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Dresdner Journal : 13.10.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188110137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18811013
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18811013
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1881
-
Monat
1881-10
- Tag 1881-10-13
-
Monat
1881-10
-
Jahr
1881
- Titel
- Dresdner Journal : 13.10.1881
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Donnerstag, den 13. October §23S 1881 Fdo»»ew«»t»pr«l»r DreMerMurml Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. von Einfiedel. Poltz. Ueiok« tritt?o«t- vnä 8t»n>p«Irri»<ülI»A tüora. streichle ihm sanft über die Augen, und dann schlossen sich diese müden, übernächtigen Augen langsam, und leise umfing ihn sanfter Schlummer. H jLtu-Uod - 4 SO?k. kioreioe ^uwmsin: lv kt Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. Beilage, iörsennachrichten. elrgraphische WitterungSbertchte. Alfred erwachte wie au» einem langen, tiefen Schlafe. Er schlug die Augen auf und blickte verwundert um sich. — Da- Gemach, in welchem er lag, war von zwei Fenstern erhellt, aber da» grelle Licht war durch die vorgezogenen schweren, dunklen Vorhänge zu wohl- thuendem Halbdunkel gedämpft. Am Fenster hatte sich bei seiner ersten Bewegung Jemand erhoben und war an da» Bett getreten, und jetzt sah er unmittelbar in da» rothe, freundliche Ge sicht Gustav'», der sich über ihn beugte und ihm for- Die» Alles war da- Werk eine» Augenblicks. Alfred hatte sich kurz besonnen. Schon stand er auf der Bordwand und warf seinen Mantel ab. Der Eapitän eilte herzn und umklammerte seinen Arm: „Sie opfern sich nutzlos! rief er. ES ist Ihr Tod! DaS eisige Wasser, Sie find erhitzt! Ein Rettungsring." »Er ist nicht flott zu machen!" schrie der Boots mann. »Lassen Sie mich, um GotteSwillen!" rief Alfred. Der Capitän trat zurück. Alfred schwang sich hinauf, hinüber. Dann ein Sprung und er war im Wasser. Die Passagiere, die sich an die Brüstung gedrängt hatten, sahen stockenden AthemS seinen kräftigen Stößen nach. Und jetzt war er bei ihm, ja, schon hatte er ihn gefaßt und hielt ihn fest; aber in grausem Spiel hob die Fluth die zwei mit dem Tode ringenden, gegen da- furchtbare Element kämpfenden Menschen, und begrub sie wieder; und wieder und wieder tauchten die zwei bloßen Köpfe au- dem weißlichen Wogengischt empor, und abermal- begruben sie die heranrollendrn Wellen. Iervol. Die unterzeichnete Königliche Kreishauptmannschaft at auf Grund 8 11 des ReichSgesetzeS gegen die ge- leinfährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie vom 1. October 1878 das Flugblatt „Wähler von Altstadt-Dresden von August Bebel" Selbstverlag des Verfassers — BereinSbuchdruckerei vttingen — Zürich verboten. Dresden, am 12. Oktober 1881. Königliche Kreishauptmannschaft. Nichtamtlicher Theil. U-dersichl. elegraphische Nachrichten. ieitungSschau. ageSgrschichte. ruenvungen, Versetzungen rc. im öffevtl. Dienke. rrsdner Nachrichten. rovinzialnachrichten. er HochverrathSproerß vor dem Reichsgericht. III. Statistik und VolkSwirthschaft. euilleton. vserate. Io»er»te»prei8« r ar ä«v Naum einer ^s»pLltsnsn kstitreile 20 kf. Unter „Lin^Enät" äis Astle KO kk. Lei l'kdsUou- und Atlkernsatr bv H FaLodt»^. Lrsvdviuea r ^Lxltok mit XninLdms <tsr 8oou- aoä ksiert»^e ^dvnä» kür cleo kolssoäeo »4 eue freie Presse" schreibt: „Niemals war dieSchei- du >g der Ressorts ängstlicher und strenger durchgeführt, als Lelegraphitche Uachrichle:'.. Berlin, Mittwoch, 12. Oktober, Nachmittag», lei. d. DreSdn. Journ.) Der „Provinzial-Corre- wndenz" zufolge ist der Minister de» Innern, , Puttkamer, zugleich an Stelle deS Grafen Kolberg zum Vicepräfidenten de» Staatsmini- erium» ernannt worden. London, Mittwoch, 12. October. (Tel. d. kesdn. Journ.) Die „Morning Post" will wissen, ährend der letzten paar Tage hätte zwischen den iabineten von Berlin, Wien, Rom und Madrid .n Dtptschenwechskl stattgefundrn über die Frage, b es räthlich sei, einen gemeinsamen Flottendienst LngS der ganzen afrikanischen Küste zum Schutze er durch den Aufstand der Araber bedrohten espectiven Unterthanrn und deren Interessen ein- »führen. Konstantinopel, Mittwoch, 12. October. Tel o Dretdn Journ.) Auf die Nachricht von der lbsendung eine» französischen und eine» englischen Panzerschiffe» nach Aegypten wurden die Drago- eane Frankreichs und Englands gestern inS Pa sis berufen, wo der Sultan ihnen mittheilen test, daß, nachdem die Ordnung und der ututn» (vv in Aegypten wieder hrrgrstellt sei, diese De- »onstration unnütz sei, und daS Verlangen aus- Lrlied! . . 18 K»ric Amtlicher Theil. Dresden, 12. October. Se. Majestät der König nd heute früh 8 Uhr von Wien in der Königlichen M zu Strehlen eingetroffen. Die io Lvaogvliois beauftragten Staatsminister eben dem Oberconsistorialrath Or. tbsol. Earl Christian ^apff die erbetene Versetzung in den Ruhestand be- Migt. Die io Lvaogolivis beauftragten StaatSminister iben den zeitherrgen Stadtpfarrer und Superinten- enten zu Leisnig, Friedrich Heinrich Anacker zum eistlichen Rathe bei dem evangelisch-lutherischen LandeS- linsistorium ernannt. Plötzlich fuhr Alfted empor. Hatte er geschlafen? Ja! Sie mußten schon einige Zeit auf der Fahrt sein, denn daS Schaufelrad draußen an der Bordwand rauschte gleichmäßig durch die brausenden Wellen, und gleichmäßig durchzitterte der dröhnende Schlag der Maschine da- Plankenwerk de- Bootee. Aber wa» war da-? — Ueber ihm, auf dem Verdeckt, eilten ge schäftige, schwere Tritte hin und her, und mehrere Stimmen riefen wirr und lärmend durcheinander. Nun stand auch mit einem Male die Maschine still; dann bewegte sich der Schiffskörper langsam in der ent gegengesetzten Richtung, nach rückwärt». Träumte Alfred? — Nein, da» war Wirklichkeit! — E» mußte etwa» geschehen sein! — Mit einem Sprunge war er auf, und eilte die steile Treppe der leeren Kajüte hinan. Eisig kalt schlug ihm oben ein heftiger Wind ent gegen und zugleich hörte er von der Lommandobrücke herab den Ruf: »Mann über Bord!" »Wer? Wer?" schrie Alfted den nächsten Ma- trosen an. »Ein alter Herr!" Dort!" rief der Mann und wie» mit der Hand über die Bordwand. Alfred'» Blicke folgten im Nu oer Richtung und da hatte er» gefunden! — Barmherziger Gott, Herr v. Ahlden! Da, dal Eben tauchte da» weiße Haupt wieder auf, auf einem Wogenkamm, und wirr hingen die langen, silbergrauen Haare im Wasser. al» daß eine gedeihliche Wirksamkeit de- Minister- deS Aeußern ohne die Wiederherstellung der Harmonie zwi schen allen obersten Stellen im Reiche denkbar wäre." — Die »Wiener Allgemeine Zeitung" berührt ebenfalls diese Frage und sagt: „Die SediSvacavz auf dem Ballpla^e wird zugleich die nach Einfluß auf die auswärtige Politik ringende Bewegung in Fluß brin gen, im guten wie im schlimmen Sinne. Im Lager der BerfassungSpartei wird man alle Hebel ansetzen, damit mit der Personenveränderung auch eine sachliche eiutrete, und verlangen, daß vom Ballplatze aus gegen eine innere Politik Front gemacht werde, welche unsere auswärtigen Beziehungen zu gefährden geeignet er scheint. Andererseits werden die Gegner der Verfas- sungSpartel Sturm laufen, um den vacant gewordenen Ministerfauteuil für einen der Ihrigen zu erobern." Sehr sympathisch lauten die Nachrufe der sämmtlichen ungarischen Blätter. Im „Pester Lloyd" heißt eS: „ES ist eine aufrichtige ungeheuchelte Todtenklage, die über den Heimgang Haymerle's durch alle Lande Oesterreich-UngarnS ziehen wird. Diesem Tode ist kerne versöhnende Mission Vorbehalten gewesen, denn Haymerle hatte keine persönlichen Feinde. Wenn auch die staatsmännischen Qualitäten Haymerle's nicht ganz auf gleicher Höhe mit dem Adel seines Herzens und der Noblesse seiner Gesinnung standen, das Lob kann ihm uneingeschränkt in- Grab nachgerufen werden: das auswärtige Amt hat manch' bedeutenderen Mi nister kommen und gehen gesehen, aber keinen einzigen, der von dem Ernste seiner Aufgaben mehr durch drungen war, als Haymerle. Er war ein aufrichtiger Freund, er fühlte warm für die ungarische Nation." Ueber die Nachfolgerschaft Haymerle's sagt dasselbe Blatt: „An Parteicandidaten wird kein Mangel sein. Schon zu Lebzeiten des Baron» Haymerle war die bunt zusammengewürfelte Majorität des Grafen Taaffe von der Ambition erfüllt, ihre Herrschaft durch einen Minister deS Auswärtigen, der ihre Farben trägt, zu krönen, und versteht eS sich von selbst, daß sie nun aus aller Kraft die Arbeit in dieser Richtung fortsetzen wird. Bald genug werden also Namen an der Bildfläche erscheinen, deren Träger wir uns längst als verschollen gedacht, andere, die mit frischem Firniß bestrichen, die Risse und Sprünge ihrer defekten Vergangenheit unsichtbar machen wollen. Allein wo ist der Name von echtem, unverfälschtem Metallklang, dessen innerer Gehalt dem äußern Glanz entspricht? Und wer unter der großen Menge Derjenigen, die sich als berufen erachten, wird der AuSerwählte sein? Einst weilen wissen wir eS nicht, und einstweilen forschen wir nicht danach; aber wer auch kommen mag, aus schlaggebend dünkt uns die Thatsache, daß, so lange die Wünsche und Anschauungen der unabhängigen öffentlichen Meinung sich geltend machen können, nichts kommen darf, was die Jnaugurirunq einer neuen Ex perimentalpolitik bedeuten, was die Motive einer Partei auf die Probleme der auswärtigen Politik übertragen oder was der Haltung unserer Monarchie den Stempel der Ruhelosigkeit und Unstetigkeit ausprägen könnte, und daß vor Allem nichts kommen darf, was die ReminiScenzen alter Jrrthümer und > verwundener Mlsören zu frischem Leben umgestalten möchte." — „Pesti Naplo" schreibt über denselben Gegenstand: „Wir müssen fordern, daß angesichts der Enlrevue in Granica, welche tue rasche Ernennung eines neuen Ministers des Aeußern fordert, der ungarische Minister präsident Koloman Tisza seine verfassungsmäßige Pflicht erfülle und dahin wirke, daß sine oobis kein Minister ernannt werde, der eine slawophile Politik und eine russische Allianz betreibe ohne Ungarn und gegen Ungarn. DaS ist die Gefahr, welche der Mo narchie durch den Tod Haymerle's droht." Zumeist werde diese Furcht bestärkt durch die Thatsache. daß gegenwärtig G»af Taaffe in Oesterreich regiere. I»»»r»t«a»ui»»liiii« »»»Mitri», r^ixriS: Oommii»ionLr äs» Orsiävvr soun»»l»; N»»d»rU S«rU» Vi« l^ip-ix - N»—l- ». Da««n«t«» L Vo-ier,' L«rti» ». L«4«i -/«««- N»rU»:LLoeM»cL, Lr»w»»:L.Se-i<^« - Nr»»l»»: I«. ÄanA«»'« öürv»»; ». N.: L ./»«-«''»oll« Luvbbicoälllll^; osrUt»: S»»»ovrrv Sc-»!«/«', N«r»L-rr»Lktarr ». ». Da««-« st 6o., D L/««<i-«,, St«»«'. L»r»u»xvd»r: Lüoizl. Lipsäitioo äs» Vrvsäovr Uovra»t», Vrvsävll, Avil»8«nitnt«v So. 20. sprach, der französische und der englische Botschafter, Tissot und Lord Dufferin, sollten die Absendung der Panzerschiffe suSpendiren. Alexandrien, Mittwoch, 12. Oktober. (Tel d. DreSdn. Journ.) Da» französische Panzerschiff „Alma" ist gestern hier ««gekommen. lichtest, der diplomatischen Feinheit nicht die der Regierung eine- großen Reiche« nothwendige Entschiedenheit mangle." — In völlig gleichem Sinne erklärt auch die (alte) „Presse": „Wer immer aber zum Minister des Aus wärtigen ernannt werden mag, er wird, die- ergiebt sich au- der Gesammtlage Europas, aus den Existenz bedingungen unsere- StaateS und dessen Beziehungen zu den Nachbarreichen, nur die von Andrassy auf dem Berliner Longresse angebahnte und in dem Bündnisse mit Deutschland begründete erhaltende Politik ein schlagen können: eine Politik, welche den Frieden zu wahren sucht, so lange derselbe mit der Ehre und Machtstellung unsere- Reiche- vereinbar ist, und welche gleichzeitig dafür Sorge trägt, daß diese Machtstellung auch für die Zukunft nirgends präjudicirt werde, sei eS auf der Balkanhalbinsel oder wo immer sonst. Die Vorgänge in Nordasrika, die Wandlungen, die sich in Aegypten vorbereiten, das in Aussicht stehende Regi ment Gambetta'- in Frankreich und die Unberechen barkeit der Zustände in Rußland — dies Alles weist heute mehr, al» je zuvor Oesterreich und Deutschland auf ein enges Aneinanderschließen an gegenüber den Gefahren, welche die Zukunft bringen kann." Die deutsche Verfassungspartei verliert in Baron Haymerle einen getreuen Anwalt. Wenn ihm häufig der Vor- Wurf der Zurückhaltung in Fragen der inner» Politik gemacht wurde, bemerkt die „Pr.": „Der Einmischung in die innere Politik blieb Baron Hay merle ferne. Er hatte bei seinem Amtsantritte sich mit dem Grafen Taaffe klar auSeinandecgesetzt und hielt seither an dem Grundsätze fest, daß auch die Slawen in Oesterreich nicht an die Wand gedrückt werden dürfen; wie wenig Duldung er aber wiederum ihren Extravaganzen ent- geaengebracht wissen wollte, hat er wiederholt und unzweideutig an berufener Stelle kundgethan." — Die San Lazzaro. i Novelle von Otto v. Leitgeb. (Fortsetzung.) Langsam stieg er in die Kajüte hinunter und warf sich in seiner Labine auf den schmalen, harten Diwan. Er hatte Recht gehabt. Die Leute des Boote- hatten schon öfter nach dem großen, ernsten Herrn hinüber- aeblickt, der fo regungslos an der Brüstung lehnte und so düster nach dec Stadt hinübersah. Auch war er von allen Passagieren der allererste gewesen. Lange vor der Zeit war er mit einem andern, starken, roth bärtigen Herrn gekommen, von dem er kurzen aber herzlichen Abschied genommen, und seither war er wie angewurzelt rückwärts beim SteuerhäuSchen stehen ge blieben und hatte unverwandt, al- könne er seine Blicke nicht loSreißen, hinüber nach dem Kai gesehen. L- In Alfred'- Kopfe drängten sich indeß tausend Ge- wnken, aber nicht in der sonstigen raschen, lebhaften Weise. Träg kamen sie heran, und gleichgiltig musterte er sie gleichsam und nahm an keinem Antheil. ES war doch gut, dachte er, daß er da» Verdeck »erlassen. Wollte nicht Hr. v. Ahlden mit dem gleichen boote fahren? Richtig, ja! — Und dann flogen seine Gedanken nach Waldburg zur kranken Mutter und zu Paul, und er lächelte wehmüthig, al» er an Arabella'- »nd Paul'» ruhige», ungestörte» Glück dachte, und tonn kam e» ihm vor, Dagmar stehe vor ihm und schend in die Augen sah. — Er nickte freundlich mit dem Kopfe und fragte: „Bist Du endlich wach, Alfred? DaS ist schön von Dir, alter Junge! — Bist gar lange so im Schlafe gelegen. Wie fühlst Du Dich?" „Gustav!" sagte Alfred, und ein freudiger Schim mer flog über sein bleiches Gesicht. „Du bist eS? — Aber wie komme ich hierher? Ich erinnere mich nicht mehr, hilf mir ein wenig nach!" Er schloß die Augen und lehnte sich in die Kissen zurück. „Schlummere noch ein wenig, Alfred!" entgegnete Gustav. „Du mußt Dich erst ganz erholen, dann wollen wir meinetwegen über die Vergangenheit sprechen und auch über die Zukunft!" Alfted schlug die Augen wieder auf und sah ihn klar an. „Ich bin ganz wohl, Gustav! Laß' uns lieber jetzt über Alles sprechen. Und — ja, jetzt erinnere ich mich auch wieder! Ich habe den alten Herrn v. Ahlden au» den Wasser ziehen wollen! Ader wie ging e» weiter, mir scheint, e» ist mir nicht allein ge lungen?" „Ein Boot kam Dir rechtzeitig zu Hilfe", sagte Gustav. „Der alte Herr ist glücklich gerettet und be reit» wieder wohlauf. Du aber verfielst uns in diesen Schlaf, in dem Du nun schon 3 Tage hier bei mir liegst. Doch, Du bist aut gepflegt worden, Alfred; Marie und ich waren stets um Dich, und oft noch ein anderer Jemand." (Schluß folgt.) Dresden, 12. October. Die gesammte Presse der österreichisch-ungarischen Monarchie steht unter dem Eindrücke der Trauerkunde von dem plötzlichen Tode de» Minister» des Aeußern Frhrn. v. Haymerle, dessen staatsmännische» Wirken allseitig die aufrichtigste Anerkennung findet. Darin, daß mit Baron Haymerle ein treuer Diener de» Kaiser» und deS StaateS, ein höchst verdienstvoller und mit edlen, liebenswürdigen Charaktereigenschaften geschmück ter Mann vorzeitig in- Grab gesunken ist, herrscht nur eine Stimme. Ebenso einmüthig ist man in der Ueber- zeugung, daß durch den Tod des Frhrn. v. Haymerle die bisher festgehaltene Linie der äußern Politik Oesterreich-UngarnS nicht im Entferntesten werde ver rückt werden, und daß sein eventueller Nachfolger ebenso die Politik deS Ministers Haymerle fortzusetzen haben wird, wie dieser selbst die Politik Andrassy'^ fortsetzte, wobei die unverbrüchliche Freundschaft mit Deutschland als der Leitstern bezeichnet wird, welcher dem künftigen Minister, wie seinen beiden Vorgängern, vorauszuleuchten haben wird. Das „Fremdenblatt" sagt: „Der Eckstein der Politik deS Frhrn.v.Haymerle war die Freundschaft mit Deutschland; im vollen Ein vernehmen mit dem deutschen Reichskanzler trat er jeder Zeit für eine gewissenhafte und friedliche Durch führung des Berliner Vertrags ein, und eS stelang ihm, die Interessen Oesterreich-UngarnS, die ja in der Hauptsache mit den allgemeinen europäischen Interessen identisch sind, in allen großen schwebenden Fragen zur Geltung zu bringen ... Es ist nicht die Schuld Hay merle's, wenn heute noch manche wichtige wirthschaft- liche Angelegenheit auf der Balkanhaldinsel in der Schwebe ist; verfahren ist von ihm nichts worden. Er hat nirgendwo ein österreichisch-ungarisches Interesse preisgegeben, sondern er hat im Gegenthell da, wo eine befriedigende Lösung noch nicht möglich war, die Richtung vorgezeichnet, m der sich unsere Politik be wegen muß, wenn sie zum Ziele gelangen will. Um die Verdienste, welche sich Baron Haymerle um unsere Monarchie erworben hat, nach ollen Seiten gerecht zu würdigen, darf auch nicht unerwähnt bleiben, was von ihm für die freundschaftlichere Gestaltung unserer Be ziehungen zu Italien geschah. Sein Amtsantritt fiel in die Zeit, wo die Italia irrsäenta ihre wüstesten Orgien feierte; die ewigen Provokationen dieser revolutionären Verbindung drohten daS gute Verhältniß zwischen unserer Monarchie und dem apenninischen Königreiche bedenk lich zu trüben, als eS der ebenso entschiedenen wie versöhnlichen Haltung deS mit den italienischen Ver hältnissen innig vertrauten Leiters unserer auswärtig:» Politik gelang, allen Mißverständnissen ein Ende zu machen und volle Klarheit in die gegenseitigen Be ziehungen der beiden Reiche zu bnngen... Hat Baron Haymerle während seiner zweijährigen Ministerthätigkeit auch keine Gelegenheit gehabt, seinen Namen nut großen, epochemachenden Ereignissen zu verknüpfen, so werden die Verdienste, die er sich um Oesterreich-Ungarn er worben hat, doch nicht sobald vergessen sein. Wer immer berufen sein wird, ihn zu ersetzen, wir können nur wünschen, daß er sich daS Beispiel de» Verstorbe nen zum Muster nehme. Die unserer auswärtigen Politik zu Grunde liegenden großen Principien, das bedarf wohl keiner ausdrückliche» Betonung, werden durch den Wechsel im Ministerium keine Aenderung erfah ren; aber wir hoffen, daß auch in Zukunft bei Geltend machung dieser Principien der Energie nicht die Versöhn ur er Haymerle; niemals hat die auswärtige Politik du innere weniger beeinflußt, als unter ihm; niemals ab r war auch der Zufluß an Kraft aus dem innern O ganismuS, welcher dem auswärtigen Minister erst S bstbewußtfein, Autorität und Energie verleiht, spür- lu er, als unter ihm. In Allem da» Widerspiel sei >eS Vorgänger» Andrassy, wußte er zwar Ordnung, G aauigkeit und Pünktlichkeit in den Geschäftsgang de auswärtigen Amtes ru bringen, der in diesem Be- lcmgen Manches zu wünschen übrig ließ; aber niemals hat er eS vermocht, sich die dominirende, auf alle Staatsangelegenheiten ohne Ausnahme einflußreiche Stellung zu erringen, die Andrassy besaß und die ihn manchmal den inneren Angelegenheiten gefährlich machte, dafür aber der Leitung der auswärtigen Angelegen heiten den vollen und klaren Ueberblick über alle StaatS- kräfte eröffnete, mit denen sie zu rechnen hat und die ihr dienstbar sein müssen. Aus diesen Eigenschaften und auS dieser Stellung Haymerle's ist eS zu erklären, daß eine ausgesprochene, bestimmte, charakteristische Po litik während seiner Amtsführung nicht zu erkennen war. Indem er mehr sein Ressort, als sein Amt ver waltete, entglitt seinen Häuten das Steuer der öster reichischen Reichspolitik, die selbst in der Geschäfts führung eines Buol oder Rechberg nicht zu verkennen war. Seiner Erziehung und Gesinnung nach sicher kein Anhänger de» Systems Taaffe, ließ er sich das selbe dennoch gefallen und unternahm Nichts, wa» da rauf hindeuten würde, daß er sich deS Einflusses diese» Systems auf die auswärtigen Angelegenheiten bewußt war. . . . Wer immer Haymerle's Nachfolger werden mag, er wird genöthigt sein, die Stellung de» Mini sters deS Aeußern vor Allem anders zu gestalten, ehe er eS unternimmt, die auswärtigen Angelegenheiten, sei e» in die alten, sei e» in neue Bahnen zu lenken. Die innere Politik hängt zu sehr mit der äußern zu sammen, die eine ist zu sehr durch die andere bedingt,
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