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„Wrlßeri^Skitung- «rscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Psg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Psg. — All- Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz -ZeitW. Amtsblatt Inserat«, welche »et ve» bedeutenden Auflage de» Blatte- eine sehr wirk same Verbreitung^ finden, werden mit 1l> Pfg. die Spaltenzeile oder bereit Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, ,m redaktionellen Lheile, die Spaltenzeile 2V Psg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: P-ut Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem ,Zll«strirten NnterhaltnngSblatt". Mit land- «nd hauswirthschaftlicher Monatsbeilage. Nr. 73. Dienstag, den 25. Juni 1895. Nm M-SUtt-KMl. Kiel, 20 Juni. Abends 10 Uhr begann das Feuerwerk mit Hafenbeleuchtung. Trotz des starken Gewitterregens nahm eS einen ausgezeichneten Verlauf. Den Schluß des Feuerwerks bildete die Darstellung der Germania, wobei die Nationalhymne intonirt wurde. Holtenau, 21. Juni, Vormittags 10 Uhr. Der Kaiser fuhr um 9'/, Uhr an Bord des russischen Panzerschiffes „Rjurik" und kehrte um 10 Uhr nach der „Hohenzollern" zurück. Die KanaleröffnungSseier und die Grundsteinlegung ist bei herrlichstem Wetter programmmäßig verlaufen. Holtenau. Kaiser Wilhelm sprach be» der Schluß- steinlcgung folgende Worte: „Zum Gedächtniß Kaiser Wilhelms des Großen taufe ich den Kanal Kaiser Wilhelmkanal". Der Kaiser that darauf drei Hammer schläge unter dem Ausspruch: „Im Namen des drei einigen Gottes, zur Ehre Kaiser Wilhelms, zum Heil Deutschlands, zum Wohle der Völker". (In dem größten Theil der Auflage der letzten Nummer als Telegramm enthalten.) Die vom Reichskanzler verlesene, in den Grund stein gelegte Urkunde lautet: »Wir Wilhelm von Golies Gnaden, deutscher Kaiser und König von Preußen rc., thun kund und fügen hiermit zn wissen: DaS Werk, zu welchem unserer in Gott ruhenden Herrn Groß vaters, des Kaisers Wilhelms 1., Majestät am 3. Juni des Jahres >887 im Namen des Reiches den Grundstein gelegt hat, die unmittelbare Verbindung der deutschen Meere, fleht vollendet vor unseren Augen. Ein beredtes Zeugniß deutscher Thatkraft und vaterländischen Mißes, ist es entstanden, begleitet von der hofsiningsfreudigcn Thcilnahme aller Glieder des Reiches unter dem sichtbaren Schutze des Himmels, dessen Gunst während des Baues vom Vaterlande jede Störung des Friedens fern gehalten hat. Und, wenn wir heute mit hoher Befriedigung die Er wägungen dec Erfüllung näher geführt sehen, welche das Reich an die Herstellung einer für die Zwecke der Kriegs- und Handels flotte ausreichenden Wasserstraße zwischen Nord- und Ostsee ge wünscht hat, gereicht es Uns zu besonderer Freude, daß Wir, umgeben von dem erlauchten Kreise Unserer hohen Verbündeten, in Gegenwart der Vertreter des Volkes nnd unter der dankens- werthcn Betheiligung der Abgesandten befreundeter Mächte, deren Geschwader Wir in Unserem ersten, ihnen gastlich geöffneten Kriegsbafen willkommen heißen, die Straße dem Verkehr über geben können. Wie wir es als die vornehmste, von den Vätern übernommene Pflicht Unseres kaiserlichen Amtes betrachten, die Erhaltung des Friedens, die Errungenschaften der deutschen Stämme aus dem Gebiete der nationalen Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung und ihre weitere Entwickelung sicher zu stellen, so halten Wir fest an dem Bestreben, der vaterländischen Arbeit im heißen Wettbewerb freie Bahn zu schassen und sic zu schützen. Aber nicht nur dem Vaterlande, sondern seinem Handel, seincr Schifffahrt und seiner Wehrkraft soll der Kanal förderlich sein. Ändern Wir ihn in den Dienst des Weltverkehrs stellen, eröffnen Wir neidlos allen seereisenden Völkern die Thcilnahme an den Vortheilen, welche seine Benutzung gewährt. Möge er, ein Friedenswerk, allezeit nur dem Wettkampf der Nationen und den Gütern des Friedens dienstbar sein. Indem Wir befehlen, daß der Kanal für die Schifffahrt aller Völker geöffnet werde, wollen Wir zugleich, daß an der Stelle, an welcher derselbe in Unseren Kricgshasen mündet, ein Denkmal errichtet wird, welches der Nachwelt Kunde giedt von der durch Uns in Gegenwart Unserer 'hohen Verbündeten vollzogenen denkwürdigen Eröffnung der neuen VerkehrSstraße. Mit diesem Denkmal wünschen Wir zu gleich einen Theil des Dankes adzulragen, den das deutsche Volk dem großen Kaiser schuldet, welcher vor nunmehr 25 Jahren die deutschen Stämme zn einem ewigen Bunde geeint und in weiser Voraussicht das jetzt vollendete Werk begonnen bat. Der reiche Segen, welcher daS Walten des unvergeßlichen Kaisers begleitet hat, möge auch aus diesem Werke nihen! Gegenwärtige Urkunde haben Wir in zwei Ausfertigungen mit Unserer Allerböchsteigen- händigen Unterschrift vollzogen nnd mit Unseren größeren In siegeln versehen lassen. Wir gedenken die eine Ausfertigung mit den dazu bestimmten Schriften und Münzen in den Grundstein niederzulegen, die andere in Unserem Archiv aufzubewahren. Gegeben zu Holtenau, am 2l. Juni des Jahres 1895. (gez.l Wilhelm. (gkgcngez ) Fürst zu Hohenlohe. Kiel, 21. Juni. Auf der Dampsbarkaffe deS amerikanischen Kreuzer» „Columbia" sand gestern früh 8 Uhr eine Keffelexploston statt, durch welche zwei Mann schwer und zwei leicht verwundet wurden. Kiel, 21. Juni. Die Flottenparade ist bet schön stem Wetter programmmäßig verlaufen. Die Dacht „Hohenzollern", auf welcher sich Se. Majestät der Kaiser befand, umfuhr sämmtliche Schiffe. Die Mann schaften der Schiffe hatten auf Deck und in den Raaen Paradeausstellung genommen. Der Schlußstein bei der Holtenauer Mündung wiegt 40 Centner; er bildet den Grundstein für das Denkmal des hochseligen Kaisers Wilhelm I. Frankreich. Der Pariser „Matin" erzählt, Kaiser Wilhelm habe nach dem Hamburger Prunk mahle zum Botschafter Herbette gesagt: „Ich freue mich, daß ich den Kieler Kanal zugleich mit Ihnen und in Gegenwart des französischen Geschwaders, das ich bewundere und das Bewunderung verdient, er öffnen werde. Ich hoffe, diese Kanal-Eröffnung ist nicht das letzte Fest, das wir für die Sache des Frie dens zusammen feiern." Die ungewöhnlich starke Betonung der friedlichen Absichten in Kaiser Wilhelms Tischrede macht in Paris starken Eindruck. Paris, 18. Juni. Der Marineminister hat von Admiral Mönard folgendes Telegramm erhalten: „Wir trafen das russische Geschwader am Ausgange des großen Belt am Südkap der Insel Langeland, tauschten mit demselben Salutschüsse aus und suhren dann bis zum Eingänge des Kieler Hafens." An dererseits wird aus Kiel telegraphtrl: „Von dem Augenblick ab, wo sich das russische und das franzö sische Geschwader trafen, bis zum Eingänge in die Kieler Rhede waren beide Geschwader dem Oberbefehl des Admirals Mönard unterstellt. Paris, 20. Juni. Der offiziöse „Temps" meldet aus Kiel, Kaiser Wilhelm werde das französische Kriegsschiff „Hoche" besuchen. Der Besuch sei bereits angekündigt. Die Zeit desselben sei allerdings noch nicht bestimmt, auch nicht bekannt, ob der Besuch einen offiziellen Charakter tragen werde. Paris, 21. Juni. Der „TempS" bespricht in einem „Ein Friedensfest" betitelten Artikel die gestrige Rede Sr. Majestät des Kaisers und führt aus, der Kaiser habe nicht nur in sehr trefflichen Worten vom Frieden gesprochen, sondern habe demselben einen wahren Dithyrambus gewidmet. Die Worte des Kaisers hatten den richtigen Ton; man fühlte, daß der Kaiser ergriffen war und den empfundenen Ein druck treu wiedergab. Die zivilistrte Welt werde daher mit Freude die Rede ausnehmen, welche der Kieler Feier den geziemenden Charakter verleiht. Die „Libertö" stellt fest, daß die Rede des Kaisers einen derart stark betonten friedlichen Charakter habe, daß sie überall mit Recht einen lebhaften Eindruck Hervorrufen müsse. Großbritannien. Die „Daily News" sagt in einem Leitartikel, mit der Eröffnung des Nordostsee- Kanals trete Deutschland in die erste Linie der See mächte, seine Küste sei fortan gegen jeden feindlichen Angriff geschützt. Dies sei eine weitere Friedens gewähr. Italien. Fast alle Blätter widmen der Er öffnung deS Nord-Ostsee-KanalS Leitartikel. Die „Risorma" schildert die ungeheuren Fortschritte der deutschen Flotte vom Jahr« 1849 bis heute und nennt den Kanal das größte Werk seit dem Suez-Kanal. Spanien. Im Ministerrathe betonte Canovas den friedlichen Charakter der Hamburger Kaiserrede.j Schweiz. Hiesige Blätter nehmen mit großer Genugthuung davon Notiz, daß der Kaiser auch den Echweizer^Gesandten Roth nach Kiel eingeladen hatte, obschon die Schweiz kein maritimer Staat ist. Kiel, 21. Juni. Die Fahrt durch den Kanal ist doch nicht ganz glatt verlaufen: Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II." ist bei der Durchfahrt durch den Kanal sechs Mal ausgelaufen. Der deutsche Schnell dampfer, mit den Abgeordneten an Bord, verspätete sich in Folge Ausstößen« um fast eine Stunde. Der russische Aviso hqt eine Schraube eingebüßt, auch der Schnelldampfer „Trave" mit Abgeordneten an Bord, 61. Jahrgang. ! 'M wurde theilweise an der Leine durch den Kanal ge führt. Vor der Flottenschau zu Kiel wurden die an wesenden Journalisten vielfach von Booten und Pinaffen der fremden Kriegsschiffe zum Besuch der letzteren ab geholt. Namentlich zeichnete sich in dieser Beziehung der französische Admiral aus. Die zwei Mal an den „Prinz Waldemar" in Schlepptau einer Pinaffe her- ansahrende französische Schluppe war so groß, daß darin viel mehr Menschen als die Vertreter der fran zösischen Presse Platz fanden, und so betheiligten sich an dem Besuch deS „Hoche" auch viele andere, nament lich deutsche Journalisten, die von den französischen Kollegen hierzu aufgefordert wurden. Die in Kiel anwesende Fremdenzahl wird auf 85000 bis 100000 geschätzt. Kiel, 22. Juni. Der Kaiser besuchte gestern außer dem russischen Panzerschiff „Rurik" je ein eng» lischeS, italienisches und österreichisches Kriegsschiff und stattete heute an Bord je eines Schiffes der übrigen Seemächte einen Besuch ab. Kiel, 22. Juni. Im Laufe des heutigen Nach mittags sind Prinzregent Luitpold von Bayern, König Albert von Sachsen und die meisten Fürstlichkeiten, der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, die Minister und sämmtliche Würdenträger von hier abgereist. Kiel, 22. Juni. Es ist festgestellt, daß bei der gestrigen Revue die Matrosen der französischen Schiffe den Kaiser mir dreimaligem „Hurrah" begrüßten und die deutsche Nationalhymne spielten. Kiel, 22. Juni. Bei dem geselligen Abend deS Schriftstellervereins galten die Gespräche vorwiegend dem Rückblicke aus den großartigen Verlauf aller Fest lichkeiten. Insbesondere wurde als geradezu unvergleich lich jener Moment hervorgehoben, an welchem die „Hohenzollern" aus der Holtenauer Schleuse auslief und die Kapelle „Nun danket alle Gott" anstimmte. Allseitig wurde betont, daß keine bisher erlebte Feier gleich große und gleich nachwirkende Eindrücke hinter ließ. Kiel, 22. Juni, 12H Uhr. Bei blendendem Sonnenschein und ruhiger See stach am frühen Mor gen die Schulschiff-Division in See, um bei dem späteren GefechtShilde den Feind zu markiren. Gegen 7 Uhr begab sich der Kaiser an Bord des „Kurfürst Friedrich Wilhelm". Alle fürstlichen Gäste gingen an Bord der „Hohenzollern". Bald nach 7 Uhr lief das Manöoergeschwader, die Torpedobootsflolille aus. Dann folgte die „Hohenzollern", darauf „Kaiser Wilhelm II." und „Augusta Victoria", auf welch beiden letzteren die übrigen Gäste des deutschen Reichs sich befanden. Hieran schloß sich der Postdampfer „Prinz Waldemar". Um 10'/, Uhr war das Manöver beendet und daS Geschwader kehrte in den Hafen zurück. Der Kaiser blieb auf der Kommandobrücke und wurde von den zahlreichen Zuschauern beim Vor beifahren mit dreifachem Hurrah begrüßt. Kiel, 22. Juni. Die beiden französischen Panzer haben bereits heute früh gegen 3 Uhr den hiesigen Hafen verlassen. Kiel, 22. Juni. Seit gestern beginnt die Stadt ich allmählig wieder zu leeren. Extrazug auf Extra zug führt die herbeigeströmten Schaaren Schaulustiger wieder in die Heimath zurück. Die Dresdner „Neuesten Nachrichten" schreiben: „Berlin, 22. Juni. Wir erhalten von der franzö- ischen Botschaft folgende Information: Sowohl seitens der offiziellen BureauS, al» auch seiten verschiedener Privat -Korrespondenten sind Nachrichten über eine angebliche, säst an Unhöflichkeit grenzende Zurückhaltung der ranzösischen Seeleute in Kiel in die deutsche Presse gelangt, die nach authentischen Informationen den Thatsachen in keiner »eise entsprechen. Daß den französischen Matrosen ap Land zu gehen untersagt werben mußte, um Reibungen und Zwischenfälle zn Verbindern, ist begreiflich. — Ebensowenig konnte man Zivil personen da« Betreten französischer Kriegsschiffe gestatten, dagegen