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117. Isttrg. «r. 86 »F»E» - />«/»FS^S VoruLerslLg, 6en 12. LprU 1922 G Anzeigenpreis: U Lk'm--Z.uk^*lL)-,1»r Ve-tUNSLreiS ' M ^--M. aurw.Jnftr.M.270.-.«onderpreise: »amtlkenanz.v.Prtv.dte »w- ' u UrsleUgeb., »ns «uSland M tE, mt, Pono M^U M U U U W M M W M MM Zeile M. 30—. GelegcnhcNean;. iprtv. diaiur» u Tteoenangeb. die ersch. ragl.inorgens,anher MontaaS Nummern, M MM aE-Arite M 7S.-, Slellenaes die mm Zeile M. kü—. am»». Bekanntm. lettüna«?<^n-^ ^srdr--Schritt- W V Dovp«l-mm-ZetleM30^-. s.auSw ML4Ü.-. Rett 72 ww br^ d'emm-Zett« orechä .^^ ^ i»d^p^S LohanniSgasse 8 (gern- M.7üO-.f.aw»W.M.1200.^«u«land«an,.mVauiiaaii,Ichl. Be'wiedrr. evenda und in allen Filialen Anzeigen, und vol.Naa>lak.Pla--u.Da»«nvorlch.unverbtndl»ch <Lr«i>oung«ortLrlpjig Uvviincmenl.^nnahin«; auch nimm» jedes Postamt Bestellungen an. ' Postscheck Lnpng^")! Dru-tu-Berl Lelvi.Perlagldr »mdH Leipzig. L«tr»,ia»r raaeblatt «elbiUt aoetltche «elanMtMatbnns»« da» «1«» dar Stad« Laivzi«, da» »«tr-arvLSdl«»» Lai«»«, da» «eeetdaarlckt» Lawria. s»—ie varlldi«d»«er andarar «eddrda« Ieigners Programm n. Sek. Leipzig, 11. April. Das parlamentarische System begegnet nir gends größeren Schwierigkeiten als in Sachsen. Wie die letzten Landtagswahlen von neuem ge zeigt haben, verteilt sich die sächsische Bevölke- rung auf die Parteien derart, daß sich ungefähr die Hälfte zum Sozialismus oder zum Kommu nismus bekennt, während die andere Hälfte den nicht sozialistischen Parteien zufällt. Ein solches Verhältnis wäre für die Durchführung des parlamentarischen Systems geradezu ideal, wenn die beiden Hälften in sich geschloffene regierungs- fähige Gruppen darstellten, die, wie es bisher in England und Amerika geschah, einander in der Führung der Regierungsgeschäfte ablösen. Aber leider trifft in Sachsen das Gegenteil zu: Auf beiden Seiten stehen Fliigelparteien, die grundsätzliche Gegner der Verfassung sind, also für die Regierungsbildung nicht in Betracht kommen. Diese Verfassungsgegner rechts und links bilden zusammen zwar eine Minderheit und die verfassungstreue Mitte würde, wenn sie sich zusammenfünde, eine tragfähige Grundlage für eine Regierung abgeben, aber — die eine Seite, die sozialdemokratische Partei, hat sich seit Ende 1920 bisher nicht zu dem Versuch einer Zusammenarbeit mit der anderen Seite, den Demokraten und der Volkspartei, entschließen können, weil sie fürchtet, dadurch Anhänger an die Kommunisten zu verlieren. Diese Furcht, eine politische Realität, mit der man rechnen muß, macht zurzeit in Sachsen die Bildung einer dem Geiste der Verfassung entsprechenden Regie rung unmöglich. Man mag das beklagen, aber man kann es nicht ändern. Unter diesen Umständen fand die stärkste, also zur Regierungsbildung an erster Stelle berufene Fraktion des Landtages, die sozial demokratische, keinen anderen Ausweg, als ein Kompromiß mit ihren grundsätzlichen Gegnern, den Kommunisten, denselben, die soeben eine sozialdemokratische Regierung gestürzt hatten. Die Grundlage dieses Kompromisses bilden Richtlinien, die sich hart auf der Grenze zwischen dem in einer demokratischen Republik Erträg lichen und der Diktatur des Proletariats be- wegen. Der Sozialdemokrat Dr. Zeigner, der diese Richtlinien angenommen hat und darauf hin mit Unterstützung der Kommunisten am 21. März zum Ministerpräsidenten gewählt worden ist, stand vor der ebenso schwierigen wie interessanten Aufgabe, ein Rcgierungsprogramm aufzustellen, das die Vorkämpfer der proletari schen Diktatur befriedigt, ohne sich in Wider- spruch zu der demokratischen Verfassung zu setzen. Wie weit ihm jenes gelungen ist, wird man morgen in der Aussprache über die Regierungs erklärung im Landtage erfahren; die Klippen der Verfassungswidrigkeit hat er jedenfalls ge schickt umschifft, ja er hat cs sogar fertig gebracht, dasjenige Zugeständnis an die Kom- munisten, das vielen als das bedenklichste er schien, die Bildung von Arbeiterabwehrverbän den, in eine solche Form zu kleiden, daß es geradezu als ein Mittel zum Schutze der Republik erscheint. Daß die Republik bedroht ist, wird man nicht bestreiten können, solange ein Hitler unter den Augen der bayrischen Regierung bewaffnete Banden einexerziert und eine Organisation O Stützen der Republik er- morden läßt. Solange diese Lage besteht, sagt nun Dr. Zeigner, kann die sächsische Regierung es den Arbeiterparteien nicht verbieten, nein, sie muß es begrüßen, wenn sich die Arbeiter „den Organen der Republik zur Verfügung stellen", um „im Bedarfsfälle", „unter der Leitung staat licher Polizei", mit ihrem Leben alle gewalt tätigen und ungesetzlichen Angriffe gegen die Republik abzuwehren. Kein Mitglied des Orb- nungsdienstes darf sich an einer provokatorischen Handlung beteiligen oder sich Exekutivbefugnisse beimessen, die „kein Staat einer privaten Organisation überlassen könnte." Endlich soll der Ordnungsdienst „nicht bewaffnet" sein und er soll „gegenstandslos" werden, sobald das Reich die reaktionären Angriffsorganisationen mit aller Energie zerschlägt. Das sieht freilich nicht aus wie eine Keimzelle zur roten Armee, und die Kommunisten haben sich die Arbeiter- bataillone, die sie forderten, wohl ganz anders gedacht. Aber der Wortlaut der Richtlinien ist erfüllt. In ähnlicher Weise hat Dr. Zeigner auch bei den übrigen Forderungen der Kommunisten die Spitzen und Widerhaken abgeschliffen, bevor er sie in sein Regierungsprogramm aufnahm, so daß sich, vom Standpunkt der Verfassung aus, grundsätzlich kaum etwas gegen sein Programm einwenden ließe, — wenn Dr. Zeigner nicht in einem Punkte auf ein Gebiet übergegriffen hätte, das durch die Reichsverfaffung der Zuständigkeit der Länder entzogen ist. Den Abstecher in die auswärtige Politik des Reiches hätte er unter lassen sollen. Der war unnötig, denn was Dr. Zeigner da der Reichsregierung an Ratschlägen zu geben hatte, war keine neue Weisheit, war auch nicht Sondergut seiner Partei. Er widerspricht dem Geiste der Reichsverfassung, die im Artikel 78 ausdrücklich bestimmt: „Die Pflege der Be ziehungen zu den auswärtigen Staaten ist aus- schließlich Sache des Reiches." Und er ist politisch bedenklich, weil er im Auslande den Eindruck Hervorrufen kann, als ob zwischen der Reichs- und den Landesregierungen über die gegen Frankreichs Ruhreinbruch zu verfolgende Politik Meinungsverschiedenheiten beständen. Im übrigen stellt Dr. Zeigners Programm den Versuch dar, im Rahmen der demokratischen Neoublik den Kommunisten so weit entgegen zukommen, daß diese glauben, durch Unter stützung der Regierung ihren eigenen, weit ab seits liegenden Zielen sich zu nähern. Bisher hat die Sozialdemokratie mit Zugeständnissen an die Kommunisten stets iible Erfahrungen ge macht, und noch kürzlich hat der sozialdemokra tische Parteivorstand seine Parteimitglieder ein- dringlich vor einem Zusammengehen mit den Kommunisten gewarnt. In Sachsen selbst ist schon ein heftiger Ieitungsstreit zwischen beiden Lagern darüber ausgebrochen, ob die geplanten Abwehrorganisationen für beide Parteien ge meinsam sein sollen oder nicht, und die sozial demokratische Presse zeigt deutlich das Bestreben, ihre Anhänger von der Berührung mit Kommu nisten fernzuhalten. Man befürchtet davon offen- bar eine Verbreitung bolschewistischer Anschau ungen in der Arbeiterschaft. Dr. Zeigner scheint im Gegenteil zu hoffen, daß es ihm gelingen werde, die Kommunisten mit der demokratischen Republik auszusöhnen. Wer von beiden recht hat, wird sich bald zeigen, wenn das Kabinett Zeigner darangeht, sein Programm in Taten umzusetzen, wenn es dem Landtage die angekün- digten Gesetzentwürfe vorlegt und in der Ver waltungspraxis die aufgestellten Grundsätze ver wirklicht. Man darf dem neuen Ministerpräsi denten glauben, daß er nicht gesonnen ist, eine Diktatur des Proletariats aufzurichten oder Sachsen zur „Keimzelle" einer Sowjetrepublik Deutschland zu machen. Ob sich aber die Kom munisten auf die Dauer bereit finden werden, eine verfassungstreue Regierung zu unterstützen, ist eine andere Frage. Und wenn sie ihm die Gefolgschaft aufkündigen, stehen wir in Sachsen wieder dort, wo wir Ende 1920 standen. Je öfter sich dieses vergebliche Suchen nach einer dauerhaften, vom Vertrauen der Mehrheit ge- tragenen Regierung wiederholt, um so mehr breitet fkch der Zweifel aus, ob der Aufwand für einen Landtag und für eine Landesregierung überhaupt im rechten Verhältnis zu dem Nutzen steht, den sie stiften. Eine Niederlage Sonar Laws im Unterhaus London, 11. April. Gestern hat die Regierung im Unterhause auf Grund einer sorgfältig von der Opposition vorbereite ten Abstimmung eine Niederlage erlitten. Wäh rend die Einpeitscher der Regierung den Unionisten, soweit diese sich während der Abendstunden aus dem Unterhause entfernt hatten, den Auftrag erteilt hatten, sich bis um 10 Uhr zu einer Abstimmung im Unterbause bereit zu halten, wurde die Aussprache über die ungünstige Entlohnung ehemaliger Kriegs- teilnehmer, die tm Regierungsdienste angestellt wor- den waren, kurz vor )410 Uhr geschlossen und eine der Negierung ungünstige Abstimmung herbeigeführt. Mit I4k gegen 138 Stimmen beschloß da» Unterhaus, nicht in die Kommissionsberatung der Budgetabschnitte ein- zutteten. Bei Bekanntwerden der Niederlage der Regierung kam es zu äußerst erregten Szenen. Als die Zahlen der Abstimmung bekanntgegeben waren, erhoben sich die Mitglieder der Opposition und brachen in lang- anhaltende Beifallsrufe aus. Mehrere Mitglieder winkten mit Taschentüchern, warfen Schriftstücke in die Lust und schrien: „Zurücktretenl Macht eure Wahlaufrufe fertig!" Die Beifallsszenen dauerten mehrere Minuten. Hierauf fragte Macdonald, was dir Regierung zu tun beabsichtige, und schlug vor, sie möchte die Vertagung des Hauses beantragen. Namens der Regierung beantragte Chamberlain die Vertagung auf Mittwoch. Das Haus gab dem An- trage statt unter ironischen Beifallsrufen der Oppo- fit wo. Amerikanische Kinanzkommifsiov in Berlin usseroo-Verliuer Bchrlftlottt»»« Berlin, 11. April. Ja Berlin wir- heute eine amerikanische Kommission erwartet, die von der Internatio nalen Handelskonferenz in Rom nach Deutschland entsandt worden ist. Die elf Herren treffen heute abend 6 Uhr, von Warschau kommend, in Berlin ein und werden sich drei oder vier Tage lang in Berlin aufhalten. Sie werden hier Gelegenheit haben, mit den leitenden Persönlichkeiten der deutschen Hoch finanz und der Industrie, sowie auch mit der Reichsregierung Fühlung zu nehmen. Dor allen Dingen wollen sie sich über die derzeitige wirtschaft liche und finanzielle Lage Deutschland» insormieren. E» scheint aber auch, daß ihre hiesigen Besprechungen den Zweck haben, einen Einblick in die Repa- rationsplane der deutschen Regierung zu gewinnen. Wie wir aus amerikanischen Kreisen erfahren, will der Präsident der Internationalen Handelskammer Book- auch «ne Besprechung mü dem englischen Botschafter in Berlin Lord D"Aber» Bereits Ende März war die Reise einer amerikanischen Finanzkommiffion nach Berlin im Zusammenhang mit den neuen Reparations vorschlägen angekündigt worden, die die amerika nische Delegation am 23. März dem Inter- nationalen Handelskammerkongreß in Rom unterbreitet hat. Der Plan der amerikanischen Kaufleute, Industriellen und Bankiers sieht eine deutsche Zahlung von 26 Milliarden Goldmark an Frankreich vor, vorausgesetzt, daß sich dieses fortan in der Reparationsfrage aufrichtig des interessiert zeigt. Amerika würde sich dann an Stelle Frankreichs in das deutsche Schuldbuch eintragen, um so das französisch-deutsche Ver hältnis zu bessern und zu verhindern, daß die Ruhe in Europa durch das schwebende Repara- tionsproblem weiter gestört sei. vrri Monate Ruhrbesetzung Drahtvericht »userer Berliner Vchrtstletlnn» Borlru, II. April. Am heutigen 11. April sind es drei Monate, daß die Franzosen mit dem Einmarsch in Essen die Ruhraktion begonnen haben. Das Ergebnis ist in großen Zügen bekannt: cs ist durchaus negativ, insoweit die bekanntgegebenen französischen Pläne — die Erlangung produktiver Pfänder und die Ein- ziehung von Reparation»forderunqen — in Frage kommen. Aber es scheint angebracht, zu diesem Zeitpunkt zahlenmäßig das Ergebnis zu seinen wesentlichsten Teilen festzustellen. Belgien, Frankreich und Luxemburg haben von Beginn des Ruhreinbruches bis Ende März ins- gesamt nur 238 000 Tonnen Kohlen und Koks (Koks auf Kohle umgerechnet) mit den Mitteln der Gewalt sich verschaffen können, während sie in der gleichen Zeit nach dem bisherigen Der- laufe der Reparationslieferungen 4L Mill. Tonnen erhalten haben würden. Auf deutscher Seite steht diesem Verlust vor allen Dingen eine Einbuße an Menschenleben in den drei Monaten von ins gesamt 49 Toten gegenüber. Wieviel Tausend Auswisungen und wieöiel Jahrhunderte Zuchthaus und Gefängnis, wieviele Milliarden Papiermark an gestohlenen und geraubten Geldern, an er- preßten Kontributionen und Geldstrafen zu dieser tragischen Zahl hinzutreten, läßt sich angesichts der Unterdrückung eines zuverlässigen Nachrichten dienstes durch die Franzosen nicht zirverlässig fest stellen. Vor einer programmatischen Neve poincarSs Eigener Draht bericht des Leipziger Tageblattes Paris, 11. April. Wie das Echo de Paris mittellt, wird m Poincaream Sonntag in Begleitung des Marine ministers Raiberti nach Dünkirchen begeben, um der Einweihung eines Denkmals für die Gefallenen Dün kirchens beizuwohnen. Bei dieser Gelegenheit beab sichtigt er, wie das Blatt wissen will, die u», Meinung über die Absichten Frankreichs Deutschland gegenüber in feierlicher Wesir aufzuklären. Da Poincars erst kürzlich eingehend mit dem belgischen Ministerpräsidenten und dem bel gischen Minister des Aeußeren verhandelt hat, wird seine Erklärung eine besondere Bedeutung erhalten namentlich im Hinblick auf die Londoner Reise Loucheurs. Das Blatt gibt dann Aeußerungen einer angeblich urteilsfähigen und außergewöhnlich wohl- unterrichteten Persönlichkeit wieder, die erklärt haben soll, es sei wahrscheinlich, daß Loucheur den Feierlich keiten von Dünkirchen als Abgeordneter des Nordens beiwohnen wird. Loucheur habe im übrigen bereits am Sonnabend abend dem belgischen Gesandten rn Paris ausführliche Erläuterungen gegeben über die Rede, die Poincarö in Dünkirchen halten wird, und habe dabei betont, daß PoincarL energischer denn je die französische Politik vertreten werde. Diejenigen, die glaubten, daß Poincare eine Krise durchwache, gäben sich einer schweren Täuschung hin. Line Lisenbahnbrütke gesprengt Eloener Drahttericht de» Leip,«ger Tageblattes Essen, 11. April. Heute morgen gegen 3 Uhr wurde die Brücke am Hohen Platz in Buer, über die die militari sierte Eisenbahnlinie nach Recklinghausen führt, gesprengt. Sie ist zwar nicht völlig zerstört, jedoch wurde sebr großer Schaden angerichtet, der io seinem ganzen Umfange sich nicht feststellen läßt, well die Franzosen das Brückengelände streng ab gesperrt haben. Die Franzosen erklären, daß sie der Stadt Buer eine Geldbuße von 50 Mit^ lionen Mark auferlegen werden. Ferner wurde die Straßensperre von 8 Uhr abends bis 6 Uhr morgens wieder eingeführt. Erst vor drei Tagen wurde eine Brücke des Rhein-Herne-Kanals gesprengt. Dieserhalb erklärte der französische Kommandierende in Buer, die schärfsten Maßnahmen gegenüber „deutsche« Sa botageakten" anwenden zu wollen. Staatssekretär Hamm wiever freigelassen Drahlberichl unserer Berliner «chriftlett»»« Berlia, 11. April. Der Staatssekretär in der Reichskanzlei Hamm, der gestern vormittag auf der Fahrt zu der Essener Beisetzungsfeier von den Franzosen verhaftet worden war, ist gestern abend wieder freigelaflen worden und ist heute vormittag wieder in Berlin eingetroffen. Ueber die Festhaltung des Staatssekretärs erfahren wir folgende Einzelheiten: Staatssekretär Hamm wurde am Montag abend in Scharnhorst aus dem Zuge herausgeholt, in dem sich auch der ehemalige Reichspostminister Giesberts und der frühere preußische Ministerpräsident Siegerwald be fanden. Don ihrer Abreise hatte Hamm keine Kenntnis. Mit diesen beiden auch aus dem Zuge heransgeholten Herren wurde der Staatssekretär in einem ausrangierten Eisenbahnpostwagen ver nommen. Als Grund der Verhaftung wurde an gegeben, daß ein Einreiseverbot für Mitglieder der Regierung und Minister erlassen worden sei. Staats sekretär Hamm wies darauf hin, daß er weder Minister noch Regierungsmitglied sei; diese Er klärung wurde nicht anerkannt und sein Verlangen, daß er sich sofort an den General wenden dürfe ab geschlagen. Bei dieser Gelegenheit bemerkte man, daß für den Tag der Trauerfeier besonders strenge Befehle wegen der Einreisekontrolle erlassen worden waren. Auf der Liste der Personen, deren Einreise verhindert werden soll, stehen in erster Linie der Name des Reichskanzlers Dr. Cuno und des Staats sekretärs Hamm. Die drei Herren wurden dann noch in der Nacht im offenen Auto unter militärischer De deckung nach Kastrop gebracht, wo sie in einem schlecht geheizten Schnlraum die Nacht verbringen mußten. Dienstag vormittag 10 llhr wurden dann Etegerwald und Giesberts von dem Divisionsgeneral die Er laubnis zur Abreise gegeben. Erst abends 8 Uhr traf eine Depesche des Generals Degoutte ein, daß Staats- sekretär Hamm durch einen Offizier an die Grenze des besetzten Gebietes zu bringen und ihm unter Androhung schwerer Strafe das Wieder betteten des besetzten Gebietes zu verbieten sei. „Sie morgen den Leist nicht!" Drahtderlcht unserer Berliner Dchriftleituug Berlin, 11. April. Die heutige Reichstagssitzung wurde um 3)4 Uhr mit einer Aussprache des Neichstagspräsidenten Löbe über die Lage im Ruhrgebiet eröffnet. Der Reickstagdspräsident äußerte sich folgendermaßen: „Seit wir auseinandergegangen sind, hat sich in der kurzen Osterpause im Linbruchszebiet an der Ruhr eine Reche neuer Angriffe gegen Abgeordnete des Reichstages ereignet. Die Quälereien und Blut taten gegen die Bewohner des Ruhrgedietes sind iu» Maßlose gestiegen. Der Herr Reichskanzler hat unserer Trauer und unserm Mitgefühl gestern an oieser Stelle in Worten Ausdruck gegeben, die im ganzen Volke Widerhall gefunden haben. Seitdem hat da französische Militär sich neue Gewaltakte zuschulden kommen lassen. Man hat sich nicht gescheut, Hand an