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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.07.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188307079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18830707
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18830707
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-07
- Tag 1883-07-07
-
Monat
1883-07
-
Jahr
1883
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.07.1883
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Ekrschetnt täglich früh 6'/, Uhr. Kk-arlion nn- Lrpkdition JohanneSgasse 33. LprechÜun-rn -er Nr-acliou: Bormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag 5—6 Uhr. «de sc» N>a»»dr enizkta^Ier «Np htt -led-cii»» mchl »«r»»»d0ch» TagMalt A«fI«GO IV«». D«»r»r«dMrl» tnel, ^änWerbehn b PR» Am»«h»« der für die nSchftsslseAb« -iumwer bestimmten Inserate an Wochentagen dts 8 Udr Rachwittag», au Sann- und Festtage» früh d»s V,» Uhr. 3n -rn Filialen Ins. Annahme: Otto Sie««. Natversttätsstraßr 21, Lauts Lösche. Katharinenstrabe 18, p. «ur di» 'i,S Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgefchichte, Handels- und Geschäftsverkehr. t»rch die Post bG^e, « « Jede emzeln« Rmnmer » W. BeiegenmPtar w Pß _ Geblhre» für Ohne Postveiärverrm, » Ml. «U Po-besSrden»» «S PU. Inserate «Aespalte» PetktzM» «M. Drshere Schriften lant RNsm» »>» veviie^tbA^. T-dellarstcher ' Lerlame» unter de« Krdackt «»strich die Evoltzeil« SO Ps. Inserate stad stet» an die SrdeVMa» M sende«. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prneunmeranä» oder durch Past- nachnahmr. 188. Sonnabend dm 7. Juli 1883. 77. Jahrgang. Jur gefälligen Achtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 8. Juli, Bormittags nur bis Uhr geöffnet. LxpoäMon äs« I^vlprlxer 'raxtzdlattes. wird Amtlicher Theil. Der diesjährig« tuternattoaale sprodscteamarkt Montag, den 0. August dieses Jahre-, in den Lokalitäten des Krystaüpalastes (alles SchützcnhauS) Hierselbst abgehallen werken. Leipzig, de» 28. Mai 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. t)r. Georgi. Harrwitz. Vrkanntmachnng. Da- 11. Stück kes diesjährigen ReiwsgesetzblatteS ist bei uns cingeaangen und wirb bi- ;«in 2tt. diese- Monat- auf dem Rathhaussaaie zur Einsichtnahme öffentlich aushängen. Dasietbc enthält: Nr. 1498. Handels» und Schifffahrt-Vertrag zwischen dem deutschen Reich und Italien. Vom 4. Mai 1883. Leipzig, den 5. Juli 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. Dr. Georgi. Stvß. Vckannlmachung. Tie Söhlostgaste wird wegen Nenpflaftenrng von Mittwoch den 1t. dies. Mon. an aus die Dauer der Arbeiten für allen vnbesugten Fährverkehr gesperrt. ^ Zu gedachter Zeit wird die Fahrstraße zwischen der Schloßbrückc und dem Roßplatz« dem Verkehre wieder frei, gegeben sein. Leipzig, 6. Juli 1883. Der Rath der Stadt Leiznig. 11r. Georgi. Hennig. Dckanntmaihnng. Wegen der vor;uncbmenden Einsüvrung eine- Wasser rohre- nach dem Grundstück Preußergäßchen Nr. I wird genannte« Gäßchen von Montag, den ». diese- Monat- ab auf nngesSbr 3 Tage stir den durchgehenden Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am t>. Juli 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. De. Georgi. Hennig. Drkllilnlmaihuilg. Ter aus Wcißenschirmbach gebürtige Maurer Friedrich Nohde ist in einer Unterstütz,,»gösacke über seine AusentbaltSverbält niste zu befragen und eS wird ersucht, besten dermatigen Aufenthalt, welcher hier nicht zu ermitteln gewesen ist, der Unterzeichneten Stelle mitzulheilen. Leipzig, den 3. Juli 1883. Der Rath der Stadt Leipzig. (Arrnen-Anrt.) Ludwig-Wolf. Altm. Im Laufe der lctztvergangenen drei Monate sind die nachveo zeichneten Gegenstände und Gelder bei dem Unterzeichneten Amte als gesunden bez. als herrenlos abgegeben resv. gemeldet worden: Ein Armband von Granaten, ein schwarzer Pelzkragen, eine arauieiaene Plane, eia neusilberner Klemmer, zwei Paar Man. schelten mit Knäpsen, ei» Zehnmarkstück, ein goldene« Arm band, drei silberne Taschenuhren, drei kleine goldene Ohrringe, ein goldener Kreischen, ein silberner Siegelring, drei diverse goldene Ringe, ein Talon zu einer Schuldverschreibung utnr 200 >l dev Reich-anleibe vom Jahre 1879, ei»e silbern« «..d ' eine galdene Broch«, eine schwarze Pelzmütze, ein Eimer Zinkblech, ein Tioidendenschein zn einer «ctie der Busch! iehrader Eisenbahn, ein Umschlagtuch, eine goldene Busennadel, ein Operngla«, ein Haarzavs, ein schwarz- Taillentuch, zwei Fünf, morkscheine, ein Filzbut, ein Rock, eine Wrste und ein Paar Hosen, eine lederne Umbindewsche mil Geld, ein Keldbe'rag. mehrere Porieinovnaics bez. Getbläschche» mit Geldinhalt. sowie einige Schirme. Die nnbekonnien EigenMmer der vorgedachten «egenstände werden hierdurch «uigesordert, sich zur Empsangnahme derielbcn in unserem Commistarial zu melden, da andernfalls in Gemäßheit von tz.»239 de« Bürgerlichen Geietz-Buchs über die Fundjache, verfügt Uwrden wird. « Leipzig, am 5. Juli 1883. Das Paii^ei-Amt der Stadt Leidig. Bretschneider. Gras. Vtlumutnuchang. Die Liesrrnng »o« 3« Ttr. Petroleum, LK-- - circa guter schinckenfreirr Pechffnckkohle. 1»«- , » böbuttscher vrawetntzie, bester Qua lität, und K- Kitbskmttcr weichem Sch .Hotz aus das Winterhalbjahr 1883^4 für das ksuigl. Landgericht und die königl. Staatsanwiilischait hier fall unter den bei der unter zeichneten Easten-Beiwalluug ci»j'ii«hen>»en Bedingungen und mit Vorbehalt der Auswahl unter de» Licitaulen an den Mindest» fordernden vergeben werden. Anacbote stud bis zaa, r». Auli 188S schriktstch anher eintziircicheu. Leipzig, den 3. Juli 1883. Die kaffeu-Perwalt»», se« knni^. Laa»«rricht« Bkkiimt«gtz«llt. Dü Liesernnavon 3»L.L« LrinwauS und die Umnrdeitnus »VN Ratzhaar-Matratzen wird an den Mlndrstsorderaden »er geben. Itnternedmer wallen Bedingungen hier rinsehen, unter zeichnen »nd Angebote bis 1t. »s». früh ',.11 Nhr mit dem vermerk „Matratze»^ versiegelt und pottofret anher ttnsende». Leipzig, s. Juli 1883. »nigliches Aarnisaalazareth. ») 320 Kilo, b) «40 - o> 2980 cl) 5270 - e) 5000 i) 200 - x) 1000 k) 2M0 - >s 2700 - Dicke Bestände, Bei dem KoiserNchen Postamte 10 in Leipzig lagern grgen S,jdtnz,apj,r, Pappdeckel. einzuüampfende Papiere, Makulatur und bei der Kaiserlichen Obrv- Postdireclion Hierselbst sogenannte Karien-Makulntur, veraltete Druckwerke verschiedener Art, znm Theil eingebunden, alte Oliittnngsbncher, Telegrammpapiere, Telegraphenstreisen einschließlich derHvkzkerne. Dicke Bestände, welche bei den bezrichneteu Stellen in Augen schein genonimcn werben können, solle» nach Befinden im Ganzen oder in. Einzelnen an den Meistbietenden vertäust werden. Die Abnahme der Bestände hat bei den bczeichneten Lagerstellen z« er» olgen. Etwaige Besörderungskosten sind vom Abnehmer zu tragen. Tie nntcr c., b. und i. bezeichn««» Papiere werden zum Ein- iampsen verkauft. TaS Einftamplcn hat im Beisein eines Post, beamten zu geschehen. Die Kosten, welchc für die Beaufsichtigung der Beriiichiung durch die jedesmalige Entsendung eine- Postbeamte» von der nächsten Postaastalt aus entstehen, müssen von dem Abnehmer getragen werden. Angebote mit Angabe der Prelle für je 100 Kilogr. <»s die einzelnen Gattungen sind bis zum 12. Juli bei der hiesige» Ober- ! -ostdircclion einjmeicheii. Der Kaiserliche Lber-Postßirrttar. Walte« Bom 1. Oetober sind' in dem Grundstücke Kl FleischergtzHe ä (Belicr'S Hoi) von den bisherigen Raumen des Kaiserlichen Tciegraphcnamls noch die in dem 1. und 2. Stockwerk des vorder- gebäudeS belegenen, zu Büreaux, Geschästsräumen, Aohuränmrn geeigneten Lokalitäten, bestehend au« je einem dretferijingen und zwei zweiscnstrig«, Zimmern, geräumigen Borsaal und «eben- räumen zu vermiclhen. Die Besichtigung der Räume ist »m» Bor- mittag» 9 Uhr ab gestattet. Mielhsprciic je 1000 Stähere AuSkuntt ertkeilt Herr Telegraphendireetor Fnchs. , Leipzig, 2. Juli 1883. / Ter Kaiserlich« Ober-Postdtreetar. Walter. ein nothwendiqe« Minimeilmaß geistiger Entwickelung, welche- der in der Gemeinschaft answachsenden Jugend erst die Möglichkeit eine- menschenwürdigen Daseins eröffnet, weiches zur Aufrechterhaitung des Nahrung«» m>d Euitur- iandes der Gesammtheit, ja selbst für dir Heeresversaffung und die innere Sicherheit des Staalsieben» unentbehrlich er- cheint. Wie diese Elementarbildung unerläßlich für alle Staatsangehörige, so ist sie die Borau-setziing und Einleitung ür alle Weiterbildung in den höheren Stufen. Sie wird eben dadurch die Voraussetzung des geistigen Verkehrs, der in einander greisenden Bewegung, des geistigen Fortschritts der ganzen Nation. Die in ibr gegebene Möglichkeit der Weiterbildung de« Einzelnen wird zur Vorbedingung für die geistige Bewegung des Ganzen. Sie kann daher weder von der zufälligen Auffassung der einzelnen Familie, noch von den Besitzverhäitnisfen der einzelnen Familie schrankenlos abhängig bleiben, sie wird vielmehr zum staatlichen Zwang-rechl, allerdings in bestimmtem Maße und ln bestimmten Grenzen. Aus diese kommen wir in einem folgenden Artikel zurück. Nichtamtlicher Theil. Die allgemeine Lchulpflicht. Der Schulzwang oder die allgemeine Schulpflicht ist im Laufe der letzten Jahrzehnte in allen CulturstaatenEuropas aiS ein Streilpunct der politischen und kirchlichen Partei«.* in den Vordergrund getreten. In Preußen Ist die Frage neuerdings wieder actuell geworden durch die von der Eeiitruiuspartki und besonders von Seiten deS Abgeordneten Minklhorst gegen den Schulzwang gerichteten Angriffe, und wen» auch Herr von Goßlcr versichert hak, so lang« er Minister sei, werbe er an dieser Säule des StaaleS nicht rütteln lasse», wenn wir auch zu unserer Freude conftaliren konnten, daß von rechts und link- sich eine einmiitbige Festig keit zeigte, den ultramontaucn Anmaßlingen in dieser Hinsicht eiitgegeiizutreten, so tnrscn wir doch anderseits nicht üder- chcn, daß Herr Windtborst die Versicherung abgegeben hat, der Kamps um die Schule solle von seiner Seile mit aller Energie sortgesührl werden, und wir dürfen auch nicht ver- gesien, zumal wir erst in den letzten Tagen eindringlich daran erinnert worden sind, wie coni'equent die Curie in der Ver» solgung einmal gesteckter ^jiele ist. und wie wenig ähnlich sich ihr in dieser Beziehung die Staatsmänner bisher ge zeigt haben. Ter Streit darüber, ob der staatliche Schulzwang berech tigt ist, kann erst entschieden werden, wenn klar gestellt ist, ob der Staat sich zu beschränken habe aus den sogenannten RechtSzwcck, oder ob nickt vielmehr auch der Cultur- zweck mit zu den wesentlichsten Ausgaben deS Staates ge kört. Schon im Mittelalter ist die letztere Ansicht mit Ent- schicdenbeit bejabt worden; das Mittelalter hat gerade für die geistige und sittliche Hebung deS V-IkeS einen eigenen Bernssstaiid gebildet in der moiia.chtschcn Verfassung der römisch-katholischen Kirche. Der „kirchticbe Staat", wenn wir so sagen dürfen, unterscheidet auch bereits eine Elemeutajr- und eine Berufsbildung. Die letztere bietet er in reichem, aber ungleichem Maße in seinen gelehrten Schulen der freien Benutzung des LaienthumS an. Für den erslercn behauptet cc eine crzwinabare Verpflichtung aller Laien, die Heck»- Wahrheiten und Silteagebote fick von der Kirche lehren zu lasten, und betrachtet diesen Unterricht als ausreichenden .Bolksunterncht" überhaupt. Der Lehrzwang w^cvc all« hier zum Glaubenszwang. Die« änderte sich mit Eintritt der Reformation. Nun beginnt der Zwiespalt de« kirchlichen und weltlich.» Staates sich zu lösen. eS blieb aber noch die mittelalterli^,,: Grund idee der staatlich«! Einbeit des Glaubens unv damit das Re- sorniationsrcchc dec Staaksobrigkcit bestehen. Erst aus dem Kampfe der verschiedenen Bekenntnisse unter einander, in Tentschland uisb«chndere aus der Vereiniguug katholischer, lutherischer und res»,mirt«r Landesgebiete unter einem Landesherr», cntwickite sich der Grnudsatz der Glaubens freiheit, ver Bekeiintnißjre,beit, ver freien Reliftionsübung, der UnterrichtSsreiheit und schließlich — ver Aushebung der Censnr. Dem germamschen Geist gereicht es zur Ehre, an ver Spitze dieser geistigen Befreiung zu stehen, ebenso in der alten wie in der neu kolonisirlen Welt. Und gerade aus diesem tiefer erfaßten Grundsatz der Lehrfreiheit entsteht der Grundsatz der allgemeinen Schulpflicht. Dw abstracte Unterrichtssrechett hat für die große Mehr beit der Bevölkerung nnr eine negative Bedeutung. Die untere« Schichten der Gesellschaft haben nwist nicht die Mittel, ofl auch nicht die Einsicht und den Willen, solche saciittative Freiheiten sachgemäß und gleichmäßig zu verwirk liche». Erst von dem höhercn Standpunct der Gemeinschaft ans lasten sich diese Mangel und Ungleichheiten überwinden. Wie der Staat als sittliche Gemeinschaft den Berns hat, di« Lebenseiistenz des Erwerbsunsühigen durch eine Zwangs- Armenpflege zu beschaffen, so hat er auch den Berus, di« geistig« und moralische Eristenz der «nnründigen Jugend zu sichern, weil sic selbst dafür nicht zu sorgen vermag. Der Staat achtet zunächst da« Elternrecht, den Kreis der Familie, und überläßt also diese Fürsorge in erster Reihe dem Hause. Aber wo da« Gebot der Liebe unv der Pflicht im bänslichen Kreise versagt, ist nach deutscher Sitte von früher Zeit ker der Schutzberus des Staate« zur Geltung gekommen, und der Staat kann sich dieser Verpflichtung nickt entziehen, weil es seine eigenste Sacke ist. für die Lebenkdedingungen der organisirten Gesellschaft zu sorgen. Es giebt aber in der Der proceß Esther Solymosy. Ein Proceß, wie derjenige, welcher seit dem IS. Juni vor dem Gericht zu Nhiregyyaza verhandelt wird, hat seine» Gleichen kaum seit Geltung Ver neueren GcrichtSpraxiS, welche die Zwangsmittel vergangener Zeiten nicht mehr kennt, andern sich mit dem freiwilligen Gcsländniß der Angeklagten oder dem durch Zeugen, Urkunden oder Augenschein ermittelten Sachverhalt begnügt, um danach da- Urtheil zu fällen. Der Thatbestand, welcher der Anklage zu Grunde liegt, ist fol gender: Am l.April l882w»rdedie t4)ädrigeDienstmagVEsther Solhmosy von ihrer Dienstgeberin Huri in den benachbarten Ort geschickt, um Farbe und Vitriol einzukausen, sie hat diesen Auftrag anSgesührt, ist aber nicht zurückgekehrt und seitdem aus räthselhaste Weise verschwunden. Man hat ihre Spur bis zu einer Mühle verfolgt, von da ab fehlt jedoch jeder Anhaltepunet, um ihren weiteren Verbleib sestzustellen. Als die Mutter der vermißten mit der Aufsuchung ihrer Tochter beschäftigt ist. begegnet ihr der jüdische Schächter und Flickschuster Scharf und erinnert sie an einen ähnlichen Vorfall, welcher zn dem Gerücht Anlaß gegeben habe, daß die Juden die vermißte ''Person, einen Knaben, bei Seite geschafft hätten» der Ungrund dieses Verdacht- habe sich aber sofort ergeben, da der vermißte sich wiedergesnnden habe, so würde es auch in diesem Fall sein. Da diese Hoff nung aber unerfüllt blieb, so faßte in der Seele der Frau Solymosy der verdacht Wurzel, daß Scbarf wohl das Richtige getroffen habe, wenn er die Juden mit dem verschwinden ihrer Tochter in Verbindung brachte und daS geschäftige Ge rücht durchlief alsbald die ganze Gegend, daß Esther Svtymosy daS Opfer eines rituellen MvrdcS geworden sei, das heißt, daß sie von den Joden getödlet wurde, welche ihr Blut bei der Feier de» Osterfeste« zu religiösen Ceremonien branckten. Bestärkt wurde dieser Verdacht, als die Leiche eines Mädchen in der Theiß ausgesischl wurde, welche man für die der ver schwundenen Esther hielt. Die Denunciation eines katholischen Geistlichen bezeichnet« den Schächter Scbarf und seine Glaubensgenossen, welche mit ihm an dem fraglichen Tage im Tempel gesehen wurden, al- die Mörder. Drc Verdächtigen wurden etwa einen Monat nach dem Verschwinden der Esther verhaftet und von da ab Alle- in Bewegung gesetzt, um ihre vermeintliche Schuld zu ermitteln. Der 13>äl>rige Sohn deS Hauptangeklagten Scharsswurde der Obhut des OrtSvorstandeS übergeben »nd mit ihm eine Reihe von Verhören angestellt, welche ein in seinem Fach erprobter GerichtSschreiber dornahm. Welche Mittel benutzt worden sind, um die Aussage des Knaben Moritz Schars zu erlange», entzieht sich der allg« meinen Kennlniß, »ur so viel steht fest, daß ihn der Unter. suckungSrichler mit ewigem Gcsängniß gedroht hat, wenn er nicht die Wahrheit sage. Angesichts dieser Drohung entschloß sich Moritz Sckars, zum Ankläger seines DatcrS zu werden und den angeblichen Hergang deS Mordes wie folgt zu er zählen: Um die Mittagsstunde de- l. April sei die Esther Solymosy teS Wegs gekommen und von Moritz auf Befehl ferne« Valcr« berbeigerusen worden, um gewisse Arbeiten zu verricl^c.. welche die Juden am Sonnabend nickt selbst auS- sührev dürfen, bann sei sie in den Tempel gelockt und dort entklcr>«t und durch einen Schnitt in den Hals getödlet worden, das au- der Wunde bervorqurllende Blut sei aber «usgefailgcn unv in einem Gesäß gesamnielt Worten. Die Angeklagten sollen sämmtlick bei dem Morde lheils tbätig, theil» durch Beihilfe milgewirkt haben und Kenntniß von dem Geschehenen will Moritz Schars dadurch erhalten baden, dnß er die Tätigkeit der Mörder durch das Schlüsselloch der Tempellhür beobachtet hat. Dem Unlkiiachungsrichter gegenüber hak der Angeklagte Sckars diesen Sachverhalt als richtig eingeräumt, er will dies aber nur in Fttge von Mißhandlungen und Drehungen gethan haben und m der Absicht, seine Mitangeklagten zu rette». In der GerichlS- verhandluna hat er das Zeugniß seiires Sohne« als eine ihm v«n dem Gerichtsicheeiber eiuqelerile Fabel bezeichnet und seiner Entrüstung über die Schlechtigkeit seine« E»b,ie< den schärfste» Ausdruck gegeben. D>« sich während der ver- bandlrrn« berausstellle, ist der Gerichtsschreiber, welcher das Protokoll mit Moritz Scharf ausgenommen hat. ein wegen Mordes zu langjäbriger Zuchthausstrafe verurtbeilter rk)«r- brecher, welcher l2 Jahre von der ihn, znerkannten Strafe verbüßt hat, spälcr aber Anstellung als Gerichtsscbreibcr ge sunden hnl, ohne daß sein Vorleben zur Kenntniß »es Gerichts gelangt wäre, bei welchem er arbeitete. Mon>s Scharf ist seinem Vater feinbiich gesinnt unv hat überhaupt, seitdem er unter Obhnt der Berivallungsbebbrde steht, ent schiedene Abneigung Hegen das Jndentbum sich angeeianct, so daß er entschlossen ist, Christ zu werden und nicht wieder in da- Haus seines Vaters zurückznkrhrcn, fall» dieser srei- gefprochen werden sollte. Aus die Frage, >v«r denn für ihn sorgen werde, gab er an, daß sich da» Ministerium de« Innern seiner annebmen werde. Außerdem fällt noch ans, daß er sich nur noch der »ingarischen Sprache bedient, obwohl er nach der Behauptung feines Dakers gut deutsch verstehe, aber den Gebrauch dieser Sprache vermeide, weil er seine Anssage ungarisch eingelernl habe. Au- den »drigen Zeugenaussagen, besonder« au« denen der Dienstgrberin der Esther Sol,mos», ihrer Mutter und ibrer Schwester, endlich ans der einer Dienstmagd, welche die Esther kannte und am Tage ihres verschwinden« mit ihr ge sprochen hat, ergeben sich Widersprüche über die Zeit, in welcher sie zuletzt gesehen worden ist, mehrere Zeuginnen wollen sie noch am Nachmittag des 1. April gesehen haben. u welcher Zeit der Mord nach der Aussage von Moritz Schars längst verübt sein mußte; auch bestehen Zweifel dar über. ob die Esther zwei Mal zu Einkäufe» iu die Stadt zescwdt wurde und erst nach dem zweiten Mal ausgedlicben ist. Irgend welche Spuren, aus welchen die Verübung eines Morde« im Tempel nachweisbar wäre, sind nicht ermittelt worden, dagegen richten sich die Bemühungen des Gericht- dahin, wahrscheinlich zu machen, daß die Mörder in der auf den Mord folgenden Nacht die Spuren desselben beseitigt haben. ES ist zu dem Ende eine Reibe von Zeugen ver nommen worden, welche in jener Nacht Licht im Tempel be merkt haben wollen. Die Angeklagten gaben nur zu. daß sie am Abend des raglichen Tages in der Vorhalle de- Tempels beim Schein einer Zweikrruzerkerze versammelt waren, um Beralhung über die Echäcbterwahl zu pflegen. Da- Publicum, welche« den Gerichtsverhandlungen beiwohnte, nimmt in ausfallender Weise gegen die Angeklagten Partei, spendet den Belastungs zeugen Beifall und verhöhnt die Entlastnnqszengen. Der lntersuchmigSrichter, welcher dir ganze Untersuchung geführt bat, befindet sich fortdauernd im Zuschauerrauin. obwohl die Vertheidigung dagegen wiederholt Protest erhoben hat. Die letzten Verhandlungen bezogen sich aus den angeblichen Leicheu- chmugael. welchen di« Angeklagten mit Theißslößern getrieben haben sollen. Aber auch in tueser Beziehung ist bisher keine einzige Thatsache festgestellt worden, weiche den stricte» Be weis erbringt, daß dieser Leichenschmnggel getrieben worden ei. Bei dieser Sachlage ist man mit Recht aus den Aus gang des Processe» gespannt. Leipzig, 7. Jvli 1883. * Die „Nationalliberale Correspondenz" schreibt zur kirchenpolitischen Lage: „Die jüngste Note deS Cardinal« Jacvbini bat offenbar in den weitesten Kreisen den übelsten Eindruck gemacht und vielen die Augen zevffnet, wohin wir auf dem emgeschlagenen Weg der Gunst- '»hlerei bei der Curie und dem Cenlrüm gelangen, welche» Joch wir uns noch werden anferlegen lassen müssen, wenn der Staat nicht bald wieder sein Selbstbewiißtscin gewinnt »nd energisch Front »acht gegen die wachsende Anmaßung. Der Wortlaut jener Note ist bisher nicht veröffentlicht worden; die Regierung hat auch keinen Grnnd, die- zu thun und der Welt bekannt zn geben, welche Bebandlung sie sich seiten- der Cur»« gefalle» lagen muß. und die letztere mag doch auch über den tiefen Eindruck, den die Inhaltsangabe hervoraerufen, einigermaßen betroffen sein und sich scheuen, diesen Eindruck durch Veröffentlichung des ganzen Aktenstück» noch zu verschärfen. Noch hat da« neue Kirchengesetz die königliche Sanclion nicht erhalten und noch ist es nicht in der Gesetzsammlung publicirt worden. Vielfach wird gefragt, ob bei einer Ausnahme und Erwide rung, wie sie das Gesetz bei der Curie gesunken, die Regierung noch den Muth finden werde, die königliche Unterschrift zu erbitten. So saat die ^köln. Ztg.': „Wäre auch nur noch ein Funke jenes Geistes der Seibstachtnng in unseren hoben Regiernngskreifen vorhanden, von dem sie vor einem Jahr zehnt durchdrungen waren, die leider einzige, jetzt noch mög liche unmittelbare Antwort ans diese Note müßte die bündige Erklärung sein, daß man noch solcher Kundgebung bei Seiner Majestät die Sanctionirnng eines Gesetzes nickt beantraqcn könne, da- im Voraus trotz seines großen Zugeständnisses von der Curie für werthlos erklärt werde, gegen dessen Zustandekommen der Papst sogar eine förmliche Ver wahrung einlege. So gerechtfertigt dieser Appell ist, so werden unS doch wohl schon die nächsten Tage belehren, daß dir Dinge bereits zu weit gediehen sind, um fick jetzt noch aushalten zu lasten. Der Regicrnng war die Note schon vor 14 Tagen, al« die Beralhung deS Gesetze- auch im Abgeordneten Hause noch nicht abgeschlossen war. bekannt; sie hat sich dadurch nicht irre machen lasten und wird sich auch durch die große allgemeine Entrüstung über die» höhnische Schriftstück, welche- die vollständige llnterwersung fordert und dem Staate so^-.r darüber Vorwürfe macht, daß ec in selbstständiger G.jc.gebung die größten Eoncelsioncn gewährt, nickt irre mauzen lasten. Herr von Schlvzer verhandelt weiter mit der Curie, entschuldigt die Regierung vielleicht »och wegen ihre- selbstständigen Vorgehens und bestellt für die nächste Session den Boden für eu, neues Kirchengesetz, welches dem „FriedcnSschluß" wieder ei» Stück Weges näher führt. Denn da« bis jetzt Erreichte ist ja nach ultramci:- taner Anschauung nur rin erster kleiner Schrill und daß die Regierung anderer Ansicht ist, hat sie bisher nicht kund- gegeben." * Die Blätter der Ccntrumspartei beschädigen sich sehr wenig mit dem sachlichen Inhalt der letzte» Rede» der Abgg. Gotting »nd von Ehnern, uin so mehr ve>- suchen sie, die Persönlichkeiten dieser beiden Herren in den Augen ihrer Leser hernnterz»sctzen. Sv bringt die „Ger mania" die Mittheilung, Herr von Ehirern lxibe gemeint, d.e Gegenreformation sei nach dem Westfälischen Freden ei getreten. Belehrend sagt sie sodann: „In Wiiklichkeit alec »rat die Periode der sogenannten Gegenreformation nach de» AugSburger Religionssnede» ein »nv fand im Große» nid Ganz«» gerade durch den Westfälischen Frieden ihren Ab schlug. Ein Cultiirepamen könnte -Herrn vo» Evnern gewiß nicht schaden." Nun liegt unzweiselhast der „Germania" die Rede de« Abg. von Evnern vor, nach welcher der betreffende Passus lautet: „M. H.! »lick bat kie<e Rede erinnert an die Erscheinungen vor und selbst noch nach dem Westfäli schen Frieden, an den Kamps zwischen den Calviiiiste» und Lutheranern, an jenen Kamps, der der römischen Kirche die Macht und die Kraft für die Gezei,resor«ation gegeben bat." Die „Germania" und ebenso die .^kötinsche Bottszeilung", nach welcher sie zn ciliren behauptet, ksonen also n«t davon soeigesprochen werden, wissentlich Univahres als Waffe gegen ihre Gegner zu benutzen. * Daß daS preußische Beispiel in der kirchen- politischen Frage auch auf die kleineren deutsche» Staaten bestimmend einwirken werde, war vorausznsehen. Auch dort werben jetzt die Waffen im Cultnrkanipf gestreckt. So wirb au« dem Großh-erzogthum Hessen oorichtct. daß ebenfalls eine Revision der neueren b.rchci,politischen Gesetz gebung im Sänne brr ..Versöhnung" beabsichtigt sei und deni- nächfl dem Landtag worbe vorgeschlagen werden. * Wie aus Wien gemeldet wird, ist e» jetzt zweifellos, daß der gegenwärtig aus drei Monate beurlaubte öster reichische Ministrrresident am montenegrinischen Hofe, Oberst v. Thömmel» nicht mehr aus seinen Posten
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