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und Tageblatt. Amtsblatt für die NmKthen and städtisches Behörden zu Freiberg md Braud. BnaxlworLicher RHaktrm: Julius Braun in Freiberg. " - 41,Jabruana. - > >»>-- .. 'N/» t Erscheint jeden Wochentag Stachmrtt.^Uhr für dm Inserate «erden bi- Vormittag 11 Uhr angenom- °« «1» iSLS.kLE'SN^L'rL Mittwoch, dm 6. Februar. Eft, Die Jnnungsmeifter-Versammlung. Eine hier am Montag Abend Im Brauhof-Salon veranstaltete Versammlung htestger JnuungSmeister «öffnete Herr Schuhmocheroberweister Wetzel mit herzlicher Begrüßung der zahlreich erschienenen Meister und theilte derselbe sodann mit, daß rin- am 3. v. M. stattgefundene Ansammlung der JnnunxSvorstände beschlossen nabe, an den Herrn Relch»tagt- abgeordneten Oberbergrath Merbach die Frage zu richten, welche Stellung dnselbe Im Reichs tage zu der Frage de» Br- sähIgungSnachweiseS und zu derjenigen der Altert- und Java- liditättverficherung einnrhme. Das von Herrn Merbach am 14. Januar an die JnnungSvorständc gerichtete Antwortschreiben wurde hieraus von dem Protokollführer, Hrn. Literat Richter, verlesen. Nut dem sehr Hnsänglichen Schreiben ging hervor, daß der Hr Oberbergrath dem Wunsch der Herren Jm ungtvorstände, seine Stellung zu den bekannten Anträgen Ackermann-Biehl darzu legen, sehr gern entsprach und vor Allem betonte, daß sich seine Stellung vollkommen mit derjenigen seiner Fraktion (der Reichs partei) decke, dir durchaus niemals mit der Gleichgiltigkeit der Fortschrittspartei und dem Pessimismus der Sozialdemokratie dem Niedergang deS Handwerke- zvsehrn wollte, sondern jeder zeit bemüht war, nach Mitteln zur Visierung der Lage deS HandwirkiS z» suchen. Diese Partei sei aus dem Gebiete de» Lehrling-Wesers für eine tüchtige Ausbildung der Lehrlinge ein- getreten und Hobe den selbständigen Antrag eingrbracht, die NlchtlnnuvgSmrtster zu deu Kosten der gemeinnützigen Einrich tungen der Innungen heranzuziehen. Dieselbe habe die Reso lution beantragt, den ReichSkcnzl« zu «suchen! Erörterungen darüber anzuordnen, wie die Mittel der RetchSbank auch dem Kreditbedürfnlß der Handwerker nutzbar gemacht werden könnten. Von derselben Fraktion sei auch der Antrag auSge- gangen, die Handwerker an den Segnungen der Alters- und JnvaiMät»v«fichnung Theil nehmen zu lasten. Die Partei, welcher er angrhöre, stehe keiner anderen in der Sorge sür den Handwerkerstand nach und sei stets für den BesähigungS- »a^>weiL rivgetretrn. Gleichzeitig übersandte Herr Oberberg, rath Merbach zum Vergleich den bekannten Antrag Ackermann- Biehl und den von seiner Fraktion auSgegangenen und von ihm mitunterzrichneten Antrag Kardorff-Lohrm. Der Letztere will an Stelle deS 8 14a der Gewerbe ordnung vom 1. Juli 1883 setzen: „Den in § 14b be nannten Handwerkern ist fortan der Beginn deS selbständigen Gewerbebetriebes nur dann gestattet, wenn sie den Nachweis der Besähigung zur selbständigen Ausführung der gewöhn lichen Arbeiten drS betreffenden Gewerbe» geführt haben." § 14 b soll aber lauten: für die Gewerbe der Barbinr, Friseure u. s. w. durch Beibringung eine» von dem Vorstände einer Innung des betreffenden Gewerbe» bestätigten Lehrzeugniste» und eines, von den OrlSbehörden beglaubigten Arbeitszeuznifle» über eine Beschäftigung von zusammen mindesten» drei Jahren al» Geselle oder al» Gehilfe in dem betrrffeudeu Gewerbe oder in einem diesem Gewerbe verwandten Fabrikbetriebe; L. sür Ge werbe, welche bei mangelhafter Ausübung Leben und Gesund heit der Mitbürger gefährden, insbesondere sür Bruvnenmacher, Dachdecker, Maurer, Schornsteinfeger, Stuckateure, Steinmetzen, Zimmerleute, durch Ablegung einer technischen Prüfung vor der sür da» betreffende Gewerbe eingesetzten PrüsungSbehörde." Während der Antrag Ackermann da» Selbsiständlgwerden von einer Meisterprüfung abhängig machen will, hält der Antrag Karöorff - Lohren dafür dir Zeugniste für dir rchtig absolvirte Lehrlings- und Gesellenzeit für hin reichend, trägt Bedenken gegen eine Prüfung durch Konkurrenten und will keine Privilegien schaffen, die Wenigen zu Gute kommen, dem Gegurr aber schaden. Die Reichspartei verlangt aber dafür eine staatliche Prüfung der Baugewerbe. In seinem Schreiben warnt Herr Oberbergrath Merbach eindringlich vor den übertriebenen Hoff- mn-gen, welche, der Antrag Ackermann-Biehl erwecke, erhofft aber von dem Antrag Kardorff-Lohren, dem die Regierungen wohlwollend gegenüber stehen, praktische Erfolge. Die Regie rungen seien nicht gesonnen, sich auf den Weg der Zwangt- innungen drängen zu lassen, der über dir Grwerbesreiheit hinweggehe, die zwar manche» Unkraut habe ausschteßen lasten, aber auch manchen schönen Baum aufwachsen ließ. Da» vom 14. v. M. datirte Schreiben schloß mit dem Erbieten, sich noch mündlich über diesen hochwichtigen Gegenstand mit den Herren Jnnungsmeistern zu unterhalten, um dieselben dadurch zu überzeugen, daß die Interessen de» Handwerk» in ihm jeder Zeit einen warmen Vertreter staden würden. — Dir Ver sammlung zollte dem Inhalt des Schreiben» lauten Beifall. Hierauf betrat Herr Odnbergrath Merbach die Tribüne, um seine schriftlichen Ausführungen über die Frage de» Be fähigungsnachweises in längerer lichtvoller Rede zu ver vollständigen. Er begann mit einem Vergleich dec deutschen Vrrhältmste und der weit ungünstigeren der Nachbarstaaten, streifte die auch in Deutschland vorhandenen Mißstände und betonte die Berechtigung der Agitationen zur Abhilse auf , dem Gebiete der Landwirtschaft, der Währung und deS Hand- werkerwesrn». An gewissen Stellen wüste aber auch die be rechtigtste Agitation Halt machen, nämlich dort, wo nachteilige Folgen zu fürchten find durch die Anpreisung sogenannter Univrrsalheilmlttrl. Der Redner kam nun auf den Antrag, der den Namen de» deutschkonfervativrn Geh. Hofrath Acker mann und de» zur Zrntr umSpartei gehörigen Steinsttzrrmristers Biehl trägt. Redner gab zu, daß dir schrankenlose Gewerbe- sreihelt dem Handwerk mehrfach geschadet habe, besonder» durch den Zulaß schädlicher unreifer Elemente, aber sie habe doch auch den freien Flügelschlag tüchtiger Kräfte ermöglicht. Durch sie habe Reuleaux' Wort vom Jahre 1870 „Billig und schlecht!" sür die deutich« Industrie seine Bedeutung verloren und eine hohe Entwickelung in allen Handwerken sei jetzt unverkennbar. Der Schaden der Neuerung lag in der übermächtig gewordenen Konkurrenz der Mastenfabrikatton der Großindustrie und in dem Rückgang der Solidität in der Produktion. An der Letzinen trage aber nicht das Handwerk, sondern der Konsument die Schuld, der immer billig« kaufen wolle. Ein weiterer Schaden der Gewerbrfreihett war da» Aufhöreu de» patri archalen Vnhältmste» zwischen Meister, Gesell und Lehrling, mit dem Verlust des Glauben» an jede Autorität. Redner zeigte hierauf, mit welchen Mitteln Antrag Ackermann-Btehl Abhilfe schaffen wolle, sprach aber vorher noch rtnen scharfen Tadel über die Aeußerung de» mit hinter diesem Antrag stehen den ReichStagSabgrordneten Schornstetnfegermeister Menzer au», der zur Begründung diese» Antrag» den Schutz de» Publikum» heranzog, da» jetzt «st bei zehn Handwerkern her- emsalle und erst bei dem elften gut bedient werde. Diese Aeußerung nannte Herr Oberbergrath Merbach «in« Verleum dung des ehrlichen Handwerkerstande» und ein dürftige» Mäntelchen sür den Antrag Ackermann. Da» Publikum brauche solchen Schutz nicht. Wer in einem Schleudergeschäft «in Paar Stiefel mit 8 M. kaufe, statt bet dem Jnnungsmetftrr 14 M. dafür anzulegeu, verdiene kein Mitleid, wenn er unterweg» die Absätze verliere. (Jubelndks Bravo!) Redner ging nun auf die einzelnen Punkte de» Ackermann'schen Anträge» ein, tadelte an demselben besonder» die vorgesehene Prüfung durch die Innung-meister, die einem tüchtigen jungen Mann gegen» über im Kampf uw- Dasein verzeihlicher Weise den strengsten Maßstab anlegen würden. Durch den Befähigungsnachweis würde do- Psuscherthum nicht getroffen, sehr leicht Manchem ein Kainszeichen auszedrückt, mancher Zurückgewlesene auch den Fabriken zugetrieben, die dadurch leicht nur noch billigere Arbeitskräfte erhalten könnten. Ein Schutz dagegen, daß «in gcprüfl« Meist« Schleuderwaarrn sühre, sei nicht vorhanden. Die in dem Ackerma-m'schen Antrag enthaltene Bestimmung, daß der Besuch einer staatlichen Gewerbeschule von der Meister- prüsuvg dISprnsiren solle, sei ein ungeheuerlich«» Privilegium für die Wohlhabende». DaS Verlangen der Vollendung deS 24. Lebensjahre» für die Srlbstständtgmachung könne in ein zelnen Fällen zur drückend«» Härte werden. An einer Reihe von Beispielen wir» Redner die Peinlichkeit der Bestimmung nach, den Uebergang von verwandten Gewerben ohne neuen Befähigungsnachweis von der Genehmigung der oberen Ver waltungsbehörde abhängig zu machen. Würde der Antrag Ackermann-Biehl Gesetz, so könnten die Söhne leicht einst darüber ganz and«» denken, als jetzt viele Väter thun; man solle lieber vorher erwägen, daß man tüchtig aufstrebende Elemente im Handwerk nicht hemmen dürfe. Die Reichspartet s«t seit Jahren sür den Befähigungsnachweis eingetreten, aber ohnedas Gute zu verkennen, wa» die Gewerbefrei- heit neben manchem Nichtguten bracht«. Wa» sie wolle, da» sei ein heilsam« Druck auf di« jungen Leute, daß sie ihr« Lehrling»- u. Ge sellenzeit wohl benutzen, also die Mündliche Autbildung de» Handwerk»; sie wolle keinen umständlichen Prüfung»apparat, halte da» Zeugniß wohlbenützter Lehrling»- und Gesellenzeit sür einen hinreichende» Befähigungsnachweis, die vor handene große Konkurrenz aber sür einen «»»reichenden Schutz de» Publikum- gegm Urbervorthrilung. Bei den Gewerben jedoch, wo da» Leben und die Gesundheit der Mitmenschen auf dem Spiele stehe, sei mehr nöthig; hier verlange sie eine Meisterprüfung, aber nicht durch Konkurrenten, sondern durch unparteiische, staatliche Beamte. Für den Antrag Ackermann-Biehl sei trotz der Unterstützung der Deutsch. Konservativen und de» Zentrum» im Reichstag nur eine winzige Majorität vorhanden gewesen, die Zustimmung der Regierungen aber nicht zu «warten. Aussichtsreicher set der Antrag Kardorff-Lohren, de» auch die Nationalliberale» für diskutabel erklärten. Die Fortschrittspartei beharr« bet der un beschränkten Gewrrbrfreiheit, die Sozialdemokraten bei dem Ideal ein« Verstaatlichung d« Arbeit, die ohue blutige Re« volutton nicht zu verwirkliche» sei. Red»« sprach die Hoffnung au», rin klare» Bild von dem Wesen de- Acker- manu'schen BefähtgungSnachweiS-Antragr» geliefert, vor Mem ab« bewiesen zu haben, daß nicht nur Ackermann und Biehl sür da» Handwerk elntreten, die von dem Borwurf nicht frei zu sprechen seien, die Bestrebungen and«r« Parteien sür da- Handwerk zu mißachten. Bo» dem handwerkfreuodltchm Antrag Kardorff-Lohren wüßten verhält» ißmäßig Wenigs, trotzdem dn selbe alle Aussicht hab«, Gesetzeskraft zu erlangen. Geschähe die», so werde eine bessere Ausbildung der Lehrlinge und Ge sellen dem Handwerke eine feste Grundlage geb«». Red»« kennzeichnet« deu Standpunkt sein« Fraktion und seinen eigenen mit den Worten: „Front gegen die ZwangSinnunge», mit Hurrah ab« für die freie Innung mit besserer Ausbildung d« Lehrlinge und Gesellen, damit da» Handwerk Wied« einen goldenen Boden bekomme!" Redner sprach sich nun noch üb« da» Alter»-Jnva« ltdüät»vnfich«runL» - Gesetz aus, erkannte an, daß dasselbe noch manche Lücken und Mängtl hab«, hoffte ab« trotzdem, daß «» großen Segen schaffen werde. Ein solche» Gesetz existtrr noch nirgend», deshalb fehlen bet d« Schaffung desselben alle Unterlage». Soweit die statistischen Unterlag« e» ermöglicht«, sei« die Regierungen den Abä»d«u»g»vor- schlügen d« Kommission mtgegengrkommru, der er anzugehören sich tnnig freue. So set die Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre herabgesetzt Word« Wo ab« Unterlagen fehl«, lehne die ReichSregierung jede Verantwortung ab und empfehle dringend Vorsicht, weil man später die Wohlthatm de» Gesetze» wohl erweitern, aber nicht Wied« «inschränken könne. Da» Gesetz betreffe 12 Millionen Arbeiter und schließ« auf Antrag der Kommission auch schon die Handwerk« mit «In, die nicht selbst ein Gewerbe treibe», sondern für Andere arbeiten. Die Materie sei riesig; da» Gesetz habe 157 Paragraphen, davon bean spruchten die bi» jetzt erledigten 19 Paragraphen 4 Wochen Arbeit, doch bestehe in d« Kommission, die nach der Retch-tagS- vntagung in Berlin weit« arbriten werde, d« beste Wllle einer raschen Erledigung. Alle Wünsche würden nicht befrie digt werden, doch könne man da» Gesetz ja spät« Wetter au»- bauen. „Ob ich dazu mit berufen sein werde, weiß ich nicht. So lange ich ab« noch die Ehre hab« wnde, Fr«ib«g im Reichstage zu vntretw, soll e» an mir nicht fehl«, und wnde ich alle Kraft einsetzen, die Interessen meine» Wahlkreise» voll und ganz zu vertrete». Für die Mühen und mannigfach« Opfer, welche mich dieses kostet, verlange ich keinen anderen Lohn als Ihr Vertrauen I" (Anhaltender Beisall.) He« Bäckerobermetster Fuchs erklärte hierauf» daß ihn >er Inhalt de» Schreiben» an die Jnnung»me!ster sehr be« rledlgt habe, richtete aber noch verschiedene Anfrage» bezüg- ich der Altersversorgung an Herrn Oberbergrath Mer bach, welche dieser bereltwtlllgst beantwortete. DaS Gleiche geschah bezüglich einig« Anfragen eine» Herr» Bergmann. Herr Oberbergrath Merbach verwir» den Letzteren auf dm Widerspruch, daß er in dem Gesetzent wurf über die Alter»- und Jnvalidenvrrficherung die Last d« Beiträge beklage, dennoch aber größere Leistungen gegenüber den Versicherten verlange. (Bravo!) Eine Entgegnung dr» ^-«n Bergman» konnte nicht zugelasse» werden, da e» sich >erau»stelltr, daß dnselbe al» Gehilfe überhaupt kein Recht satte in einer Versammlung, zu der nur Jn»ung»m«tster gr ade» waren, da» Wort zu «greisen. Schließlich sprach He« Obermeister Wetzel im Namen der Versammlung Her« Oberbergrath Merbach den herzlichsten Dank für seine offene Aussprache au» und bat denselben fernerhin dir Interessen de» Handwerk» in dem Sinne zu vertrete», den seine elgmen Worte im Reichstage andeuten: „Der Bergmann baut auf Hoffnung!" Damit brachte Herr Wetzel dem Herrn Rrich»- tagSabgeordnetrn Merbach ein herzliche» Glückauf I in welche» di« Versammlung jubelnd eiusttmmt«. TagMchaR. Freiberg, de« 5. Februar. Da» deutsche Kaiserpaar »ahm aui Sonntag Nachmittag 5*/, Uhr an der Familientafrl Theil, welche bei der Kaiserin Augusta stattfand. Gestern Vormittag unternahm der Kais« eine Spazierfahrt und nach der Rückkehr von derselben ließ sich dnselbe di« regelmäßigen Vorträge halten und erledigt« verschieden« Rcgierung-angrlegenhstten. — DaS „Marine« Verordnungsblatt" veröffentlicht in der Nummer vom 2. d. M