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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.09.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000929015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900092901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900092901
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-09
- Tag 1900-09-29
-
Monat
1900-09
-
Jahr
1900
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Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen 5 LV durch die Poft bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn v In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtlicheZeitungssPediteure, die Hauptexpedition: Johunnisgasse 8, die Filialen: Katharrnenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr L. 0. Littol, Colonialwaarenbandlung, Beethovenstraste 1 Herr ^Iieoä. I^eter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 O. M. 86l»uli6rt'8 XLeUiolxvr, Colonialwaarenhandlung, frankfurter Straste (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Otto Klnut^Ilke,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste LL Herr kilurirtl Uetxer, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 45 Herr Ll. L. 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U'eder, Mützengeschäst, Gabelsbergerstraße 11, Thonberg Herr L. llüutseü, dieitzeuhainer Straße 58, Volkmarsdorf Herr bleor^ >!einr»nn, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.). Die Wahrheit über die schnellsten Schiffe der Welt. Kurz und geschäftsmäßig war dieser Tage in einem amt lichen Berichte zu lesen, daß das Divisionsboot ,,I) 10", welches bei Thornycroft in England gebaut wurde, aus dem Ver bände der II. Torpedoboots-Flottille ausgeschieden sei, um auf der kaiserl. Werft Kiel gründlich reparirt zu werden. Die Nothwendigkeit einer solchen Reparatur an sich über rascht den Eingeweihten durchaus nicht, aber daß sie sich schon so bald als nöthig Herausstellen würde, hatte man denn doch kaum besorgt. Das Boot ist erst seit Frühjahr vergangenen Jahres im Dienst, einen Unglücksfall hat es nicht erlitten, mithin kann man die Nothwendigkeit einer Reparatur nur auf zu schwache Construction oder auf Constructionsfehler zurückführen. Damit ist die längst nicht mehr zu verschleiernde Niederlage des englischen Schiffsbaucs gegenüber dem verhaßten „nracls in (Zerrann/' offenkundig geworden und besiegelt. Es sei kurz auf die Bau geschichte des ,,I) 10" hingewiesen. In Folge nautischer, tech nischer und militärischer Erfahrungen hatte sich vor etwa 2/2 Jahren die deutsche Marine-Behörde zu einer Aenderung im Bautyp unserer Torpedoboote entschlossen. Man hatte längst in Hinsicht auf Construction und Geschwindigkeit mustergikrige Torpedofahrzeuge von Schichau in der Hand, aber man handelte vollkommen correct, indem man auch Andere gewissermaßen zum Wort kommen lasten wollte, und bestellte bei Thornycroft ein Boot jenes Typs, von dem in der englischen Marine so viel Auf hebens gemacht wurde. Dies Boot sollte „das Beste sein, was je in England gebaut worden", „ein non plus nllra", Posaun ten die englischen Blätter aus, „ein Modell für die deutsche Marine und die deutschen Schiffsbauer!" Daß die erbauende Werft schon in Erwartung einer großen Nachbestellung ihr Bestes gethan, ist ganz zweifellos. Vielleicht war auch auf diese Er wartung der dem Schiffe von Thornycroft beigelegte Name „the angler" zurückzuführen. Der Erfolg entsprach indessen den hochtrabenden Tiraden ganz und gar nicht, er war recht mäßig und für den Erbauer betrübend. Erst verspätete sich die Liefe rung um ein Jahr, und dann, als bei den Abnahmefahrten die conteractlichen Bedingungen keine leere Form bleiben, sondern, wie in der deutschen Marine gewohnt, auch buchstäblich erfüllt werden sollten; als mit demselben Maße von An forderungen gemessen wurde, die die kaiserliche Marine an Schichauboote und an deutsche Werf ten überhaupt stellt: da wandte sich der Gast — nämlich der Vertreter des Mr. Thornycroft — mit Grausen. Die contract- lichen Geschwindigkeiten waren durchaus nicht zu erreichen und es mußte erst ein volles Jahr gefahren werden, ehe nach zum Theil durchaus nicht unbedeutenden Umbauten und Aenderungen eine Geschwindigkeit von 271H Knoten erzielt werden konnte. „The angler" wurde dann als „D 10" der kaiserl. Marine ein gereiht. Das war im Frühjahr 1899, und jetzt steht das so sehr leicht gebaute Boot bereits wieder im Dock, um auf seine Havarien hin untersucht zu werden. Hierbei sei noch bemerkt, daß man im Anfang glaubte, die Bestellung eines deutschen Tor pedobootes in England könnte den deutschen Torpedobootsbauern nach außen hin zum Nachtheil gereichen, doch bewirkten die traurigen Resultate des englischen Bootes gerade das Gegentheil, und der damalige Marineminister Hollmann hätte gar keine gün stigere Reclame für den deutschen Schiffsbau schaffen können, als dadurch, daß er eine Bestellung nach England ergehen ließ. Da die Fertigstellung des Thornycroft'schen Bootes sich so lange verzögerte, daß auf das Resultat seiner Probefahrt nicht gewartet werden konnte, so hatte die kaiserl. Marine noch vor Lieferung des englischen Bootes einen Auftrag auf eine Serie von 12 Booten an Schichau ertheilt, welche in ihrem Typ ganz ähnlich den von Schichau an die chinesische Regierung gelieferten Torpedobootszerstörern waren, die sich durch ihre hohe Geschwin digkeit und ihre große Seetüchtigkeit so glänzend bewährt hatten. Diese 12 Torpedoboote hat die kailserl. Marine von Schichau be reits geliefert erhalten, es sind die Boote „8 90—101", in jeder Hinsicht musterhafte Fahrzeuge. Von diesen Booten kann man allerdings ohne Ueberhebung behaupten, daß keine M»ckste der Welt auch nur annähernd so seefähige und starke und im Ver gleich dazu schnelle Torpedoboote besitze. Die so unbefriedigenden Probefahrten des Thornycroft- Bootes waren dem Erbauer natürlich „sehr erstaunlich, da daS Boot bei Probefahrten in England 32 Knoten gelaufen!" Ja wohl, aber damit kommen wir zu einem anderen Pvncte, der zu erörtern ist, denn er klärt darüber auf, wie man Meßfahrtresul- tate auf der Themse macht und durch solche illusorischen Resul tate über Schnelligkeit und Stabilität, also über den wahren Gefecht-werth englischer Schiffe, falsche Vorstellungen erweckt. Es erklangen jüngst in der englischen Presse wieder einmal Jubelfanfaren, und kritiklos wurde leider in einem großen Theile der deutschen Presse nachgedruckt, „daß das schnellste Schiff der Erde" jetzt wieder ein englisches sei,—der neue englische Torpedo bootszerstörer „Viper* (bei Hawthorn, Leslie L Co., New castle). Mit Dampfturbinen nach Parson'schem System aus gestattet, habe die „Viper" jeden bisherigen Record der Schiffs geschwindigkeit ganz erheblich übertroffen, indem sie auf sechs Hin- und Rückfahrten in einer Stunde eine mittlere Geschwindig keit von 36,58 Knoten erreicht habe, — das Mittel der beiden schnellsten Fahrten habe sogar 36,85 Knoten betragen. „Damit ist der Beweis erbracht, daß die Dampfturbinen in Bezug auf den Schiffsbetrieb unerhörte Leistungen gegenüber der gewöhn lichen Schiffsmaschine zu vollbringen vermögen, d nr di->„-'><r" ist auf Grund ihrer Versuchsfahrten weitaus das schnellste L -,iff der Erde." Das glaubt kein Mensch, der etwas davon versteht. Ich will hier nicht erörtern, ob überhaupt und inwieweit die Dampfturbine als Schnellläufer-Schiffsmaschine die Zukunft gehört. Ich will nur auf eine Thatsache aufmerksam machen, die kurz und bündig spricht: Am 23. Juli 1900 sollte von Parson dem gejammten Schiffsbau-Congreß in Paris das Turbiniaboot vorgefahren werden. Nachdem der Passagiervampfer, an dessen Bord dis Teilnehmer des Schiffsbau-Congresses sich befanden, langsam ge fahren war und dann durch Stillliegen ungefähr eine Stunde gewartet hatte, holte endlich das Turbiniaboot unfern Passagier dampfer ein; dann begann das Turbiniaboot zehn Schiffs längen vor dem ruhig liegenden Dampfboote seine Geschwindig keit zu entwickeln, kam mit ungefähr 16—18 Knoten an dem Dampfer vorbei, war aber nach vier Schiffslängen derart „exhaustet", daß es still liegen blieb und dem langsam fahrenden Dampfer nicht mehr zu folgen vermochte. Während der ganzen weiteren Fahrt auf der Seine holte das Turbiniaboot den Dampfer überhaupt nicht mehr ein, wenngleich die Theil- nehmer am Schiffsbau-Congreß von einem derartigen Resultat nicht erbaut waren, so trug doch die Vorführung des englischen Bootes wesentlich zur allgemeinen Erheiterung an Bord bei. — Im klebrigen stellt die bisherige Verwendung der Turbine als Schiffsmaschine doch nur erst Versuche dar, über die jedes etwa abschließende Urtherl völlig verfrüht wäre. Jedenfalls stehen bei ihrer Verwendung gerade als Torpedoboots-Motore den Vortheilen recht erhebliche Nachtheile gegenüber. Aber davon ganz abgesehen, ist die jetzt mit der „Viper" herausgearbeitete Geschwindigkeit längst von Schichau-Booten übertroffen. Be kanntlich fahren die englischen Boote ihre Probefahrten an der Themse mit völlig leerem Boot, ohne Armirung, aber mit Tide und Strom. Dagegen werden die in Deutschland einzig und allein gütigen Probefahrten unter sehr schweren Bedingungen erledigt, und zwar auf offener See, — „Sturmfahrten" sind direct vorgeschrieben. Und sie werden gefahren mit voller kriegs mäßiger Belastung an Kohlen- und Wasser-Vorrath, Armirung, Reservetheilen, Proviant u. s. w. Das ist im wahren Sinne des Wortes ein außerordentlich schwerwiegender Unterschied, es bedeutet auf alle Fälle eine Differenz von 4s^—5 Knoten, die man von den Fahrtresultaten englischer Fahrzeuge abziehen muß, um ihre Geschwindigkeit mit der von deutschen Booten erzielten zu vergleichen. Schon vor vier Jahren baute Schichau für die chinesische Marine 4 Boote, welche der „Viper" über sind. Sie liefen nach deutschen Bedingungen ihre Probefahrten, also belastet, und erzielten eine Maximal-Geschwindigkeit überhaupt von 36,7 Knoten. Ferner mit voller Probefahrtsbelastung, completer Ausrüstung, Armirung und 25 Tonnen Kohlen in den Buckern im Mittel 35,2 Knoten gleich 65,2 Kilometern und ganz complet ausgerüstet, mit Armirung und vollen Buckern (67 Tonnen) im Mittel 33,6 Knoten gleich 62,2 Kilometern. Alle diese Geschwindigkeiten übertreffen also bei Weitem die von der „Viper" erzielten, wenn man, wie es selbst englische Fachleute, z. B- kürzlich noch wieder, Commander Harry Jones, als gerecht und billig anerkennen, nur 4 Knoten dazurechnet. Diese 4 Boote liefen auch seinerzeit auf der Ausreise nach China die 3550 See meilen lange Strecke Port Said bis Colombo in einer Fahrt, ohne Aden bezw. irgend ein andere Station anzulaufen, und hatten trotzdem bei ihrer Ankunft in Colombo noch eine verhält- nißmäßig großes Kohlenquantum an Bord. Man erweise ein solches Resultat, einen solchen Actions-Radius bei einem ein zigen englischen Boote, — es ist von keiner Werft der Welt auch nur annähernd erreicht worden! Alle diese Fahrten und Ge schwindigkeiten wurden leicht und ohne jede Anstrengung erzielt, und um diese Geschwindigkeiten zu erreichen, brauchen die deutschen Boote 6000 8?., die „Viper" aber braucht — 12 000!! Die englischen Zahlen sind also eitel Spiegelfechterei und Sand >m die Augen! Ebenso unwahr, wie die Geschwindig- keitsziffern, ist auch die prahlerische Behauptung, daß England hinsichtlich des Baues von Torpedobooten für Deutschland jemals bahnbrechend gewesen sei. Bereits 1887/88 baute Schichau für Italien und Rußland Torpedoboote mit der contractlichen Geschwindigkeit von 28 Knoten, während England (Narrow L Co. in Poplar) erst 1893 den „Hörnet" von Stapel ließ, der die bis dahin in England -erzielte größte Geschwindigkeit von 271/h Knoten erreichte. Und auch in Bezug auf Solidität haben Schichau'sche Boote sich stets musterhaft bewährt, ganz im Gegensatz etwa zu „D. 10", dem „besten, je in England gebauten Boote", das nach einem Jahr Dienst schon zur gründlichen Verstärkung und Reparatur ins Dock muß. Wie leicht Schichau seine Geschwindigkeiten erreicht, zeigten auch so recht wieder die Probefahrten der in diesem Frühjahr für Italien gebauten Boote; sic sollten contract- lich 30 Knoten laufen und liefen 32,5 bis 33,4 Knoten bei mchrstündigen Dauerfahrten in freier See. — So sind die Schichau-Boote in Wahrheit die schnellsten Schiffe der Welt, sie haben die englischen an Geschwindigkeit und Seefähigkeit schon seit lj/2 Jahrzehnten überflügelt; und Jeder, der die Verhältnisse auf dem Schichauwerke, seine Ent wickelung, seine Einrichtungen und den Geist kennt, der dort herrscht, muß sich sagen, daß die Werft den Concurrenzkampf mit England für unabsehbare Zeit siegreich durchgeführt hat. Ernst Teja Meyer-Kiel. Oie Wirren in China. Der „Newyork Times" wird aus Washington telcgraphirt: China erweist dem Prinzctt Tua» Ehren und fordert dadurch Deutschland heraus, das ohne Zweifel auf diese Herausforderung antworten wird. Chinas Vorgehen beweist, wie unfähig cs ist, seine Lage zu er kennen, und cs zeigt zugleich, wie nichtig die Erwartung ist, daß China aus eigenem Antriebe die Frevler bestrafen werde. Wenn die Verhandlungen eröffnet werden, ohne daß Deutschland den Krieg erklärt Hal, so muß der erste Act der amerikanischen Bevollmächtigten fein, daß sie weitere Verhandlungen ab lehn en, bis Prinz Tnan degradirt ist. Aber der Krieg würde die Lage völlig ändern; wahrscheinlich würde das amerikanische Programm über den Hausen geworfen und die Vereinigten Staaten in den Krieg hineingezogen werden. Im Washingtoner Slaatsrepartement hat man derartige Erwägungen leider nicht angcstellt, aber es kann leicht so kommen, wie der Berichterstatter der „Newyork Times" es darstellt. * Berlin, 28. September. (Telegramm.) Miltheilungen des Kriegsministeriums über die Fahrt der Truppentransportschifse: „Darmstadt" 27. September in Singapore angekommen. TcutschlandS Action im Aangtscthale. Die sensationellen Gerüchte englischer Quelle, welche seit einiger Zeit Deutschland große Actions-, wenn nicht gar Er oberungspläne zuschreiben, haben sich plötzlich zu einer sehr positiven Form condensirt. Die Aufsehen erregende Depesche des Shanghaier Korrespondenten der „Morning Post", Mr. H. I. Wigham, hat Ihnen der Telegraph bereits überbracht. Sie hätte zu dem phantastischen Plunder der „Daily Expreß" und Consorten geworfen werden können, wäre nicht die „Morning Post" ein ernstes und oft gut unterrichtetes Blatt, und sein Correspondent in Shanghai ein Mann, der sich bisher als zuver lässig, vorsichtig und ernst erwiesen hat. Ueberdies kommen ähnliche Meldungen auch von anderer Seite. Nur die „Times" und das englische officiös« „Reuter-Bureau" schweigen sich noch aus. Diese drei Thatsachen zusammcngenommen haben leider die Tendenz, den Verdacht anzuregen, als handle es sich bei allen diesen Meldungen, wenn auch nicht um ganz freie Erfin dungen, so doch um geschickte Benutzung und Aufbauschung ge gebener Momente zwecks Beeinflussung der englischen Wähler. Es giebt kaum ein drastischeres Mittel, diesen die Nothwendigkeit einer starken Regierung L la Chamberlain und kräftiger Maß regeln zum Schutze der überseeischen Interessen Großbritanniens klar zu machen, als wenn man erst England als von Rußland in Nordchina verdrängt und dann dessen Interessensphäre im Uangtsethale durch Deutschland bedroht erscheinen läßt, daß man zu allem Ueberflusse noch der Volkseinfalt der Wählermassen Arm in Arm mit Frankreich vorführt. Tags zuvor hatten dieselben Correspondenten gemeldet (oder melden müssen), daß dieses böse Frankreich eifrig damit be schäftigt sei, die Occupation der an Tongking, Annam und Bir- mah anstoßenden chinesischen Provinzen zu organisiren, gerade wie Rußland sich der Mandschurei, Niutschuangs, Schang-Hai- wans und der Eisenbahn nach Peking, kurz, ungefähr des ganzen Nordchinas bemächtigt habe. Eingekeilt zwischen Beiden zeigt man das wehrlose England, dessen altersschwacher Premier sich nicht zu einer Chamberlain'schen Kraftprobe aufzuraffen ver möge, und nun läßt man plötzlich Deutschland den Briten noch ihr eigenstes Erbe, das Aangtsethal — vorläufig erst zur Hälfte — wegnehmen. Die obenerwähnte Depesche der „Morning Post" schloß mit dem angstvollen Hilferuf: „Schnelle Action ist noth- wendig, um den geplanten Handstreich zu verhindern." Gleich dahinter meldet derselbe Correspondent kaum vier Stunden später: „Rußland hat oie Eisenbahn im Norden Deutschland ausgehändigt." Da haben wir also den Dreibund Deutschland- Nußland-Frankreich, gegründet, um England um die Früchte seiner langjährigen Chinapolitik zu bringen. Auffallend bleibt dabei nur, wenigstens bis zu gewissem Grade, daß diese Nach richten nicht von der Jingo-Presse gebracht werden, die ganz im Gegentheil eine gemeinsame Action Deutschlands und Englands im Uangtsethale in Aussicht stellte, und gestern noch sich aus Petersburg melden ließ, Deutschland habe ein BUndniß mit Eng land geschlossen. In derselben Richtung wie die „Morning Post"- Depcsche mit ihrer Besetzung Wusungs, des Kiang-Uang- Arsenals, der Wegnahme der -die Aangtsemündung beherrschenden Kiang-Uing-Forts, der ganzen chinesischen Flotte, und „min destens" der Occupation der Provinz Kiang^su, welche Deutsch land gleichzeitig Anspruch auf das gejammte Hinterland, d. h. die gejammte Nordhälfte der Uangtsebassins verleihen würde, — in derselben Richtung, wie diese Meldung, bewegt sich das frühere Telegramm des Blattes, nach welchem der deutsche Gesandte Mumm vonSchwarzenstein Li-Hung-Tschanz dringend gemahnt habe, dafür Sorge zu tragen, daß die Dynastie sofort nach Peking zurückkehre, und alle Forderungen der Großmächte ohne Weiteres angenommen und Frieden geschlossen würde, da sonst die im klebrigen von den Mächten durchaus nicht gewünschte Aufteilung Chinas unvermeidlich werde. Alle diese Nachrichten erhöhen noch die schon so große Ver wirrung der Lage, und jener französische Diplomat scheint nicht Unrecht zu haben, welcher vor wenigen Tagen erklärte, eine ähnliche Confusion habe in den diplomatischen Beziehungen der Großmächte untereinander seit den Tagen des großen griechischen Befreiungskampfes nicht mehr geherrscht, und damals habe, ge rade so wie es jetzt der Fall zu werden scheine, nur das Schwert den gordischen Knoten zu zerschneiden vermocht und die Schlacht bei Navarine die Staatsmänner aus ihren Aengsten erlöst. Singanfu — chinesische Residenz. Die angebliche Absicht der Kaiserin - Regentin, Hof und die Regierung durch Verlegung der Residenz von Peking nach Singanfu, in der Provinz Schansi, am Wcihostrome, dem diplo matischen und gegebenenfalls auch militärischen Drucke der frem den Mächte zu entziehen, hat schon einmal bestanden. Vor zwei Jahren wurde sie auf das stetige Vordringen Rußlands in Nord china zurückgefllhrt. In der That mußte in Peking mit dem fortschreitenden Ausbau der russischen Eisenbahnlinien von Norden und Nordosten auf die Hauptstadt zu mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß Rußland bei einem Conflict mit China leicht einen Handstreich gegen Peking ausführen und diejenige chinesische Centralverwaltung in seine Gewalt bringen könnte. Eine besondere Rolle soll dabei auch die Besorgniß der Kaiserin Wittwe gespielt haben, daß bei einer solchen Gelegenheit ihr großer Goldschatz in die Hände der Russen fallen könnte. Wie die jüngsten Ereignisse gelehrt haben, ist Peking nicht nur vom Norden, sondern auch vom Petschili-Golf auS selbst in der un günstigsten Jahreszeit gegen ein stärkeres Aufgebot fremder Truppen nicht zu halten. Die im Jahre 1898 angeregten Er wägungen mögen deshalb jetzt wiederum den Plan der Verlegung der Residenz nach einem dem Machtbereich der „fremden Teufel" mehr entrückten Puncte zu neuem Leben gebracht haben. Singan fu ist Uber 800 Kilometer von der Küste entfernt, so daß eine directe Einwirkung fremder Kriegsschiffe ausgeschlossen ist. Dem Vordringen fremder Truppen aber stellt der wilde Hoangho sehr ernste, wenn nicht unüberwindliche Hindernisse entgegen. Fraglich bleibt allerdings, ob nicht schwerwiegende Gegen gründe gegen die Wahl des genannten Ortes sprechen. Kenner der geographischen und politischen Verhältnisse Chinas haben die Meinung ausgesprochen, daß Peking so ziemlich der einzige Punct ist, von dem aus eine centrale Leitung des ungeheuren Reiches gerade noch möglich ist. In der That ist eine Ausbreitung der Macht kaum anders denkbar, als daß sie von der Küste aus längs der gewaltigen Ströme in das tiefe Binnenland hinein aufgebaut wird. Besten Falles könnte die Mitt« und der Süden des Reiches von Singanfu beherrscht werden. Die gleichen Um stände, die diesen Ort gegen eine feindliche Invasion besser schützen als Peking, erschweren die Verwaltung und Vertheidi- gung des ganzen nördlichen Theiles, d. h. der Provinzen Schansi, Tschili, Schenking, die Mongolei und die Mandschurei: Nament»
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