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Nr. SS. Freitag, den 4. März 1V04. 3. Jahrgang. SWsche WlKöMng «scheint «Sali» nachm, ml« Ausnahme der E«nn- und Festlage, j > ^ Inserate werden die 6gespaltene Petltzelle oder deren Raum mit Unaddängigercageblan kiikAakrdeit.üeckt u.freikett. llnadbänglgez lageblatt Ml lllakrkeit. firckt u. freikeil. Inserate werden die ü gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit lki Ps. berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Buchdrnckerei, Redaktion und («eschästSftellr> Dresden, Pillniyer Ltrah, 4». Fernsprecher: timt 1 Nr. 1368. Die Marianischen Kongregationen. ii. öderes bildet elber die Kunst nicht, die göttlich geboren. Als die Mutter mit ihrem Sohn. (Schiller: »Braut von Messina".) So lange das Christentum besieht, hat es sich be währt, daß eine lebensvolle christliche Religiosität stets in hervorragender Weise zur Verehrung uud Anrufung Mariä, der hl. Gottesmutter, hiutreibt und in der Marienverehruug wiederum eine ihrer zuverlässigsten Stützen findet. Und gerade im 16. Jahrhundert war es in auffallender Weise zutage getreten, daß Abkehr von der von Christus her rührenden religiösen Einrichtung stets mit Abkehr von der Mutter-Gottesverehrung verbunden ist. Das sehen wir auch heutzutage. Nichts bringt die Protestanten durch schnittlich mehr in die Wolle — als die Marienverehruug. Man sollte aber doch glauben, daß, wer den Sohn ver- ehrt, auch seiner Mutter Hochachtung und Verehrung ent- gegenbringt. So ist es wenigstens in: gewöhnlichen Leben. Hier haben jedoch die Protestanten eine andere Regel auf- gestellt. Man gewinnt den Eindruck, daß ihnen das An denken an Maria geradezu widerwärtig ist. Es darf daher nicht wunder nehmen, wenn die Katho liken im 16. Jahrhundert gerade in der Marienverehruug mit besonderem Eifer Schutz suchten, gegen den herein brechenden Sturm der Auflehnung und Unordnung. Was war daher natürlicher, als daß die katholischen Männer ihren Freundschaftsbund unter den besonderen Schutz Mariä stellten, datz sie sich vor dem Bilde Mariä versammelten und den Namen Mariä auf ihre Fahne schrieben? Allerwärts fand das Beispiel Nachahmung. Auch Staudesgenossen anderer Lebeuskreise traten zusammen uud nannten ihre Verbindungen Marianische Kongregationen. Fast immer waren es charaktervolle Jünglinge und Männer gebildeter Stände, welche mit gutem Beispiel voraugiugeu. Das waren die Anfänge der Kongregationen. Nicht Deutschland ist übrigens ihre Wiege, sondern Italien. Sie verdanken ihren Ursprung einigen Studierenden, welche auch auf Anregung seeleneifriger Ordensleute (aus der Gesell- schaft Jesu) zu besonderen Vereinen in Verschiedenei: Städten zusammentraten. Was bezweckten jene jungen Leute bannt? Sie wollten in der Vereinigung die Mittel finden, um sowohl in ihrem eigenen Leben die Grundsätze echter Religiosität und gründlicher Tugend konsequent zur Geltung zu bringen, als diese Grundsätze auch bei andere,: in ihren Lebeuskreise,: nach Maßgabe der äußeren Ver hältnisse zu verbreiten. Auch in unseren Tagen hat sich das Wesen der Marianische,: Kongregationen in nichts geändert. Ueberall erblicken wir als einzigen Hauptzweck: Besorgung des eigenen Seelenheils, sowie eifrige Beförderung alles dessen, was auf das Seelenheil anderer irgendwie Bezug hat. Und überall finden wir als Hauptmittel zu diesen: Zwecke an- gewendet: Gemeinschaftlichkeit religiöser Hebungen, Erweite rung der religiösen Kenntnisse, sowie freundschaftliches Zu sammenhalten und Zusammenwirken in: Leben unter den: Schutze der allerseligsteu Jungfrau und unter Leitung eines kirchlicherseits dazu autorisierter: geistlichen Präses, welchen: ein von der Kongregation gewählter Präfekt nebst weiteren: Vorstand zur Seite steht. Die Kongregation ist also kein bloßer Gebetsverein; die Kongreganisten sind vielmehr, wie die Geschichte überall bestätigt, tatkräftig bestrebt, ein gott gefälliges, katholisches Leben nach allen Seiten hin zu fördern. Im Geiste Christi üben sie die Nächstenliebe, trachten liebevoll die Irrenden auf den rechten Weg zu führen, suchen die verschämten Armen auf. sammeln für sie Almosen, trösten die Kranken — mit einen: Worte, wenn es sein muß, weihen sie sich gänzlich den: Dienste ihrer Mitmenschen. Hunderttausende von Männern aller Stände haben bisher unter dem siegreichen Paniere der Himmelskönigin den edlen Kampf gegen die Feinde Gottes und ihres Heiles geführt; sie waren die Stütze des religiösen Lebens und der Sittenreinheit in den Gemeinden, begeisterten sich in opferwilliger Weise für alles, was für die Ehre Gottes und das wahre Wohl der Menschen unter den jeweiligen Verhältnissen geschehen konnte. Fürsten, Gelehrte, Künstler uud jeden Stand erblicken wir in den Reihen der Kon- greganisten; kein Wunder, wenn die studierende Jugend, welche des besonderen Schutzes bedarf, auch zahlreiche Kongregationen bildete und noch bildet. Aus den: bisher gesagten werden unsere Gegner höchstens den Vorwurf konstruieren, daß ein Zweck der Kongregationen die Propaganda bei anderen ist. Ob jene, die sich daran stoßen, von gleichen Bedenken über die Tätigkeit des Evangelischen Bundes erfüllt sein mögen? Wir haben noch nie gehört, daß die Kongreganisten plan mäßig unter Andersgläubigen Propaganda geinacht hätten; wir finden in der Geschichte nur als Frucht ihrer Tätigkeit verzeichnet, daß sie der protestantische,: Hetzarbeit unter den Katholiken gründlich das Handwerk verdarben, indem sie die Schwankenden in ihren: hl. Glauben befestigten. Zur Beruhigung sei auch hier gesagt, daß jede Politik streng ausgeschlossen bleibt. Die segensreiche Tätigkeit der Kongregationen hat die katholische Kirche veranlaßt, sie mit außerordentlichen Ab- laßgnadeu anszuzeichnen. Außerdem haben die Päpste zu verschiedenen Zeiten den: Wirken der Kongregationen das höchste Lob gespendet. Gregor VIII. nannte sie eine „Schule des Heils". Benedikt XIV. erklärte: „Es ist un glaublich, welch' großer Nutzen aus dieser frommen und lobwürdigeu Stiftung . .. Personen aller Stände erwachsen ist . . . Deshalb hielten wir es für eine Pflicht unseres Hirtenamtes, diese Werke gründlicher Frömmigkeit, wodurch die christliche Tugend und das Heil der Seelen so sehr ge fördert werden, mit Unserer Apostolischen Machtvollkommen heit zu schützen uud zu befördern." Kurz und bündig haben wir hier den Zweck und das Wesen der Marianischen Kongregationen in: allgemeine,: dargelcgt. Nach dieser notwendigen Einleitung werden wir in dem folgenden Artikel ihre Einrichtung speziell für die Studierenden ins Auge fassen und mir die Frage beant worten: Fördern die Marianischen Kongregationen den pädagogischen Zweck der Lehranstalten oder stehen sie diesem hinderlich in: Wege? VV. Die bayerische Wahlreform gescheitert. Die bayerische Wahlgesetzvorlage ist gefallen. Die an: 26. Februar in der Kammer der Abgeordneten vor- genommene Abstimmung über die Wahlgesetzvorlage ergab folgendes Ne.snltat: Anwesend waren 156 Abgeordnete. Für die Vorlage stimmten 66, dagegen 66. Da die Zweidrittel mehrheit nicht erreicht wurde, ist die Vorlage abgelehnt. Damit hat sich die liberale Partei in: Verein mit der freien Vereinigung wieder einmal als das gezeigt, was sie in Wahrheit ist: eine ausgesprochen volksverräterische und volksfeindliche Partei, die keinerlei Rücksicht kennt ans den Willen und die Interessen des Volkes, sondern die diese Interessen des Volkes in der schnödesten uud rücksichtslosesten Weise verrät, preisgibt uud mit Füßen tritt, wenn das liberale Parteiinteresse in Frage kommt. Das bayerische Volk wird mit denen, welche aus selbstsüchtigen Rücksichten die Wahlreform Hintertrieben haben, bei der kommenden Landtagswahl in, Jahre 1605, gründlich abrechnen — darauf möge sich der Liberalismus verlassen! — Für oder gegen die Landtagswahlreform — das wird die Parole für die nächste Laudtagswahl sein! Das Nichtznstandekonnnen der Wahlrcform ist um so auffallender, als die Vorlage sich haarscharf auf denjenigen Beschlüssen anfbaute, welche die Abgeordnetenkammer i. I. 1602 gefaßt hatte; diese sind aber einmütig von der ganzen Kammer angenommen worden, auch die Liberalen stimmten zu. Nur drei wesentliche Aenderungen des bestehenden Wahlgesetzes sollten erfolgen: 1. die Einführung der direkten Wahl an Stelle der indirekten; 2. eine gesetzliche Einteilung der Wahlkreise statt der heute üblichen durch die Verwaltung; 6. die Abschaffung der Stichwahlen. Die Vorlage schloß sici, ganz diesen: einstimmigen Wunsch der Kammer au. Nun auf einmal waren es die Liberalen, die ihren früheren Standpunkt schnöde vcrleugneteu und gegen iliren eigenen Beschluß Sturm liefen. Das Zentrum ging in seiner Selbstlosigkeit soweit, daß es die Forderung auf Abschaffung der Stichwahlen fallen ließ, „in das Ganze zn retten und die Sozialdemokraten wollten ebenso diese Brücke zur Ver ständigung schlagen. Doch die Liberalen wichen immer mehr von der ursprünglichen Stellungnahme zurück. Die gesamte gesetzliche WahIkreiSeintcilmig. deren Grundsätzen sie im Jahre 1602 auch zngestiinint hatten, gefiel ihnen nicht inehr. Es kan: hier an den Tag, wie seit Jahr zehnten durch künstliche Wahlkreisgeometrie das Zentrum systematisch verkürzt und die Liberalen bevorzugt worden sind; das konnte jetzt nicht mehr gehalten werden. Der Verlust mehrerer Mandate, die sie zu unrecht be sitzen, war ihnen sicher, und mm wandte sich ihr ganzer Zorn gegen die WahlkreiSeinteilimg; aber sie konnten nicht und nirgends auch nur die Spur eines Nachweises dafür bringen, daß diese Neuemteilnng nicht gerecht ist. Ja die liberale Heuchelei ging weiter: während sie in der Oeffent- lichkeit gegen die Wahlkreiseinteilnng loszogen, unterhandelten einige ihrer Führer mit den: Zentrum und machten diesem den Vorschlag, daß sic für die Reform eintreten werden, wenn das Zentrum geneigt sei, ihnen einige Mandate zn verschaffen ans Kosten der Sozialdemokratie, indem in Nürn berg eine anderweitige Einteilung getroffen werden soll. Eine solche politische Unehrlichkeit lehnte das Zentrum selbst verständlich ab und stellte den gesamten Hergang an den politischen Pranger. Was mm? Der Entwurf ist gefalle»: in: nächsten Jahre finden bereits die Neuwahlen statt. Die Regierung wird ihr Wort halten und für diese bereits die Wahlkreise so cinteilen, wie sie in der Vorlage enthalten sind. Die berechtigte Entrüstung des Volkes besorgt das weitere! Die Liberalen werden in der neuen Kann,,er so geschwächt sein, daß sie nicht inehr die nötigen Stimme,: haben, um eine Mehrheit zn vereiteln. Den Hauptgewinn haben die Sozialdemokraten. Ter Liberalismus schaufelt sich mit Energie sein eigenes Grab! Reichstag. o. Berlin. 4«>. Sitzung um t. Mürz 1W4. Der Reichstag keimte heule in die eigentliche Beratung des Etats der ReichSjustizverwaltiiug eintreten: 1>r. Spahn fordert. Wer treibt Volksverdummung? Nach einer bis zun: Uebcrdrnß oft wiederholten Hetz- phrasc der Klerikalismus; sozialdemokratische Blätter setzen ja einen wahren Feuereifer darein, diesen zugkräftigen Schlager recht oft zu wiederholen, um das „geistesgeknechtete Volk" vor der „pfäffischen Nacht und Finsternis" möglichst gruseln zu machen. Dem Kundigen entgeht es nicht, daß System in der Cache ist, nicht sowohl um die Religion undKirchealsFeindedes „Lichts" und der geistigen „Aufklärung" der Oeffentlichkeit zn denunzieren, als vielmehr die öffentliche Aufmerksamkeit von den: eigenen lichtscheuen volksverdummendenTreiben abzulenken und eine gründliche Prüfung der eigenen Machinationen zu verhüten. „Haltet den Dieb" — so schreit der verfolgte Dieb am lautesten, um die Vorübergehenden zu täuschen! Dieselbe Taktik befolgen die Pappenheimer, welche heute so laut über klerikale Volksverdummung reden. An ihrer Spitze marschiert jene Pseudowissenschaft, welche sich einbildet, alle Fragen beantworten zn können und welche die Windeier ihrer leichtsinnigen Hypothese» schleunigst in die große Masse wirft. Ihr würdiger Vertreter ist Ernst Hackel, dessen Schrift mit dem anmaßenden Titel „Welt rätsel" zu einer Art Volksbuch geworden ist! Mit großem Tam-Tam wird den: staunenden Publik» verkündet, datz hier der Schlüssel Saloinonis zu allen Rätseln der Welt gefunden und entdeckt, zu billigstem Preise männiglich zu gänglich sei. Lösung des Welträtsels, des qualvoll uralten Rätsels worüber schon manche Häupter gegrübelt, Häupter in Hieroglyphenmützen, Häupter in Turban und schwarzem Barett. Perückenhäupter und tausend andere arme schwitzende Menschenhäupter für den gewiß billigen Preis von nur 1 Mark! Wer sollte nicht eilen, um schleunigst solche herrliche Weisheit sich zu erwerben. Unglücklicher Faustus, daß du auch zu einer Zeit leben mußtest, wo solche Leuchte der Wissenschaft »och nicht erschienen, wo du dich noch zum Toren gegrübelt, darüber, was alle Welt in: Innersten zusainmenyält, eine Kennt nis, die heute jeder grüne Junge in der Westentasche mitträgt. Lösung des Welträtsels: ja ist das so leicht, wie es da hingestellt wird? „Nur ein Narr wartet ans Antwort!" hat Heine gespottet und auch Häckel ist dieser Spott entgegen gehalten ,vorbei: in der kleinen Abänderung: Ein Narr gibt Antwort. Volksbildung ist eine hehre und heilige Sache, die des Schweißes der Edelsten wert ist. ihr Grundsatz muß aber sein: Für das Volk ist nur das Beste eben gut genug. Nur Wahrheit, aber nichts als Wahrheit darf dem Volke geboten werden. Darauf hat es ein heiliges Anrecht, und ebenso haben diejenigen, welche den: Volke die Bildung vermitteln in Unterricht und Presse die heiligste Verpflichtung, Wahrheit uud nichts als Wahrheit zu bieten. Nun messe man an diesen Grundsätzen Leistungen, wie die von Häckel, oder Vorkommnisse wie die Verbreitung der Werke von Strauß und Renan in billigen Volks ausgaben! Das heißt man: das Volk um sein Bestes betrügen. Und diese Volksverdummung Pflegt als würdige Ge folgschaft dieser Afterwissenschaft die Sozialdemokratie! Alte abgestandene Ladenhüter der radikalen Bibelkritik von anno Toback, die längst von der wissenschaftlichen Forschung über- holt und in die Rumpelkammer geworfen worden sind uud aus ihr nur hervorgeholt werden, wenn es gilt, von den Jrrgängen der Wissenschaft zn sprechen, werden von den sozialdemokratische!« Volksbildnern als „Resultate", „feste Ergebnisse" der Forschung angepriesen. So empfiehlt man Sache», die längst ins Grab gelegt sind und vermodern, den: Volle a's bedeutsame Dinge, ohne zugleich zn bemerken, daß die Behauptungen und Hypothesen jener Schriftsteller als haltlose Phantasie- gebilde erwiesen worden sind. Dasselbe gilt von der Verbreitung der darwinistischei: Hypothesen, für welche die Sozialdemokratie zur Zeit den Hauptverschleiß übernommen hat, nachdem die Männer der Wissenschaft, die einst als Wanderpredigcr nmhergezogen, ein gewaltiges Haar in der Suppe gefunden haben. Erfährt aber jemals ein sozialdemokratischer Glänbiger vo«: seinen: darwinistischei: Volksbildner, daß der Darwinismus selbst eine Hypothese und zwar eine bereits abgetane und überwundene Hypothese ist? In dasselbe Kapitel gehören die Broschüren, welche unter dem Sannneltitel: „Volksschriiten zur Umwälzung der Geister" in dem Verlag der sattsam bekannten Bamberger Handelsdruckerei erscheinen. Was da von freidenkerischen Predigern ä la Tschirn und atheistischen Bierbaukredncrn ä !a Rüdt den: Volke als Wissenschaft dargeboten wird, ist in der Tat „freidenkerisch, d. h. hat sich emanzipiert von allen Regeln sachlichen und vernünftigen Denkens, cd ist frei von Denken, frei von Vernunft, frei von Wissenschaft. Diese Leute habe:: es in der Tat notwendig, die öffent liche Aufmerksamkeit von ihrer geistigen Bruimenvergiftuiig abzulenken, indem sie das Verbrechen, dessen sie sich selbst fort und fort schuldig machen, das Verbrechen der Volks verdummung. anderen nachsagen. damit ja niemand ihre Schliche wittert.