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Diese«Blatt erscheint . Inserate aller Art durch alle Postanstal- I UHR, U, I MW^ U,K,KU,KR.UM berechnet und in allen tenund Erpedltionen dieser gen zu beziehen ist. Zeitung angenommen Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verleger: CLrl Jehne in Dippoldiswalde. Redakteur: 2» Eommissioa: vr. I. Schladebach in Dresden. H. H. Grtm m L Comp. in Dresden. Aus -em Vaterlande. * Dresden. — „Am 24. d. M. Abends wurde in der Ge- bauer'schen Wirtschaft (Ritterstraßc) das Heckerlied gesungen, wobei man anwesende Militärs verhöhnte. Dies bestimmte endlich einen Corporal, den Schuhmachergesellen Rockstroh zu verhaften. Dieser entsprang beim weitern Transport nach derHauptwache, und da er nach viermaligem Haltrufcn nicht stand, wurde Feuer auf ihn gegeben. Er blieb unversehrt; allein, war cL Zufall oder Schreck, er stürzte, und wurde wieder eingcbracht. Außer dem Schuhmachergesellen Rockstroh wurden noch zwei Personen verhaftet: der Eine sang bei der Wache vorbcigehcnd das Heckerlied, der Andere trug auf seinem Democratcn- hut eine rothc Feder. — Unsere Stadt wurde am 25. d. M. Abends von Neuem durch zwei Gewehrschüsse und den Fluchtversuch eines Maigefangenen allarmirt. Fünf Gefangene wurden durch militärische Eskorte aus dem Verhör zurück nach dem Arrcsthausc gebracht. Vor diesem hatte sich ein Menschenknäuel gebildet, der von der ELcorte der Gefangenen nur schwer zur Raumgcbunz gezwungen werden konnte. Dies benutzte einer der Gefangenen zu einem Fluchtversuch, indem er hinter einem Wagen zu entwischen suchte. Allein zwei der cöcortirendcn Soldaten ermöglichte» cS, ihm zu folgen, und gaben, da er nicht stand, beide Feuer. Durch das entschlossene Handeln der Soldaten bestürzt, wiewohl noch nicht verwundet, ergab sich sofort der Flüchtling." — So erzählt der Beobachter in Nr. 55 der „Frcimüthigen Sachsen zeitung". Die Schüsse haben sonach alle drei gefehlt; allein sie konnten ebensowohl ganz unschuldige, ruhige Leute auf ihren Berufswegen treffen, und wer hätte diese oder ihre Familie vorkommenden Falls, entschädigt? Es geht doch nichts über dieSegnungen deS Belagerungzustands, unter welchem allein Ruhe und Ordnung und Sicherheit der Person aufrecht erhalten werden kann. Aber bei alledem sind unsere guten Bürger undankbar genug, dicS mehr und mehr nicht einschcn zu wollen. Sie sind— und nicht nur bei uns — mit Allem zufrieden, geben allen RegierungSmaaßregeln unbesehen ihre Zustimmung und schimpfen pflichtschnldigst auf Jeden, der solche einer Kritik zu unterwerfen, wohl gar sie, und wenn auch mit überzeugenden Gründen und in ruhigstem Tone zu tadeln wagt. Aber wo es an den Geldbeutel geht, da hört bekanntlich die Gemüthlichkeit auf. Und wo gar die Möglichkeit einer Leibes- und Lebensgefahr sich herauSstellt, da hat aller Spaß ein Ende. Wir haben das bei dem Teutscher'schen Vorfälle recht deutlich gesehen (beiläufig: über das von uns gerüchtweise mltgetheilte Urtheil über denselben verlautet Näheres nicht; wir haben keine Bestätigung, aber auch keine Widerlegung erhalten), und sehen eS jetzt nach den eben berührten Vorfällen wieder. Ja, wenn die Soldaten als sichere Schützen sich bewährt und die Betheiligten getroffen hätten, da wär's was ganz Anderes gewesen. Aber so! die „vertrackten Kugeln" müssen doch irgend wohin treffen, und da ist's leicht möglich, daß sie einem ruhig «n der Thür oder am Fenster nach dem „Krawall" auSschauenden Bürger die Pfeife vom Munde wegblasen. Das wäre aber unbedingt „sehr störend." Darum: Aufhebung deS BelagcrungSstandes und Verminderung der EinquartirungSlast! DaS ist jetzt einmal wieder das allgemeine Feld,«schrei. Und die Sache hat Grund. Liegt'« denn am End? doch auch im Belagerungszustande, daß die diesmalige große Gcwerbe- auSsteklung nach Leipzig verlegt worden, wo Alles in Ruhe und Ordnung ist (in Dresden freilich auch), und wo höchstens einmal ein Maigefangener zusammt seiner Wache sich plötzlich aufmacht, um die langentbehrte Bewegung in freierLuft in etwas ausgedehnterem Maaße zu genießen, wie das neuerlich l). Bertling gethan. Aber unsere Wünsche gehen noch weiter. Wir wünschen überhaupt Verminderung deS Heeres und dadurch Verminderung des hohen Militärbudgets, erxo auch Verminderung der Steuern und Abgaben. Man schmeichelt sich mit dieserHoffnung, man spricht hier und da sehr bestimmt davon: wenn'« nur wahr ist. Schon so Manches ist gesprochen und ver» sprechen und dessenungeachtet nicht in Erfüllung gegangen. Deshalb zweifelt man am Ende natürlich an Allem, wie Thomas, was man nicht sehen und greisen kann. Das stimmt freilich wohl wenig zu sammen mit den religiösen Ansichten, welche unser neuer Oierhofprediger I). Harlcß hier entwickeln und zur Geltung zu bringen suchen wird. ES giebt Dinge, bei welchem Einem nichts als ein recht lebhaftes Bedauern übrig bleibt. Zu diesen gehört unser« Erachtens auch die Berufung des Genannten in seine hiesige hohe kirchliche Stellung. Gewiß ist eS nicht weise, wenn auch stark, in Zeiten politischer Erregt heit (und die find auch ohne all und jede Aussicht auf einen demokra tischen Krawall, noch lange nicht vorüber) auch noch Bewegungen auf dem religiösen Gebiete hervorzurufen oder doch ihnen Nahrung und Boden zu gewähren. Das ist aber durch Harleß' Berufung geschehen, man mag dagegen sagen, was man will. Er hat am vorigen Sonn tage seine AntrittSprcdigt unter ungeheurem Zulauf gehalten ; Hunderte mußten wieder umkehren. Auf die Beweggründe zu diesem Andrange kommt hier nichts an; er wird so stark nicht bleiben. Wie Viele be friedigt, wirklich befriedigt das Gotteshaus verlassen haben, können wir nicht wissen. Entschieden ist er aufgetreten, und das ist ehrlich, wie wir'S von ihm erwartet hatten. Aber bei einzelnen Sätzen haben wir Verwunderung, wohl auch Mißbehagen auf dem Antlitze sehr vieler Zuhörer gesehen, und als die Predigt zu Ende, hörten wir einen schlichten Bürgersmann hinter uns sagen: „Also das ist nun unser neuer Herr Oberhofprediger!" Ein lciscS Kopfschütteln begleitete diese Worte, und uns wollte bedünken, als sei dies die schlagendste Kritik der Predigt und des Predigers gewesen. DieZahl Derer, welche der freien Gemeinde sich zuwenden, nimmt immer mehr zu. Die provisorischen Vorstände derselben haben Be hufs einer größer» Versammlung die Benutzung deS Stadtverordneten saals erbeten, und die Bewilligung nach einer ziemlich lebhaften Debatte im Collegium gegen vier Stimmen erhalten; auch lehnte dasselbe die, von einem Mitgliede beantragte quasi polizeiliche Ucberwachung der Versammlung (o, über diese zcitvcrständigen, vorsichtig'-,freisinnigen Leute!) auf die Bemerkung des Vorsitzenden, Finanzprocurator Neubert: er gebe sich zu derartigen Diensten nicht her, entschieden ab. Dresden. Unter den in Folgt ihrer Betheillgung an dem Maiaufstand in erster Instanz zum Tode Verurthcilten erregt das Schicksal des lSjährigen Forstacadcmistcn Bräunlich, Sohn de» be kannten Arztes und Vorstandes einer Privat-Jrrcnhcilanstalt zu CoSwig bet Dresden, j). Bräunlich, die meiste Thetlnahme, und man ist über die Strenge des über ihn gefällte» Urtels umsomehr erstaunt, als man sich nicht denken kann, daß einem so jungen Menschen ein gleicher Grad der Verschuldung wie Bakunin, Rockel und Heubner belgemessen werdet