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Sächsische Volkszeitung : 27.02.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190702271
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19070227
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19070227
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-02
- Tag 1907-02-27
-
Monat
1907-02
-
Jahr
1907
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 27.02.1907
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Nr. 4V. Mittwoch den 87. Februar LV07. «. Jahrgang. Ans. 8 Uhl. s. 8 Uhr. j Ubr. — «ltrs iletpztger .Theater ^Settja. SSI« kür V8 PL8- i-aa t!«I ll ä. 27. r in >I»r ^olsson iv voll- r>- aller tökliolist ersh. z.ver- ht.lOOOM. 'rnahme. reinweg 4. nke! einfack u enb.-Einb. io ki», ßrr», lter, KrriiS., kcr »s». Iisi-ten »etmeker. ihrt in echt naille 7gs>u«r-, Ztstusn. 1an,Nicke1 Lchni^erei prakrflch, 16N. lach den lemälden ii« o. Ärr orichcnr. >erziert) itlle.zen- :sonl?ec4 n l 1085 l0N. 8t inat- stün- szeit! dien n v. enrs. > 485 ieses «! n,kom- t 16.50 achter, sie alle jlicbr- e <Üe» -r btl« k» N7» ächslsche Kolks^eitung «Ilnnkkiiniiiin'« Naaekllikt knr Mnkrkeil ReSit II Li-ttkeit I »""rsrSMZ »> M»o>»«>S>srv ^ngroiim sur zvüyryrtt, zuiyi ii.zmycir ^ Für den Monat März abonniert man ans die „Sächsische Bolkszeitnng" mit der täglichen Roman- beilage sowie der wöchentlich erscheinenden Beilage „Feierabend" zum Preise von SO ^5 (ohne Kkstkllgkldj durch den Boten inö Haus <»<d I'f. Ter Zusammenschluß der Linksliberalen. Die drei freisinnigen Parteien (freisinnige Volkspartei, deutsche Volkspartei und freisinnige Vereinigung) haben im Reichstage eine Art Kartell geschlossen, über das sehr viel geredet wird. Und doch) ist so tvenig Neues dahinter, denn die beiden erstgenannten Parteien standen schon seit langer Zeit in diesem Verhältnis; die freisinnige Vereinigung aber ließ sich schon bisher diesen Gruppen für die Besetzung der Kommission zuzählen. Eigentlich neu ist nur. daß alle drei Fraktionen auch gemeinschaftliche Sitzungen abhalten, wäh rend dies seither nur die beiden Volksparteien taten. Mit dieser „Verschmelzung" tritt der Freisinn aufs neue in das Stadium der „Fusion", an denen er in der Ver gangenheit so reich war. 1884 bildete sich die Fortschritts- Partei durch Aufnahme von Linksliberalen; Eugen Richter erhielt Zuzug durch Nückert und Bamberger. Aber schon 1887 mußte die Fortschrittspartei die Kosten des Sepennats- wahlkampfes zahlen; 1890 erholte sie sich etiras und 1893 flog die Partei auseinander. Die Caprivische Militärvor lage spaltete sie in die freisinnige Volkspartei und in die freisinnige Vereinigung. Diese beiden Fraktionen stell- ten sich oft wie Hund und Katze. 1903 erhielt die freisinnige Vereinigung den Zulnachs der Nationalsozialen, die früher durch Gerlach, später durch Naumann vertreten sind. Schon dieser gedrängte Rückblick zeigt, daß diese Ver schmelzungen nie von langer Dauer gewesen sind. Wir reck>- nen auch nicht für die neueste auf eine längere Zeit. Noch unsicherer wird die Sache dadurch, daß ein Teil der Natio nalliberalen. namentlich die jüngeren Leute, zu einer Ver schmelzung mit den Freisinnigen ratet. Ein diesbezüglicher Antrag aber sei in der Fraktion mit großer Mehrheit ab- gclehut lvorden. Unter den Freisinnigen selbst gärt cs schon, ihr verbrei tetstes Blatt, das „Verl. Tagebl.", ist ganz unzufrieden mit diesem Ausgang der Dinge; es hält sogar die Fraktionen für ein direktes Hindernis der Verschmelzung. Das „Berl. Tagebl." schilt über „Fraktionsegoismus" und „Eigenbröde- ilei", cs behauptet, die Stimmung der liberalen Wähler massen wiederzuspiegeln in seinein Ruf nach einer Ver schmelzung der drei linksliberalen Parteien. Die „Freis. Zeitg." hinwieder ist der Ansicht, daß eine solche Verschmel zung dein „Gesamtliberalisinus nicht förderlich, sondern sei ner Entwickelung schädlich sein würde!" Man müsse vor allem die bestehenden Organisationen Pflegen und neue schaffen, das heißt praktisch arbeiten, darauf komme es an. Fest steht zweierlei: je mehr und je häufiger von der „Ein heit", von der „großen liberalen Partei", vom „Block der Linken" usw. geredet und geschrieben wurde, desto größer wurde die Uneinigkeit. Man lasse also das Theoretisiereu, das Schulmeistern — vielleicht macht sich dann manches von selbst leichter. Und zweitens: glaube man wirklich, daß man im Lande die mit größter Mühe gepflegten Einzelorgauisa- tionen, deren Mitglieder gerade für die Partei sehr ener gische und überzeugte Kämpfer sind, für ein Theorem «uf- geben werde, für die eine vom Schreibtisch ausgedachte, wenn auch noch so schöne klingende Parole? Ta täusche man sich über die Stimmung, geschweige denn über die Nei gungen, die in diesen. Einzelvereinen herrschen, ganz gewal tig. Künstlich schaffen lasse sich die Einheit nicht, dekretierte man sie, die besten Kräfte gingen verloren, die eifrigsten und energischsten Kämpfer würden Gewehr bei Fuß stehen oder sich ganz zurückziehen. Der Fortschritt aber würde dem Liberalismus nicht fehlen, wenn er weiter Praktisch arbeitet unter der Devise: Einigkeit, nicht Einheit. — So das „Ber liner Tageblatt". Die Schwierigkeit der Verschmelzung liegt in der Ver gangenheit der Partei. Man schied seinerzeit mit Groll, verfolgte sich mit Spott und vcwsölmte sich gegenseitig. Die Wähler haben dies noch nicht vergessen und können deshalb auch nicht so rasch sich zusammenfinden. Die Führer der ver schiedenen Parteien sind sich auch nicht immer hold gesinnt, sondern voller Neid. Das Verhältnis der beiden freisinni gen Müller von Sagan und Meiningen zu schildern, gebe eine interessante Bereicherung der Wahlverwandtschaften. Kopsch und Eickhoff leben wie „Hund und Katze"; n>enn es nun schon so innerhalb einer Fraktion anssicht, wie muß cs wohl von Fraktion zu Fraktion stehen? Hat doch Kopsch den früheren Abgeordneten von Gerlach einmal im Reichs- tage so stark „abgeschüttelt", daß der Rcichstagspräsident ihm Einhalt gebieten mutzte. Die Ausnahme Naumanns hat die Sympathie im Freisinn nicht erhöht, wenn die Presse auch vorerst gute Miene zum bösen Spiele macht. So hat freilich das „Berl. Tagebl." mit seinem Urteile über die Fraktion nicht ganz unrecht. Ter Machthunger im Freisinn ist freilich sehr groß und der Zentrnmshaß noch größer. Der Abgeordnete Eickhoff, der bisher stets mit Hilfe des Zentrums gewählt worden ist, hat sich in einem de nt ^österreichischen Blatte sehr gehässig gegen das Zentrum ausgelassen und damit seinen politi schen Tank abgestattet. Jetzt triumphiert überhaupt in die ser Gruppe der Kulturkampfgeist. Die deutsche Volkspartei findet sich höchst willig darein und die Vereinigung hält auch nicht besonders zurück. Sie alle wollen zu Hofe gehen! Der Unterschied zwisckien Wadenstrümpflern und Wasserstieflern ist weg; heute legen sie alle die Hofuniform mit Waden strümpfen an, selbst Vizepräsident Kämpf, der am Sonntag mit seinen Kollegen vom Kaiser empfangen worden ist. Man sonnt sich in dieser Hofgunst. Aber freilich genügt dies nicht sehr lange. „Mit dem Bleistift in der Hand" will der Frei sinn recht machen, Uw die Negierung ihn braucht und will dann die Notlage geuwltig ausnützen, so lzat es ein frei sinniges Blatt schon vor den Wahlen behauptet. Eine Poli tik der Erpressung soll also beginnen und der Reichskanzler einen neuen Alpdruck empfinden. Letzterer bat ihn freilich j gewollt, nun mag er ihn auch tragen; aber er kommt ihm vielleicht leichter vor, weil er von seinen „Freunden" ausgeht. Dem. Zentrum kann es gleichgültig sein, ob die Eini gung sich vollzieht oder nicht, der Freisinn hat sich ganz ans die Seite der Negierung gestellt und stimmt gegen das Zen trum, das ihn jahrelang unterstützt, wie auch den Fürsten Bülow. Nun haben sic sich beide „verschmolzen"; man wird nicht sagen können, daß sie einander nicht wert sein würden. Im Gegenteil! Zentrumshaß führte sie zusammen. Ob der Haß als politisches Bindemittel ausreicht, muß die nächste Zukunft beweisen. Deutscher ReichsiKH. k. Berlin. 8. Sitzung vom 25 Februar 1907. Die Besetzung der vorigen Woche hielt nicht an, aber 250 Abgeordnete wohnten am Montag der Sitzung doch bei. Es war in jeder Richtung ein großer Tag. Wohl hatte Staatssekretär Freiherr von Stengel kein aufmerk sames Haus, als er seine trockene Zahlenrede gab und den Etat als nicht gar so schlimm erscheinen ließ. Wohl zur Be ruhigung der Liberalen gab er die Versicherung ab, daß vorerst keine neuen Steuern verlangt würden; das war ein Aufatmnen für den Block. Nun kam Dr. S P a h n zu Wort und er hielt eine meisterhafte Rede; am 13. Dezember 1900 hatte er das letzte Wort im Reichstage; heute erhielt er es ^ zuerst. Ter Präsident hat also nicht, wie man vielfach an nahm, die Uebung verlassen, nach der Stärke der Parteien die Rednerliste zu führen. Der Zentrumsführer teilte seine Rede in drei Teile: Finanzpolitik, neue Forderungen des Zentrums und Abrechnung mit dem Reichskanzler. Be stimmt, fest und nachdrücklich hat Spahn seine Abrechnung gehalten; auch dem Flottenverein schenkt? er nichts. Bas sermann entwickelte das „liberale Mindestprogramm". Nunmehr ergiff Fürst B ü l o w das Wort, den es sehr ärgerte, daß er aus dem Zentrum kein Zeichen des Wider spruches erhielt; ganz ruhig und kalt saß das Zentrum da, wenn es manchmal schwer Hielt, nicht zu Protestieren gegen die mehr als kühnen Behauptungen des Reichskanzlers. Ein- mal siel ein „Sehr richtig!" von links, der Reichskanzler suchte es auszusangen und als aus dein Zentrum stammend hinzustcllen. Aber die gesamte Fraktion Protestierte. Weil das Zentrum so kalt dasaß, „zog" die Rede auch nicht, selbst die Schlager fanden nur ein schlvaches Echo. Das Zentrum soll ganz ansgeschaltet werden! So hat es der Reichskanzler verkündigt: aber er hat nicht gesagt, wie er diese Politik füh ren null. Er hat auch heute wieder viel geredet, warten wir die Taten ab! Die Sitzung nahm folgenden Verlaus: Präsident Graf Stolbcrg teilt mit. daß dis Präsidium gestern vom Kaiser enwfangen worden sei: der Koner habe seine besten Wünsche für das Gedeihen der Arbeiten des Rcieb-Naaes ausgesprochen. Der Präsident teilt das Ncni'tat der SchriO- führcrwahlen mit. Eine Reihe non Vorlagen sind eingegangen: es folgt die Generaldebatte znm Etat. ! Am Bundesralstische: der Reichskanzler, sämtliche Minister ! und Staatssekretäre, eine Reihe non Militärs und Geheimrät"n. Staatssekretär Frhr. non Stengel: Das Ergebnis für 1005 bietet kein erfreuliches Bild, (Hört') Besonderes Interesse «rregt das bisherige Ergebnis für lOM. Pje Einnahnieri ans den Zöllen haben sich an den Etat gehalten, die Einnahmen aus der Fohrkartenftener blieben hinter dem Voranschlag zurück. (Hört! links.) Andere Steuern bringen M-chrciniiahmeii: Zigaretten- und j Biersteuer. Zuckersteuer, Wcchselsteuer »sw. Bei d r ReichSvoit sind die Ausgaben mehr gestiegen, als die Einnahmen Die Aus' aaben für die Verzinsung der Reichsschuld sind sehr gestiegen die Bedürfnisse der Industrie haben eine grafte Geldknappheit hernor- aernfen und so den Zinsenansvruch gesteigert. Tie Vorschüsse der Reichsvost an die Berufsgenosscnschaften betragen >84 Millionen und die Post erhält keinen Zins. Hier mich eine Aenderung ein- treten. Eine ausreichende Verstärkung des Betriebsfonds ist ae- boten: aber die Wege hierfür sind »ach nicht genügend geprüft. Der neue Etat ist mit gröfttcr Sorgfalt aufgestellt, aber trotzdem bietet er kein günstiges Bild. Der Reichstag hat im Vorjahr nur 178 Millionen Mark neue Steuern bewilligt: da? Defizit aber war 225 Millionen Mark; die verbündeten Regierungen werden demnächst mit einer neuen Steuernorloge nicht kommen, sondern wollen erst die weitere Eniwicklung der Zölle abwartcn! Die Ausgaben des Reiches dienen zur Aufrechtcrhaltung des Friedens nach innen und nach auften; zu ersteren rechne ich die Ausgaben für die Sozialpolitik, zu letzteren die Ausgaben für Heer und Flotte. Eine Nemegelung der Gehaltsverhältnisse der Beamten erfolgt 1908; der Nachtragsetat stellt einige Beamtenklasscn besser. Abg. Dr. Spahn (Zcntr.) beurteilt den Etat von einem anderen Gesichtspunkt aus. Die neue Anleihe von 1906 ist heute noch nicht untcrgebrachl (Hört!) Von 1400 Millionen bleiben für Heer und Flotte über 1000 Millionen Mark. (Hort!) Von den neuen Steuern mit 176 Millionen sind schon 152 Millionen Mark eingesetzt und doch haben die Einzelstaaten insgesamt für 1906 und 1907 rund 96 Millionen Mark Matriknlarbeilräge zu leisten. Die Vorlage für die Beamten ist unzureichend. (Sehr richtig!) Die Bcami-u können nicht auSkommcn. Das ist des deutschen Reiches nicht würdig! (Sehr richtig!) Auch die Arbeitcr- kategoricn in Reichsbetrieben sind zu niedrig bezahlt. Bei einem traurigen oder freudigen Familienereignis müssen die Beamten Schulden machen. Was der alle Reichstag anerkannte, ist für den neuen Reichstag keine Verpflichtung; er prüft selbständig. (Sehr richtig!) Ohne die neuen Steuern hätten wir heute einen Fehl betrag von 205 Millionen Mark. (Hört!) Die wirtschaftliche Hochkonjunktur beruht auf den neuen Handelsverträgen. Der Diskont ist für die Großindustrie erträglich, aber für unseren Mittelstand ist er unerträglich. Die Andeutung des preuftischen Landwirtschaftsminister» über die Herabsetzung der Gctrcidczölle bedauere ich: die Landwirtschaft hat die Zujage erhalten, daft diese Sätze bis 1907 anhalten sollen. (Beifall im Zentrum). Wir sind verpflichtet, Heer und Flotte auf der Höhe zu halten, aber wir müssen prüfen, ob nicht Ersparnisse gemacht werden können. Der Anleihe-Etat ist nicht nur 265 Millionen, sondern 310 Millionen! «Hört!) Weil die Nachtrags-EtatS dazu kommen. Rosig ist die Finanzgrbarung für uns nicht! Redner frägt an überden Stand der Handelsverträge mit Spanien und Amerika Mit Freude haben wir in der Thronrede gelesen, das; wir zu fremden Staaten in gutem Verhältnis stehen, daß die Sozialreform weiter geführt werden soll! Wie steht cs mit der Rechtsfähigkeit der Äernfs- vereine, mit den ArbeitSkammern? In der sozialen Gesetzgebung leitet uns der Gedanke, für alle Abhängigen zu sorgen. Sittlich keit und Gesundheit zu schützen und das religiöse Leben zu heben. Redner zählt die einzelnen Initiativanträge des Zentrums auf. Die redliche Arbeit in Deutschland soll und muß geschätzt werden: daS ist der Kern unserer Anträge. Wir haben den Tolcranz- anlrag wieder eingebracht: die Freiheit des religiösen Bekenntnisses müssen wir fordern! Man wirst uns vor, er wolle die Katholiken bevorzugen. (Sehr richtig! bei den Nationallideralen.) Das ist falsch, wir wollen nur gleiches Recht für alle haben. (Sehr richtig! im Zentrum.) Redner geht zu politischen Anträgen über und stellt den Immunitätsantrag in den Vordergrund. In Belgien spielte ein ähnlicher Fall wie bei unS: die Abgeordneten müssen frei sein bei Ausübung ihres Berufes. Redner geht nun auf die Wahlen über. Die Rcichskanzlcrrcde spricht von einer „Paarung peS konservativen und liberalen Geistes", wir stehen jetzt vor einer ' Schwenkung der inneren Politik! Der Reichskanzler hak die volle Religionsfreiheit .zugesagt: aber er selbst mußte die Mißstände ans piescm Gebiete anerkennen. Noch besteht das Icsuitcngesetz, der Kanzclparagraph; die Saerü-Coeur Schwestern sind noch ausge schlossen! Wo ist hier die Gleichberechtigung? Sind unsere Schwestern den Diakonissen gleichgestellt? Wie steht cs in Sachsen! Die Kultnrkampfgesetze bestehen noch fort! Wohin man geht, von Gleichberechtigung ist keine Spur! Wer hat die konfes sionellen Leidenschaften erregt? Der Reichskanzler! (Beifall.) Sein Silvestcrbrief ist der schärfste Luftzug in die glimmende Asoic des Kulturkampfes! (Beifall.) Wir haben gar nicht nötig, die konfessionelle Seite anzuschlagen! Wir weisen es mit Ent schiedenheit ab, wenn man uns solches unterstellt. (Beifall.) Die Nanonolliberalen haben oft in nationalen Fragen versagt z. B. 1879! Wir haben seit 30 Jahren nntgewirkt in allen großen Fragen ohne Parieiinteresse! Der Wahlkampf hat die Kl> ft zwischen den Konfessionen erweitert; das ist das schlimmste an pem ganzen Wahlkamvfe! Wie aber hat die Reichskanzlei sich in dieser Sache bekommen? Redner verliest die Briefe des Flottenvereins. (Abg. v. Liedern Woher kennen Sie diese?) ES stand ja in der Zeitung. (Große Heiterkeit.) Eickhoff erhielt Unterstützung der Behörden! Wäre Eugen Richter noch am Leben, hätte Eickhofs nicht seinen Sil; hier einnehmcn können. (Sehr gut!) Der Reichskanzler hat 30 000 Mk. Unterstützung für die Wahl dem Flottenverein zur Verfügung gestellt: er soll sic nach den Mtreilniigen der .Nordd. Allg. Zt'g." ans nationale» Kreisen erhalten haben! Beim Znchlhausgcsctz haben die Scharfmacher 12900 Mk. zur Verfügung gestellt: alles hat sich hiergegen ge wehrt! Jetzt fordern wir vollen Aufschluß über diese Sache. Ist nicht Geld aus dem TisposilionsfondS genommen worden? Die Gegenkandidaten gegen das Zentrum im Rheinland waren Pulver, das nicht brennt! General Keim sagt selbst, daß der kurnr prntostantions den Sieg errungen habe. Da das Bündnis, das General Keim mit Lanorichler Stern erörtert hat und daS Sozialdemokraten und Liberale zusammen- fnhren sollte! (Hört!) Man muß znrückgehen bis auf die napolco- nische Zeit, um eine ähnliche Wahlheeinflussniig zu finde»! (Sehr gut!) Von ..iiiternationaler Arroganz" sprach der Reichskanzler gegenüber dem Zentrum, und doch verdankt er seine größten Er folge lediglich dieflm Zentrum, (e-ehr richtig!) „Ehr und Gut" sollten wir ansgeaebcn haben i id doch haben wir 40o Millionen genehmigt.' Im Frühjahr hat der Reichskanzler selbst einem Ab- strich von 15 Millionen Mark beigesiiniint, und im Dezember löste mau auf, weil wir 8,9 Millionen Mark ablehnle,,. Von einem Mißbrauch der Zennumsgewall kann man nicht reden. Wir haben iinnier daran festgehallcn. daß das Präsidium nach der Stärke der Fraktionen gewählt werde; jetzt sind wir überstimmt. Aber an diesem Grundsätze halten wir fest! Das Amt des ReichstagS- präsidente» wird hcrabgcdrüekt durch anderweitige Koinblnatloncn. Der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht ist die starke Zeinrums- fraklion. (Beifall.) Wir sind gestärkt wiedergckehrt. Unser Pro gramm ist das alte! Die Zukunft des Reiches ist gesichert und geborgen in der christliche» Kultur. Unsere gesamte .Kultur ruht ans dem Ehristciilum. und sind wir bereit, mit allen jenen z» samincn zn arbeite», die sich auf diesem Boden mit uns zusammen- fiilden. (Lebhafter Beifall, der sich immer wiederholt.) Abg. Basscrinann (N.itl.) Die frühere Mehrheit ist hcuie eine Minderheit! Daß wir das Zentrum nicht schwächen konnten, wußten wir schon vor der Wahl. (Heiterkeit im Zentrum ) Für nationale Fragen ist jetzt eine Mehrheit vorhanden, bestehend ans Konservativen und Liberalen verschiedener Richtung, so daß die Regierung nicht mehr auf das Zeniruin angewiesen wird. Von dem bißchen Aaitation des FlottcnvercinS soliien sie lein Aufsehen machen. Die Briefe deS „Bapr. Cour." sind zweifellos gestohlen. (Oho! und Heiterkeit.) Die Tätr-r sollen sich im AuSlande befinde». ES ist eine Gemeinheit, so vorzugehen! Es ist ein Fortschritt, daß die leitenden Staatsmänner in de» Wahlkampf eingrcife». Redner volemisicrt dann gegen die Sazialdemokratie. Ich hi» frei von knlturkämpfcrischen Neigungen! Das Bestreben, daß der Staat sich in das innere Leben der Kirche nicht einmischen soll, unler- Wegen des Bußtages erscheint die nächste Nummer erst Donnerstag den 28. Februar nachmittags.
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