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>»s» WlMWW MW» H W W N Feierabend HM MW Unterhaltungs-Beilage der Sächsischen Volkszeitung Nr. 54 Sonntag den 2^. August MO 14. Sonntag nach Pfingsten. Evangelium: Die Lilien auf dem Felde und die Vögel unter dcm Himmel. Matthä»? 6, 2t —33. Zerreißen wir die Schlingen, die uns aufhalten auf dein Wege, der nach oben führt! Zersprengen wir die Fesseln, die uns hindern im Kampfe und Siege über die Welt; über winden wir endlich das Eitle in uns und wenden wir all unsere Kraft auf das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit. Nicht dein, der da käurpft, sondern dem, der da recht und ge treu kämpft bis ans Ende, ist die Krone verheißen. Dazu aber Hilst nur der himmlische Sinn, auf welchen der Heiland uns hinweist, wenn er spricht: Ihr sollt euch auf Erden keine Schätze sammeln, wo sie der Rost und die Motten verzehren und wo sie die Diebe ausgraben und stehlen: sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo sie weder Rost noch Motten verzehren und wo sie die Diebe nicht ausgraben und stehlen. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Denn darin offenbart sich der himmlische Sinn, daß wir nickt auf das achten, was eitel und sichtbar ist, sondern dem Unsichtbaren unser Herz zuwenden: daß wir Gott in Christo anhangen durch den Glauben und die aus dem Glauben erzeugte Liebe und durch alle Trugbilder der Welt und des Fleisches uns nicht abwendig machen lassen: daß wir unverwandt Hinsehen und hinstreben auf unser Ziel und Jesum Christum den Gekreuzigten und Auferstandcnen immer vor Augen haben und auch durch Sorge und Tränen, durch Schmerz und Kamps, durch Not und Tod dem Lamme Nachfolgen, das uns geliebt bis in den Tod, das sich für uns geopfert und zu seiner Nachfolge uns berufen hat. Das beißt einen himmlischen Sinn haben, von dein leider die große Menge nichts weiß, oft nicht einmal eine Ahnung bat. lind docl' führt dieser Sinn, dieser weltüberwindende Sinn allein zum wahren Frieden: denn Gott hat dem Menschen die Ewigkeit in das Herz gegeben, und die heilige Sehnsucht darnach kann durch nichts gestillt werden als durch Gott, den uns Jesus Christus geosfenbart hat und den die Welt nickt kennt, nach dem aber jedes Herz ein tiefinnerliches Verlangen hat, und wäre dies Verlangen auch noch so ver borgen und zurückgedrängt: woher käme sonst mitten in den Freuden, in den Besitztümern, in den Ehren der Welt dem Menschen jenes Gefühl von Nichtbcfricdigung. jenes- Suchen nach etwas, das die Welt nicht geben kann? Der himmlische Sinn kennt dieses Gefühl von Nichtbefriedi- gung, dieses Suchen nach einem fernen unbekannten Etwas nicht, er bat den Sckxrtz gefunden, bei welchem sein Herz ist und der dieses Herz ganz ausfüllt und zufriedenstellt. Auch in äußerer Armut fühlt er sich reich: auch in äußerer Un- chre weiß er, wer seine Ehre kennt und schätzt; auch im Lei den ist er stark und freudig in dem Bewußtsein, „daß alle irdische Trübsal zeitlich und leicht ist und scl-affet eine über schwengliche Herrlichkeit denen, die dadurch geübt werden. Ist der Geist vom Staube der Welt gereinigt und gibt sich mit voller Innigkeit an Gott hin, dann ist Beieligung sein Teil und er frohlocket in Gott, seinem Heile. Eine solche Seele verachtet Drohungen, kennt keine Furcht, wirft jede falsche Hoffnung von sich, ist jedem Aergernisse unzugäng lich und ruhet in Frieden für und für." So schreibt der heilige Bernardus. Wollt ihr einen solchen Menschen sehen, so blickt hin auf den heiligen Johannes den Täufer. Johannes sucht nicht die Welt, sondern die Ehre Gottes; er wirkt nicht für die Welt, sondern für das Reich Gottes. Er stirbt nicht für die Welt, sondern für die Wahrheit Gottes. Er ist glückselig, tveil er dem Herrn gedient, aber noch weit glückseliger, weil er in diesem Dienste stirbt. Er ist glückselig, weil er der Tugend und Wahrheit Zeugnis gegeben, aber noch weit glückseliger, weil er beiden mit seinem Blute einen neuen Glanz verschafft. Er ist glückselig, weil er die Welt durch sein heiliges Leben verurteilt, aber noch weit glückseli ger, weil er ihr Gelegenheit gibt, ihm nachzuahmen. Darum bat ihn Gott erhöhet zur Verherrlichung feiner Auserwähl- ten, darum strahlt sein Name als ein leuchtender Stern am christlichen Himmel, darum freuen wir uns seines Märtyrer todes als seines schönsten Sieges und Triumphes und prei sen Gott, der groß ist in seinen Heiligen. Darum aber auch mahnt uns- Christus, vor allem zu suckcen das Reich GotteL und seine Gerechtigkeit und in diesem Suchen durch Irdisches uns nicht bindern noch aufhalten zu lassen. Darum weist er so ernst uns auf das eine hin. das nottut, und gegen das alles übrige wie eitel Rauch zerfließt. Darum ist er selber auf diesem Wege uns vorangegangen, das reinste, das schönste, das- erhabenste Vorbild, dcm wir Nachfolgen sollen. O. folgen wir ihm. denn so wir bleiben im eitlen Sinne, werden wir mit dem Eitlen elendiglich zugrunde gehen. Folgen wir ihm, denn so wir bin und ber schwanken im ge teilten Sinne, wird uns der Herr, wie der Seher der Offen barung sagt, auSwcrfen ans seinem Munde, das beißt fallen, lasten aus- feiner Gnade. Folgen wir ihm, denn so wir uns erbeben zum himmlischen Sinne, wird die Welt nichts wider uns vermögen, sie wird, wie der Prophet fagk, zwar wider uns streiten, aber uns nickt überwältigen, denn der Herr ist mit uns, uns zu helfen. Zu solcher Höbe gelangt der Mensch freilich nicht durch einen oder einige Versuche; das ganze Leben muß daran gesetzt werden. Er gelangt dazu nickt ohne heißen Kampf, das Himmelreich leidet Gewalt, und nur die Gewalt brau- cheu, werden e§ an sich reißen. Er gelangt dazu nicht ohne Schmerz, ohne den großen Sckmerz der Selbstüberwindung, wer inein Jünger sein will, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach! ruft der Heiland. Tie Welt widerstrebt diesem Sinne, ja sie bekämpft und verspottet ihn. Die Sprache der Buße ist ibr eine fremde, die Predigt des Kreu zes ist ibr eine Torheit. Vorbilder, wie das des Täufers in der Wüste, sind ibr obne Bedeutung. Johannes' Demut er scheint ihr als Schwachheit, seine Nüchternheit als Selbst- Peinigung, sein Eifer als Fanatismus, sein Märtyrertod als Schwärmerei. In einer Zeit zumal, wie die gegenwär tige, wo alle Innerlichkeit immer mehr verschwindet und das ganze Leben und Trachten und Treiben und Wirken der Menschen immer mcbr in das Aeußere, Sinnliche, Sichtbare biuübertrilt, da wird der himmlische Sinn vollends begra ben in das Treiben. Drängen. Lärmen der Welt; erstirbt ja selbst das- bäuSIickie und Familienleben immer mehr in jener -Sucht nach äußerem und eitlem Walten, Wirken und