Volltext Seite (XML)
Wist/MM Tageblatt H^cheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. 'Annahme von Inseraten für die nächster' Meinende Nummer bis mittags 12 Uhr. Zer «bonnementspreis beträgt vierteljähr- 'ch 1 Mk. 25 Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Zierate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Wedition: Waldenburg, Obergaste 291 8. Val-enburger Ameizer. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufunge» bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr 163; in Rochsburg bei Herrn Paul Z-^; in Wolksnburg bei Herrn Ernst Nö;che; n Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirste, Amtsblatt für den Stadtrath zu Maldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Pemg, 8rmze»a«, 8i sttSVReirt-GMNderg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Taüenberg, ZL. Zgisien, Frohnsdorf, Kalken, Brambach, Kanfungen, Langenchursdorf, Langen truba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Ooerwintel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, ltemse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Lolkenburg und Ziegelheim. 188. Mittwoch, den 14. August 1895. Witternngsbericht, ausgenommen am 13. August, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 761 mm. reducirt auf den Aieeresspiegel. Thermometerstand -j- 21" 6. (Morgens 8 Uhr -4- 18".) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 44"/v. Thaupunkt -st 9 Grad. Windrichtung: Südwest. Daher Witterungsanssichten für den 14. August: Meist halbheiter. "Waldenburg, 13. August 1895. Vor einem Vierteljahre konnte man auf Grund der damals vorliegenden Ernte- und Marktberichte recht wohl mit einem Anziehen der im Herbst 1894 so außerordentlich tief heruntergegangenen Roggenpreise rechnen. Hinzu kam, daß der Roggenpreis schon bis zur Mitte von 130 avancirt war und auch noch sehr wohl bis 150 hätte steigen können. Dabei wären zwar noch keine Reichthümer unter den heutigen wirthschafllichen Verhältnissen zu erzielen, immerhin aber eine Production möglich gewesen, die doch einigen Profit gesichert hätte. Vor einem Jahre lagen die Preissätze besonders in solchen Gegenden, welche von den großen Centralmärkten weiter entfernt waren, recht traurig; wenn überhaupt für Roggen Abnehmer vorhan den waren, so wurden doch kaum hundert Mark für die ' Tonne von 10 Doppelcentnern bezahlt, ein Satz, bei welchem auch der billigst arbeitende landwirthschaftliche Betrieb nicht auf einen grünen Zweig kommen, für die Dauer überhaupt nicht existiren kann. Die Hoffnungen und mehr oder minder festen Erwartungen auf eine Wen dung zum Besseren in dieser Ernte haben sich nun leider nicht erfüllt; ist es zur Stunde nicht ganz so arg, wie 1894, so ist es doch auch nicht viel besser, und der Landwirih hat keine leichten Tage. Der Preis für die Tonne Roggen ist an der Berliner Börse schon unter 120 Mark heruntergegangen, und, wie zu erwarten, wer den die kleineren Landwirthe bei starkem, gleichzeitigem »Angebot fernab vom Hauptmarkt noch weiter gedrückt ! werden. Am Hauptmarkt selbst ist ein bedeutenderer, weiterer Fall aber kaum zu erwarten, und immerhin mag somit ein Roggenproducent, der mit dem Verkauf warten kann und wartet, noch mehr erzielen, als ihm heute zu erzielen möglich sein wird. Man mag damit rechnen und sich diesen Gewinn nicht entschlüpfen lassen. Worin sind die Ursachen des seit etwa 2'/r Monaten wieder eingetretenen Preisrückganges zu suchen? Am !l Markte werden dafür große Angebote aus dem Auslande ins Felo geführt. Die Ernte mag im Auslande ja stellenweise eine bedeutendere sein, als sie bei uns sich herausstellen wird, allein es will schwer werden, zu glau- chen, daß sie eine so kolossale ist, daß man das Getreide .zu dem niedrigen Preise losschlagen müßte, welcher übrig «bleibt, wenn man vom deutschen Marktpreis Zoll, Trans portkosten und Unternehmergewinn in Abzug bringt. Es .scheint hier wieder einmal die Speculation eine außer ordentlich rührige gewesen zu sein und durch Differenz- Igeschäfte einen Preisdruck herbeigeführt zu haben. So mar liegen die Ernteziffern aus allen Roggen produciren- >en Ländern noch keineswegs, daß nun Hals über Kopf Pie Marktpreise fallen müßten; die großen Getreide- sspeculanten, in deren Vortheil der billige Roggeneinkauf natürlich liegt, haben wieder einmal tüchtig Senf an den Braten gebracht und so ein Gericht zubereitet, welches /den deutschen Landwirthen doch gar nicht schmecken will. Der Verlauf des diessommerlichen Kornmarktes zeigt 'wieder schlagend die Nothwendigkeit einer gründlichen 'Reform der Börsenverhältniffe, namentlich aber die Be- 'echtigung der Forderung nach einer rücksichtslosen Unter drückung der Differenzgeschäfte oder wie sie sonst da und wrt genannt werden. In Brodkorn sollen nur wahr heitsgemäße, thatsächliche Geschäftsabschlüsse zulässig sein, nicht aber solche fingirten Geschäfte, bei welchem es sich -m die Differenz zwischen dem vereinbarten Preissatze nd dem wirklichen Marktpreise handelt. Damit wird :der reelle unbeeinflußte Handel unterbunden. Und wenn ne solche strenge Maßnahme gegen die Differenzgeschäfte auch eine Anzahl von Zwischenhändlern aus dem Ge treidehandel entfernt, die Herren, welche übrig bleiben, brauchen sich um das Verschwinden der betr. Elemente nicht zu bekümmern, am allerwenigsten darüber zu trauern und die Landwirthschaft erst recht nicht. Diese Preislage der Hauptfrucht der deutschen Land wirthschaft wird aber auch nach anderer Seite hin Folgen zeitigen. In der letzten Reichstagssession ist bekanntlich über nichts so viel und so lange verhandelt worden, wie über die bedrängten Verhältnisse in der Landwirth- fchast. Verschiedene Gesetzentwürfe, welche die Förderung von anderen ' landwirthschaftliche» Productionszweigen betreffen, sind der Volksvertretung unterbreitet und auch angenommen. Nur im Hauptpunkt, in Herbeiführung einer Maßnahme zur Erhöhung der Getreidepreise, ist Alles beim Alten geblieben, nachdem der preußische Staatsrath unter Vorsitz des Kaisers sich gegen den Antrag Kanitz auf Einführung eines Reichsmonopols für ausländisches Getreide ausgesprochen hatte. Es ist vorauszusehen, daß in der kommenden Reichstagssession diese und andere Anträge aufs Neue mit erhöhtem Nach druck werden gestellt werden, und die Auseinandersetzung hierüber eine größere Schärfe annehmen wird. In der letzten Neichstagssession sprach man von Seiten der Reichsregieruug und auch sonstwo ebenfalls die Hoffnung auf erhöhte Roggenpreise für die Ernte 1895 aus, die dann ja auch allgemein erwartet wurde. Wie Eingangs schon ausgeführt, ist es damit nichts geworden und die Landwirthe werden auf diese Thatsache Hinweisen. Gar viele Landwirthe stecken in unliebsamen finanziellen Ver hältnissen, die Aussichten auf später eintretende wirklich lohnende Preise für landwirthschaftliche Producte sind nicht allzu glänzend, und da wird denn nach Schlichtung gedrungen. Die Reichsregierung wird um ein festes, großes und inhaltvolles Agrarprogramm nicht mehr wohl herumkommen. So oder so, aber aus dem Bereich der Möglichkeiten müssen wir in den der Thatsachen übergehen. PvULijche Murisscharr. Deutsches Reich. Der Kaiser ist am Sonntag Morgen mittels Extra zuges von Southampton auf der Station Clifton and Lowther angekommen, wo Lord Lonsdale ihn erwartete und sofort nach Lowther Castle geleitete. Vor seiner Abreise von Cowes hat der Kaiser an Bord seiner Dacht „Hohenzollern" ein größeres Herrendiner gegeben, an dem sich der Prinz von Wales, der Grvßherzog von Mecklen burg, der Herzog von Dork u. A., sowie die englische Botschaft betheiligten. Der Kaiser trank auf die Gesund heit der Königin Victoria und nachher auf diejenige des Prinzen von Wales, der seinerseits ein Hoch auf den Gastgeber ausbrachte. Ueber die Ankunft in Lowther Castle wird des Weiteren berichtet: Eine große Menschen menge hatte sich eingefunden und begrüßte Se. Majestät auf das Lebhafteste. Auf dem Bahnhof war eine Ab- theilung Jäger in scharlachrothen Nöcken aufgestellt. Der Wagen, in welchem der Kaiser mit Lord Lonsdale sich nach dem Schloß begab, wurde von berittenen Polizei mannschaften und Jägern escortirt. Auf dem Schlöffe angelangt, nahm der Monarch das Frühstück ein, worauf er einen Spaziergang machte. Am Montag früh begab sich der Kaiser zur Jagd nach Wemmergde und nahm das Jagdfrühstück bei Lord Westbury ein. Abends er folgte die Rückkehr nach Lowther Castle. Die Kaiserin Friedrich wohnte der Enthüllung des Kriegerdenkmals in Oberursel bei. Von dort begab sie sich nach Homburg v. d. Höhe zum Besuch der englischen Kirche. Das Befinden des Fürsten Bismarck wird nach wie vor als ein zufriedenstellendes bezeichnet. Die von ärzt licher Seite angeordnete Ruhe bekommt dem Fürsten vorzüglich und ermöglicht ihm, daß er seiner alten, lieb gewordenen Gewohnheit, der Verwaltung seiner Güter, wieder die größte Aufmerksamkeit zuwendet. Das wich tigste Geschäft für den Fürsten ist natürlich die Be schäftigung mit Politik, d. h. soweit sie eben ein Privat mann betreiben kann. Das Lesen der Zeitungen rc. nimmt fast täglich ziemlich viel Zeit in Anspruch; außer dem Pflegt der Fürst seine kleinen Spaziergänge und Ausfahrten nur bei ganz schlechter Witterung zu unter lassen. In der letzten Zeit haben sich wiederholt Depu tationen anmelden lassen, aber in Rücksicht auf die nö- thige Erholung des Fürsten mußten sie abgelehnt werden. Selbst eine Deputation von Deutschen aus Ostafrika er hielt einen ablehnenden Bescheid. Die deutsch-amerikani schen Veteranen, deren Zahl mit Frauen und Kindern etwa 2000 beträgt, werden dem Fürsten Bismarck einen Besuch abstatten. Bismarck hat sich bereit erklärt, sie zu empfangen. Fürst Bismarck hat an den Verein „Niederwald" in Wien, der ihm einen Briefbeschwerer mit dem in Silber getriebenen Reliefbilde der Stephanskirche spendete, folgendes Dankschreiben gerichtet: „Euer Hochwohlge boren und den Herren Mitgliedern des Vereins sage ich meinen verbindlichsten Dank für den Ausdruck Ihres Wohlwollens in der kunstreich ausgestatteten Adresse und für die beigefügte Geburtstagsgake, welche ich gerne in Gebrauch nehme und die mich an erfreuliche und ehren volle Tage in Wien und zugleich an unsere persönliche Bekanntschaft und Begegnung vor drei Jahren erinnert." Sein KOjähriges Dienstjubiläum beging am Montag der frühere Chef der deutschen Admiralität, General der Infanterie z. D. Albrecht v. Stosch, geb. am 20. April 1818. v. Stosch war während des Feldzuges 1866 Oberquartiermeister, wurde im Juni 1866 Generalmajor, am 18. December desselben Jahres Chef des Oeconomie- departements im Kriegsministerium, am 18. Juni 1870 Generalintendant der Armee, am 26. Juli 1870 General lieutenant und während des Krieges Chef des Stabes beim Großherzog von Mecklenburg-Schwerin. Am 1. Januar 1872 wurde er zum Chef der Admiralität mit dem Character als Staatsminister ernannt, 1875 zum General der Infanterie befördert und am 20. März 1883 in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs zur Dis position gestellt. General v. Stosch besitzt den Schwarzen Adlerorden, den Orden xour Is merits, das Eiserne Kreuz 1. Klasse usw. Sein Ausscheiden aus der Admi ralität ist auf Meinungsverschiedenheiten mit dem Fürsten Bismarck zurückzuführen. Die „Nordd. Allg. Ztg." antwortet dem Londoner „Standard" heute in einem Leitartikel auf dessen wiederholte schulmeisterliche und anmaßliche Ausführungen gelegentlich des Besuches unsres Kaisers in Cowes. Die „Nordd. Allg. Ztg." meint, sie hätte geschwiegen, so lange unser Kaiser als Gast in England weilte und betont alsdann, daß die Artikel wohl die Ansicht ver träten, daß England mit allen Mitteln wohlwollender Diplomatie zur Erhaltung des Friedens mit Deutschland und dem Dreibunde zusammengehen möge, daß man aber leichter an die Ehrlichkeit dieses Bestrebens glauben würde, wenn nicht so einseitig von den englischen Wohl- thaten englischer Gönnerschaft gesprochen worden wäre.