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Voigtländischer Anzeiger. Sechs und fünfzigster Jahrgang. Redigirl von Advocat C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel. Wittwe in Plauen. Jährlicher Abonnementöpreis für dieses Blatt 25 Neugroschen. — Die Znsertionsgebühren werden mit 1 Neugroschen für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhaltniß des Raumes. — Mittwoch. M S4 26. November 184S Landtagsnachrichten. Die Thcilnahme an unseren landständischen Verhand lung'N erhält sich nicht nur, sondern man kann sogar be haupten, daß sie fortwährend im Steigen begriffen ist. Von den LandtagsvcrhandUuigen werden über 10,000 Exemplare abgesetzt. Freilich scheinen dieselben bisweilen manches Ueberflüssige zu enthalten, indessen «upvrtluu. non nocont! und man kann sich über diese Umfänglichkeit nur freuen. Der Petitionen und Anträge aus dem Volke an die Stände sind in den letzten Wochen allein so viele, als bei allen vorhergehenden Landtagen zusammen, und noch scheint der Zeitpunkt nicht gekommen zu sein, wo diese Anträge ein Ende nehmen wollen. Auch aus unserer Stadt, von dem hiesigen Rathe, Stadtverordneten und Gen. sind verschie dene Petitionen wieder an die 2. Kammer gekommen, von denen die eine sich auf die Wahl zur Gemeindever tretung, eine andere auf die Veröffentlichung der Bundestagsverhandlungen, eine dritte auf Einfüh rung einer aufOeffentlichkeit und Mündlichkeit mit Schiedsgericht gegründeten Civilproceß- ordnung, eine vierte endlich auf Reform des Wahl gesetzes bezieht, welche sämmllich zur Begutachtung der vierten Deputation übergeben worden. Da bereits aus anderen Gegenden des Vaterlandes ähnliche Gesuche an d»e Stande gekommen sind, so mögen diese Anträge aus unse rer Heimath den Beweis vervollständigen, daß die Sehn sucht nach derartigen Institutionen im ganzen Volke vor handen sei, und daß man blos dem VolkSwillen gnüge, wenn man sich denselben anschließe. Die zweite Kammer hat sich zeither theils mit der neuen Wechselordnung, tbeils mit dem Gesetzentwurf, den Schluß der Land rentenbank betrff., beschäftigt, und der Bericht der ersten Deputation der 2. Kammer über den Entwurf des Gesetzes, die Bestellung von Schiedsmännern betreffend, deren Ein führung unser Depulirter, Hr. Präsid. Braun, bereits am vorigen Landtage beantragt hat, ist am 11. Novbr. eingcgangen. — Bei Gelegenheit der Diskussion des Ge setzentwurfes über den Schluß der Landrentenbank wurde von dem Refer. Schäffer beiläufig geäußert, es wäre möglich, daß der CourS der Landrentenbriefe bis auf 50 Proc. herahsinken könnte. Diese Ansicht, welche er später wieder zurücknahm und bis auf 90 Proc. modisicirte, er regte um so mehr allgemeines Erstaunen, als noch Tags vorher der Finanzminister erklärt hatte, wie die Besorgnisse, es könnte der Eours der Landrentenbriefe sinken, nicht so erheblich seien, da kein Land, kein Creditinstitut ein so sicheres Papier gewähre, als die sächs. Landrentenbank in ihren, mit jeder einzelnen Rente auf Grund und Boden hypothecirten und vom Staate garantirten Landrentenbriesen. Der Finanzminister ließ diese Behauptung unwiderlegt, wahrscheinlich weil er nicht taubes Stroh dreschen wollte und weil er überzeugt sein mochte, daß Niemand, der das Institut kennt, an die Möglichkeit eines solchen Herab sinkens glauben kann. Dies wäre auch überflüssig gewesen; denn ungeachtet der Gcldkrisis, die neuerdings aller Orten bestanden hat und zum Theil noch besteht; ungeachtet aller den Cours der Staatspapiere drückenden Aktien haben unsere Landrentenbriefe einen Geldcours von 98 für die großen und von 101^ für die kleineren unter 500 Thlr. gehalten, eben weil ein ausgezeichneteres Papier nicht existirt; und trotz Geldknsis und Actienspeculationen ist bis jetzt noch keinem Rentenberechtigten eingefallen, für die vom Verpflichteten überwiesene Rente Baarzahlung zu fordern. Da das Gerücht von einem Fallen dieser Papiere auch hier und da in unserer Provinz Eingang gefunden und manches Gemülh beunruhigt hat, so hielten wir eS für