigung abhängig war. sondern das; sogar jeder neue Gottesdienst der staatlichen Zustimmung bedurfte. Und wie eng herzig diese Genehmigung geprüft und vorenthalien wurde, das haben Beispiele wie Radebeul deutlich genug gelehrt, wo man niit Ach und Krach alle vier Wochen einen Missionsgottesüienst für die zahlreichen dortigen Katholiken durchzusetzen vermochte. Das hat nicht weniger deutlich das Mißtrauen und die Verschlossen heit gezeigt, mit der die damaligen Staatsbehörden, die noch nicht unter „rotem Terror" standen, jeder einzelnen katholischen Krankenschwester begegneten. Unsere Wählerschaft wird sehr gut daran tun. sich dieses Erbe des alten Landtages recht kritisch und genau anzusehen, das kann für die Klärung der Geister nur zweckmässtg sein. Unter der neutralen Warenbezeichnung „Gesetz über die öffentlich-recht lichen Rcligionsgesellscliasten" versteckt sich nichts Geringeres als eine neue Staatsaufsicht über die Religionsgesellsckasten. Der Entwurf hält die Staatskirchenhoheit fest, obwohl die Reichs verfassung «usdrückiich im Artikel 137 erklärt: „Es gibt keine Staats Kirche Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltende» Gesetzes." Dieser Grund satz der Selbständigkeit und des Selbstbestimmungsrcchtes der Religionsgesellsckiasten ist nur eine logische Folge der Tren nung zwischen Kirche und Staat. Trotstiem wird in der dem Entwurf beigegebenen Begründung mit vielen Worten versucht, die Wiedereinführung der Staaiskirchcnhoheit (ohne die alten staatlichen Leistungen allerdings!) schmackhaft zu machen. Für uns ist die Kirche immer eine freie, neben dem Staate bestehende und aus ganz anderem Gebiete tätige Ein richtung gewesen. Wir lehnen daher heute wie früher die Ein mischung des Staates in die Fragen der kirchlichen Verwaltung ab, cs sei denn, der Staat beschneitet den rechtmässtgcn Weg, durch freie Vereinbarung mit den Neligionsgesellschaftcn die nötigen Grenzfragen zu regeln, wie das andere Länder, wie be sonders Bayern, auch getan haben. Sachsen aber hat diesen Weg natürlich abgelehnt. Wenn die Verfassung betont, daß die Religionsgesellschaften selbstverständlich an die Schranken des für alle geltenden Rechtes gebunden bleiben, so ist daraus noch lange nicht die Notwendigkeit einer besonderen Staatsauf sicht abzuleiten. Vielmehr liegt in dem Gedanken schlechthin bereits eine höchst mißtrauische Einstellung des Staates zur Kirche, die von einer keineswegs freundlichen Tendenz ein gegeben zu sein scheint. Es ist, als ob man eine gewisse Sehn sucht nach der Bevormundung der vornovemberlichen Zeit hegte, wenn es in eineni diesbezüglichen Gutachten der Iuristensakultüt der Universität Leipzig heisst: „Andererseits aber ist zu erwägen, daß. was jetzt aufgcgebe» wird, so gut wie unwiederbringlich verloren ist oder doch nur unter schweren Kämpfen — einem neue» Kulturkampf — sich wieder Herstellen ließe." Gerade dies scheint uns viel weniger ein juristisches als vielmehr macht- politisches Moment! Wohin die Dinge laufen sollten, zeigen die Einzelheiten des Entwurfes. Die „Wahrnehmung der staatlichen Befugnisse"' (übrigens eine feinfühlige Umschreibung für „Staat sauf--, sicht") wird danach neben dem Volksbildungsmtnisterium bzw^ dem Gesamtkabinett zahllosen unteren Verwaltungsbehörden ^ Überträgen. Auch das evangelisch-lutherische Landeskonsistorium! hat die Beaufsichtigung der Landeskirche durch erwa 110 ver schiedene Aufsichtsbehörden als schlechthin uner träglich bezeichnet. Für uns steht »och dazu fest, daß wir für unsere Eigenart bei diesen Behörden, in denen meistens kein ein ziger Katholik sitzen dürste, nur selten volles Verständnis finden würden. „Selbstverständlich haben sich diese Verwaltungsbehör de» bei Ausübung der Aussicht jedes Eingriffes m die allgcmsi- nen kirchlichen Anordnungen zu enthalten . . ." So sagt dir Begründung sehr schön. Und was dann, wenn einmal wieder, womit man doch leider in Sachsen rechnen muß, eine radikale, offen religionsfeindliche Linke diesen Verwaltungsapparat diri giert? Oder, was noch schlimmer ist. wenn konfessionelle Eng herzigkeit die Aufsichtsbehörden bei ihren Entscheidungen beein-! slußt? Wo bleibt ferner die Enthaltung von Eingriffen in die' Selbständigkeit der Kirchen, wenn der Entwurf weiter vorsieht.^ das; Neugründungen von Klöstern und religiösen Genossenschaften von der Genehmigung des Gcfamtministeriums (das womöglich alle halben Jahre wechselt) abhängig gemacht werden? (Z i> Ab satz 2.) Wo bleibt die Freiheit der Ordnung und Verwaltung, der kirchlichen 'Angelegenheiten, von der die Reichsverfassung spricht, wenn die Neubildung oder Abänderung von Pfarreien der Zustimmung der Verwaltungsbehörde bedarf? Kann auf dem Wege über solche Bestimmungen nicht unter gewissen Umständen die kirchliche Freiheit in größtem Umfange beseitigt und durch Schikanen aller Art ersetzt werden? Erinnert es nicht an die überwunden geglaubte Polizeiaufsicht, wenn die staat lichen Verwaltungsbehörden jederzeit Auskunft und Nachweise über kirchliche Angelegenheiten verlangen können? (8 7.) Zusammenfasscnd wird der wahre Charakter des Gesetzes in dem Satze zum Ausdruck gebracht: „Die bestehenden Kirchen- gesctze . . . bleiben ... in Kraft, soweit ihnen nicht . . . d i e s e s G e s e tz e n lg eg e n st e h t. (817.) Damit wird doch die Selbständigkeit der Religionsgcsellschaften einfach illu sorisch ge ni« ch t. Der Staat wird als Gebieter und Wäch ter über die Kirche gestellt, und das ist nach ungeschminkter Auf fassung, mag man das auch in der Begründung des Entwurfes mit vielen Worten zu vertuschen suchen, Staatskirchen- ho heit im besten Sinne des Wortes, die von der Reichsverfas-^ sung ausdrücklich ansgehoben worden ist. Das ganze Gesetz atmet in seiner jetzigen Fassung — hier darf man das Wort amvenden- — einen vornovemberlichen Geist- —Der Staat hat zwar seine Verpflichtungen der Kirche gegenüber gestrichen, und das traf vorwiegend die protestantische Kirche. Er hat das Schlagwort ,. Trenn ub n g von Kirche und Staat" in den letz ten Jahren verkündet. Trotzdem versucht er erneut die Kirci)« in ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zu sich zu bringen. Man darf füglich fragen, ob die freiheitliche Regelung, wie sie in den letzten Jahren bestand, dem Staat als solchen auch nur einen einzigen Grund für diese Handlungsweise an die Hand gegeben hat. Noch ist das Ganze ein Entwurf, der allerdings unsereri Auslassung in keiner Weise gerecht wird. Erst der neu zul wählende Landtag wird sich mit ihm grundsätzlich zu be< fassen haben. Darum ist gerade dieser Gesetzentwurf eine laute. Sonntag nach grössten Gesichtspunkten zu fällen. Dieser Gesetz- Mahnung an die christliche Wählerschaft, die Entscheidung am entwurs birgt mehr Gefahren in sich, als man heute vorausfehen kann. Aus diesem Grunde darf keiner der Unsrigen von der Wahlurne fern bleiben. Jeder wird von der unbe-! dingten Notwendigkeit überzeugt sein, daß bei der Beratung ge rade dieses Entwufes im Landtag auch eine Stimme Mitwirken muß, die unseren Standpunkt sachgemäß und uneingeschränkt vertritt. Und darüber gibt es keinen Zweifel. Das wird in die sem Falle nur ein Zentrumsmann sein, ein Vertreter jener Par- tei, die in aller Offenherzigkeit, in allen religiösen Fragen für die Freiheit von Kirche und Religion gekämpft und gestritten hat. Denkt daran am 31. Oktober. Wer sich seiner Verantwortung bewußt ist, kann die Entscheidung nur für die Deutsche Zentrum s Partei füllen. Für die Freiheit der Kirche und das Wohl des Vaterlandes! M. D auf der rechten Seite im Laufe der dann folgenden Jahre eine solche Reaktion eintrat, daß diese Reaktion wie derum heute erneut den Linksradikalismus auf den Plan geworfen hat. Das oppsitionelle Verhalten der Rechtsparteien imReich hat natürlich noch ganz wesent lich zu dieser Entwicklung beigetragen. Der alten Histo rikerweisheit. daß sich die Weltgeschichte aus Reaktionen zusammensetzt, haben die sächsischen Rechtsparteien einen neuen schönen Dienst geleistet. Und so ist es heute im Wahlkampf sehr billig, so a l l g e in e i n h i n das sächsische Bürgertum zum Kampfe gegen den Radikalismus schlecht hin auszurufen. Man malt das Sowjetsachsen von 1923 an die Wand und verschweigt, wie man sich selbst mitschuldig gemacht hat, daß dieser alte radikale Geist im Laufe der letzten Jahre nicht erstickt oder versöhnt, sondern bewußt von neuem geweckt morden i st. Auf der Linken setzt sich natürlich das Feldgeschrei ebenso aus Schlagworten zusammen wie auf der Rechten. War es dort der Radikalismus, so ist es hier die sog. „bürgerliche Gesellschaft", gegen die die schwersten Ge schütze aufgefahren werden. Weil auch die radikale Linke in der Opposition stand, also an keiner positiven Staatsarbeit teilgenommen hat, so ist sie genau wie die Rechte gezwungen, nach alten abgenutzten Dingen zu su» chen, um den Wählern die Partei schmackhaft zu machen? Dabei spielt sie sich als die eifrigste Hüterin der Republik! und Monarchie auf. erzählt immer wieder das Märchen.