Volltext Seite (XML)
Kummer 55. 10. Jahrgang Sonnabend, den 15. Mai 1897. i Dank. Grabe, var; rgessen, ahm? ewesew vn uns rhm. Gommern. Vermuthlich in einem Anfalle von Geistesstörung erhing sich am Montag die hier wohnhafte Ehefrau des Werkführers St. in ihrer Behausung, nachdem sie vorher ihrem 4jährigen kränklichen Kinde ebenfalls durch Erhängen den Tod gegeben hatte. Der sofort herbeigeeilte Arzt konnte nur den Tod Beider konstatiren. — Im wunderschönen Monat Mai. Aus Hamburg wird unterm 13. Mai gemeldet: Heute früh fand hier ein heftiges Schneegestöber statt. Gegen 11 Uhr trat ohne sichtbaren Nebel tiefste Fisterniß ein. Die Straßenbahnen mußten stundenlang Beleuchtung einschalten. Das Thermoineteer zeigt auf zwei Grad über Null. — Wie schwer die Erde ist. Uebel das muth- maßliche Gewicht der Erde, sowie über die Beschaffenheit des Ecdinnern haben sich schon gar viele Gelehrte den Kopf zerbrochen. Da die verschiedenen Ansichten bis jetzt weder bewiesen, noch widerlegt werden können, so ist der Phantasie immer noch der weiteste Spielraum gelassen. Während ein Theil der Gelehrten sich das Centrum der Erde als eine geschmolzene, weißglühende Masse denkt, huldigen Andere der Ansicht, daß der große Druck, der von allen Seiten auf dem Kernpunkt der Erde lastet, diesen über jedes von Menschen gekannte Maß von Verdichtung hinaus gebracht hat. Neuerlich hat auch ein englischer Gelehrter Dr. Joung sich mit diesem Probleme beschäftigt. Er will ausgerechnet haben, daß ein Stahlblock von 10 Kubikfuß, wenn er 4000 englische Meilen unter der Erd oberfläche zu liegen käme, durch den Druck der Erdmasse auf — 2 Kubikfuß zusammengepreßt werden würde. So unwahrscheinlich dieses Rechenexempel auch erscheinen mag, so darf man doch nicht vergessen, daß es sich hier um Druckkräfte handelt, die unser Vorstellungsvermögen weit übersteigen. m herz- k Herr» stendew Grabe, rdt für nk den n rind Beileid, hrift zu seinen fünften beschenk > Nuhe- für die Wägern letzten audten, he uns aufgehoben. Zwei in demselben Hause wohnende Fabrik arbeiterinnen stehen in dem Verdacht, heimlich geboren und die Kinder auf diese Weise getödtet zu haben; ihre Ver haftungen sind daher erfolgt. Die betr. Mädchen arbeiten in Dresden. In Seifersdorf wurde am Donnerstag der im 73. Lebensjahre stehende Schuhmachermeister und Buch händler Christian Heinrich Enderlein unter zahlreicher Trauerbegleitung zu Grabe gebracht. Dieser allgemein bekannte und beliebte Mann hatte letzten Winter das Un glück von einem großen Kettenhunde angefallen und zu Boden gerissen zn werden. Seit jenem Tage hat der be tagte Greis seine Wohnung nicht wieder verlassen können; der gehabte Schreck und die Bisse des Hundes sind die Ursache seines Todes geworden. Als vor Jahren Herr k. Köhler in Seifersdorf sein Amt als Seelsorger antrat, beschenkte ihn der Entschlafene mit einem Haussegen, auf welchem das Bibelwort stand: Der Herr ist mein Hirte! und dieses Wort machte der beredte Prediger zum Thema der Gedächtnißpredigt für den nun im kühlen Grabe Ruhen den, um in trefflicher Ausführung das Lebensbild desselben zu zeichneu. — Im Carvlaschachte wurde am Dienstag Nachmittag der Bergarbeiter Friedrich beim Abholzen verschüttet. — Abgestürzt ist am Sonnabend der Manrer Kietzel in Gittersee. Als derselbe am Sendlak'schen Hause ausbefferte, brach die Leiter, auf welcher er stand, und er fiel von der immerhin beträchtlichen Höhe aus hinab. Als ein Glück kann es noch angesehen werden, daß er nicht direkt auf die Erde siel, sondern an dem Geäst eines Baumes im Falle aufgehalten und seitwärts geschleudert wurde, da sonst der noch schlimmere Fall eintreten konnte, daß er in den eisernen Gartenzaun gefallen und von dem selben aufgespießt worden wäre. Der bemitleidenswerthe Mann, dem Herr Dr. Dunsch die erste Hilfe brachte, zeigte vor allem am Kopfe arge Wunden, ebenso an den Beinen. Aus unserer Gegeud. Dar frevelhafte Zertrümmern der Nachtlaternen, vorige Woche allgemeine Entrüstung hervorrief, ^ demnächst seine Sühne finden, indem wie man hört, ^/häter, deren Namen wir noch nicht zu erfahren ver- entdeckt sein sollen. Hier wäre wirklich einmal ,, exemplarische Strafe ohne Zubilligung mildernder "Ude voll und ganz am Platze. opath. «l- b> Ml!.f( die ttiE Herrn n k aus- Bvsenc^ Zeitung für Seifersdorf, ^oß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz ete (Nachdruck verboten.) Der Weg zum Throne. Novelle von Carl Felix v. Schlichtegroll. Am nächsten Tag fuhr die alte Coß von Haus zu Haus. Sie hatte einen Sack voll Neuigkeiten und Ver muthungen; das Alle- mußte geklärt, besprochen, berichtigt werden. „Es war unglaublich," sagte sie zu ihrer Freundin, der Baronin Wildau, „ein beispielloser Affront für die Hoheiten und die Prinzessin! Das arme Ding! die Thränen kamen ihr in die Augen, der Großherzog wurde kirschbraun im Gesicht, und die Herrschaften wurden un begreiflich früh müde — ich entsinne mich keines Hoffestes, das sö früh endete." „Sie erntete nngemein viel Dank bei der Wildau, die wegen eines chronischen Leidens schon seit Jahren nicht mehr in die Welt ging. „Was Du sagst, liebe Coß! Und wie steht es nun heute? „Ich fürchte, im Schloß geht es drüber und drunter! Ich will hernach noch zu der Staatsdame Malitzin, die erfährt ja Alles von der Großherzogin. — Adieu, liebe Wildau. — Mein Gott, wie ich echauffirt bin!" Damit entschwebte die Schwätzerin und erreichte auf Umwegen und nach häufiger Einkehr bei anderen Freun dinnen wieder das Schloß. Zwischen dem Großherzog und seinem Gaste hatte in zwischen eine lange Unterredung stattgefunden; die fremden Herrschaften hatten ihre Abreise beschleunigt. Der Abschied von den hohen Wirthen war mehr als kühl; Prinz Heinrich war überhaupt nicht mehr sichtbar geworden, da er angeblich zu leidend war. Ein Jeder, der zur Umgebung des Hofes gehörte, empfand, daß man vor einem Sturme stehe, und das Schlimmste war, Niemand wußte genau, wovor er zu zittern habe. Nur der Prinz allein wußte, daß er das Opfer der Katastrophe sein werde. Er trat auf den Balkon seines Arbeitszimmers und blickte hinaus. Dicht an den Palast stieß der große Park, in dem sich zahlreiche Spaziergänger befanden. Wie er diese Leute beneidete! Sie Alle waren fröhlich, Alle waren frei ihm gegenüber, dem Sklaven aller Vorurtheile und Satzungen. Grolmaun erschien und berichtete von der Abreise der Gäste, und daß der Großherzog gleich darauf eine Kon ferenz mit dem Hausminister v. Brock und dein Präsidenten Hasenauer gehabt habe. „Sie haben über mich gesprochen," versetzte der Prinz. „Ich vermuthe cs auch," .bestätigt der Adjutant. „Die Herren sahen furchtbar ernst aus, als sie die Treppe herabkamen." Prinz Heinrich durchmaß das Zimmer ein paarmal mit großen Schritten. Daun machte er Plötzlich vor seinem Frennde Halt und sagte mit festem Entschluß: „Ich habe ein Ansuchen an Dich. Begieb Dich in das Schloß, laß Dich bei meinem Vater melden und sage ihm, daß ich ihn um eine Unterredung bäte." Der Adjutant ging; der Prinz klingelte seinem Kammerdiener, um sich anzukleiden. Er war längst fertig, als Grolmann zurückkehrte. „Du bringst mir nichts Gutes," rief er ihm entgegen. »Ich sehe es Dir an." „Nein," erwiderte Jener. „Der Großherzog weigert üch, Dich zu empfangen. Er scheint auf's Höchste aufge bracht zu sein." Der Erbprinz war so erschrocken, daß er sich auf den Tisch stützen mußte, so heftig zitterten ihm die Beine. Nein, es konnte nicht so bleiben, er mußte mit einem der Seinigen sprechen! Verweigerte ihm der Vater eine Unterredung, so wollte er zu seiner Schwester gehen. Sie hatte stets zu ihm gehalten, sie hatte Einfluß auf den Großherzog; er wollte ihre Hilfe um Vermittelung anrufen. „Komm in einer Stunde zu meiner Schwester Grol mann," sagt er. „Ich will ihren Nath einholen, sie ist ein Weib, sie wird mich verstehen." — (Forts, folgt.) schreckt aus. „Meiu Vater hat mir erst heute davon gesprochen, wenn ich mich seinen! Willen bezüglich dieser Heirath nicht füge. Es war vorläufig nur eine Drohung, ich weiß es, aber wenn er die Wahrheit erfährt, so ist er im Stande, diese Drohung auch auszuführe»." Und als ob er unfähig sei, den Druck, der auf ihm lastet, noch länger zu ertragen, sinkt er auf einen Stuhl und legt die Arme auf den Tisch, auf den er schluchzend sein Haupt niederbeugt. Grolmann geht der Jammer des Freundes tief zu Herzen. Er steht auf und nähert sich ihm freundlich. „Fasse Muth," sagt er- „Und wie es auch kommen mag — ich halte zu Dir, wenn Dich das zu trösten vermag." Der Prinz reicht ihn« wortlos und ohne anfzuschauen die Hand. „Gute Nacht, Heinrich," sagt der Offizier. „Ich sehe morgen in aller Frühe nach Dir." Damit scheidet er. Auch sein Herz ist schwer. Das Geheimniß eines Mächtigen der Erde lastet mit auf seiner Seele. Bilder der Familienangehörigen des Erbgroß- scheinen bei dem Strahl der Lampe beinahe aus Nahmen zu treten: das große Porträt des Vaters, ick r Mutter und über dem Schreibtisch das Bild der Nackter, der Prinzessin Klementine. Der Prinz setzt sich, Mixt des Freundes Hand in die seine und beginnt zu . ^Men. Es wird ein, zwei, drei Uhr — endlich hält er inne. L nun weißt Du Alles Paul, nun rathe, nun hilf!" Der Freund ist tief erschüttert durch das, was er 'kommen Hot; er möchte rathen, Trost spenden, aber da- A'ge, was er Vorbringen kann, ist: „Mein armer, »Jahrmarktswetter!" dieser zum Sprüchwort »am me Ausruf bewährte sich am vergangenen Jahr- zwar nicht ganz, wenigstens Nachmittags nicht, trotz- . war der Besuch unserer Messe ein sehr eingeschränkter; schlte vor Allem die Landbewohuerschaft, die nach so „ Ungünstigen Wetter die paar geeigneten Stunden h i, ^offellegen benutzte. In Folge dessen war auch Umsatz der Verkäufer ein sehr mäßiger und die Fre- M den Gastwirthschasten mit oder ohne Chansonetten Nel zu wünschen übrig. Nur Jungdeutschland ließ Jahrmarktsfreuden nicht nehmen und eifrig setzte üblichen Tribut der Eltern iu Süßigkeiten und jMurpfeifereieu um oder schaute hoch zu Noß von dem ^ kreisenden Caroussel mitleidig auf das untenstehende "uknm herab. Wenn auch der diesmalige Umsatz die , Höh? nicht erreicht hat, so wollen wir die Hoffnung A Ä erhalten, daß der Herbstmarkt, der ja doch kurz ^"Uerszeit unter günstigeren Conjuncturen stattfindet, Ausfall des Frühjahrs wieder ausgleichcn möge! 1^ Iw Hause des Handarbeiters Zimmermann in Pappel auf der Coschützer Straße 67 sind am i, "doch früh in der achten Stunde beim Räumen der ^^grube zwei Kinderleichen, die eines Knaben und Mädchens, gefunden worden. Die Leiche des einen H ,s hat, nach Ausspruch der untersuchenden Hebamme, i sMm Dag, die des andern vielleicht zwei Tage in der wen Grube gelegen. Die Kinder waren beide aus- durchaus normal; die Polizei hat dieselben auf aiid^ — - - - - — "«er Heinrich!" für H< ist, »Nun sage selbst, kann — darf ich meinem Vater Keifen Mren? Ich bin doch auch noch ein Mensch, der manscht'lUcht, Gewissen, Ehre, Gefühl hat!" Grolmann schweigt. f, »Aber so rede doch, Paul, laß mich uicht allein mit , wer Verzweiflung, meiner Qual!" cabrikan^ Der Offizier zögert zu antworten. „Da ist schwer rache»/ sagte er. Ich weiß nur einen Ausweg. INS der ist plump, ist weuig diplomatisch. Entdecke »I v ch dem Großherzog." »Um Gottes willen, das räthst Du mir?" ruft der Fjxch „Nein, das hieße mich selbst ver- » --Und wenn Du schweigst — was dann?" !!8 d ist's — Schuld und Unrecht lade ich in Falle auf mich! Aber wenn ich vor meinen Vater ihn anflche, ihn beschwöre, sich der Thatsache zu mir zu verzeihen -- glaubst Du, er würde es - IM? — Nein, nein, ich weiß, war dann kommt —" iborf. "Nmi?" fragte Grolmann, als der Erbgroßherzog t »was fürchtest Du so?" 'i n iM ber das Antlitz des jungen Fürsten fliegt eine Helle , mhe, er bedeckte, als ob er sich schäme, die Augen mit ? Hand. M „Paul," sagte er daun leise, „verachte mich nicht dessen, was ich sagen will; aber wenn man zum i ^!i d''' geboren und erzogen ist, so fällt es Einem schwer, Zame 1k E diese Rechte verzichten zu sollen." ttec kos^ „Heinrich! da- wäre denkbar?" ruft Grolmann er-