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Nummer 30V — 29. Jahrgang »ckchetnt «m-l WSchtt. mtt wultr.»raIIKtIl°sn> Primat un» WeU' und der Mnderbeilage .Frohmul-. sowie den Tepbetlogen ,TI. Benna-BiaU'. .Unterhaltung und Wissen'. »Die WeU der grau', .«erztULer Ratgeber'. .Da« gute Buch'. »Fttmruud» schau'. Monatlicher Be,u,»pret« S U« etnscht. «estellgetd. Mtisielnummer 1V 4, Sonnabend- u. Sonntagnummer SV 4» Hauvtschrifttetter'. Lr, V. LslkZvk, KreLd«^ Dienstag, den SO. Dezember 193« tverlag«»»«, jvrelde« Lnieigenprets«: Die Igelpattene pettt-ette SV 4. Famitleit» anzelgen ».Stcllengesuchc SV 4- Die potttrestaniezetle. 89 mm breit. I Uk. Für Anzeigen autzerhald de« Berbrettungsgebtete« chv die peltirellamczeile I .vv^r. Rriesgeb.tlt»^. Im Fall» höherer Gewalt erlischt jede Berpslichtung aus Lieferung sowt« Lxsüllung d. Anzeigen - Austrügen u. Leistung v. Schadenersgs^ Geschostlicher Teil: Fra«« Bangt»-, Dresden. GelchitseHflellr, Druitu.tverlag - Germania A^--L. sttr Vertag und Druckerei. Filiale Dresden. Dresden.«, t. P-Iterslras„l7. FernrutLiolL PolttchecklonioDresden -.-70». Bankkonto Eleadtbaal Dresden Ar. «I7l» Für christliche Politik und Kultur N«»ak»t»n de» SSckikisckien >UoIkSz«ltu«g D«tdon»Atlstadl j. Volierstratze lt. Fernrut Mit und rlvlL. Der Kanzler zum Jahresende Mutiger Wille, Selbstzucht und Bereitschaft zum gemeinsamen Handeln tun not Beherzigenswerte Mahnung Berlin, 29. Dezember. Reichskanzler Dr. Brünlng hat dem Herausgeber der Wohlfahrtskorrespondenz, Ernst Böerschel, eine Zuschrift zu gehen lassen, in der es heißt: Auch dieses Jahres Endo trifft das deutsche Volk bei der Erkenntnis, daß es schwere Monate durchzumachen hat. Die Weltwirtsä-aftskris«. die alle Staaten ersaßt hat, trifft es nach den Entbehrungen der Kriegs- und Inslationsjahr« besonders hart. Aber mutiger Wille. Selbstzucht und Bereitschaft zum gemeinsame» Tra gen Können und iverden uns Helsen Wenn wir die schlimmen Zeisen benutzen, um Mißbräuche abzustellen, die sich ln unser gesellschaftliches, soziales und politisches Leben eingeschllchen hatten, ivenn wir nötig« Reformen heute unter dem Druck« der Not kraftvoll vorantreiben, dann ziehen wir di« rechten Lehren. Und n»enn wir jetzt, wo uns gemeinsames Schicksal die engste Verbundenheit aller Schichten und Stände deutlich beweist, uns als « i n Volk fühlen lernen, dann werden zugleich die seelischen Kräfte lebendig, die die besten Bürgen einer schöneren Zukunft sind. , Der Reichskanzler ist am Sonntag zu einem nur auf ivenige Tage berechneten Erholungsurlaub in Badenweiler eingetroffen. Es ist das die erste Ruhepause, die der Reichs- Kanzer sich seit dem Wahlkampf nach den letzten mit einer Ileberfülle von Arbeit belasteten Monaten gönnt. „Oer deutsche Gamson* Pariser Echo eines Artikels von Dr. Kaas. Paris. 29. Dezember. Das Borwort, das Prälat Dr Kaas zu dem Buche von Dr. Hagemann geschrieben hat — wir geben diesen Ar. tikel heute an leitender Stelle wieder — findet ^Hn der hiesigen Presse starke Beachtung, l M So schreibt der „Temps": Alle deutschen Staatsmänner, ob sie rechts, in der Mitte oder links stehen, wollen die Wieder herstellung der deutschen Macht in der Welt. Sie fordern Revi sion der Verträge. Abänderung der Vstgrenzcn, allgemeine Ab rüstung oder das Recht für Deutschland, sich ungehindert zu bewaffne», und endlich den Anschluß oder besser gesagt die Annexion Oesterreichs. Die Meinungen rveiäze» in der Frage der Drittel, die man zur Durchschreitung der einzelnen Etappen anzuwenden habe, von einander ab. Das „Journal des Dubais", das Organ des Schwer industriellen de Wendel, sieht schon eine neue Aufteilung Polens und auch die Annexion Oesterreichs, natürlich auch die Wiederausrüstung Deutschlands, voraus. Wenn alles das. so ruft das Blatt, realisiert würde, oann würde inan sich einem stärkeren Deutschland gegenüberbesinden. als dem von 1914. Man müßte besonders naiv sein, wenn man sich einbilden könnte, daß Deutschland, wenn es dieses Ergebnis hat. sich nicht in sehr aktiver Weise auch für seine Westgrenze interessie ren würde. Nach dem Blatte möchte man von deutscher Seite der Welt de» Glau'ben beibringen. daß die Stillung des dcut- scl>en Appetits dos einzige Mittel sei. den Frieden zu bewahren. „Temps" vergleicht Deutschland mit Samson. Er erklärt, daß der Tag kommen werde, an dem es als Gefangener des Fric- densvertmges wie der biblische Held die Säulen seines Ge fängnisses niederreißen werde Es sei nicht Hitler, der dies ausgesprochen habe, sondern der Führer des Zentrums. » Durch Lektüre der Ausführungen van Dr. Kaas können sich »i-sere Leser an einem sehr instruktiven Beispiel pou der 'Ver drehungskunst französischer Zeitimge» überzeugen. Die Mög lichkeit. daß sich die Samson-Tragödie in der Politik Europas wiederholt, ist von Kaas keineswegs als erwünschtes oder drohendes Ereignis, sondern als letzte tragisäze Konsegucnz fortgesetzter Verbohrtheit und Verständnislosigkeit auf der Ge genseite erwähnt worden. — Immerhin ist es sehr erfreulich, daß man ans der Gegenseite heute eine Stimme der politischen Vernunft wie die von Prälat Kaas hört. Man hört sie ungern, aber man wird über solche Stimmen aus die Tauer nicht mit Verdrehungen hinweggehen können. ^ Die Ve-eukung -er Januar-Tagung « Witt -er Völkerbund sein moralisches Ansehen in Deutschland einbüßen? " Ein englisches Urteil ^ London, 28. D-zember. H Der Berliner Korrespondent des Observer schreibt, man v werde in Deutschland aufmerksam verfolgen, ob in der am » 19. Januar beginnenden Ratstagung in der Frage der Ab- « rüstung und der polnischen Minderheiten gegenüber ^ Deutschlai» billig verfahren werde. Man übertreib« nicht. . wenn man sag«, daß die ganze Zukunft des Völkerbundes als , einer Körperschaft, di« in deutschen Augen Achtung verdiene, von der Art abhäng«, in der dies« bei den Fragen behandelt , . würden. 8 AB Di« Bedeutung der Ianuartagung für die deutsäzc Oeffent» ist in dieser Auslassung dos englisclzen Blatles völlig gekennzeichnet Das inoralisäze Anschen des Völker. » T^bnndes in Deutschland wird veknichtet sein, wenn er gegenüber Schiefen beiden großen Aufgaben: Abrüstung und Schutz der Minderheiten versagt. Es wäre zu wünschen, daß die Mehr, heit der NatsmitgUeder diese Sachlage erkennt und ihr Rech, nung trägt. Vor allem, daß Englands Abordnung in Gens nach der Erkenntnis handelt, die das englische Blatt so Irefsend ,zu>» Ausdruck gebracht hat. Vandervelde für Revision Paris, 29. Dc.zember. Der sozialistische Populaire ver öffentlicht heute Erklärungen des belgisä-en Sozialislen-sührers Bandervelde über die Stellung seiner Partei gegenüber den belgischen Heereskrcditcn. Als er. so führt Baiidervelde ii. o. aus, nach vicrmonaliger Abwesenheit nach Belgien zu- rückkehrte, habe er eine völlig veränderte Mentalität »orge funde». Die Reden Mussolinis, die faschistischen Intrigen aus dein Balkan, die Erfolg« der Nationalsozialisten in Densich- land. die bedauerlichen Wahlen unter dem Druck des Militärs in Polen, alles das ern»ccke beim Mann ans oer Straße den Eindruck, daß Europa vor einem .Kriege stehe und daß dieser Krieg morgen mit der gleichen Plötzlichkeit anst'recheu könne, wie 1914. Er sei überzeugt, daß auf dem Ostern swttsi"deii<,ci, Kongreß der belgische» Arbeiterpartei der G»-danh, ---»er ein seitigen Abrüst iing mit großer Mehrheit a b gele h » ! werde. Aber die belgischen Sozialisten seien einschiohe». <>»> nationalem ivie auf internationale!» Gebiet ihre Alüwn -n gunsten einer allgemeinen, gleichzeitigen und unter .Konin-lie sich vollziehenden Abrüstung fortzusctzen Die belgischen Sozia listen wollten nicht, baß unter dem Borwand der Landesver teidigung für die Aufrechterhaltung gewisser militärischer Hege, monien und für die unbedingte Berteldigung des durch den Versailler Vertrag und die übrigen Verträge geschaf fenen territorialen Status gerüstet werde. Der Versaiter Ver trag sehe ja selbst die Möglichkeit seiner eigenen Revision vor. Die>'e Auslassung des früheren belgischen Außenministers, die letzten Endes eine Zustimmung zum Gedanken der Revi sion des Versailler Vertrages bedeutet, ist umso bedeutsamer, als Vaudervelde selbst zu de» Unterzeichner» dieses Vertrages gehört. Lord Melchett London, 27. Dezember. Am Sonnabend starb der englische W'rischüftssiihrcr und Politiker Lord Melchett os La»gsord, früher Sir Alfred Mond, im Aller von 02 Jahren. Der Vater Lord Melchetts. der Chemiker Dr. Ludwig Mond, wandelte aus Darmstadt nach England aus, gründete dort mit dem Deutschen Brunner die Firma Brunner. Mond u. Co., die aus kleinsten Ansängen zu dem größten englischen Chemiewerk und schließlich zum Mittelpunkt der 1927 erfolgten Fusion aller bedeutenden chemischen Fabriken Englands in der Imperial Chemical Industries Ltd. geworden ist. Die Errichtung dieses englischen Chemietrusts ist das Werk Lord Melchetts, dem zweifelsohne das Vorbild der deutschen I. E. Farben-Industrie vorgeschwebt hat. Cr hat damit auch die schärfste Konkurrenz zur deutschen Farbenindustiie geschossen. Politisch hielt Lord Melchett ursprünglich zu den Liberalen und saß seit 1900 im Unterhaus. Im Jahre 1910 wurde ihm der Sir-Titel verliehen. Im Juni 1929 erhielt er den Lord-Titel und trat in das Ober haus ein Im Jahre 1920 trat er. bisher Führer der Liberalen, zu den Konserrmtiven über, weil er Lloud Georges Landpolitik mißbilligte und auch dessen Nußlandpolilik nicht mehr folgen zu könne» glaubte. Lord Melchett setzte sich dann zunächst jür einen Zollzuiammenschtuß des engüstix» Weltreich« als Gegenwert gegen die wirischastlnhe Unabhängigkeit der USA. und der in i Bildung begriffenen wirtschaftlichen Konzenlrationsbeuregung in ! den westlichen Industriestaaten des Kontincnts ein. 21k. ist ge wählter Führer der Zionisten in England und Präsident der Expertenkommission zur Erforschung Palästinas. l AufjenpolilischeAlrlivilätt Von Dr. Ludwig Kaas, Vorsitzendem der Deutschen Zentrumspartei. Die folgenden Ausführungen bilden das Vorwort einer Schrift „Deutschland am Scheideweg", die Dr. Walter Hage mann, der Außenpoliliker der „Germania", im Verlag Herder hat erscheinen lassen. Die Darlegungen des Borsitzenden der Deutschen Zcn- trumspartei haben im Ausland starke Beachtung ge funden. Die drängenden Tagessorgen der deutschen Finanzpolitik und Wirtschaft beanspruchen heute die Aufmerksamkeit der deut schen Oeffentlichkeit in nie gekannter Stärke. Die Lösung der ökonomischen Probleme beherrscht den Vordergrund der politi schen Bühne. Darüber sollte aber nicht vergessen werdep, daß Deutschlands unlösbare Verknüpfung mit der Weltwirtschaft wie auch mit der Weltpolitik das Schicksal des Einzelne» ivie der Gesamtheit grundlegend beeinflußt. Der Primat der außenpolitischen Entscheidungen mag vorüber gehend wenig fühlbar sein. Sachlich bleibt seine axiomasische Be deutung in voller und »nvermindcrter Geltung. Der zehnjährige Kamps um Sanktionen, Kontrollen, Rheinlandräuinung und Re parationen hat die Außenpolitik in weitesten Kreisen des Volkes aktuell und populär gemacht, hat dem einzelnen Staatsbürger das Bewußtsein wachgerüttelt, daß es um seine unmittelbarsten Lebensinteressen ging, deren Wahrung — zumal in einem demo kratischen Staalsgebilde — nicht lediglich der Bürokratie der Ressorts und den Kanzleien der Berussdipiomosie überlasse» bleiben kann. Heute droht die Außenpolitik wieder eine Sonder- angelegenheit der damit beruflich verknüpften Kreise zu iverden und jenen vernunflpolitisch orientierten, zu gleicher Zeit jedoch auf Aktivität drängen, en Widerhall in weitesten Kreisen zu ver lieren, welchen eine zielbewußte Slaaissührung zur Verfolgung politischer Pläne braucht. Diese Entwicklung müßie um so bedenklicher iverden. als sich heute radikale Gruppen mit nationalen Parolen vordrän gen, deren Suggestivwirkung auf die Massen eine ersichtlich an steigende Kurve zeigt. Soivohl der Nationalsozialismus ivie der Kommunismus Hot sich die Konjunktur einer gewissen außen politischen Stagnation, ja Rückwärtsentwicklung zunutze ge macht, um ein radikales Aktionsprogramm zu propagieren, wel ches zwar der Wirklichkeit nie standhalten würde, aber bei ur teilslosen Mitläufern den Eindruck der Eruslhasligkeii u»d Auf richtigkeit macht. Der Gegensatz zwischen de» Anhängern einer e v o l u t i o n i st i s ch e n V e r st ü n d i g u n g s p o I i I i k und den Wortführern der Gewalt, ein Gegensatz, welcher sich durch das ganze letzte Jahrzehnt deutscher Befreiungskämpfe Hindurch zieht, hat nie so schroffe Fronten geschossen ivie heute. Niemals war die Gefahr größer, daß die Megaphone der Teinagogie die Stimmen der Vernunft übertönen und daß eine eiuseiiig ge fühlspolitische Einstellung der öffentlichen Meinung in tragisch-x Verkennung der harlen Wirklichkeiten Deuisehland in eine Poli tik des Abenteuers abgleileu läßt. In solcher Loge besieht aller Anlaß zur 2' niinung aus die realen Grundlage», aus welche» die bisher von uns verssigle Polilik des Friedensgcisies ausgebaut ist. Sie allein fuhrt zur Aufdeckung der Trugschlüsse, mit denen der extreme Naiionalis- mus und Bolschewismus dos deutsche Volk iu neue, verhängnis- oolle inlernalionale Kouflikle hiiieinzerreu wolle» Tollen die zahlreichen reparationspalitischen und vertrogsbedingten Opser, welche Deutschland nach Versailles und teilweise über dessen Rahmen hinaus im Interesse des Friedens gebracht ha'. nicht umsonst gewesen sei», s o »i ii s s e » di e M ö gI > chkeiI e n stärker als bisher aktiviert werden, welche aus unserer nahezu u » a n g r e i sb a r e n morali schen Position entspringe n. Deutschland ist es, das heute seinerseits unter Hinweis aus Bestimmungen des Versail ler 'Vertrages und zahlreiche spätere Vertragsabschlüsse die Ein lösung bindender Verpflichtungen aus dem Gebiete der Abrü stung, des Minderheitenschutzes und der Gleich berechtigung verlangen kann. Deuischland hal eine klare moralische Grundlage für Forderungen, welche von der Gegen seite als angebliche Friedensgefährdung zurückgewiesen werden. 'Nicht das 'Vordringen des politische» Radikals,»»-) in Deulsch- land mit seinen lärmenden Forderungen, sondern unsere opfer reiche 'Verständigungspolitik hol die Grundlage für ein Aktions- programm geschossen, welches heute non der erdrückende» Mehr heit des deutschen Volke» unterstützt wird. Wenn wir a» die stufenweise und planvolle Verwirklichung dieses Programms herontrete». so übernehmen wir damit nicht die Kanipfparolen anderer, sondern vertreten P o st u I a t e, die wir von 1919 bis zum heutigen Tage n i e m a I »< fallen gelassen haben Alle deulschen Regierungen seit 'Versailles sind für die Anglcichuiig der Rüstungen, für die Re vision der Grenzen im Osten, für die Aushebung des Anschluß- uerbotes Oesterreichs, für die Abänderung ungleicher 'Vertrag, eingetrelcn. Dieses Evolulionsprograinm vertrete» wir auch uv-