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Wochenblatt für » Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. Reichenbmnd, Siegmar, Neustadt, Radenstein und.Rottluff. O 43. Sonnabend, den 28. Oktober 1S11. Erscheint jrdm Somiabcnd nachmittags. Inzrtgni «erden in der Srpeditian MeichmbranL, N-votgtst-aßc II), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand, s-wsniann Emil Winter in Rabenstein und Friseur Thi-M in Rottluff -ntgeg-n- I-nammen und pro Ispalttge Petit,eile «tt IS Psg. berechnet. Für Inserate größeren Umsang» und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Uuzeigen«u»ahme in der Expedition bi« spätesten« Freitag« nachmittag« 8 Uhr, bei de« Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. Vereinsinserate müssen bis Freitags nachmittags 3 Uhr eingegangen sein und können nicht durch Telephon aufgegeben werden. Kartoffeleinkauf. Die Unterzeichnete Gemeindeverwaltung beabsichtigt, einen größeren Kartoffeleinkauf alsbald -u bewirken und die Kartoffeln sogleich in Zentnern zum Einkaufspreis abzugeben. Diejenigen Einwohner, die sich an dem Einkauf beteiligen wollen, werden gebeten, sich sofort und lSngstens bis 30. Oktober 1911 nachmittags 6 Uhr im hiesigen Gemeindeamte zu melden und ihren Bedarf anzugeben. Reichenbrand, am 26. Oktober 1911. Die Gemeindeverwaltung. Bekanntmachung. Auf das Zahr 1912 wird ein Aushilfsschutzmann besonders für den Nachtdienst gesucht. Geeignete, zuverlässige und schreibgewandte Bewerber wollen sich bis 10. November 1911 schriftlich melden. Wochenlohn 20 Mark. Vorstellung ist zunächst nicht erwünscht. Rabenstein, am 22. Oktober 1911. Der Gemeinderat. Wilsdorf, Gemeindevorstand. Kartoffeleinkauf. Den Kartoffelnbestellern wird vorläufig mitgeteilt, daß 1000 Ztr. Kartoffeln bestellt sind und in den nächsten Tagen aus Ladestelle Niederrabenstein eintrefsen sollen. Zeder Besteller wird vom Eingänge mittels Postkarte in Kenntnis gesetzt und hat die Kartoffeln in Säcken sofort an der Lade- ^abenstetn, am"?. Okwbcr^Igll.^ " Empsaag zu nehmen Die Gemeindeverwaltung. Wilsdorf. Geschäftszeit. Hur allgemeinen Kenntnis wird hiermit wiederholt gebracht, daß bei der diesseitigen Gemeinde. Verwaltung rverkägs von 8 bis ILAHr ündHis S Ahr. an dm Tage« vor Tünn^ snd Msk^ ! jedoch von 8 bis 3 Ahr expediert wird. uottluff, am 26. Oktober 1911. Der Gemeindevorstand. tagen ^ed Konirollversammlung. Die Kontrollverfammlung der in der Gemeinde Rottluff wohnhaften Reservisten, Dispositions» Urlauber und zur Disposition der Lrfatzbehörden Entlassenen findet Donnerstag, den 9. November 1911, vorm. 11 Uhr in LH ^in itz - Alten dorf, Restaurant „Wtt^nburg^ ftatt. ^ einzureichen. Kchssps SS Hpe ez' 2m Übrigen wird auf Punkt UI und V der Pahbestimmungen verwiesen. lsf.c ' " Rottluff, am 25. Oktober 1911. Der Semeindevorstand. In Mein eigenen Interesse Bamf. bitten wir Sie, probieren Sie den vorzüglichen Malzkaffe? Bams wird auf unter Nr. SSSKOS patentierten Röstapparaten hcrgestellt und übererifft an Geschmack und Aroma jeden anderen Malzkaffee. Sitzung des Gemeinderates zu Reichenbrand vom 24. Oktober 1911. 1. Es wird Kenntnis genommen a) von einer Einladung des Stiftungsfest; b) von einer amtshauptmannschaftlichen Verfügung, Lebensmittelteuerung betr. Der Gemetnderat beschließt einen gemein- schastltchen Einkauf von Kartoffeln für die hiesigen Einwohner. 2. Das neuaufgestcllte Bcsitzwechselabgaben-Regulatio wird in 2. Lesung genehmigt. 3. Zn Sachen der Errichtung eines Verbandsgaswerkes wird über 4. Eine Gemeindeabgaben-Reklamatioa wird berücksichtigt. Rabensteln. Am 25. dss. Mts. versammelten sich eine zahlreiche Zuhörerschar im Vereinszimmer des Börner'schen Gasthofes, um Leben und Werke des zeitgenössischen Dichters Max Geißler mit Andacht zu genießen. Der Vortragende des Abends, Herr Oberl. A. Schön Herr verstand es sowohl mit eignen warmen Watten, als auch nach Geißlers eignem Merkchen: »Wie ich Dichter wurde" vortrefflich, den harten Lebenskampf des Dichters zu schildern. 2n ansprechender Weise flocht der Redner einige lyrische Gedichte und Balladen in des Dichters Lebensbeschreibung ein. Nach kurzer Pause brachte der Vortragende zwei Kapitel aus des Dichters Erzgebirgsroman: »Am Sonnenwirbel", zu Gehör, als Proben der prächtigen Naturschtlderung unseres Erzgebirges und der ganz vortrefflichen Lharakterzeichnungen erzgebirgischer Volkstypen. Die Zuhörer befanden sich nun in der rechten Stimmung einige Lieder Anton Günthers, dessen lebenswahrer Figur ihnen schon als »Hans- tonel" im Roman begegnet war, nach ausgelegten Postkarten Günthers zu singen: »Wo die Wälder hamltch rauschen" und »Grüß dich Gott, »du mein Arzgebärg." Rottluff. 2n der letzten Schulvorstands-Sitzung wurde Herr Lehrer Max Kreher in Lengeseld i. E.. welcher früher als Hilfslehrer an der hiesigen Volksschule tätig war. einstimmig als 3. ständiger Lehrer gewählt. Hinter Wolken leuchtende Sterne! Original-Roman von Karl Schilling. I. »Tut nur ein einzta Wörtlein kund Dein Haffen oder Lieden, Es bleibt auf tiefstem Herzensgrund Für immer eingeschrieben. Abseits vom Lärm der Stadt lag das kleine wcinumrankte Häuschen der verwitweten Frau Rendant Kändler. Wie ein Friedensparadies grüßte es aus dem Schatten hoher Linden. Sin milder Juliabend goß seinen ganzen Zauber auf dieses Fleckchen Welt aus. Hoch am tiesdunllen Himmel leuchteten wie Engelsaugen in ewiger Klarheit Tausende von Sternen. Ein würziger Blütenduft erfüllte berauschend die Lust. Ein Fenster des ersten Stockwerkes, nach dem Garten zu gelegen, war weit geöffnet und aus ihm drang eine reiche Flut von Harmonien und zog weithin in die stille Abendwelt. Herr Oe. Helmer, der junge Gymnasiallehrer, saß am Blülhner-Flügel und entlockte mit meisterlicher Kunst den Saiten wundersame Weisen. Frau Sehnsucht war wieder einmal zu ihm gekommen und hatte ihn geküßt. Er wußte selbst nicht, was in seinem Herzen drängte und sehnte. Ein dunkles Gefühl von etwas Schönem, Ungekannten hatte ihn gepackt und nun liefen seine schlanken Finger über die Tasten und tönten das wieder, was in ihm wogte und wallte. Bald sang es wie dunkle Geisterstimmen, dann stieg cs empor wie Engels- jubilieren, und nun klang es fast überirdisch in gebrochenen Akkorden wie leises, süßes Hallenspiel. Wußte Herr vr. Helmer, daß er Lauscher hatte? Im Gärtlein, vor der Geißblattlaube, saß ein junges Mädchen, stumm regungslos. Mit leichtvorgcbeugtem Kopfe lauschte sic jenen Tönen, und ihre feinen Nasenflügel zitterten, so schien sie diese Klänge einznsangen. Und als nun das Spiel süß und weich wie Harfenklang ertönte, da suchten ihre Augen den Sternenhimmel und nahmen einen Ausdruck an, wie ihn Kinderaugen zeigen, wenn ihnen etwas so Schönes wird, daß cs ihre kleine Seele ganz füllt. Ucberbaupt die Augen dieses Mädchen! Tiefblau mit großen weilen Pupillen — und doch, die schönen Augen waren beide — blind. Elflide Kändler halte im fünften Lebensjahre nach schwerer Erkrankung das Augenlicht ver loren; aber, als wolle die Natur ihre Härte wieder gut machen, lag in diesen Augen so viel Licht und Scelenglanz, wie ihn sehende Augen selten besitzen! Ja, Fräulein Elfride war wohl blind, aber ihr inneres Licht sah in Lebensfarben alles, was ihren Geist beschäftigte. Scharf erblickte sie jetzt eben vor sich den feinen Kopf des Spielers, die hohe Stirn, den intelligenten Zug um das Auge, das gütige Lächeln um seinen Mund. Der junge Doktor wohnte schon fast ein Jahr bei Kändlers. Sein Weg zum Gymnasium war allerdings etwas weit, und doch hatte er sofort hier gemietet, da sein sinnendes Gemüt an der Idylle des Hauses Geschmack fand und ihn Frau Kändler in ihrer ruhigen Hausfrauenwürde und schlichten hochfeine Zrucht- und Gemüsekonserven, 1911er Ernte. ff. vienen-honig, garant. rein, in Gläsern, Rot-, 5üi>- und weitz-weine, ff. gebrannte Kaffees, Kakaos und alle Kolonialwaren empfiehlt in besten Qualitäten zu niedrigen Preisen »Iuliu8 kaum, Siegmar. Vornehmheit an seine eigene, längst dahingeschiedene Mutter erinnerte. Noch keinen Tag hatte Helmer seinen Entschluß zu bereuen brauchen. Das, was er suchte, fand er hier: köstliche Ruhe, die einem Kopfe, der jahrelang ein schweres Studium mit all' seinen Entbebrungen bezwungen hatte, am meisten not tut. Feinfühlige Seelen kommen aber erst dann zum Heimats- gefühl, wenn auch die Personen, die ihnen ihr tägliches Leben regeln, sanft und gut find. Frau Kändler bot alles auf, ihrem Mieter jenes Heimats- gefühl zu geben. Mit wahrhaft mütterlicher, uneigennütziger Liebe umgab sie den jungen Gelehrten mit aller Sorgfalt, derer sie fähig war. Herr Or. Helmer war dankbar, und so konnte es nicht ausbleiben, daß sich zwischen ihm und seinen Wirtsleuten ein wirklich schönes Herzensverhältnis herausbildete, was noch dadurch Befestigung fand, daß in dem kleinen Besitztum außer ihnen weiter niemand wohnte als in den zwei Mansardenftuben Frau Kreisch, eine arme BahnschaffnerSwitwe, die von kleiner Pension lebte und für jene Zimmer fast nichts zahlte, da sie bei Kändlers die groben Arbeiten erledigte, Wege besorgte und auch gern im Gärtlein mit Zugriff. Tiefes Mitleid fühlte Herr Oe. Helmer mit der Tochter des Hauses, mit Elfride, oder, wie sie genannt wurde, mit Elfe. Ost hatte er in stillen Stunden gegrübelt, warum gerade dieses rief angelegte Mädchen so Schweres zu leiden hatte, warum gerade ihre seelenvollen Angen leer und tot waren. Er grübelte, aber keine befriedigende Lösung erschloß sich seinem Denken. Mit Bewunderung, ja Beschämung machte er die überraschende Erfahrung, daß Elfe selbst mit keinem Worte ihr hartes Schicksal beklagte, im Gegenteil, eine beneidenswerte innere Zufriedenheit lag ans ihrem Antlitze und spiegelte sich in allen ihren Wünschen und Worten wieder. Elfe war hochbegabt. Der Vater, und nach seinem Tode die Mutter hatten alles daran gesetzt und alle Opfer ge bracht, ihrem einzigen Kinde die Bildung zu vermitteln, die ihm nur zugänglich gemacht werden konnte. Neun Jahre war sie dem vorzüglichen Blindenprivaterziehungsheim in Fockhorn anvertraut worden, und fürwahr, ihre Lehrer und Pfleger konnten nicht genug ihren Elser, ihre Begabung und ihre Güte rühmen. Als sie mit fünfzehn Jahren nach Hause kam, ward sie, trotz ihrer Blindheit, der Sonnenschein der Eltern. Auch vr. Helmer widmete sich gern der blinden Elfe. Er staunte, mit welch nachdenklichem Sinn sie die Schätze der Literatur erfaßt hatte und wie eifrig sie jede Gelegenheit ergriff, ihr Wissen und ihr Urteil zu weiten und zu vertiefe». Da auch er für die großen Geisteshelden unseres Volkes schwärmte, konnte cs nicht ausbleiben, daß sich zwischen ihm und der Blinden eine Art Seelenbündnis bildete, welches