Volltext Seite (XML)
Erzgebirgischer Vollssreund. Tage-Md Ämtsksatt für die Gericht-Lmter Grünhain, Johanngeorgenstadt, Schwärzender, und WildmfelS; sowie für die Stadträthe Aue, Elterlein, Grünhain, Hartenstein, Johanngeorgenstadt, Lößnitz, Neustädtel, Schwar zenberg, Wildenfels und Zwönitz. r«. jiZUUj Mittwoch, den 8. März. j118«S. Brei« vierteljährlich 1b Ngr. — Inseraten,«nnahme für di« am Abend erscheinende Nummer bi« Vormittag« 11 Mr. Tagesgeschichte. Frankreichs Presse über die schleswig-holsteinische Frage. Wenn noch vor zwei, drei Monaten und vor längerer Zeit die französische Presse fast gar keine Notiz von der schleswig-holsteinischen Frage »ahm, so ist die Sache in den jüngste» Tagen anders gewor den, den» es kann nicht unbemerkt bleiben, daß namentlich die mehr oder weniger offiziellen Journale von Paris die schleswig-holsteinische Frage jetzt nicht bloS sehr ost und sehr eifrig und ausführlich be sprechen, sondern daß sie auch bald deutlicher, bald versteckter An spielungen durchblicken lassen, die sich theilS auf eine „mögliche Störung des europäischen Gleichgewichtes" beziehen, wenn Schles wig-Holstein mit einem größerem Staate vereinigt werden sollte, theils „auf die europäische Natur" der schleswig-holsteinischen Frage überhaupt. So lautet der Schluß des jüngsten Artikels der France in die ser Angelegenheit: Wir haben die Nachrichten analystrt welche uns von unserm Correspondenten über die Besorgnisse zugehen, die augenblicklich in Deutschland herrschen. Man sieht, daß sie einer Situation entsprechen, auf welche ganz natürlich die politische Welt ihre Aufmerksamkeit richten muß, denn sie berühre» europäische Veränderungen und Be dingungen des Gleichgewichts, welche die Großmächte interessiren. Ein anderes französisches Blatt, die Revue contemporaine, hat sich in den jüngsten Tagen ebenfalls sehr ausführlich mit der schles wig-holsteinische Frage beschäftigt. Sie sagt z. B. Die Beharrlichkeit, mit welcher die französische Regierung un ablässig das Nationalitätsprincip unterstützt und bis zum letzten Augenblick für die Völker das Recht beansprucht, selbst über sich zu verfugen, muß die unbesonnene Partei zum Nachdenken bringen, die seit einiger Zeit Preußen auf unheilvoller Bahn vorwärts drängt und, auf unbestimmte Gerüchte und angeblich aus Paris kommende Ermunterungen hin, anfeuert, sich die beiden Elbherzogthümer zu annectiren. Frankreich, das unausgesetzt zu Gunsten einiger Tau fende Dänen protestirt, die man gegen ihren Willen mit dem neuen Schleswig-Holstein vereinigt hat, kann nicht dulden, daß mehr als eine Million Deutscher mit Gewalt der preußischen Monarchie ein verleibt werden. Hierauf folgt eine lange, warme Lobrede auf den Erbprinzen von Augustenburg, und zuletzt schließt der Artikel sogar mit einer offenen Drohung. Es heißt dort: Wenn König Wilhelm sich nicht bald den einstimmigen For derungen der öffentlichen Meinung fügt, so könnten die Bevölkerun gen, mit denen sein Minister seit so vielen Monaten sein Spiel treibt, wol einen mächtigen Beschützer finden. Die Sprache, welche Frankreich (in dem Blaubuche) führt, ist bedeutungsvoll, und wir wünschen des europäischen Friedens willen sowie im Interesse Preu ßens selbst, daß sie in Berlin verstanden werden möge. Inzwischen sagt auch die France, angeblich nach „Briesen aus Süddeutschland", merkwürdige Dinge über Deutschland. Da Preu ßens Stärkung Oesterreichs Schwächung sei, so verlange letzteres zur Herstellung des Gleichgewichts „gewisse Territorien", und es handele sich um eine Umarbeitung der Landkarte von Deutschland von Grund aus, wozu aber die Kleinstaaten sich nicht ohne Protest und ohne Widerstand hergeben würden und was auch das Gleich gewicht Europas alterire. Am wahrscheinlichsten bleibe, daß Preu ßen einen Fürsten seiner Wahl in Schleswig-Holstein einsetze, eine starke militärische Union schließe, Seeplätze und Marine in die Hand nehme ic. und, um diese Wendung für Europa annehmbar zu machen, die Bevölkerungen befrage und den dänischen Theil an Dä nemark zurückgebe. Oesterreich würde, so will die France wissen, dieser Wendung keine ernsten Hindernisse entgegenstellen, wofern Preußen ihm seine nichtdeutschen Besitzungen garantire. Wir meinen, diese Stimmen in der französischen Presse verdie nen Seiten Deutschlands die vollste Beachtung. Wird Preußen nicht bald «blassen von seinen Annectirungsgelüsten, so kann, ja wird Deutschland noch erleben, daß sich Frankreich und England noch in die schleswig-holsteinische Frage mengen, und wer vermöchte zu sagen, was dann der endliche Ausgang der Sache sein wird? Herr v. Bismarck möge sich also mit seiner Politik ja vorsehen. Warnungsrufe hat er schon genug gehört; allein bis jetzt haben sie auch noch nicht den leisesten Eindruck auf ihn gemacht. Daß v. Bismarck nur nicht auch den Zuruf noch hören muß: „Zu spät!" Deutschland? Oesterreich. Aus Wien wird vom 5. März der Schlesischen Zeitung berichtet: Es werden Maßregeln zur Wahrung des öster reichischen Mitbesitzes von Schleswig-Holstein vorbereitet und die Unannehmbarkeit der preußischen Vorschläge ist vorläufig nach Ber lin angezeigt. Wien, 4. März. Es liegen Berichte aus Berlin neuesten Da tums vor, aus welchen hervorgeht, daß Herr v. Bismarck, wenn er auch die bereits vorbereiteten Vorschläge nach Wien abgehen ließ, gleichwol in der jüngsten Zeit deutlich merken läßt, daß seine bis herige feste Zuversicht auf den Erfolg seiner schleswig-holsteinischen Politik erschüttert ist. Es ist ihm, was man auch sagen mag, nicht gelungen, das französische Cabinet mit dieser Politik zu versöhnen, und was England anbelangt, so stehen nicht nur die politischen Sommitäten, sondern auch der Hof dem Systeme Bismarcks gerade zu feindlich gegenüber. Es mag sein, daß, wie dieser Tage im Par lament officiell -erklärt wurde, eine officielle Kundgebung des Lord Russell in Bezug auf die schleswig-holsteinische Frage nicht nach Berlin gelangt ist, aber ganz unzweifelhaft ist, und ich verbürge die Richtigkeit dieser Nachricht, daß die Königin Victoria persönlich in dieser Angelegenheit an ihre Tochter, die Kronprinzessin von Preu- ßen, geschrieben hat, und daß dieses Schreiben nicht verfehlte, auf den preußischen Hof einen tiefen Eindruck zu machen: es war dies ein neuer und gewichtiger Stein im Wege Bismarcks. Der wiener „Presse" aus Preußen wird geschrieben: „Einer un serer Abgeordneten macht sich gegenwärtig eine lehrreiche Zusammen stellung der Budgetposten sür die reorganistrte Armee und für den Volksunterricht in Preußen. Während der Militär-Etat für 1865 auf 41,333,516 Thlr veranschlagt ist, somit um 1,652,781 Thlr. höher als im vorigen Jahre, beträgt die Unterstützung, welche den 34,000 preußischen Schulen etatsmäßig ausgeworfen wird, 912 Thlr.; für neu zu creirende Schulen werden 908 Thlr bewilligt; in Summa 1820 Thlr. Mehrausgabe für das gesammte preußische Unterrichts wesen." Preußen. Die Bank- und Handelszeitung schreibt aus Berlin: Nach einer Depesche, die wir heute, d. 3. März, aus Wien erhalten haben, ist in allernächster Zeit beim Bunde ein Antrag der Mittel staaten in der Herzogthünierfrage zu erwarten, der mit der Auffas sung Oesterreichs nicht in Conflict steht. (Die Bestätigung dieser Nachricht wird abzüwarten sein.) Karlshöhe (Stolper Kreis), 26. Febr. Der National-Ztg. wird geschrieben: „In dem benachbarten Dorfe Rexin kam gestern Nach mittag der Ortsschnlze zu dem Gutsherrn und theilte demselben mit, der Gensd'arme des Bezirks sei so eben gekommen, hätte ihn zu sich nach dem Kruge rufen lassen und ihn aufgefordert, die ganze Gemeinde, Bauern und Tagelöhner, sofort zusammen kommen zu lassen, wo er ihnen eine Adresse an den König vorlesen und zur Un terschrift vorlegen werde. Obwohl Ler (als liberal bekannte) Guts herr nicht eingeladen war, begab er sich doch in das Schulzen-Lo cal, wo er den Gensd'armen, fünf Bauern und den Schulzen vor- sand. Der Gensd'arme begann mit Vorlesung der Adresse, in wel cher zuerst die Waffenthaten unseres Heeres im letzten fchleSwig- holstetnischen Kriege, und daß diese nur durch die neue Heeres-Reor ganisation möglich gewesen, hervorgehoben und schließlich darauf hingewiesen wurde, daß Preußen um ein bedeutende- Stück Land größer geworden und dieses auch festgehalten werden müsse. — Die