Volltext Seite (XML)
WSchtnUich «Meinen drei Nummern. Pränumerations-Preis 22> Silbergr. (j Thlr.) vierteljährlich, Z Thlr. für daS ganze Jahr, ohne Erhöhung in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Beit u. Comp., ISgersicaße Nr. 25), so wie von allen Kvmgl. Post-Aemicrn, angenommen. Literatur des Auslandes. «W' 42. Berlin, Sonnabend den t». April 1844 Holland. Holländische Marinebilder. Von Heinrich Smidt. VIl. Die Schlacht der fünf Admirale. °) (22. Dezember 1653.) Auf hoher See steuerte eine Abthcilung der englischen Flotte, einige fünf zig Segel stark, unter den Befehlen Sir Georg Ascue's. Dieser hatte seinen Cours nach der Mündung der Maas gesetzt. Unfern derselben wollte er sich mit Admiral Monk vereinigen, der eine gleiche Anzahl von Schiffen komman- dirte. Beide beabsichtigten, gemeinschaftlich die holländische Flotte anzugreisen, welche seit längerer Zeit wieder vollständig in See war und, wie sie wußten, sich in den Wielingcn sammeln sollte. Diese Vereinigung zu verhindern und die Geschwader einzeln durch ihre Uebermacht zu vernichten, war der Zweck der beiden englischen Admirale, und der Anfang schien ihren Plänen und Wünschen hold zu sepn. Am Nachmittage des 21. Dezember lief Ascue das Geschwader Monk s auf; die beiden Flotten vereinigten sich. Es ward beschlossen, bis zum Einbruch der Nacht neben einander zu segeln, dann aber eine weite Linie zu bilden und mit gerefften Marssegeln das Anbrechen des TageS zu erwarten. Zn Monk s Kajüte war Alles zu einem feierlichen Empfange der Flotten- Offiziere eingerichtet. Ascue erschien zuerst; ihm folgten die Commandeure und Capitaine der gesammten Flotte. „Willkommen, Ihr Herren!" sprach Monk zu den Versammelten. „Mor gen werden wir wahrscheinlich einen heißen Tag haben. Die Holländer find wohl versehen und wohlgerüstet; sie find von tüchtigen Führern begleitet, und es bedarf daher des Muthes und der Entschlossenheit, ihnen wirksam zu be gegnen. Hier sind Eure Instructionen, meine Herren! Beherzigt dieselben wohl und weichet nur im Fall der höchsten Noth von ihnen ab. Tritt dieser aber ein, dann handelt selbständig, muthig und stark zur Ehre unseres Landes und unserer Flagge. England ist bis jetzt die Königin des Meeres gewesen und muß es bleiben. Bedenkt das, so ist der Sieg unser. Mit Gott, Zhr Herren!" Die Offiziere zogen sich zurück, und die beiden Admirale blieben allein. „Habt Zhr die unzufriedenen Gesichter gesehen, Aöcue?" fragte Admiral Monk, der Oberbefehlshaber der Flotte. „Es ist ein Stolz in diesen Söhnen unserer gesegneten Republik, der niemals gestatten wird, daß unsere Capitaine sich blindlings der crtheilten Ordre unterwerfen. Da möchte Jeder für sich ein kleiner Cromwell an Bord seines Fahrzeuges sepn, und leicht gäbe er den Ruhm einer ganzen Schlacht für den stundenlangen Schein einer Herrschergewalt." „Weiß wohl", entgegnete AScue. „Daher kommt's, daß wir niemals in diesem Kriege einen entscheidenden Schlag thaten, weil Jeder nach eigenem Gutdünken handelt. Woher denn diese Siege der Holländer? Woher ihre Uebermacht, selbst bei geringerer Zahl? Weil sie einig sind in Wort und That; weil sie gleichnißweise eine Kette bilden, deren Glieder so sest an ein ander geschmiedet sind, daß man sie nicht zerreißen kann. Ich fürchte, es wird eine Zeit kommen, wo wir cs bereuen, die vielfachen Privat-Interessen nicht dem großen, gemeinsamen Interesse der Vaterlands-Wohlfahrt geopfert zu haben." „Es freut mich, Euch von solchen Gesinnungen beseelt zu wissen", ent gegnete Monk rasch. „Es wird dies ein herrliches Beispiel für unsere Offi ziere sepn, und die Ergebenheit, welche Ihr dem Oberst-Kommandirenden erzeigt, wird nicht wirkungslos für den Dienst der Flotte bleiben." „Ihr vergeßt", unterbrach ihn Ascue, „daß diese Flotte keinen Ober befehlshaber hat. Wir find mit gleichen Vollmachten, Jeder für sich, frei und selbständig, in See beordert und haben von unserem Benehmen nur dem Par- lamente Rechenschaft zu geben." „Wie?" fragte Monk rasch. „Ist dies die gerühmte Einheit...." „Dem Dienste deS Vaterlandes opfere ich freudig Blut und Leben!" sprach Ascue. „Ritterlich werde ich den Holländern Kampf bieten und, will cs Gott, dcn Sieg erringen. In Noth und Tod bin ich Euch verbündet und halte treu zu Euch- Versteht mich, Monk, verbündet, nicht untergeordnet. Ein einfacher Capitain könnte kein Geschwader kommandircn, auf dessen ein zelnen Schiffen Capitaine befehligten; eben so kann auch kein Admiral den» anderen kommandiren wollen. Dies ist hoffentlich auch Eure Meinung, und somit auf Wiedersehen unter dem Donner der Kanonen." »j Vgl. Nr. a» des Magazins. Es ist dies der Schluß der MarmebUhkr aus der Zeit van Tromp'S und de Nnüer'S. Monk blieb allein: „Das ist das alte Lied nach einer neuen Weise; zwei Admirale, oder zwei Kanonenbootführer, Jeder dünkt sich allein berufen, zu herrschen. Die Folgen dieses Eigensinns werden schwer auf unser Haupt fallen! — Was giebt's?" Der wachthabende Offizier war eingcireten: „Entschuldigt, Herr Admiral! Ich muthmaße, der Feind ist im Anzuge. Zwar ist cs bereits dunkel und ein Blick in die Ferne nicht mehr möglich. Aber wahrscheinlich ist cs die hollän dische Flotte, denn am ganzen Horizont tauchen Lichter auf, die hin und her fliegen ; einige niedrig, als ob sie von den Galcrieen leuchteten, andere hoch, als ob sie in den Marsen oder gar aus den Bramraaen befestigt wären." Monk folgte dem Offizier selbst auf das Verdeck. In einem weiten Halb kreis sah man die Lichter schimmern, deren jedes von einem Schiffe leuchtetc, doch war die Vertheilung derselben nicht nach nautischen Regeln angeordnet; auf einer Stelle brannten deren mehrere nahe beisammen, anderwärts schim- werte nur ein einzelnes; dazwischen dehnte sich ein weiter, düsterer Raum. „Die Holländer, sie sind's! Ihre Schnellseglcr sind fast in unserem Bereich! Geschwind, Herr Lieutenant, löscht unsere Laterne aus, und Befehl an alle Schiffe unserer Flotte, dasselbe zu thun." Der Lieutenant ging. Nach einigen Augenblicken erschien aus der höchsten Spitze des großen Topmastes im Admiralschiff ein rasches Drchfeuer, das weithin wahrgenommen werden konnte; gleich darauf verlöschten die Laternen in den Marsen und auf der Galerie. Alle Schiffe der englischen Linie folg ten diesem Beispiel, und tiefes Dunkel war ringsumher; jedes Schiff der Flotte konnte kaum seinen nächsten Nachbar entdecken. Monk blieb noch einige Zeit auf dem Verdecke, um die Bewegungen der holländischen Flotte zu beob achten, aber umsonst; auch dort verlöschte Licht an Licht, und jede Beobachtung wurde dadurch unmöglich gemacht. Der Morgen des verhängnißvollen 22. Dezember brach an. Die hollän dische Flotte bildete einen weiten Halbkreis. Am rechten Flügel desselben, dcn Schiffen Monk's gegenüber, lag van Tromp mit achtundzwanzig Schiffen; am Bord des „Kampfs", eines Barkschiffs von dreißig Kanonen, wehte seine Admiralsflagge. Die linke Seite stand unter dcn Befehlen de Ruiter'S; seine Flagge wehte am Bord des „Lamm", und zwciunddrcißig Schiffe standen unter seinem Beschl. Das Ccntrum hatte der Vice-Admiral Jan Evertson inne; seine Macht bestand aus sechsunddrcißig Schiffen; auf dem Dreidecker „Ein tracht" hatte er seine Flagge aufgesteckt. Im Rücken dieser Ehrfurcht ge bietenden Flotte kreuzte der Vice-Admiral Cornelius de Witt mit vier- undzwanzig Schiffen. Seine Flagge wehte von dem großen Topp des „Oranienbaum". In der Kajüte dieses letzteren Schiffes waren die drei Admirale und der Commandeur de Ruiter zu ernster Bcrathung versammelt. „Mir Alles recht!" sagte Jan Evertson. „Wollt Ihr schlagen, ich schlage; wollt Ihr sie an Euch kommen lassen, ich auch. Mein Ccntrum ist für alle Fälle gerüstet. Der Oberfeldherr kann befehle^, ich folge. Weiter habe ich mit dieser Angelegenheit nichts zu schaffen; verschont mich mit Bc- rathungcn und allenfallfigen Verantwortlichkeiten." „Kalt, wie immer! Kalt, wie Eis!" polterte van Tromp. „Aber hart wie Eisen!" fiel de Ruiter rasch ein. „Evcrtson's Schiff hat Seitenborde, durch die keine Kugel dringt; wenigstens glaubt er es, sobald er im Gefecht ist, und weicht darum selbst der entschiedensten Uebermacht nicht." „Ich folge dcn gegebenen Ordres!" sprach Evertson mit großem Gleich- muth. „Stellt sie nur aus. Wo Ihr mich hinschickt, da gehe ich hin; wo ich Stand halten soll, da halte ich Stand, und wenn cs schon vor der Thür der Pulverkammer brennte. Das Andere geht mich nichts an." „Kommt, Herr Vice-Admiral!" sprach van Tromp und winkte Jan Evertson zu sich- „Will Euch meine Ansicht sagen." Er führte ihn an den Tisch, wo die Karten ausgebreitet lagen, und wiederholte dcn Schlachtenplan, dcn er mit den anderen Befehlshabern entworfen hatte, und Jan Evertson trug die Anweisungen des Admirals gleichmüthig in seine Schreibtafel ein. Während dessen ging de Ruiter mit Cornelius de Witt auf und ab. „Ihr hieltet heute Nachmittag scharf hinter meinem Spiegel weg, fast hättet Ihr meinen Gigbaum gestreift!" sagte der Erstere, gutmüthiz scherzend. Cornelius runzelte die Stirn: „Spart Euren Witz, ich bitte. Uebrigens habt Ihr recht, es war unvorsichtig, und der ungeschickte Steuermann ist auf der Stelle durchgepeitscht worden." „Ich habe sein Angstgeschrei wohl gehört!" entgegnete de Ruiter sehr ernst. „Mensch! Wohin führt das? Ihr erbittert die Matrosen, Ihr ent fremdet Euch die Offiziere. An Muth und Tapferkeit weicht Ihr Keinem,