Volltext Seite (XML)
WsMiWitlmg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtfeittgem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Mir die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle nnd an bestimmten Tage»» wird keine Garantie überrwmme»». Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehne. - Druck und Verlag von Carl Jehns in Dippoldiswalde. Nr. 28. Dienstag, den 10. März 1908. 74. Jahrgang. . "77—' — H.IS« Die .Weitzeritz-Zeitung' erscheint wöchentlich drel- mal: Dienstag, Donner», tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen. denMenden ausgeaeben. Preis vierteljährlich 1M. 15 Psg-, zweimonatlich 8» Pfg-, cinmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern IO Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. Inserate werden mit 1L Pfg., solche au» unser« Amtshauptmannschast mit 12 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. ZV Pfg. - Tabellarische und komplizierteJnserat« mit entsprechendem Auf- schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, dl« Spaltenzeile 30 Pfg. Die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschast hat mit dem Bezirksausschüsse genehmigt, daß der zu Berkiindigung allgemeiner Veröffentlichungen und Anordnungen in Gemeinde- und ortspolizeilichen Angelegenheiten in Avlvdstäüt bisher am Wohn haus« des früheren Gemeindeoorstandes befindlich gewesene Lu8dLosvkS8toa »M Llred- »edvldtmsa in Reichstädt angebracht wird. 213 a König!. Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, am 25. Februar 1908. Die Herren Bürgermeister und Gemeindenorstände des Bezirks — mit Ausnahme von Altenberg, Geising, Breitenau, Fürstenau, Georgenfeld, Hermsdorf im Erzgebirge, Holzhau, Rechenberg und Zinnwald — werden veranlaßt, die unter Nr. 26 der Samm lung amtshavptmannschaftlicher Bekanntmachungen pp. bezeichnete tab ellarifche, oder Fehlanzeige über die in ihren Gemeinden wohnhaften, beziehentlich ansässigen ßLldo- Itsokva Kisubov88vll088vn bis spätestens zum 10 LprU älS808 ^sdrv8 einzureichen. 304 K. König!. Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, am 3. März 1908. ..." . _ü Alles zu seiner Zeit. Auch bei gesetzgeberischen Maßnahmen kommt es nicht allein darauf an, was man tut, sondern unter Umständen «och mehr darauf, wenn man neue Bestimmungen oer- wirllicht. Dieses „Wann" hat schon mehr als einmal Reichstagsbeschlüsten recht lästige Folgerungen gegeben, die man eigentlich hätte voraussehen können. Besonders drastisch ist das bei der Reichsfahlkartensteuer in die Er scheinung getreten; als diese Angelegenheit im Reichstag zur Entscheidung gelangen sollte, wurde nachdrücklich be- betont: „Verehrte Reichstags-Mehrheit, es wird des Guten zu viel; denkt daran, daß im nächsten Jahre noch die Pcrlonen-Tarif Reform kommt, da muß die Elle länger werden, wie der Kram!" Aber die Majorität der Volks vertreter war froh, überhaupt ein Steuerobjekt zu haben, und so ist es denn gekommen, wie es mußte, die Steuer einnahmen sind nicht allein viel geringer, wie man er wartet, auch die Eisenbahneinnahmen sind gesunken. Es muß also eine Aenderur g vorgenommen werden, denn was geschah, war nicht zeitmäßig. „Jetzt kommt wieder eine gesetzgeberische Neuerung zur Abstimmung, die in Großstädten und Kleinstädten viele Gewerbckieise beschäftigt. Wir meinen die weitere Aus dehnung der Sonntagsruhe für das osfene Handelsgewerbe. Borgesst,lagen wird bekanntlich eine allgemeine Sonntags ruhe, dagegen soll es den Behörden gestattet sein, eine dreistündige (statt der heutigen fünfstündigen) Aibeitszeit zuzuiajsen, die fick aber nicht über zwei Uhr nachmittags hinaus erstrecken soll. Hierzu werden nun aus drei Lagern Stimmen laut: Ein Teil, namentlich auch die Handlungs gehilfen, möchte die Sonntagsruhe noch mehr erweitert sehen; der zweite Teil — freilich nur ein geringer — steht der Frage der Sonntagstäiigkeit gleichgiltig gegen über, die drille Partei bezeichnet eine kürzere sonntägliche Tätigkeit, als die heutige von sünf Stunden, als eine schwere Schädigung des Gewerbejtandes und protestiert dagegen aus allen Krästen. Diese Proteste werden aus Berlin und anderen grogen Städten ebenso laut, wie aus kleinen Orten und die Begründung gipfelt darin, daß bei den heutigen hohen Ladenmicten und Unkosten der Ver dienst sowieso schon gering genug sei, d e Leute sich auch keineswegs an die verkürzte Verkaufszeit gewöhnen würden; sie würden bei Agenten und Reisenden kaufen und so dem stehenden Handelsgewerbe eine schwere Schädigung zu- sügen, die bis zur Bedrohung ganzer Existenzen sühren könnte. Um den Kern der ganzen Sache vorweg zu nehmen, handelt es sich auch hier wieder um das: Alles zu seiner Zeit! Daß eine möglichst lange Sonntagsruhe für das kaufmännische Persönal wünschenswert ist, ist zweifellos, «uch jeder Prinzipal wünscht sich eine solche. Es kann auch für eine ganze Reihe von Betrieben diese Ruhezeit sofort eintreten. Aber doch nicht für alle und überall! Daß die Mieten hoch, die Ansprüche des Publikums nicht gering, der Gewinn oft klein ist, ist eine Tatsache, die da zu zwingt, sich die Kunden möglichst zu sichern, besonders in der gegenwärtigen Zeit, die unter dem Zeichen eines beschräntten Geldvorrates und einer gehemmten Kauslrast steht. Bescheidenen, selbständigen Existenzen, die sich empor- arbeiten und auf der Höhe halten möchten, da die Arbeits- sreudigkeit zu unterbinden, ist eine Härte, die nicht ver standen würde. Schwämmen wir herte im Geldübersluß, kämen nicht Reich, Staaten und Städte mit immer er höhten Steuer-Ansprüchen, warum nicht, es ließe sich alles machen. Aber so günstig stehen wir nicht da, und es ist damit zu rechnen. Der Reichstag hat hier die Entschei- sung; er mag ja mit der Möglichkeit von wesentlich ver- besserten wirtschaftlichen Verhältnissen heute rechnen, aber er soll, bis er soweit ist, die Acbeilssreudigkeit nicht in Fesseln schlagen. Sprechen wir es offen aus: Vielfach, bei schwierigen Terrain-Verhältnisen und unter besonderen Umständen, läßt sich «ine fast verallgemeinerte Sonntags ruhe gar nicht verwirklichen, die Geschäftsleute müssen ihren Kunden entgegenkommen. Soll das nun immer unter dem Zeichen der Denunziation und Bestrafung geschehen? Wir Deutschen können uns in so etwas nicht recht hinein denken! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wie wir aus dem Programm für die Wohllästgkeits Ausführung des Albertzweigvereins am Mittwoch, den 11. d. M, abends 8 Uhr, im hiesigen Schützenhause ersehen, kommt die höchst wirkungsvolle komische Operette „Ein Damen-Kasfee" zur Aufführung. Im zweiten Teile des Abends werden Lieder und Konzert stücke, sowie rin Matrosen- und ein Zigeunertanz aufge- sührt. Die Vielseitigkeit des Programms und die Personen der Milwirkenden versprechen einen interessanten und ge nußreichen Abend. Dippoldiswalde, 7. März. In dem vollbesetzten Saale der „Reichskrone" hielt heute das Direktorium des land wirtschaftlichen Kreisvereins Dresden, d. i. Herr Geh Öko nomierat Andrä und Herr Kreisvereins Sekretär Ökonomie rat l)r. Littrow, mit zehn seiner zunächst gelegenen Zweig vereine eine Bezirksversammlung ab, zu welcher auch die Herren Amtshoupimann vr. Mehnert, sowie Regierungs- astcstor vr. Simon erschienen waren. Nach Eröffnung und Begrüßung der Versammlung sprach der Herr Vor sitzende über die wichtigsten Tagessragen auf dem Gebiete der Landwirtschaft — Zunächst das landwirtschaftliche Unterricktswesen berührend, kam auch die hiesige land wirtschaftliche Fachsortbildungsschule, welcher das Kreis- vereinsdirektorium besonders wegen befürchteter Konkurrenz für die bereits bestehenden größeren landwirtschaftlichen Unterrichtsanslalten des Kreisvereinsbezirks bisher so gut wie völlig ablehnend gegenübergestanden hatte, zu ein gehender Erwähnung. Eine lebhafte, sich hieran knüpfende Aussprache erzielte das Zugeständnis des Herrn Vorsitzenden, nach Lage der Sache der betreffenden Abteilung 8 der hiesigen Handelsschule in Zukunft ebenfalls möglichstes Wohlwollen und Förderung von Seilen des Kreisoereins zu teil werden lassen zu wollen. Zur Besprechung des Staudes der Viehzucht übergehend wurde bemerkt, daß dieselbe keineswegs auf der Höhe der Zeit stehe, indem noch jährlich ungezählte Millionen unnötigerweise für fremdes Vieh ins Ausland wandern. Weiter sodann auf die derzeitige Entwickelung des Weidcbetriebcs, besonders für Rindvieh, aber auch für Pferde und Schweine, ein gehend, kam der Herr Vorsitzende dabei unter anderem besonders auf das neue Körgesetz, das Auftreten des Lungen wurms, welcher infolge des nassen Jahres bei Weideoieh unter einem Jahre in ganz Deutschland beobachtet worden sei, ferner die passendste Art der Feststellung des Lebend gewichts der Weidetiere, die Unterschiede der Einteilung der zur Verfügung stehenden Weiden bei eigenem oder Genossenschaftsbetrieb usw. zu sprechen, hierbei wiederholt interessante Erfahrungen aus seinem eigenen Betriebe ein- slechlend. Der Scheidenkatarrh der Rinder, seuchenhaftes Verkalben und die Schweineseuche, sowie die derzeit be kannten, erprobtesten Mittel zur Verhütung dieser Krank heiten führten zu weiteren Aussprachen. Für den neu begründeten Heerdbuchverein zur Förderung der Zucht schwarzbunter Niederungsrinder seien nunmehr bereits gegen 1000 Kühe angekört. Was die Pferdezucht betrifft, so müsse zu erfolgreicherer Weilerentwickelung der selben sich wie in anderen Ländern auch bei uns der Klein- und Großbesitz in der Arbeit derart teilen, daß ersterer die Züchtung, letzterer die Auszucht zu pslegen habe, sowie daß von der Züchtung zu leichter Pferde zu der eines unseren Terrainverhältnissen besser entsprechenden schwereren Schlages übergegangen werden müsse. Ein gehend berührte weiter der Herr Vortragende die Getreide- oerkaussgenojsenschaft, das landwirtschaftliche Genossenschafts wesen überhaupt, ferner verschiedenes Interessante die Hast- pslichtversicherung betreffende, über welches alles hier aussührlicher berichten zu wollen, viel zu weit sühren würde. — Schließlich führten auch noch die für unsere Landschaft beceutungsvollstrn Bahnprojekte und deren der zeitige Aussichten zu einer lebhaften Besprechung. — In ¬ zwischen hatte, wie sich herausstellte, der Fragekasten zur Aufnahme der vielen noch schriftlich gestellten Fragen, welche allerdings zum Teil bereits Erörtertes, z. B. die Schulfrage, das Körgesetz, Bahnprojekte und dergleichen, wieder berührten, kaum zugereicht. Mit allgemeinstem Interesse wurden aber ausgenommen mehrere Anfragen über dle Beiträge zur Schlachtviehversicherung, Fleisch beschau, die Ueber Weisung kranker Mitglieder der Berufs- geno senschast an Privatllinikcn usw. Alle diese wichtigen Sachen führten immer von neuem zu lebhaften Aussprachen. — Unmerklich schnell war dabei die Zeit verlaufen, und nach Entgegennahme herzlichsten Dankes von seilen der zahlreichen Besucher wird das enteilende Kreisvereins- direkwrium den Zug zur Heimfahrt nur noch knapp erreicht haben. Längere Zeit weilten dann noch viele Landwirte, auch der weiteren Umgebung, freudig angeregt durch den allgemeinbefriedigenden Verlaus der Versammlung, in unserer Stadt. — Am Freitag abend eilten die Mitglieder und ge ladenen Gäste des Männergesangvereins nach Faschinghausen, um der Fahnenweihe des Gesangverein« „Eichenlob" beizuwohnen. Diesen Ort stellte der unter Herrn Baumeister Fritschs genialer Leitung in eine alte Stadt verwandelte Schützenhaussaal dar. Was Säge und Hammer des Zimmermanns nicht bewerkstelligen konnten, das hatte zur Erreichung größester Täuschung die künst lerische Hand des Herrn Maler Pöge vollendet. In die unteren Räume der hohen Giebelhäuser waren Schank- und Speisewirtschaften für die durstigen und hungrigen Gäste eingebaut, sodaß die Tanzsläche gar nicht verringert wurde. Mit dem Einschlagen des letzten Nagels am Fest- podium und der Schmückung desselben begann das Fest spiel, das schon vor 14 Jahren vom Männergesangverein ausgesührt und vom Dichter, Herrn Baumeister Schmidt, der Gegenwart entsprechend etwas umgearbeitet worden war. Es folgten nun die Ankunft und die Begrüßung der fremden Vereine, die Fahnenweihe und Darbringung der Geschenke, der Festzug mit fünf Musikchören durch Faschinghausen, der Wettgesang, die Preisverteilung und der Huldigungsreigen der Dorfjugend. Alle Kräfte, so wohl die Einzelsiguren, als auch die Massen wirkten in ihren originellen Kostümen und ihrem Spiel so wunderbar komisch, daß die Vorführung aller Herzen hellauf lachen machte, und diese fröhliche Stimmung hielt an bei dem darauffolgenden Fahncnweihball. Ja man munkelt, daß die Bauern Oberschunkelsdorfs sich nicht vor Tagesgrauen von dem Fe tort trennen konnten. Mit Recht konnte am Ende des Festspiels ein Vereinsmitglied der Freude Aus druck geben, daß der Verein künstlerisch und humorvoll veranlagte Kräste besitzt, die immer wieder neupulsierendes Leben in die Adern bringen, denn „so lang das Herz noch lachen kann, ist es mit uns nicht aus". — Die diesjährige Generalversammlung de» hiesigen Vorschußoereins findet Donnerstag, den 26. März, nach mittags 4 Uhr, statt. Die Dividende ergibt (trotz Ab schreibung von 1949 M. Kursverlust vom Efsektenkonto) auch auf das vergangene Jahr wieder 7 Prozent. Der Neservefond besteht aus 36800 M. in Staatspapieren und mündclstcheren Pfandbriefen. — Ein tiesbedauerliches Unglück betraf am Sonnabend Herrn Stuhlbauer Reichel sen. hier in seinem Betriebe dadurch, daß beim Arbeiten an der Kreissäge ein wahr scheinlich abprallendes Holzstück ihm mit außerordentlicher Gewalt ins Gesicht geschleudert wurde und zahlreiche, auch schwere Verletzungen verursachte. Der Verunglückte fand Aufnahme im hiesigen Krankenhause. — Ende voriger Woche explodierte im Gasthofe zu Luch au die Acetylengasanlage. Leider wurden der Witt und der mit anwesende Schmiedemeister aus Luchau hier bei verletzt. Bärenstein. Am Donnerstag abend fand eine Kirchenvorstandssitzung statt, in welcher beschlossen wurde, dem Bau einer Leichenhalle auf dem Friedhöfe, wie eine solche seit längerer Zeit von den vorgesetzten Behörden