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Dresdner Journal : 11.06.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-06-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188706111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870611
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870611
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-06
- Tag 1887-06-11
-
Monat
1887-06
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 11.06.1887
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W132 Sonnabend, den 11. Juni, abend-. 1887. v«ru»»pr«l,r TUtrUoN: .... 18 LvivN« tritt?o,t- mr6 ^^NrU-N- L 80 St«wp«Iru»cdI»8 Kiuru. Liorslo« «uuuusro: 1V kl. ^llNNocklxuaxAxvdNdrei» r NLr 6«» L»uw siuvr ^«P^Itsnsu 2viis kleiner NoNritt ro kk. Ootsr „Liu^eskuiät" die 2ells 50 kk. ö« l^belleu- uuä 2iüsru»etL suttxr. ^ukevklux. Lr»ekvlllei»: kt^UcN wit ^uviLkrus 6er 8oim- uoä keiortt^« »keuä,. keruspreok-Fuselllu»«: Ar. 1295. , -H 8 ees-ner Mmnal. Für die Gefamtleitung verantwortlich: Dtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. Luouk»« v», »«enRrt», ^v. Ooruiiü—iouLr ä« Dr«<iL« 6ounutt»; S»»diuU - >«rUu - Vt« - 1->r»«1»»-rr»lltt«rt «. N.: Da««n«te«, F ko-i«',' I«rUu-Vt«-L»»dur,- kr»U-l.«tp»tT rr»oiai>rt ». H.-NL»«k«u: ^«6. r»rt, Lo»äou -L«rU» -rr»uk1art ». N ->tuttU«r1: Da«-« F 6o./ 8«rUu^ /nvai,<i«»»tiant/ ÜSrUI». S. Nk«Ui«r, ^ac-/oiAer/ N»»L,r,r: v. L»U« ». >.: /. Darct F 6o. U»r»u»x»o«r I Lülli^l. Lrpväitioo 6«, Dresdner 6ourn»I», Orexteu, Lviu^eritr. Ao. X). keruipreek -^os<:kiu«: Ar. 1895. Nichtamtlicher Leit. VecegvapHisHe Wach richten. Berlin, 11. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Se. Majestät der Kaiser schlief in der vergangenen Nacht Keffer. Die Schmerzen find wesentlich ge ringer. Der Prinz Wilhelm besuchte gestern nach mittag den Kaiser. Dem Vernehmen nach ist die Reise de» Kronprinzenpaare» nach England auf de» Montag verschoben worden. Szegedin, 11. Juni. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Fluten, welche schon gestern bis an die Dämme von Mako hrranreichten, find uoch im Steigen begriffen. DaS Wasser, welche» steten Zufluß erhält, staut sich hier und strömt mit Ge- wall gegen die Schutzbauten an. Ein mächtiger, zuweilen orkanartiger Wind peitscht die Fluten gegen die Dämme an deren Befestigung gearbeitet wird. Außer Mako ist nun auch Nezöhegye» gefährdet. Der Ringdamm um die Stadt Basar- drly bewährt sich, daß zwischen demselben und dem Damme der Alfölder Bahn eingekeilte Wasser steigt rapid. Die Wasserfluten forderten an der Durchbruchstelle bei der kleinen Tisraer Schleuse zwei Menschenleben. Zahllose Gehöfte de» Über schwemmungsgebiete» find spurlos verloren. Vom oberen Theiß und der MaroS wird ein Kallen de» Wasserstands gemeldet. Rom, 10. Juni. (W. T. B.) Der Justiz- Minister Zanardelli beantworte heute in der De- putiertenkammer die von dem Deputierten Bovio riagebrachte Interpellation betreffend die Politik der Regierung gegenüber dem Vatikan: Die Regierung sei weit entfernt davon, den Papst iu verfolgen; sie sei vielmehr von der höchsten Achtung für das Oberhaupt der katholischen Kirche beseelt, sie habe aber auch die Prärogativen des Staates zu wahren. Die einschlägigen Gesetze Italiens seien die liberalsten in ganz Europa; er, der Minister, werde für deren treue Beobachtung Sorge tragen. Der Minister de» Innern Crispi erklärte, die Anschauungen de» Justizministers seien diejenigen des ganzen Ka binetts. Die Regierung werde die Verfassung und da» Garantiegesetz, welche die Rechte und Pflichten de» Staates und der Kirche bestimmten, unverändert aufrecht halten: sie suche nicht eine Versöhnung, da sie mit niemandem im Kriege sich befinde; sie wisse nicht und wolle nicht wissen, was der Vatikan denke. Leo XIII. sei gewiß kein gewöhnlicher Mann. Die Zeit mäßige selbst die größten Aversionen, sie könne auch zwischen Kirche und Staat eine Annäherung her beiführen; aber die Regierung werde das durch Plebiscite sanktionierte nationale Recht nicht verlassen. Italien gehöre sich selbst und habe nur ein Ober haupt, den König. (Beifall.) Bovio erklärte sich zufriedengestellt. — Beim Schluffe der Sitzung meldete der Abg. ToScanelli eine weitere Interpellation in Betreff der Politik der Regierung gegenüber dem Vatikan an. Die amtliche Zeitung veröffentlicht die Ver- leihung deS Kolliers zum Anunziatenorden an den Präsidenten deS Senats Durando, an Cairoli, an den General Pianelli und an den Erzbischof von Mailand. London, Sonnabend, 11. Juni, früh. Unter- hauS. Nach k bündiger Debatte wurde der Schluß der Debatte mit 284 gegen 107 Stimmen ange nommen und Parnells Antrag auf Verwerfung deS Antrages Smith, welcher vorschlägt, daß alle Amendements und Artikel der irischen Strafrechts- bill, welche am 17. Juni abends 10 Uhr nicht er- Feuilleton. K. Hostheater. — Altstadt. — Am 10. Juni „Zopf und Schwert." Historisches Lustspiel in b Akten von Karl Gutzkow. E» war eine dankenswerte Aufmerksamkeit von Seiten de» Theaters, kurz vor der Enthüllungsfeier der Gutzkow-Büste ein beliebtes Stück dieses Dichters »ur Aufführung zu bringen und zwar für ermäßigte Preise. Der zahlreiche Besuch hat denn auch erwiesen, wie allgemein man de» Dahingegangenen gedenkt, der durch seinen langjährigen Aufenthalt und fein reiches Schaffen in Dresden die litterargeschichtlichen Erinne rungen unserer Stadt in ehrenvoller Weise vermehrt und manche fortkeimende geistige Anregung in den gebildeten Kreisen derselben zurückgelassen hat. Wenn die Zukunft dereinst unparteiischer, als es bisher ge schah, die Summe der Rechnung zieht, so wird sich ergeben, daß Gutzkow seiner Zeit und Umgebung und somit auch Dresden mehr geboten hat, als er zur Gegengabe empfing. Sein Streben war stets von so kargem irdischen Glück belohnt, daß es zum krampf haften Ringen werden mußte, statt zum ruhigen Schassen stolz empor iu führen. Vom jungen Deutsch land auSgeaangen und der Stärkste desselben hat er zwar den Ruhm für all seine Genossen geerntet, aber auch die Sühne voll und schwer für alle gezahlt, nach- dem er schon längst über ihre Art und ihr Trachten weit hinausgewachsen war. Die Aufführung von „Zopf und Schwert" hat immer durch eine gute Abrundung der Hauptdarsteller ledigt find, ohne weitere Debatte zur Abstimmung gebracht werden sollen, mit 301 gegen 181 Stimmen abgelehnt. Hierauf wurde der von Chance ein gebrachte Unterantrag, in dem Smithschen Antrag an Stelle deS 17. Juni den 24. Juni zu setzen mit 208 gegen 113 Stimmen verworfen und nach Ablehnung weiterer Unteranträgr und Anwendung deö DebattenschluffeS der Antrag Smith mit 245 gegen 93 Stimmen angenommen. Die Parnelliten verlangten hierauf in der Sonnabendsitzung bei der Weiterbrratung daS Wort zu erhalten und behaupteten die gegenwärtige Art und Weise der Beratung sei eine Schmach für daS HauS. Die Fortsetzung der Debatte wurde auf Montag vertagt. St. Petersburg, 11. Juni. (Tel. d DreSdn. Journ.) Durch das Erdbeben in Turkestan ist außer Wernyi noch die benachbarte Ansiedelung KeSkelen zerstört worden. Auch die Poststraßen in der Umgegend von Wernyi und gegen 200 Werst Trlegraphenleitungen wurden beschädigt. In Archin haben sich breite Erdspalten und Einsenkuvgen ge bildet. Es verlautet, daß auch die Stadt Pischpek vom Erdbeben heimgesucht worden sei. Dresden, 11. Juni. Zur europäischen Lage. e/ Bei den eigenartigen gegenwärtigen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich, und da nun ein mal jedes bei unseren Nachbarn sich abspielende Er eignis von den wichtigsten Folgen für unser eigenes Vaterland begleitet sein kann, ist es erklärlich, daß unsere Aufmerksamkeit infolge des jüngst in Paris vorgenommen Szenenwechsels mit Vorliebe den fran zösischen Verhältnissen sich zuwrndet. Und nicht ohne Genugthuung machen wir Deutsche dann die Wahrnehmung, daß sich das neugebildete Ministerium — le Minister« nllemnnä, wie es von den dem General Boulanger ergebenen Blätter ver ächtlich genannt wird — schneller, als es zu hoffen erlaubt war, in die Gunst der Mehrheit des fran zösischen Volkes eingelebt hat. Nicht etwa, daß die radikalen Feinde deS neuen Kabinetts den Kampf gegen dasselbe eingestellt hätten. Es wird auch heute noch in der Presse dieser ehrenwerten Leute in der niedrigsten Weise fortgeschimpft; die persönlichen Ver hältnisse der neuen Minister werden in schonungsloser und perfider Weise an die Öffentlichkeit gezerrt und Henri Rochefort, wie so oft der Tollste von allen Tollen, entblödete sich nicht, dieser Tage im „Jnttan- sigeant" zu schreiben: „Frankreich ist zur Stunde in den Händen der schlechtesten Betrügerbande, die jemals ein Land entehrt hat." Aber diese Ergüsse stellen er freulicherweise gegenwärtig nichts weiter, als eben wüstes Schimpfen, leere Drohungen ohne Hintergrund dar, durch welche die Ohnmacht ihrer Urheber nur um so deutlicher dargelegt wird. Und das ist eS, was unseres Erachtens als ein bemerkenswertes und freudig zu begrüßendes Ergebnis der jüngsten Ministerkrisis zu betrachten ist, die Thatsache nämlich, daß eS in Frankreich noch eine genügend große Anzahl ernster Männer giebt, welche den Thorheiten und Zügellosig keiten der Radikalen einen Halt zu gebieten nicht nur gewillt, sondern auch im stände sind. Man erinnert sich noch, wie günstig eine Zeit lang die Chancen Clemenceaus standen und wie unmöglich es dem Prä sidenten der Republik zu werden schien, die Forder ungen der Radikalen, insbesondere die Entfernung deS Generals Boulanger unerfüllt zu lasten. Denn „ganz Frankreich" war ja, den Versicherungen der rothen Blätter zufolge, bereit, sich wie ein Mann zu erheben und die radikalen Forderungen zu den seinigen zu erfreut. Das gilt sowohl für die ernsten wie lustigen Scenen. Als neues Mitglied wirkte gestern Hr. Grunert als Erbprinz von Bayreuth. Er suchte der Rolle eine feste durch Charakter haltbare Gestalt zu geben und sie, als eine der ernsten Personen des Stückes, zu vertiefen, was ihm auch annehmbar gelang. Dasselbe Lob läßt sich nicht von den Stellen aussprechen, welche dem liebenden Herzen geweiht sind Hier fehlt dem Künstler zu auffallend die natürliche Wärme des Tons, die eigentliche in der LiebeSpoefie nicht nur er laubte, sondern unentbehrliche Sentimentalität. O. B. Ein treues Herz. Eine Geschichte aus dem wendischen Volke von Heinrich Penn. (Fortsetzung.) Etwas rasch, wie verletzt, nahm die WirtStochter das Bild wieder an sich. Während dem hatte Pridan seinem Nachbar den Brief seines Sohnes vorgelesen. In demselben stand ganz kurz, daß Tine — so hieß der junge Mann — seine Studien an der höheren landwirtschaftlichen Schule beendet habe und m einigen Tagen nach Hause kommen werde. Er bat Koledey, ihm den Wagen nach der Stadt zur Eisenbahnstation zu senden. Sein Bild lege er bei , damit der Vater sehe, wie er sich während der letzten zwei Jahre in der Stadt ver ändert habe. Der Alte wandte.sich nun zum Gehen, die Photo graphie ließ er zurück, indem er zu Pridan sagte: „Da» machen. Als aber der Präsident Grevy in richtiger Erkenntnis der Ungeheuern Gefahren nach innen und außen, welche ein radikale- Ministerium mit dem General Boulanger als ausschlaggebender Persönlich keit für Frankreich und für ganz Europa unbedingt zur Folge haben mußte, standhaft blieb und nach zahlreichen Mißerfolgen endlich ein gemäßigtes Mini sterium unter Ausschluß deS Revanchegenerals zu stände gebracht hatte, da zeigte eS sich, daß die Ver sicherung der Radikalen nichts als eitel Humbug, und ihre Berechtigung, im Namen der Franzosen zu sprechen, eine erfundene, nur angemaßte war. Frank reich blieb ruhig und ausgenommen die radikalen Blät ter und .Hundert Dummköpfe und ein Schock Taschen diebe" — mit welch ehrenden Titeln ein Blatt hie Straßenmanifestanten zu gunsten Boulanger- regalierte — ereiferte sich niemand für da- Bleiben des eiteln Generals. Ja noch mehr, — das unwürdige Ge bühren der Radikalen während der Ministerkrisis ließ sogar die monarchistisch gesinnten Kreise der Republik die Größe des dem Baterlande durch die Radikalen drohenden Unheil» erkennen, und so bietet sich unS jetzt da» ungewohnte Schauspiel dar, daß die fran zösischen Konservativen unter Zurückdrängung ihrer besonderen Wünsche mit den gemäßigten Republikanern gegen den sich immer wüster geberdenden Radikalismus Front gemacht und unter der offenen Zustimmung der meisten einflußreichen Persönlichkeiten und Preß organe ihrer Partei sich entschlossen haben, dem Ministerium Rouvier ihre Unterstützung zu leihen. Wie lange dieses Verhältnis dauern wird, vermag heute natürlich niemand zu sagen, und jedenfalls wäre es thöricht, sich etwa dem Glauben hinzugeben, daß das jetzige Ministerium einer ruhigen gefahrlosen Zu kunft entgegengehe. Daß in Frankreich die Verhält nisse dem Wechsel und der Unbeständigkeit wie kaum in einem anderen Lande ausgesetzt sind, darüber giebt sich so leicht wohl kaum jemand einer Täuschung hin. Immerhin aber werden Rouvier und seine Kollegen in der Lage sein, bei einigermaßen kluger Politik bis zur Vertagung der Kammern einen Konflikt mit den Monarchisten zu vermeiden. Sind aber erst die langen, bis weit in den Herbst dauernden Parlamentsferien angebrochen, dann haben in den glücklichen „parla mentarisch regierten Ländern" auch die gehetzten Mini sterien eme Weile Ruhe vor ihren Peinigern, den „Majoritäten" und so erscheint eS vielleicht nicht allzu gewagt, heute dem Ministerium Rouvier eine Lebens dauer bis gegen den Winter hin zu garantieren, was doch immerhin für französische Verhältnisse eine ganz respektable Periode sein würde. Auch im Auslande bringt man dem neuen fran zösischen Ministerium im allgemeinen eine gewisse be rechtigte Zuversicht entgegen. Freilich mit einer be merkenswerten Ausnahme: in Rußland hat die neue Kabinettsbildung außerordentlich unangenehm berührt. Nicht etwa wegen der Personen, die in dem Ministe rium sitzen, sondern wegen ciner Person, die nicht in ihm sitzt. Daß General Boulanger, der gefeierte, „furchtbare" Gegner Deutschlands, so schnell von der Bildfläche verschwinden konnte, das hat mit einem Male, wie sich die deutschen Blätter aus Rußland melden lassen, „die Unhaltbarkeit und Unbeständigkeit der französischen Verhältnisse" den diplomatischen Kreisen Rußlands deutlich vor Augen geführt, und schon registriert man sorgfältig die Anzeichen einer be ginnenden Besserung der bisherigen mehr als kühlen Beziehungen zwischen dem Zarenreiche und Deutsch land, schon erörtert man die Chancen einer Zusam menkunft der 3 Beherrscher der 3 Kaiserreiche. Was an diesen Bettachtungen Berechtigtes und Wahres ist, daS wird die Zukunft lehren. Hat Hr. Katkost ein mal bis jetzt das Ohr des Zaren besefsen, so wird er auch durch die momentane ihm ungünstige Stimmung soll Dein Mädel behalten, wenn sie will, mir sind solche Spielereien nicht nach Geschmack." Luise fragte nun das Landmädchen: „Seit Ihr mit dem jungen Manne näher bekannt?" „O gewiß!" entgegnete Anka, „wir sind sogar etwas verwandt mit ihm, und als wir noch Kinder waren, da spielten wir zusammen. Auch noch später, als er daS letzte Mal verreiste, war er bei unS. Ei, freilich, find wir gut bekannt." „Nun, auf der Photographie ist zwar nichts von einer idealen Schönheit zu sehen", lachte Luise, „allein ein netter junger Mann ist er." „Und reich wird er!" sagte eifrig das Land mädchen. „Er ist der einzige Sohn des Alten, nicht wahr, Vater?" wandle sie sich zum Wirte. .„Kolodey hat keinen andern Sohn", bestätigte dieser, „und reich wird er, sehr reich! Sein Vater, der jetzt hier war, hat eben besonderes Glück gehabt, alles glückte ihm, aus allem schlug er Geld. Außer dem hat er noch seine reichen Verwandten beerbt O, der junge Mann wird einmal sehr reich!" Auf der schönen Stirn Luisens lagerten sich Wolken tiefen Nachdenkens. Das Gespräch kam auf andere Dinge, der Adjunkt und seine Frau sprachen mit Pridan über ihren Auf enthalt. Plötzlich wandte sich Luise zu Anka: „Zeigt mir die Photographie noch einmal", sagte sie leise aber bestimmt. DaS Mädchen reichte ihr dieselbe hin. „E» ist in der That kein gewöhnliche» Gesicht, «in hübscher Mann, Ihr Verwandter", bemerkte Luise, sich kaum abschrecken lassen; denn große Empfindlich keit scheint seine Sache nicht zu sein. Überdies dünkt es unS, als ob nach dem bisherigen heimlichen und offenen Liebäugeln der russischen einflußreichen Kreise mit den französischen Revanchehelden ein plötzliche» Hinschwenken der russischen Politik zu Deutschland von letzterem zwar mit Freudigkeit aber nicht allzu san guinisch ausgenommen werden würde, zumal wenn man sich russischerseits so wenig Mühe giebt, die Gründe dieser Schwenkung irgendwie zu verdecken. Ferner deuten die jüngsten Vorgänge in Konstantinopel da raus hin, daß Frankreich nicht gewillt ist, so leichten Kaufes die einmal errungene Position in der Gunst Rußlands aufzugeben. Wir sehen dort am goldenen Horn den französischen Botschafter Grafen Montebello in sehr bezeichnender und, wie ausdrücklich gemeldet wird, auf genauer Instruktion seiner Regierung be ruhenden Weise bemüht, seinen russischen Kollegen v. Nclidoff bei dem Bestreben zu unterstützen, daS englisch-türkische Einvernehmen in der ägyptischen An gelegenheit wieder zu hintertreiben, während die Ver treter aller übrigen Großmächte es direkt abgelehnt haben, auf England oder die Pforte irgendwelche Pression auszuüben. In der That, es giebt kaum ein besseres Mittel um uns Deutsche mit weitgehender Befriedigung über unsere eigenen Zustände zu erfüllen, als ein Blick auf unsere Nachbarn im Westen und Osten. Klar und offen liegen die Wege unserer Politik vor aller Augen. Weil sie niemanden bedroht, hat sie auch nicht nötig, unklaren und der gesunden Grundlage entbehrenden Allianzgelüsten Raum zu geben und ge leitet wird sie nicht von Männern, die aus dem Hintergründe hervor, den sie zu verlassen sich scheuen, ihre Ratschläge erteilen, sondern der Ratgeber des Deutschen Kaisers und seiner Fürsten ist ein Mann, der für das, was er thut, eintritt mit feiner ganzen Persönlichkeit und der zu seinem Amte berufen ist, wie kein zweiter unter allen Diplomaten Europas. Und auch in allen übrigen wichtigen StaatSämtern, im Heere, in der Justiz, in der Verwaltung, wo es auch sei, sehen wir die rechten Männer am rechten Ort, Niemandem verantwortlich als ihrem Fürsten und ihrem Gewissen, nicht gezwungen, ihr Handeln nach dem Beifall wechselnder „Majoritäten" einzurichten und darum abhold jeder Phrase, jeder Reklame. Da zu ein mächtiges, jederzeit schlagfertiges, und in zielbewußtem Fortschreiten stetig sich vervollkommnende» Heer — das Deutschland, welches sich in dieser Ge stalt dem Auslande präsentiert wird, wie nicht oft genug betont werden kann, allezeit die beste Friedens bürgschaft in sich selber tragen. Lagesgeschichte. * Dresden, 11. Juni. Hr. Polizeipräsident Schwauß hat einen 5 wöchigen Urlaub angetreten. Während der Dauer desselben wird Hr. Regierungs rat vr. Hausmann die Leitung der Geschäfte der Königl. Polizeidirektion übernehmen. * Berlin, 10. Juni Der „Reichsanz." meldet: Se. Majestät der Kaiser und König haben die letz ten Tage, von krampfhaften Unterleibsbeschwerden viel fach beunruhigt, fast ausschließlich im Bette zugebracht Auch hat sich eine katarrhalische Reizung der Augen lider hinzugesellt. Die Untersuchungen des vorgestern durch den operativen Eingriff aus dem Kehlkopf des Kron prinzen entfernten Stückchens durch Prof. Virchow ergab, wie die „Franks. Ztg." au» zuverlässiger Quelle erfährt, daß keine bösartige Neubildung vorhan den sei. Der Kronprinz Oskar von Schweden traf auf der Durchreife nach Baden gestern abend in . 7..-—-««S aber so sinnend, als ob sie ihren eigenen Gedanken Antwort geben würde. „Wie seid Ihr verwandt?" forschte sie nach einiger Zeit. „Nur wenig, ich weiß das selbst nicht genau", entgegnete das Mädchen. Kurze Zeit darauf begaben sich die Fremden nach ihrem Landhäuschen. II. Ein paar Tage später, während eines heißen Nach mittages saßen im Schatten des alten Nußbaumes die beiden uns bekannten Mädchen, und während Anka sich mit Näharbeit beschäftigte, fertigte Luise eine hübsche Stickerei. Das Fräulein kam fast täglich auf Besuch, wes halb die Wirtstochter dann die übrigen Hausarbeiten der sorgsamen alten Großmagd überließ und eine leichtere Beschäftigung zur Hand nahm, die eS ihr er möglichte, dem Fräulein Gesellschaft zu leisten. Der Vater gab ihr zu ikrem Thun und Lassen volle Freiheit, er war stolz auf sein einziges Kind. „Moraen also soll Euer interessanter Verwandter nach Hause kommen?" fragte plötzlich nach verfHiede- nen anderen Gesprächen Luise ihre Gefährtin, blickte sie dabei forschend an und streckte ihren Fuß so ener gisch auf dem weichen Grafe aus, daß ihr kleine» Füßchen fast zu kokett unter dem grauen, zierlichen Kleide, das sie trug, hervorguckte. „Morgen abend", bestätigte Anka, ohne von ihrer Arbeit aufzublicken. Das Fräulein begann wieder von andern Dingen zu sprechen, von einer Angelegenheit zur andern über gebend
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