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Dresdner Journal : 12.12.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188712127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871212
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-12
- Tag 1887-12-12
-
Monat
1887-12
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 12.12.1887
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1887. Montag, den 12. Dezember, abends. W 287. ^krliok, .... 1« Ltvk. tritt?«t- o-ü jLkrl.ed- 4 »0 kk. 8t»wp«I»°«-M^ Ni-.u Liu»,Io« kiuwmsr»: 1v?t. ^o^Llläl^ui»x»Uedüd^«>» r tez, ä«a N»uw «ü»«r »v«p»It«oell 2«i>2 U«u>«r iivtirlN «0?t. Ovtvr „Llass»»»oat" äi« 2«üv bv?t ö«i l^bollvo rwii Likeiu^t- votipr. Auksvt»!»^. tL^tiok mit ^a»L»lui»« äsr 8000- oo<t k'sisrMjs« »dsvä^ I^vri»»pr»ei»-^»oMii»i: Ur. tivb DMdnerIMmal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Gtto Banck, Professor der (Literatur» und Kunstgeschichte. r»> «MAgeS», L«tx«t,: F> Lramüte««', 0onuoi-»tooLr S« l)rv«to«r »nd«, - v«rU» HN« I—I- >r—l«»- ». «.: t >«»u» rr»^-l^tp»lU rr»L^t«r» ». ». »«,,»«,: L^. Lto««,- v«rt» Lo»ä»» -I«rU» -rr»»Ke«rt ». L. »t«UG«r»: D»«»« F 0o.,- »«rU»^ SSrUti- S. ZtM«-, L»»»o-«: 0. R-UI» ». I.I F. Loeet F 0». S«r«»»,od»rr Lam^I. Lipoäitiov L«« vroxlo« l>r«<i«Q, 2Miir^«r»tr»« rv. k«r»»pr«rl»-Ai»»ol»Ia»« Ur. 1»*». «-S I» Bezng ans die gefällige Einsendnng von Beiträge» >»d Berichterstatt»»ge« für da- „Dresdner Journal", von welcher Seite die selben auch kommen mögen, sieht sich die Re daktion veranlaßt, bekannt zu geben: daß wegen rechtzeitiger Fertigstellung des Blattes größere Beiträge für den laufenden Tag nur bis k 12 Uhr vormittags und kleinere Mitteilungen nur bis K2 Uhr nachmittags Aufnahme finden können. Auf den Anzeigenteil unseres Blattes findet die vorstehende Mitteilung selbstverständlich keine Anwendung. A»kü»dig»»ge» für die Weihnachtszeit finden im „Dresdner Journal" die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfeste- Handel- nnd Oemerd- tretbende» bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Bergünstignngen gewährt werden. Amtlicher Leit. Dre-den, 12. Dezember. Ihre König!. Hoheit Prinzessin Amalie, Herzogin in Bayern, ist gestern Abend 9 Uhr 10 Min. nach München abgereist. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem HauSinspektor an der Bezirksanstalt Alten salz, Wolf, das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Bekanntmachung. ES wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß ge bracht, daß dem Forstrentamte zu Moritzburg sowie den Lotteriecollekteuren Gustav Adolph Günzel zu Connewitz und August Hermann Theodor Giese zu Meerane Agenturen der AlterSrentenbank übertragen worden sind, dagegen die dem bisherigen Lotteriecollecteur Friedrich Carl Schröter zu Eisenberg zugetheilt ge wesene dergleichen Agentur aufgehoben worden ist. Dresden, den 7. December 1887. Finanz-Ministerium. Frhr. von KSnueritz. Wolf. Nichtamtlicher Teil. Kelegraphische WacHvichten. Leipzig, 12- Dezember. (Priv.-Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Prozeß gegen Cabanne- wegen Landesverrats hat heute vor dem Reichsgericht be gonnen. Präsident Drenkmann leitet die Verhand lungen. Oberreich-anwalt Tessendorf und Reichs- anwalt Galli vertreten die ReichSanwaltschaft. Der Verteidiger deS Angeklagten ist Rechtsanwalt LachS. CabanneS fist angeklagt, alS Kanzlei- beamter deS Bezirk-Präsidium- Straßburg Ler- waltungSberichte auS Straßburg, Metz und Col mar über die Jahre 1884 bis 1887, außerdem sekrete Sachen und andere Nachrichten dem französischen Bureau funter Oberst Vincent nach Paris geschickt ^nd^ehalt dafür bezogen, über ¬ dies Briefe von anderen Beamten durch Be stechung erlangt» ferner Urkunden beseitigt und gestohlen zu haben. Der Angeklagte ist in der Hauptsache geständig, will aber sein Verhalten nicht als Landesverrat angesehen wissen. Bern, 12. Dezember. (Tel d DreSdn. Joucn ) DaS Militärdepartement ordnete die Durchführung der Organisation deS Landsturm- in allen Lande-- teilen bi- spätesten- Ende Januar 1888 au. Rom, 12. Dezember. (Tel. d. DreSdn. Zourn.) Der italienische Botschafter in St. Petersburg, Greppi, wurde durch ein königliches Dekret zur Disposition deS Ministeriums gestellt. Belgrad, 11. Dezember. (W. T. B.) Die von der Skupschtina beschlossene Adresse wurde heute mittag dem Könige von der gesamten Skupschtina unter Führung de- Präsidiums über reicht. Dresden, 12. Dezember. Zu der anarchistischen Strömung in Frankreich. DaS Regewerden dieses Geistes der Gewaltthätig- keit und Willkür, welcher in der Zeit der Kommune seine Orgien feierte, ist während der Parteistreilig- keiten der letzten Monate wieder dreister denn zuvor ins Leben getreten, wenn auch nicht durch Aufsehen machende Thaten, wohl aber in Worten und Gesinn ungen die deren drohende Vorboten sind. Es zeigt sich d rin ein dem russischen Nihilisten nahverwandtes Wesen, welches in schmachvollem Widerspruch steht zu dem an und für sich offenen französischen Volks- charakter. Ein Akt meuchelmörderischer Art, der sich mit der Flagge patriotischer Grundsätze zu decken sucht, tritt ganz und gar dem blutigen Treiben russischer Verschwörer nahe. E» ist die Unthat gegen Feriy Gern geben wir darüber einer Betrachtung deS Wiener „Fremdenblattes" Raum. Dieselbe sagt: Auf Hrn. Jules Ferry ist ein Attentat verübt würden, das glücklicherweise ohne schlimme Folgen geblieben ist. So wenig man nun auch sonst geneigt sein mag, die verbrecherische That eine- Einzelnen als die Schuld ganzer Richtungen anzusehen, im vorliegen den Falle wird niemand läugnen können, daß ein Akt vorliegt, dem gewisse politische Parteien vorgearbeitet haben. Die Intransigenten, die Kommunisten, die Chauvinisten, sie haben sämtlich mit Revolution ge droht, wenn es der Kongreß sich bcifallen lassen wollte, JuleS Ferry zum Präsidenten der Republik zu wäh- len. Die Gruppe Clemenceau hatte ihn für politisch vogelfrei erklärt, die Artikel Rocheforts und Gleich gesinnter überhäuften ihn mit Schimpf und Hohn, Dsroulede erklärte ihn für einen Prussien, dessen Wahl für das Land eine Schmach wäre. Der Pariser Gemeinderat beschloß, Maßregeln zu treffen, um die selbe zur Rettung der Republik zu verhindern, und die Menge, die vor dem PalaiS Bourbon angesammelt war, verlangte nach ihm in stürmischen Rufen, um den Verhaßten in die Seine zu werfen. Von da bis zum Ergreifen des Revolvers und zum Versuch de» Meuchelmords ist nur ein Schritt. Zwanzig Indivi duen, so behauptet der Verbrecher, haben stch verbun- den, um das Todesurteil zu vollziehen. Diese zwanzig Individuen, man kann da- getrost sagen, sind durch die Wortführer herangezogen worden, die Ferry so maßlos anzugreifen liebten. Sie sind e-, die Ferry- Politik in Hmterasien al- ein Werk der Auslieferung Frankreichs an Deutschland brandmarkten, sie sind eS, die seine Annäherung an den Reichskanzler in der ägyptischen Angelegenheit als Verrat bezeichneten, sie sind eS, die ihn deS Orleanismus anklagten und die immer wieder die Erinnerungen an das Jahr 1871 hervorsuchten, in welchem er als Delegierter im Ge meinderate den Revolutionären mutvoll gegenübertrat. Großmütig hat die Republik die Kommunisten begna digt, aber die Kommunisten selbst sind unversöhnlich geblieben; ihre Rachsucht überdauert Jahre und Jahr zehnte. Und Männer, die ernst genommen werden wollen, die nach Ministerposten streben und dem Lande Vertrauen einzuflößen beanspruchen, gehen Hand in Hand mit dieser Schar von Fanatikern, nehmen ihre BundeSgenossenschast an und wühlen in Gemein schaft mit ihnen, vor Lüge nicht zurückschreckend, die Leidenschaften deS Volke- gegen einen Einzelnen auf, weil sie zu fruchtbarer Thätigkeit zu schwach sind. Man darf da- heutige Ereignis nicht gering an schlagen; im Zusammenhänge mit den Vorgängen, welche die Präsidentenkrise begleiteten, zeigt es, daß große Massen und rücksichtsloser Haß den Feinden der Ordnung in Paris zur Verfügung stehen. ES zeigt, daß das seit der letzten Katastrophe, seit der Niederwerfung der Kommune, Jahr für Jahr sich aufspeichernde revolutionäre Material bereits jene Höhe erreicht hat, welche ein ruhiges Nebeneinander- destehen der erhaltenden und der zerstörenden Kräfte wieder einmal fast unmöglich erscheinen läßt. Diese Empfindung hatten die Gemäßigten schon vor dem Attentate auf Herrn Ferry; sie verlangten, daß von nun ab eine strengere Beaufsichtigung des Stadthauses eintrete, welches sich als Mittelpunkt aller gegen die jetzigen Zustände gerichteten Bestrebungen bettachtet. Sie zeigen damit, daß sie die Situation nicht mit Optimismus beurteilen und daß sie sich wohl bewußt sind, es könne möglicherweise die Notwendigkeit, die Revolutionäre energisch zur Ruhe zu weisen, nahe be vorstehen. Man wird seit heute wohl noch entschlossener sein, strengste Wachsamkeit zu üben. Umso besser auch für den Frieden Europas, wenn es gelingt, die Ordnung in Paris mit fester Hand zu wahren. Aber dazu bedarf es freilich nicht nur administrativer, sondern auch politischer Vorkehrungen. Wenn die Kammer endlos in Fraktionen gespalten ist, wenn ein Clemenceau ein Ministerium nach dem andern zu stürzen vermag, wenn Ziellosigkeit und Unstetig keit herrschen, wenn mit einem Worte eine feste legitme Regierung nicht herzustellen ist, dann freilich haben in einer Stadt wie Paris die illegitimen Politiker, verstärkt durch frivole Schöngeister und dämonische Witzlinge, doppelt leichte» Spiel. Dann kann eine unvorhergesehene Wendung auf irgend einem Gebiete französischen oder ausländischen Leben» einen Wind stoß in die Funken treiben, der genügt, sie zur Flamme anzufachen; dann kann irgend ein Ehrgeiziger plötz lich zur Macht gelangen, und eS kann Europa vor der Möglichkeit stehen, von einer außer Rand und Band geratenen Republik oder von einer der Re volution sich nachstürzenden Monarchie mit einem Schlage angegriffen zu werden. Wahrlich nicht Hr. Clemenceau wird, selbst, wenn er es wollte, die Kraft besitzen, einer solchen Umwälzung und so unheilvollen Folgen Halt zu gebieten. Über ihn hinweg wird der Sturm der Menge toben und nur die Extremsten werden Recht behalten. Ebenso wie Herr Ferry war auch Herr Goblet zum Opfer deS Anschlages auSersehen. Die unsin nigen Menschen wollten vurch eine Mordthat die Bild ung deS Koalitions-Ministeriums verhindern, das Clemenceau als unzulänglily bezeichnet hatte, und da rr erklärte angreifcn zn müssen. Während sie, mit ihren Revolvern in den Taschen, im Vorsaale der Kammer auf- und abgingen, war zwar Goblet lange nicht mehr Minister-Kandidat; aber es genügt, daß Jemand für den Widerstand gegen die äußerste Linke Feuilleton. K. Hoftheater. — Altstadt. — Sonntag, den 11. Dezember wurde AuberS komische Oper „Des Teufels Anteil" neu einstudiert gegeben. Die Wiederaufnahme dieser reizenden Oper ergiebt eine willkommene Abwechselung im Repertoire; Sujet und Musik sind gleich interessant und fesselnd. Trotz emiger Abschwächung an origineller Erfindung AuberS b.etel die Musik eine Fülle geistreicher Details, Reiz und Eleganz der Melodik, feine Gliederung der En sembles, lebendige Zeichnung und Bewegung der Ak tion, ihr Reichtum an eigentümlichen Vorgängen, an geschmackvoller meisterhafter Technik in dramatischer Form und in der Instrumentation läßt die Nachfolger Aubers in diesem Operngenre — mit Ausnahme von Bizet und Thomas — nur al» sehr mäßig be gabte Reproduzenten erscheinen. Und das Textbuch gehört zu den besten ScribeS, die immer engere Ver webung der drei Motive der Handlung ist ein Meister stück: der heitere Eindruck der Handlung wird ver mehrt durch die ungenierte Art, in der Scribe mit den Personen de» spanischen Hofe», vom König bi» zum Huissier herab, herumagiert, um un« zu amüsieren. Die Gesamtausführung unter Direktion des Herrn Kapellmeister» Hagen war eine gute mit Sorgfalt ein- stulnerte. Frau Schuch ist für die Hauptpartie Carlo Broschi (den berühmten Sänger Farinelli) eine speziell begabte Repräsentantin, sowohl in lebendig bewegtem ungezwungenen Spiel al» in fertiger, zierlicher Ge- fangsoutsührung voll Esprit und Eleganz. Frl. Reuther singt dessen Schwester Casilda mit besonder» gutem Gelingen und Herr Erl den beneidenswerten Glücks ritter Rafael sehr lobenswert und mit natürlicher Charakteristik. Herr Scheidemantel trug durch seine in Tonfärbung, Ausdruck und Haltung vortreffliche Wiedergabe der schwierigen Partie der Königs (eigentlich Philipp V.) sehr wesentlich zur guten Ge samtwirkung bei und die übrigen Mttwlrkenben leiste ten durchaus befriedigendes m den kleineren Rollen. ES wäre sehr zu wünschen, daß da» Publikum diese Abschweifung de» RepertoirS von der modernen großen Oper zur komischen Oper mit warmer Teilnahme unterstütze. L. B. Frieda. GrzLhluxg vor B. Vt«re«t»». (Sortsetzuug.) Aber Konstantin Pinner ließ sich nicht halten, denn Konstantin Pinner trug eine große Idee mit sich herum, und die konnte er nur innerhalb der vier Wände seine» Studierzimmers ausbrüten. * * * Am nächsten Tage, drei Stunden, nachdem der Kurierzug fortqebraust war, der Marianne Schmidt und ihren Bruder nach Meran führte, drei Stunden, nachdem Wally v. Alten einen niedlichen kleinen Sketchblock von ihrem spät erst aufgesuchten Lager au» mitten in den großen Spiegel geschleudert hatte und auf ihrer Mutter Vorwürfe wegen solcher Tollheit keine andere Antwort gab alS: „Du blst ja selber schuld daran I" drei Stunden nach diesen Ereignissen war Doktor Konstantin Pinner» große Idee schon flügge geworden und lag in Gestalt eines sehr schön geschriebenen Briefe» vor dem Bürgermeister v. Schönau. „Na, na, da hätte ich ja bald etwas angerichtet I" murmelte dieser. »Liebenswürdiges Erraten seiner geheimen Hoffnungen und Wünsche," wenn er wüßte, wie egal mir die wärenI Aber was er da von Frieda sagt, da- ist ja Blödsinn! Zugehört hat sie ihm, das gute Kindl glaub- schon. „Seelenvolles Verständnis, Schweigen, die größte Kunst, die ein Weibergehirn auSüben kann," — zum Kuckuck! da laß ihn doch seinen Stiefelknecht heiraten, der schweigt auch! „An Sie, den natürlichen Beschützer und Vormund" — ja, daS bin ich, Frieda! „fürchte, Fräulein Frieda möge in ihrer allerdings reizenden aber doch noch in die rich- ttgen Bahnen zu lenkenden Bescheidenheit", — einge bildeter Pedant! — daS Glück nicht fassen können, —* daß der trockne Peter sie zu seiner Hrau machen möchte, nicht wahr? Hahaha! Und dies rührend taftvolle Postskriptum: „bitte Sie demzufolge mir einen Abend nächster Woche zu bestimmen (ausgenommen Dienstag und Freitag, wo ich durch Korrekturen in Anspruch genommen bin), also, einen Abend, an dem ich Ihr mir so wertes HauS zum ersten Male in meiner dreifachen Eigenschaft als Schwager, Onkel und Bräutigam betreten könnte. Aber bitte, durch aus keine Umstände!j" Nein, durchaus nicht, Herr Doktor, durchaus nicht! Na, aber fragen muß ich da» Kind anstandshalber nun doch wohl." Frieda faß allein am Nähti ch im Wohnzimmer und flickte kleine Fausthandschuhe von Heinrich und Paul, al- ihr Bruder ihr de» Doktor» Schriftstück brachte. Sie erschrak sichtlich und ihre Augen füllten sich mit Thränen. und ihre außerparlamentarischen Bundesgenossen eine im Lande anerkannte Kraft mitbringe, um der Gegen stand der Verfolgung und der Ächtung zu werden. Herrn Goblet hat sein starker chauvinistischer Zug vor dem Bannstrahl nicht bewahrt; der Zug gilt eben doch nicht für stark genug, um den Mangel an Radikalis mus zu ersetzen. Die Zeit ist gekommen, wo man bi» an da» Äußerste gehen muß, um in Paris bei den streitbaren Politikern der Straße auf Anhang hoffen zu können. Und eS läßt sich nicht läugnen, daß diese Politiker einen bedeutenden Einfluß auf die Entwickel ung der Dinge in Frankreich auSzuüben beginnen und bald vielleicht dürste, wie gesagt, die Notwendigkeit sich herausstellen, entweder sie niederzuwersen, oder Frank reich ihrem unberechenbaren Drucke unterthan zu machen, der es, ebenso wie Europa, den schlimmsten Gefahren entgegentreiben kann. Tagesgeschichk. Dre-den, 10. Dezember. Heute morgen 6 Uhr entschlief auf ihrer Villa zu Dresden nach kurzer Krankheit zu einem bessern Leben Ihre Hochfürstliche Durchlaucht die Prinzessin Pauline Biftorie Anna Wilhelmine von Schleswig-Holstein. Sie wurde am 9. Februar 1804 geboren als die Tochter des Prinzen Friedrich Karl Emil von Schles wig - Holstein - Sonderburg - Augustenburg, eine- am 14. Juni 1841 verstorbenen Bruders deS Urgroß vaters des jetzigen Chefs deS GefamthauseS Holstern, des Herzogs Ernst Günther Hoheit. Ein Bruder der verewigten Prinzeß, Prinz Walde mar, war in König!, preußischem Kriegsdienste zuletzt Gouverneur von Mainz; sie war die letzte von den vier lange Zeit in Dresden lebenden Fürstlichen Schwestern. In weiten Kreisen hinterläßt die hohe Verblichene durch ihren milden, wohlthätigen Sinn eine fühlbare Lücke. Ihr Andenken wird ein ge segnetes sein. Dre-den, 12 Dezember. Der LandtagSabgeord- nete für den 7. ländlichen Wahlkreis, Päßler in BelmSdorf bei Bischofswerda, ist gestern gestorben. * Berlin, 11. Dezember. Se. Majestät der Kaiser empfing gestern den auf der Durchreise nach Kiel hier eingetroffenen Flügeladjutanten Korvettenkapitän Frhrn. v. Seckendorfs und arbeitete mittags längere Zeit mit dem Chef des Militärkabinetts. Nachmittags unter nahm ver Kaiser eine Spazierfahrt. Heute war Se. Majestät durch eine leichte Unpäßlichkeit verhindert, dem Festmahle, welche- zu Ehren de» von Leipzig hier eingetroffenen Kronprinzen von Griechenland ye- geben wurde, beizuwohnen. Se. Majestät speiste allein, empfing erst nach dem Diner den Kronprinzen von Griechenland und alsdann den Staatssekretär de» Äußern zum Vortrag. Ihre Majestät die Kaiserin empfing heute um 5 Uhr nachmittags daS Präsidium des Reichstage» im oberen Salon de» Palai», mit freundlichster Huld die Herren einzeln begrüßend und ansprechend. T>em Festmahle zu Ehren des anwesenden griechischen Kron prinzen wohnte die Kaiserin nicht bei. Bei der Tafel präsidierte der Großherzog von Baden. Graf Her bert Bismarck erzählte auf Befragen, daß Fürst Bismarck in den letzteu Tagen mit seiner Gesundheit nicht zufrieden gewesen sei. Diese letztere Mitteilung findet inzwischen leider ihre Bestätigung. Nach zuverlässigen Nachrichten ist Fürst Bismarck gestern von einem Unwohlsein be- sollen worden. Dasselbe ist zwar in kurzer Zeit ge hoben worden, doch ist nach Anordnung de» Arzte» Ruhe und thunliche Enthaltung von Geschälten ge boten. Darüber, welcher Art diese» Unwohlsein ae- wesen ist, verlautet näheres noch nicht. — Professor Schweninger ist nach Friedrichsruh abgereist. „Friedel, Herzkind! Du nimmst Dir die Geschichte doch nicht zu Herzen? Der springt nicht in» Wasser und erschießt sich auch nicht, sei nur unbesorgt! Er tröstet sich schon mit seiner eigenen Würde. Wie er aber überhaupt dazu kommt, dieser aufgeblasene, trockne —" ,Furt, er war sehr gut zu mir gestern abend, und immer." „Ja, ja, ja! Und Du zu ihm, wie Du'» zu allen Menschen bist, mein FriedenSkind I Aber deswegen —" „Bitte, lieber Kurt, laß mich ein paar Minute« allein, ich möchte e» überdenken." „Schön, schön! Ganz wie Du willst; rufe mich, wenn Du fertig bist." Und der Bürgermeister stellte sich an das letzte Fenster des großen Wohnzimmers, „überdenken muß sie eS?" fragte er sich und trommelte ingrimmig auf den Scheiben herum; „überdenken?!" wo er, ihr Bruder, sofort ein entschiedenes Nein auf der Zunge hatte? Kurt v. Alten sah sehr bekümmert au». Frieda hatte ihre Arbeit sinken lassen und blickte sinnend ins Leere. Fest und fester preßten stch ihre Lippen aufeinander. Die Gedanken jagten sich nur so! „Verloben, Anzeigen verschicken, und Walter Schmidt bekommt die allererste, und er sieht e» schwarz auf weiß, daß die kleine Frieda kein Spielzeug ist, daß sie sich nichts aus ihm gemacht hat, gar nicht»!" Vom nahen Bahnhofe gellte ein Pfiff. Frieda schauerte zusammen; sie sah sich selbst, wie sie drei Stunden zuvor mit thränenübersttömten Augeu au» jenem Dacbfensterchen geblickt hatte, von wo auS sie damals Walter auf dem Kirchturm gesehen, jetzt
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