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HolMsttm-ErilWItl AnzM Tageblatt für LohenMn-GrnMal, Gberlungwitz. H-rsdorf, Lermsdorf, I-rnsdorf, Wüstenbrand^ Ursprung, Mittelbach, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Grumbach, Tirschheim rc. «7 "! "" — Weitverbreitetes Insertions-Organ für amtliche und Privat-Anzeigen. -------- Dieses Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten. Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigegeben. Abonnement: Bei Abholung monatlich 35 Pfg. die einzelne Nummer 5 „ Durch die Post bezogen 1 Frei ins Haus monatlich 42 Pfg. vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. 25 Mk. excl. Bestellgeld. Fnsertionsgebühren: die sechsgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis Vorm. 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Sonnabend, den 30. Mai 1903. Nr. 123. 30. Jahrgang. Herr Hugo Lahritz hier beabsichtigt, auf seinem an der Wiesenstrahe Nr. 13 gelegenen Hausgrundstücke Nr. 80 Abt. v des Brandversicherungskatasters für Hohenstein-Ernstthal eine Groß- und Kleinviehschlächterei-Anlage zu errichten. Wir bringen dies gesetzlicher Vorschrift gemäß zur öffentlichen Kenntnis mit der Aufforderung, etwaige Einwendungen, soweit sie nicht auf besonderen Privatrechtstiteln beruhen, bei deren Verlust bis zum 13. Juni 1903 bei uns anzubringen. Hohenstein-Ernstthal, am 28. Mai 1903. Der Stadtrat. Oi' Polster, Bürgermeister. — Heute Sonnabend vormittags 7 Uhr wird im hiesigen Rathause das Fleisch eines beanstandeten Rindes im gepökelten Zustande s Pfund 40 Pfg. öffentlich verpfundet. Zum Prozeß Hüffener. Zu dem auf vier Jahre Gefängnis und Degra dation lautenden Urteil gegen den Fähnrich Hüffener, der übrigens Berufung eingelegt hat, schreibt die „Köln. Ztg." u. a.: Das Urteil wird in weiten Kreisen mit der Empfindung ausgenommen werden, daß die Strafe zu der Schuld, der Vernichtung eines Menschenlebens, in keinem richtigen Ver hältnis stehe. Wir glauben, daß diese Empfindung falsch ist. Das Gericht hat in hellster Oeffentlichkeit ver handelt, es hat den Angeklagten nicht geschont, wo es galt, in psychologische Tiefen hinabzuleuchten, um eine Erklärung für die schreckliche Tat zu finden und .> ist in der Abwägung aller Gründe und der perionlichen Eindrücke, die es empfangen, zu der Entscheidung gelangt, daß kein Totschlag, sondern körperliche Mißhandlung mit tötlichem Ausgange anzunehmen sei. So gewinnt man bei ruhiger Beurteilung den Eindruck, daß das Gericht in aller Freiheit und unbeeinflußt von vorein- genommenen Stimmungen entschieden habe, freilich auch in der Erkenntnis, daß seine Aufgabe nicht sei, ein Erempel zu statuieren, sondern Recht zu fprechen. Wenn es nun nicht Sache des Gerichtes ist, über den Rahmen der Prozeßordnung hinaus der traurigen Angelegenheit nach Ursache und Wirkung nachzugehen, so fällt doch zweifellos den zuständigen staatlichen Instanzen und der Volksvertretung die Pflicht zu, zu untersuchen, ob in dem System etwas der Abänderung bedürftig und fähig sei, was auch iu der Zukunft noch die Quelle ähnlicher Vorgänge werden könnte. Nach dieser Richtung nun scheint — soweit man sich aus dem Verhandlungsbericht ein Urteil bilden darf — das Gericht zu der Ueberzeugung gelangt zu sein, daß der Fähnrich „ein unreifer junger Mensch ist, der falsche Be griffe eingesogen hat" und daß er in einem Irr tum, wenn auch in einem selbstverschuldeten Irrtum über seine Pflichten befangen war. . . Hier scheint uns die Besserung einsetzen zu müssen, denn in einem Lande der allgemeinen Wehr pflicht, in dem Volk und Heer eins sind, darf ein Fall Hüffener sich nur dann ereignen, wenn die Motive dem Unverständnis und der Unzulänglich keit eines Einzelnen entspringen, aber aufs pein lichste muß selbst der Schein vermieden werden, als ob das System selbst die Quelle des Uebels sein könne. Zur Reichstagswahl. Bei den bevorstehenden Reichstagswahlen kom men, wie im einzelnen bereit« mehrfach erwähnt, verschiedene Neuerungen in Anwendung. Neu ist erstens, daß die Dauer der Wahlhandlung um eine Stunde — also bi« 7 Uhr nachmittag« — ver längert wird. Als zweite Neuerung ist ferner zu beachten, daß während der Wahlhandlung in den Wahllokalen Stimmzettel nicht verteilt werden dürfen. Eine wichtige Aenderung de« seitherigen Wahlmodu« ist ferner die Vorschrift, daß die Stimmzettel in einen mit amtlichem Stempel versehenen Wahlzettel umschlag eingelegt werden müssen. Diese Umschläge haben die Größe eine« Quadratkouvert«; sie find von blauer Farbe und mit de« Reich«adler bedruckt, der mit der Bezeichnung „Wahlzettelumschlag" krei«- sörmig umgeben ist. Die Einlegung der Stimm zettel in diese Wahlzettelumschläge durch die Wähler darf nicht im Wahllokale selbst geschehen, sondern sie muß in einem Neben- oder Jsolierraume erfol gen. Für die rechtzeitige und ordnungtmäßige Be reitstellung der Nebenräume und — wo solche sich bei den Wahllokalen nicht befinden — der sonstigen Jsoliervorrichtungen haben die Gemeinden rc. zu sorgen. Wo kein Nebenraum vorhanden ist, wird eine spanische Wand aufgestellt werden müssen. Beide Einrichtungen müssen so beschaffen sein, daß sie nur vom Wahllokal aus erreichbar sind, die Wähler bei der Einlegung der Stimmzettel in die Umschläge vor der Beobachtung durch dritte Per sonen mit Zuverlässigkeit schützen und dem Wahl vorsteher die Möglichkeit gewähren, etwaigem miß bräuchlichen Verweilen in dem Jsolierraume zur Wahrung der Rechte der übrigen Wähler und im Interesse de« schnellen und ungestörten Verlauf« der Wahlhandlung wirksam entgegen zu treten. Diese Einrichtung ist je nach den Umständen so ein- fach und zweckmäßig als möglich zu gestalten. In dem Jsolierraume dürfen nur Wähler, die durch körperliche Gebrechen behindert sind, ihre Stimm zettel mit eigener Hand in den Umschlag zu legen, eine Vertrauen«person mitnehmen. Von der Be nutzung der Jsolierräume zur Einlegung seines Stimmzettel« darf niemand entbunden werden. Im Interesse de« Zustandekommen« gültiger Wahlen ist sorgfältig darüber zu wachen, daß für alle Wahl« bezirke rechtzeitig die nötigen Vorkehrungen getroffen werden, um den Vorschriften de« Reglement« in dieser Beziehung vollkommen zu genügen. Die Wahlhandlung ist punkt 7 Uhr zu schließen. Nach 7 Uhr darf der Wahlvorsteher keinen Stimmzettel mehr an nehmen, auch nicht von den Personen, die sich zu dieser Zett noch im Wahllokale befinden. Da« sächsische Ministerium de« Innern hat sich in einer neueren Verordnung dahin au«gesprochen, daß e« fortgesetzt grundsätzlich Anstand nehmen müsse, ganz allgemein für den Bereich de« König reich« Sachsen die Veranstaltung von öffentlichen Geldsammlungen zu Reichstag«-Wahlzwecken zu genehmigen. * 4« Dresden, 28. Mat. Im „Trianon" fand gestern eine mittelmäßig besuchte sozialdemokratische Volksversammlung mit der Tagesordnung „Der Neich«tag«wahlkampf und die Aufgaben der Frauen" statt, in welcher die sozialdemokratische Agitatorin Frau Zettkin au« Stuttgart referierte. Sie wurde aber bereit« in der Einleitung so au«fällig, daß der überwachende Polizei-Inspektor Born sie zur Mäßig ung ermahnen mußte. Da« mochte sie aber noch mehr in Harnisch gebracht haben, denn sie erklärte, nach alledem, wa« dem Volke zugesügt worden sei, könne sie und würde sie sich auch nicht mäßigen. Da die Versammlung durch die darauffolgende Wort entziehung einen tumultuarischen Charakter annahm, verfiel sie der Auflösung. Geyer, 28. Mai. Daß die Kandidatur de« Bergarbeiters Fr. Eduard Hänel hier gute An sichten auf Erfolg hat, da« bewies der erfreulicher weise starke Besuch, der am Mittwoch abend im Nalhautsaale hierselbst abgehaltenen Wählerver sammlung. Da von seilen der Sozialdemokralie mittel« Flugblatt die Parole ausgegeben worden war, diese Versammlung nicht zu besuchen, war e« um so erfreulicher, daß im Saale gegen 300 Be sucher anwesend waren, denn diese darf man alle al« Wähler der Ordnung«partei ansehen. Berg- Die schwarze Dame. Eine Pfingstgeschichte von H. Limpurg. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Im Speisesaale stand schon Luise, den Gast erwartend. Ihr Vater war noch nicht da. In weichen Falten floß ein elfenbeinfarbenes Gewand an der hohen, schlanken Figur hernieder; ein Gold- gürtel umspannte die Taille, und in den blonden Flechten lag ein eben erblühte« Pfingströschen. Baron Freising war überrascht von der eigen artigen Schönheit Luisens. Ein wärmere- Empfinden zog in sein Herz und unwillkürlich leuchtete sein Blick auf. Sie sah e« und errötete, ihr Herz zog sich in einer eigentümlichen Unruhe zusammen; eS kam ihr vor, als sei sie im Unrecht diesem schönen, ernsten Mann gegenüber. )1ach Tisch zog sich der General zu einem Siesta stündchen zurück, und Fräulein von Bohlen schlug herzklopfend ihrem Gast einen Spaziergang in den Park vor. Schweigend schritten beide neben einander auf den sonnigen Kieswegen dahin. Pfingstlich geschmückt prangte ringsum die Natur, die Vögel sangen Jubellieder, betäubend dufteten JaSmin und Rosen, und Freising fühlte sich wehr und mehr von einem ungeahnten Zauber umsponnen. „Ist daS hier der Weg, den die schwarze Dame auf ihren alljährlichen pfingstlichen Bußgängen ein- zuschlagen pflegt?" fragte er endlich scherzend, das bedrückende Schweigen unterbrechend. Luise fuhr jäh zusammen, ihre Hand zuckte, ihr Antlitz war totenbleich geworden, und ihr Auge haftete groß und fragend auf dem Gaste. „Die — schwarze — Dame", stotterte sie mühsam, „waS wissen Sie von ihr, Baron Freising r ES ist ja doch nur ein törichter Aberglaube." „Ich weiß wohl, gnädiger Fräulein", nickte er beruhigend, „regen Sie sich nicht auf über den Spuk. Ein jedes alte Schloß muß ja wohl einen solchen haben; daS gehört so zum guten Ton." „Reden wir von etwas anderem", bat sie be klommen und zog ein seines Batisttuch aus der Tasche. Dabei fiel ein kleines zusammengerolltes Papier zu Boden, und ohne daß es Luise merkte, hob Freising eS auf. Aber ein ganz besonderes Gefühl verhinderte ihn, es dem jungen Mädchen wiederzu geben ; er schob eS in die Brusttasche und begann dann völlig unvermittelt von dem zu reden, was ihnen beiden daS Herz erfüllte. „Sie wissen den Grund meines Hierseins, Fräulein von Bohlen?" „Ja, Baron Freising, und ich freue mich, allein und offen mit Ihnen darüber reden zu können", erwiderte sie, freimütig ihm die Hand reichend, welche er mit einem warmen Empfinden, das ihm bisher fremd gewesen war, an die Lippen zog. „Sie werden dem Fremden sicherlich zürnen, daß er anmaßend genug ist, selbst zu kommen, statt den minder peinlichen schriftlichen Weg zur Aussprache zu wählen." „Nein, Baron, große und gerade Naturen, auch ich holte Sie für eine solche, wählen immer den rechten Weg Äug' in Äug' und so lassen auch Sie mich tun. Ich — kann nie Ihre Gemahlin werden." Hätte man noch vor vierundzwanzig Stunden Freising gesagt, daß diese unumwundene Erklärung ihn wie ein Schwertschlag treffen würde, er würde mit den Achseln gezuckt und mitleidig gelächelt haben und dennoch war eS so. „Darf ich auch erfahren, weshalb nicht, gnädiges Fräulein ? Meinen Sie, daß ich Ihnen antipathisch sei und Sie nie Zuneigung zu mir fassen könnten?" „Nein, Herr von Freising. JmIGegenteil, Sie flößen mir hohes Vertrauen ein, und — wenn mein Herz noch frei wäre, würde ich Sie vielleicht lieben können —" „ES ist also nicht mehr frei?" „Nein. Ich liebe einen anderen und er mich, und wenn wir auseinandergerissen werden, so sind zwei Menschenleben auf einmal für immer elend gemacht." Ec schwieg und sah zu Boden. Ihm war's, als sei ein zauberisches Trugbild vor seiner Seele emporgefacht und dann durch einen eisigkalten Früh jahrsreif für immer vernichtet worden. Vorbei, verloren! Es gab ja wohl auch Stieflinder des Glücks, denen nie etwas gelingt, und die im Schatten stehend ohne Neid den bevorzugten Schicksalsgenossen zusehen müssen. Auch er schien in deren Reihen zu gehören. „Ich verstehe Sie, Fräulein von Bohlen", sagte er tiefernst, „und bin weit entfernt, unter solchen Verhältnissen um diese kleine Hand zu werben, welche mich vielleicht zu einem glücklichen Manne gemacht hätte. Was soll ich aber tun? Befehlen Sie, daß ich sogleich abreise?" „Nein, o nein," meinte sie hastig, „daS nicht, helfen Sie mir bei meinem Vater, denn er will durchaus, daß — daß — ich Ihre Werbung annehme." „Lassen Sie mir bis morgen Zeit, Fräulein Luise", bat er und das junge Mädchen erbebte, als sie ihren Namen zum ersten Male so weich und innig von den bärtigen Männerlippen vernahm; „aber nehmen Sie schon jetzt mein Ehrenwort, daß ich Ihr Vertrauen nicht mißbrauchen und — Ihr Glück, soweit ich eS vermag, begründen will. Wollen Sie mir auch fernerhin vertrauen und alles tun, worum ich Sic bitte?" Sie blickte auf in seine ernsten Augen. Fast kam eS ihr vor, als schimmerten dieselben feucht, dann aber nickte sie ergriffen, und abermals schlossen sich beider Hände zusammen. „Ja, ich verspreche es Ihnen, Baron Freising, und nun sollen Sie erfahren, wer derjenige ist, dem auch Sie großmütig Ihre Hülfe zusagten." Dann begann sie zu erzählen, wie sie schon seit Jahren Alfred von Feldheim geliebt, wie aussichts los diese Liebe sei, und wie sie dennoch sich gelobt hätten, auf einander zu warten, bis er eine gute Administratorstelle erhalten würde. Schweigend, gedankenvoll hörte Freising zu, mitunter hob ein tiefer Seufzer seine Brust, aber als sich beide vor dem Schlosse trennten, wiederholte er sein Versprechen Luise und ihrem Geliebten zu helfen. Mit verschränkten Armen und verfinsterten Zügen schritt er dann stundenlang in seinem Zimmer umher; nur mitunter öffneten sich die festgejchlossenen Lippen und murmelten: „Dem Manne kann geholfen werden I Ich Tor, der ich meinte, dies schöne Geschöpf sei noch frei! Aber besser die Wunde ausschneiden, ehe sie unheil bar wird, wenn es auch weh tut." Da kam ihm der kleine Zettel wieder inS Gedächtnis, den Luise verloren hatte; er zog ihn hervor und glättete ihn. Nur wenige Worte standen darauf: „Erwarte dich am bewußten Oct in größter Unruhe. Widerstehe der Versuchung, denke an unsere Liebe. A. F." „Ein Rendezvous," sagte der Baron bitterund steckte den kleinen Zettel wieder zu sich; „glücklicher Mann, dem ihr« Liebe gehört! Er braucht nicht zu zweifeln; aber ich will mein Wort halten, sie sollen glücklich werden. Noch heute nachmittag will ich zur Stadt, um einen Notar zu sprechen." „Gegen zehn Uhr ging man auseinander und Baron Freising begab sich auf sein Zimmer. Der Mond schien hell am wolkenlosen Himmel und zeichnete die Schatten der Bäume scharf auf den Weg. Freising überlegte, dann zündete er sich eine Cigarre an und schlenderte hinab in den Park. Ein unbestimmte« Gefühl drängte ihn, dem Rendezvous nachzuforschen, obwohl er sich selbst sagte, eS sei un- edel, von dem zufällig erlauschten Geheimnis Gebrauch zu machen. Es dauerte lange, sehr lange, ehe sich etwas regte. Vor geraumer Zeit schon hatte eS elf ge schlagen; unverwandt hielt der Baron seinen Blick auf daS Schloß gerichtet, als endlich die verschlossene Balkontür leise klirrte. Gespannt schaute er hinüber, und es wunderte ihn durchaus nicht, als jetzt lang sam, in schleppenden Gewändern der Geist der toten Schloßfrau, die schwarze Dame, dahinschwebte. (Schluß folgt.)