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Hohenstemer Tageblatt Men Wochentag abends für den folgenden ^HDMMMM ^MM^M^MMM nehmen die Expedition bis Vorm. 10 Uh« Lag und tostet durch die Austräger pro WWW WW M M MM 2 M MMW M sowie für Auswärts alle Austräger, deSgl. Quartal Mk. 1.40; durch die Post Mk. 1.50 M' M MMDMM U 'M M Ml HM' MMMM' M" alle Lnnoncen-Erpeditionen zu Original ste! ins Haus. V v Preisen entgegen. für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Luga«, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Fallen, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rutzdors, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleitza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund «. s. w. Amtsblatt für de« Vcrwaltungsbezirk des Stadttathes z« Hohenstein. Sonntag, den 1. Januar 1893 Nr. 1 43. Jahrgang Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche aus den Namen Adolph Louis Tröltzsch eingetragene Grundstück, Feld und Wiese, Folium 614 des Grundbuchs für Oberlungwitz, Parzellen Nr. 184 und 205 des Flurbuchs für Hohenstein, Abt. Flur, 1 ü 11,4 a groß, mit 29,zz Steuereinheiten belegt und aus 1200 Mk. geschätzt, soll im hiesigen Amtsgerichte zwangsweise versteigert werden und ist der 4. Februar 1883, vormittags 10 Uhr als Anmeldetermin, ferner der 28. Februar 1803, vormittags 10 Uhr , als Versteigerungstermin, sowie der 27. Februar 1803, vormittags 10 Uhr als Termin zu Verkündung des Vertheilungsplans anberaumt worden. Die Realberechtigten werden ausgefordert, die auf dem Grundstücke lastenden Rück stände an wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenforderungen, spätestens im Anmeldetermine anzumelden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rang verhältnisses kann nach dem Anmeldetermine in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amts gerichts eingesehen werden. Hohenstein-Ernstthal, am 24. December 1892. Königliches Amtsgericht, von Feilitzsch. Tageogeschichte. Deutsches Reich. Wieder stehen wir an der Schwelle eines neuen Jahres und lassen den Blick rückwärts schweifen auf den jüngst durch lebten Zeitabschnitt, prüfend, was er uns Gutes und Schlimmes gebracht, und dankbar uns freuend, wenn die Waagschale des Guten schwerer gewogen. Und wenn wir mit der Rückschau auf unser eigenes und häusliches Dasein fertig sind, geben wir uns auch gern Rechenschaft über das, was uns das scheidende Jahr im öffentlichen Leben, im Staat und Vaterland gebracht. Da dürfen wir uns zunächst dankbar in die Seele zurückrufen, daß wir wieder ein Jahr ungestörten äußeren Friedens durch lebt haben. Mehr als zwei Jahrzehnte seit dem großen natio nalen Krieg haben wir jetzt vollendet, beständig schwebte die Wolke der drohenden Kriegsgefahr über unseren Häuptern, und noch ihmmer wieder hat sich das Gewitter verzogen. Der mitteleuropäische Friedensbund ist so fest wie nur je; das Verhältniß zu unseren Nachbarn iin Osten und Westen ist nicht schlechter geworden, als es seit Jahren gewesen. Wer wollte da an der Möglichkeit verzweifeln, daß ein neuer blu tiger Weltkrieg uns doch am Ende erspart bleibt! Freilich die andauernde Unsicherheit der Weltlage lastet schwer aus den wirthschastlichen Verhältnissen unseres Volkes nicht nur, sondern aller europäischen Völker. Das Erwerbs leben hat Störungen und Stockungen aller Art ersahren und Hunderttausende ringen mühsam um das tägliche Brod. Die wirthschastlichen und gesellschaftlichen Kämpfe nehmen immer gefährlichere Formen an und nirgends öffnet sich ein freudiger Ausblick auf eine Milderung schroffer Gegensätze auf eine bessere Gestaltung in der Ordnung der werkthätigen nationalen Arbeit. Schwere Unglücksfälle, wie die entsetzliche volksver heerende Seuche, kamen hinzu, um unseren Handelsverkehr arge Wunden zu schlagen. Auch in unserem inneren öffentlichen und staatlichen Leben hat uns das verflossene Jahr nicht viel gebracht, woran man sich erheben und aufrichten könnte und mitten in der deut schen Militärvorlage schließt das Jahr ab. Unsicher, verzagt, bang, mißmuthig blicken die Vaterlands freunde in die Zukunft; vielleicht schön die nächsten Wochen können uns gewaltige Erschütterungen bringen. Es ist keine gehobene Stimmung, in der man am Uebergang der beiden Jahre den Blick rückwärts und vorwärts in die nächste Zu kunft richten kann. Und doch, wir wollen nicht zaghaft und kleinmüthig sein. Gott hat an unserem Vaterlande so viel gethan, daß es sündhaft wäre, mit verzweifeltem Pessimismus m die Zukunft zu blicken. Auch heute kann kein Volk sich besserer, gesicherterer und gesunderer Grundverhältnisse rühmen als das deutsche: Tüchtige Männer und tüchtige Völker ringen sich auch durch manche Widerwärtigkeiten des Lebens hindurch. Mit diesem Vorsatz, redlich, ernst und tapfer in Arbeit und Pflichterfüllung, wollen wir in das neue Jahr hinübergehen. Berlin, 30. December. Die Kaiserliche Familie hat heute das neue Palais in Potsdam verlgssen und im alten Schloß zu Berlin Wohnung genommen. Es ist im Reichstage auf das Tagebuch des verstorbenen Präsidenten Hegel hingewiesen worden, um zu erweisen, daß im September 1865 das Staatsministerium die Einführung der zweijährigen Dienstzeit beim Könige Wilhelm 1. befür wortet hat. „Diese Thatsache," so bemerkt die „Post", „kann, wenn wir recht unterrichtet sind, dahin ergänzt werden, daß als Compensation sür den Verzicht auf das dritte Dienstjahr in Aussicht genommen war, bei allen Truppentheilen Stämme von Capitulanten zu schaffen und die dazu erforderlichen Mittel durch Einführung der damals in Frankreich üblichen Stellver- tretunasgelder, mit denen Wohlhabende sich vom Militärdienst loskaufen konnten, zu beschaffen. Dieses finanzielle Auskunfts mittel verwarf der König als unvereinbar mit dem Princip der allgemeinen Wehrpflicht, während er die Combination der zweijährigen Dienstzeit mit Capitulantenstämmen als zulässig anerkannte." Am 29. dss. sprach in Zürich der Reichstagsabgeordnete Bebel vor etwa 1200 Personen über die gegenwärtige poli tische und wirthschaftliche Lage Europas. Er bezeichnete das französisch-russische Bündniß einerseits und den Dreibund an derseits als natürliche Folgen des großen Entwickelungskampfes der Nationen. Die Ablehnung der deutschen Militärvorlage hält der Redner für sicher und begrüßt die Auflösung des Reichstages als das wirksamste Agitationsmittel für seine Partei. Einige Unabhängige griffen Bebel aufs heftigste an, worauf ein großer Skandal entstand. Unter stürmischem Beifall für Bebel ging die Versammlung um Mitternacht auseinander. Berlin, 30. December. Ein Privattelegramm der „Nordd. Allg." meldet aus Paris, daß der „Petite Räpublique" zufolge im französischen Generalstab das Project tragbarer Mitrailleusen, mit welchen die Cavallerie und die Gebirgstruppen ausgerüstet werden sollen, studirt wird. Wie es heißt, könnten aus diesen Geschützen 600 kleinkalibrige Kugeln in der Minute abgeschossen werden. Aus dem Saarkohlenrevier, 29. December. In Bildstadt haben gestern zwei von insgesammt 4000 Bergleuten besuchte Versammlungen stattgefunden, zu denen ein curios abaefaßtes Flugblatt in folgender Weise eingeladen hatte: „An alle Berg leute des Saarreviers! Die Zeit zum directen Handeln ist nun gekommen! An Euch liegt es nun, ob Ihr zu Grunde gehen wollt oder nicht. Darum Mann an Mann, Schulter an Schulter gekämpft sür Deine Rechte und Deine Familie, die Dir Gott gegeben, für deren Wohl Du christlich und mo ralisch verpflichtet bist, Sorge zu tragen. Rüste Dich nun zum Kampfe für Wahrheit, Freiheit, Pflicht und Recht! Ueberlege und handle danach! Bleibe lieber aus den Versammlungen und verrathe Deine Kameraden nicht wie Judas der Verräther. Mittwoch den 28. December, bekenne nun aufrichtig, ob Du in einen Streik eintreten willst oder nicht. Die Führer wollen den Streik nicht? Es wird den Führern vorgeworfen, sic würden nichts für die Bergleute thun. Nun, vorwärts! Die Behörde glebt nicht nach. Entweder um Gras! —! —! — ! Balams Esel hat kein Heu gefressen, sondern nur Gebackenes und Gebratenes. Gras kann unser Magen auch nicht ver tragen. 3 Jahre arbeiten wir nun und das Resultat ist: —! —! —! Strei —! —! —! (So steht wörtlich im Flugblatt). Erkenne nun Deine Macht. Du, Bergmann, bist die Krone der Arbeiter. Wenn Dein starker ArM nicht will, stehen alle Räder still. Am Mittwoch, den 28. December, Morgens 10 und Nachmittags 6 Uhr: Große Versammlung sür das ganze Saarrevier, im bergmännerschen Saale. Alle Bergleute, Mann an Mann, Schulter an Schulter, sollen erscheinen zur Entscheidung. Betrachte Deine Gegner alle! Die Führer der Bergleute. Für Weihnachten mußten alle Versammlungen ausgesetzt werden, weil alle Führer das Weihnachtsfest hinter Schloß und Riegel gefeiert haben. Der Vorsitzende: Marken" In den Versammlungen sprach Marken, der noch am 8. December von einem Streik ganz energisch abgerathen hatte, eindringlich dafür. Die Versammlungen verliefen sehr stürmisch. Heute Morgen nun hat in Folge der Brandreden, wie schon gemeldet, der Streck, der ursprünglich erst für etwa Mitte Januar geplant war, begonnen. Die Belegschaften der Grube „Heinitz" standen sehr erregt vor der Grube und sperrten den Eingang. Mehrere Schüsse sielen, doch ließ sich die Menge durch nichts stören. Da die Leitung der Grube ernste Aus schreitungen befürchtet, so erbat sie von der Militärbehörde zu Saarbrücken militärischen Schutz für die Angefahrenen. Auf dieser Gmbe ..Heinitz" streiken 2500 Mann, in den meisten übrigen Gruben arbeiten nur wenig Bergleute, doch sind in einigen Gruben, so in Enddorf, Luisenthal, Dudweiler, Sulz bach, Reden, Dechen und König alle Arbeiter angefahren. Die Gendarmerie wurde allenthalben verstärkt, doch sind Ausschreit ungen bis jetzt nicht vorgekommen. Die vor der Grube Heinitz angesammelte Menschenmenge hat sich zerstreut, nachdem von der Polizeibehörde Placate, betr. die Bekanntmachung der ZZ 240 24 l, 110, und 125 Strafgesetzbuches, unter die Bergleute ver breitet worden sind. Saarbrücken, 30. December. Bei der heutigen Frühschicht fuhren in neun Berginspectionen 8547 Mann nicht an; es sind also nur in 2 Berginspectionen alle Bergarbeiter ange fahren. Auf der Grube „von Dechen" kam es zu einer Ruhestörung. Saarlouis, 30. December. Sämmtliche fiskalischen Gruben des Saarrcviers, ausgenommen Grube „Kronprinz", Jnspec- tion I., sind heute ausständig. Die Stimmung ist eine sehr erregte; Excesse sind bereits vorgekommen. Die Bergleute sollen vielfach Revolver besitzen. Gendarmerie ist aufgeboten. Heute finden zwei Versammlungen von Bergarbeitern der Grube „Kronprinz" in Schwalbach wegen Eintritts in den Streik statt. Frankreich. Paris, 29. December. Die Untersuchung über die Explosion in der Polizeipräfectur soll bis jetzt erwiesen haben, daß sie nicht durch Dynamit, sondern durch eine Mischung von Schieß- und Sprengpulver hervorgerufen wurde. Daraus erklären sich die geringen Beschädigungen, die sie angerichtet hat. Der Sprengstoff war in eine alte Holzkiste gelegt worden. Auf der Polizeipräfectur ist man sehr erregt, weil es unverständlich ist, wie sich in diesen Theil des Gebäudes, der eine wahre Festung ist, der Thäter hat einschleichcn können. Der Saal, in dem die Explosion erfolgte, liegt über dem städtischen Laboratorium und ist dem Publikum nicht zugänglich; da er bereits um 6 Uhr abends geschlossen wird, muß die Bombe, die zwischen 3 und 4 Uhr morgens explodirte, vorher hineingebracht wor den fein. Die Sachverständigen schließen daraus, daß die Bombe keinen Percussions-, sondern einen Zeitzünder, eine Zündschnur oder ein Uhrwerk gehabt habe. Wäre sie am Tage explodirt, so hätte sie wahrscheinlich viel Unheil angestiftet. In der Polizeipräfectur glaubt man nicht an ein Verbrechen der Anarchisten, sondern meint, es handle sich um Privatrache. In Paris erregt der Vorfall wenig Aussehen. Ein Maim, der im Augenblick der Explosion auf dem Vorplatz von Notre Dame eine verdächtige Äenßeruug fallen ließ und dessen Er kennungszeichen angegeben sind, wird jetzt gesucht. Liberta sag unter Vorbehalt, der Bureaudiener eines Pariser Pvlizei- commissariats sei gestern Abend beauftragt worden, eine», »er dächtigen, bombenartigen Gegenstand in das .städtische La boratorium zu bringen, da er es geschlossen geck ade», habe er die Bombe in dem Saale der Polizeipräfectu'/medergclegt. Vermischt. 0. Berlin, 30. December. Der für das neue Jahr erschienene Adreßkalender der Hauptstadt bezeugt aufs Neue das in Europa einzig dastehende Wachsthum der ersten Stadt des deutschen Reichs. Der Adreßkalender stellt sich in seinen beiden, über 1000 Seiten umfassenden dicken Bänden, wie schon seit langen Jahren, als ein bequemes und treffllich geordnetes Nachschlage buch für die gesammten Verhältnisse Berlins dar, ein Buch, wie es in anderen Hauptstädten nicht annähernd in solcher Ausführlichkeit und Genauigkeit vorhanden ist. Für den fremden Besucher wie für den Einheimischen ist der Werth des Andreß kalenders gleich groß. Wir entnehmen ihm die folgenden An gaben von allgemeinem Interesse. Die Einwohnerzahl Berlins belief sich im December 1891 auf 1,624,000, am 30. Juni 1892 aus 1,633,000. Wir fügen hinzu, daß sie am Schlüsse des Jahres 1,655,000 beträgt. Zählt man hierzu die Einwohner zahl der Vororte, deren Einverleibung in Berlin bis 1895 spätestens sicher bevorsteht, so ergicbt sich, daß die Einwohnerzahl von „Groß- Berlin" bereits jetzt sehr nahe an 2,000,000 grenzt. Von 1880 bis 1884 wuchs die Einwohnerzahl um jährlich 30—40,000; von 1884 bis 88 um 40— 50,000; von 1888 bis jetzt um jährlich 50—60,000. Rechnet man auf eine in diesem Verhältniß fortdauernde Steigerung, so wird die Einwohnerzahl bei der nächsten Volkszählung 1895 bei Einverleibung der Vororte