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WichenUick eri<deiu«n drei N»»»»ern. PeänumerlUion»-Preis 22 j SiU'crgr. (j THIr.) vierieüsdrjich, 3 TlUr. jur da« ganze Hake. ebne Erdödttng, jn aUc» Tbeilen der Prcn?js»m Monar(die. für dic Prännmcrationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Comp., Iägerstraße Nr. 25), so wie von allen Konigl. Post-Aemtern, angenommen. Literatur d c 6 Auslandes. ./I- 123. Berlin, Dienstag den 14. Oktober 1843. Australien. Neueste Entdeckungsreise nach dem Innern und längs der Süd- küste Neu-Hollands. Zu dcu merkwürdigsten geographischen Problemen der neueren Zeit gehört das Innere jenes unermeßlichen Kontinents oder Eilands, dem seine ersten Entdecker den Namen Neu-Holland gaben. Seitdem die Engländer vor einigen sechzig Zähren seine Ostkiiste zum Sitz ihrer Bcrbrcchcr-Koloniecn auöerwählten, sind die Umrisse des Landes mit der piinkllichsten Genauigkeit erforscht worden; im Süd-Osten, Süden und Süd-Westen ist eine Nieder lassung nach der anderen entstanden, die zum Theil, wie Adelaide und Swan-River, zu einer bedeutenden EntwickelungSstuse gediehen sind, wäh rend die große Ncbcninsel im Süden (Van-Diemen'S Land, jetzt auch Tas- mania genannt) an Reichthum, Bevölkerung und Kultur so reißende Fort- schritte macht, daß ihre Bewohner in ihr schon em künftiges zweites Bruanien der südlichen Hemisphäre erblicke». Aber dieses Alles ist gleichsam nur die Schale des Australlandes; der eigentliche Kern, das Innere, bleibt noch un berührt. Es bildet eine völlige rorra ineugnüa in der Geographie — eine gehcimnißvolle Region, die in den Landkarten als eine weiße Fläche erscheint, da man in unserem aufgeklärten Zeitalter cs nicht mehr für angemessen hält, die Sitte der alten KoSmographcn zu befolgen, welche, um keinen leeren Raum zu lassen, die ihnen unbekanmcn Gegenden nnt Drachen, Centauren, Mccrmädchen, anfüllten. Man hat die verschiedenariigsten Muthmaßungen darüber ausge stellt; nach einigen Nachrichten wäre fast dic ganze Oberfläche des Kontinents von einem ungeheuren Binnenmeer bedeckt; Andere halten ihn für eine große Wüste, nach Art der Sahara; noch Andere glauben die Spuren von Gebirgs zügen zu erkennen — aber trotz aller Hypothesen liegt die Wahrheit unter einem undurchdringlichen Schleier verborgen. Es hat zwar nicht an Erpe- ditionen gefehlt, wodurch man diesen Schleier zu heben versuchte, und cs ge lang auch wirklich, dann und wann ein Zipfelchen davon zu lüften; bei aller Anstrengung waren indcß die erreichten Resultate zu gering, uni dic Erwar tungen des Publikums zu befriedigen. So hatten die Reisen von Orley, Mitchell, Sturt und Grey nur theilweiscn Erfolg, obgleich wir ihnen höchst schätzenswerthe Data über die weniger bekannten Küstenländer verdan ken, wogegen Hodgkinson, Strzelecki (ein polnischer Auswanderer) und MrS. Meredith in ihren Werken die angebauteren Theile von Neu-Süd- Wales schildern. Nicht besser als seinen Vorgängern scheint es dem neuesten australischen Reisenden, Herrn Eyre, ergangen z» seyn, dessen erst kürzlich in London er schienener Bericht jetzt vor uns liegt. °) Die früheren Expeditionen waren sämmtlich von der Ostküste, d. h. von Sydney (Botany-Bay) aus unter nommen worden, welchem Umstande man ihr Mißlingen zuschrieb, da sic bei weiterem Vordringen mit einem schwierigen Terrain zu kämpfen hatten. Der Gouverneur von Adelaide, Oberst Gawlcr, glaubte in Uebercinstimmung mit anderen sachkundigen Männern, daß dieser an der Süvküste Neu-Hollands gelegene Ort einen günstigeren Ausgangspunkt darbicte, und berief deshalb ein Metmx der vornehmsten Einwohner der Kolonie, worin die Unternch- mnng beschlossen wurde, indem man dic Kosten durch cine Subscription deckte. Zur Leitung derselben ward Herr Eyre auScrsehen, der schon in den Jahren 1836 bis 1839 den größten Theil der britischen Niederlassungen in Australien bereist hatte; seine Gesellschaft bestand aus fünf Engländern und zwei cingc- bornen Knaben, welche zwei Wagen, dreizehn Pferde, vierzig Schafe und Mundvorrath auf drei Monate bei sich führte. Am 23. Juni 184» setzte sich der Zug in Bewegung und kam am 3. Juli zu Mount-Arden an, wo Eyre seine schwere Bagage zurückließ, sich zu Pferde setzte und in Begleitung eines der Eingebornen allein vordrang. Einige Tage später erblickte er im Nord- Westen einen breiten, glänzenden Streif, in vem er den großen See Tor rens erkannte. Diese Wasserfläche setzte ihm ein unübcrstciglicheü Hinderniß entgegen; er niußte seine bisherige Route ändern und eine Schwenkung nach Nord-Osten machen, aber nach cincm zehntägigen Ritt gingen ihm seine Vor- räthe aus, und er war gezwungen, zu seiner Karawane zurückzukehren. Ein -) timer dem Titel 7 Savrierrl- vf Lxpeüitiolls ok »i-vover^ iuto »eiUral - ^.u.trnIiL (Tagebücher von EmdeMmMcisen nach Emirat- Australien und über Land nach King- George'» Sound). Bon E. I. Eyre. 2 Bde. gr. 8. London, 1815. neuer Versuch, den er mit verstärkten Krästen unternahm, lief eben so frucht los ab; sechs Wochen lang zogen die Reisenden in einer ungastlichen Wüste umher, wo sie von Mangel an frischem Wasser geplagt und von den feind, seligen Eingebornen ausgeplündert wurden, und als sie endlich am I. September einen Hügel erstiegen, von wo sich ihnen eine weite Aussicht nach Norden eröffnete, setzte auch hier der Torrens-See ihrem Vordringen eine Gränze. Jener Hügel, dem man den Namen des hoffnungslosen BergeS Mount Hupeless) beilegte, ist mithin der nördlichste Punkt, den dic Erpedition er reicht hat; er befindet sich unter dem 29stcn Grade südlicher Breite, also in gerader Linie etwa hundert deutsche Meilen nördlich von Adelaide. Der Tor rens ist ein ungeheurer Salzsee, dessen Breite zwar nicht mehr als 2a bis 30 engl. Meilen betragen soll, der sich aber in der Länge auf wenigstens 200 Meilen erstreckt , im äußersten Süd-Westen steht er mit dem Golf Spencer in Verbindung, der in den Ocean mündet, aber die Flachheit seines BcttcS macht ihn zur Schifffahrt untauglich. In der Hoffnung getäuscht, das Innere des großen australischen Konti, ncnts zu erforschen, entschloß sich Eyre, zur Erfüllung eines zweiten Punktes seiner Instructionen zu schreiten. Er sollte nämlich den Versuch machen, den Weg längs der Küste nach der im westlichen Neu-Holland befindlichen Kolonie Swan-River zurückzulegen. In dieser Absicht entließ er den größten Theil seiner Reise-Gesellschaft und trat mit einem einzigen Europäer und drei Ein» gebornen seinen gefährlichen Marsch an, der durch eine 800 engl. Meilen lange Sandwüstc führte. Unsäglich waren die Drangsale, die er auf diesem Zuge erlitt; die beiden Eingebornen, die er aus Adelaide mitgebracht hatte, wurden ihm ungetreu, erschlugen seinen einzigen europäischen Reisegefährten, beraubten ihn seiner Vorräthc und ließen ihn in der nackten Wildniß zurück. Zum Glück traf er den französischen Wallfifchfänger „Mississippi", der eben an der Küste ankerte und ihn ncbst seinem noch übrigen Begleiter gastlich auf. nahm, und am «. Zuli 1841 erreichte er endlich im Zustande völliger Er. schöpfung die Niederlassung am King-Gcorgc's Sound, der äußersten Gränze des Swan-River Gebiets. Zur Kenntniß der inneren Regionen Neu-HollandS hat also auch diese Expedition nur wenig beigetragen; indessen erklärt sich Herr Eyre entschieden gegen dic von einigen Reisenden angenommene Theorie eines großen Binnen- mcerS- Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der ganze Kontinent in früheren Zeiten eine ungeheure Inselgruppe bildete, und außer dem Torrens giebt cs ohne Zweifel auch jetzt noch manche Salzseen und Wasserbecken, die einst dem zurück- gewichencn Occan zum Bette dienten; daß aber heutzutage kein Binnenmeer eristirt, scheint durch folgende Gründe erwiesen: Erstens wehen die heißen Winde, die den Bewohner des südlichen Neu-HollandS an die Gluth des afrikanischen Samum erinnern, beständig von Norden, während dic Erfahrung zeigt, daß bedeutende Wasserflächen stets einen kühlenden Einfluß auf die warmen Landwinde äußern. Zweitens wissen die Eingebornen selbst nicht das Geringste von der Existenz eines solchen Meeres; so weit ihnen das Innere bekannt ist, haben sie nur eine dürre Einöde ohne Wälder oder Gebirgszüge gefunden. Drittens deutet die Aehnlichkcit, die in der physischen Bildung, den Sitten und dem Charakter der Ureinwohner an entgegengesetzten Punkten deS Kontinents bemerkt wird, auf eine über Land stattgefundcne Communi- cation hin, da sie in weit geringerem Maße unter den Volksstämmen der da zwischenliegenden Küstenstriche vorhanden ist. Die Nachrichten, die unser Verfasser über die Ureinwohner Neu-HollandS mittheilt, geben seinem Werke das meiste Intcreffc, und die warme Sym- pathie, die er für ihr unglückliches Schicksal an den Tag legt, macht seiner menschenfreundlichen Gesinnung Ehre. „Als Lokal-Beamter deck Murray- Distrikts", schreibt er, „kann ich sagen, daß ich während der letzten drei Jahre mitten unter den Eingebornen gelebt habe. Die Pflichten meines Amts Haden mich oft veranlaßt, in Begleitung eines oder zweier Europäer weite Entfernungen zurückzulegen und Gegenden zu betreten, wo ich im Fall eines Angriffs jeder menschlichen Hülfe beraubt war. Umgeben von jenen rohen, blutgierigen Wilden, wie man sie zu nennen pflegt, in entlegenen und spur losen Wüsten, habe ich allein unter Hunderten gestanden, ohne je die geringste Unbill zu erdulden. Als ich dic entfernteren Stämme zum erstenmal besuchte, fand ich sie scheu, furchtsam und argwöhnisch; sobald sie aber erkannten, daß ich nichts Böses im Sinne führe, traten sie mir mit bereitwilligem Vertrauen entgegen. Meine Wünsche wurden ihnen zum Gesetz; sie gestanden mir Rechte zu, die sie ihren eigenen Landsleuten verweigert hätten, und litten heiteren MutheS Hunger, Durst und Strapazen aller Art, um mir nur einen Dienst zu leisten."