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Nr. S43 Dienstag s December 184S Ruölanvcs. Wadibcit und Reciu, Ficibeit und Gesetz! WM Deutsche Allgemeine Zeitnng Ueberblick. tveutschlnnb. —München. Die Wahlen zur Präsidentschaft. — Preß- maßregel. t>,Dresden. Hr. Wigard. Q Leipzig. Luthcrstiftung. — Die evangelischen Kirchenfrcunde in Laden- * Kassel- Landtag. — Vr Bolkmar- Preußen. QDerlin. Die protestantische Kirchenversammlung. * Königs berg Die junge Kaufmannschaft. s s Kreslau- Die Kirchgemeinde Jer- schendorf. Hr. Post. — Die Referendaricn deS Kammergerichts. — All- gemeine Landessynodc. — Selbstmorde. Großbritannien. Die Oregonfrage. Bittschrift um freie Getreideein fuhr- Die Eisenbahnprojecte. Die Miliz von Jersey. Die Friedensrich ter in Tipperary. Quarantaine- Die Polen in London. Der Großfürst Konstantin. Der Herzog Karl von Braunschweig. Die Hudsonsbaigesell schaft. Das Schiff Mary. Borneo. Jesuitenkloster auf Malta. Frankreich. Die Hochschule in Montpellier. Hr. Quinet und Hr. Sal vandy. Lord Cowley. Ibrahim-Pascha- Algerien. ° Paris- Der Fou- ricrismus. Niederlande. Die Gencralstaaten. Pater Baptist. Die Seuche in Pa ramaribo. Schweiz. Luzerner Amnestie. Italien. *nom. Kaiser Nikolaus. Prinz Peter von Oldenburg. Alberti Lancl. Fanny Esler. Hr. Erbkam. Mejieo. Zustände. Verhältniß zu den Vereinigten Staaten. Perfonalnachrichten Wissenschaft und 4tunss. *Lcriin. Concertc. * Leipzig. Eine Schrift von Saphir. Handel und Hjndustri«. *Verlin- Börsenbericht. * Leipzig- Börsen bericht. — Frequenz der Leipzig-Dresdner, Magdeburg-Leipziger und - Halberstädter Eisenbahn. — Lotterie. — Leipzig. Ankündigungen. Deutschland. — München, -1. Dec. So hätten wir denn schon einen von un sern neuen Abgeordneten, der sich mit Blitzesschnelle allgemein bekannt gemacht hat. Uebcrhaupt ist die Erde bei uns offenbar plötzlich sehr rund geworden; denn Alles kommt und verschwindet im Umdrehen so geschwind, daß man kaum folgen kann. Vorgestern hoffte man noch, bis zum Ende der Woche mit dem WahlprüfungSgcschäfte fertig zu werden, und gestern Morgen erfuhr man bereits, daß dasselbe noch am späten Abend beendigt worden sei und daß man mit der Wahl der Candidaten für den Präsi- dcntenstuhl zu Stande zu kommen gedenke. In der Thal hieß es denn auch gegen Mittag, nach langem Schwanken sei ein günstiges Scrutinium zu Stande gebracht worden; aber eben so bald hörte man auch unter fast unglaublichen Zusätzen den bisher unbekannten Namen Neuster nennen. Träger desselben ist ein Kaufmann aus Regensburg und Mitglied der Kammer als städtischer Deputirtcr der Oberpfalz. Derselbe war aus Ver sehen nicht zur Wahl cingeladen worden, erfuhr dieselbe vielmehr zufällig auf der Straße, und erschien eben im Saal, als der erste Präsident in ganz legaler Weise mit seiner Mehrheit von zwei Drittheil Stimmen aus der Urne hcrvorgegangen war und schon die eventuellen Gratulationen für den Fall seiner "Bestätigung annahm. Da protcstiitc der Abg. Neuffer feierlichst gegen diese Wahl und begehrte Umstoßung derselben wegen Form fehlers. (Nr. 342.) Das Verlangen war ein begreifliches; denn Niemandem ist es zu verargen, wenn er ein vermeintlich angctastetcs Recht zu wahren sucht.- Aber daß in der Kammer sich sofort eine Majorität zur Unterstützung des UmstoßungsantragS bilden und daß auch die Einwcisungscommission sich nach einem kurzen Sturme fügen konnte, daß grenzt fchon an das Selte nere und daher Unglaubliche. Genug, durch einen Majoritätsbeschluß wurde sofort die nach dreistündiger Mühe gelungene Wahl wieder annullirt; und fer ner wurde, um das Uebel noch größer zu machen, zugleich festgesetzt, daß künf tig unbedingt Alle specicll cinzulade» seien und daß die gleichwol fehlenden Mitglieder besonders geholt werden sollten. Leider mußte man jedoch schon nach wenigen Stunden die Last empfinden, die man sich mit diesem Ein laden, Ansagen und Holenlasscn aufgebürdct. Und gesetzt, man käme zum legalsten Resultate, wer steht dafür ein, daß nicht ein Abgeordneter, den man nicht gefunden, dasselbe abermals umstößt? Jetzt wird sich ein sol cher Fall natürlich nicht ergeben, aber um seiner Möglichkeit willen bei jeder Abstimmung mit absoluter Majorität hätte die junge Kammer füg lich dem Rath ihrer älter» Mitglieder lieber folgen als einen Beschluß fassen sollen, der zur Verletzung eines von ihr nur erst selbst geschaffenen legalen ActeS führen mußte. Wir gedenken dieses Vorganges absichtlich deS Breiten, weil er in der ganzen Stadt eine große Sensation und ei nen nichts weniger als günstigen Eindruck hcrvorgebracht hat. Die junge Kammer wird hundertfältig Gelegenheit haben, das Publicum zu über zeugen, daß sie nicht an die Einführung einer polnischen ReichstagSord- nung denke, und daß sic recht wohl verstehe, fcstzuhaltcn, was sich ihr ein mal als das Rechte aufgcdrungcn. Vorläufig sollte man sich nur dcß musterhaften Eifers freuen, mit welchem sämmtlichc Abgeordnete, ganz wenige ausgenommen, aus allen Landcsthcilcn hcrbeiqecilt sind, um sich auf ihren Plätzen cinzufinden. Diesem Eifer auch für die Zukunft ver trauend, darf man sich der frohen Ncberzcugung hingcben, daß trotz der kur zen Dauer des soeben beginnenden Landtags derselbe doch für das Land ein höchst fruchtbarer sein werde. Doch um zu den Wahlen zurückzukchrcn, erst kurz vor Iv Uhr Abends war das Werk beendigt, aber bei der großen Spannung, die überall geherrscht hatte, durchflog die Nachricht alle Kaffeehäuser wie ein Blitz, und gelangte so auch bald in die engern Kreise, nicht eben überall zur Freude. Beim ersten Scrutinium sprang der Name des Frhrn. v. No tenhan aus der Urne. Bekanntlich wurde dieser hochgeachtete Edelmann, das Haupt der Protestanten in der Kammer und der einflußreichste Führer der Opposition im Allgemeinen, auch schon im Jahr 18-12 von der Kam mer zum ersten Präsidenten gewählt, eS wurden ihm aber in der könig lichen Entschließung Graf ScinShcim und Hofrath l)i. v. Beyer vorge- zoaen. Neuerdings schien es, als hätte ihm sein versuchter Rücktritt vom Wahlfclde großen Abbruch im Vertrauen gcthan, wie er denn auch nicht in die Kammer gelangt sein würde, wenn nicht sein Vormann auf den Eintritt verzichtet und dadurch ihn aus dem bloßen Ersatzmann zum De putaten gemacht hätte. Daß er gleichwol wieder im ersten Scrutinium gewählt worden ist, kann als beste Bürgschaft dafür gelten, wie wenig ihm alles Voraußgegangenc geschadet hat. Er ist der Mann deS Vertrauens auch in dieser neuen Kammer. Der Zweitgewählte ist Baron v. Lcrchen- feld, gewählt neben dem Baron v. Rotcnhan und einem Hrn. v. Feilitzsch aus der Klaffe der adeligen Gutsbesitzer von Oberfranken, neu unter den Vertretern des Volks, aber bekannt als ein liberaler und völlig unabhän giger Edelmann. Darauf siegte einer der gcachtetstcn bairischen Edelleute, so maß man sagt ein Adeliger nach altem Schrot und Korn, nicht ohne aristokratischen Zuschnitt, aber der Unabhängigkeit und Ehre über AllcS huldigend, ein tüchtiger Oekonom und Patriarch für seine Bauern, der aus früher» Kammern schon bekannte Baron v. Fraunhofen, gewählt von seinen Standesgcnossen in Niedcrbaiern. Darauf wurde als vierter Can- didat der AppeUalionßrath in Zweibrücken C. Fr. Heintz gewählt, bür gerlicher Gutsbesitzer und als solcher von seinen rhcinpfälzischcn Genossen in die Kammer geschickt. Man weiß nichts von ihm, als daß ihm die Pfälzer als liberalem Mann vertrauen. Von seiner Vorliebe für die Pfalz dürfte zeugen, daß er eine Beförderung an den obersten Gerichtshof aus- geschlagen hat, um nicht aus der Heimat entfernt zu werden. Dann kam Baron v. Gumppenberg an die Reihe, seit längerer Zeit Mitglied der Kammer, gewählt aus der Reihe der oberbailischen Landwirthe (Besitzer nichtadeligcr Güter), denen er angehört. Baron v. Gumppenberg stimmte noch 1843 stets mit der Opposition. Man kann sich denken, mit welcher Spannung in der Kammer selbst dem Ergebnisse des letzten Scrutiniums cntgegcngesehen wurde. Bei der annullirten Vormittagswahl (einen sol chen Unterschied vermögen wenige Stunden hcrbcizuführcn) war Graf Seinsheim, der frühere Präsident, nur um eine einzige Stimme hinter dem Begünstigtsten zurück, und Abends verlor derselbe mit jedem Scru tinium mehr an Aussicht. Man durfte überzeugt sein, daß ihm der Kö nig das Präsidium übertragen würde, auch wenn er als letzter Candidat in Vorschlag käme. Dennoch ist Graf Scinskeim seinem letzten Gegner erlegen, der Finanzministcr dem Pfarrer eines Landstädlchcns, unserm be rühmten Budgctredner Dekan Friederich, Ortspfarrer zu Gundelfingen in «Schwaben. Gewiß hat Graf Seinsheim die Präsidentschaft nicht durch sich selbst verloren, darüber äußern sich selbst seine entschiedensten Gegner in der Kammer übereinstimmend, sondern durch seine Stellung als Mi nister. Die Kammer will keinen Minister zu ihrem Präsidenten; das ist die kurze Antwort, welche man aus jede Anfrage erhält. Was nun aber zu diesem Wahlrcgistcr im Allgemeinen sagen? Wo ist ein Vetterlein geblieben und ein v. Windwart? Hat die Kammer den alten Closen über sehen mögen? Dr. schwind! ? Wir könnten noch lange fortfahrcn mit solchen Fragen, und auch an Antworten würde cs nicht fehlen. Begnügen wir uns jedoch für heute mit diesen wenigen Andeutungen, und warten wir vor Allem ab, wen von den sechs genannten Candjdatcn der König in seiner Weisheit zum Präsidenten erkiesen und wen er zu dessen Stell vertreter ernenncn wird. Heute finden die SccretairSwahlen statt. Mor gen folgt, wie bereits gemeldet, der Landtagsgottesdicnst, und übermorgen eröffnet der König die Kammern in seinem Ahncnsaalc. (Der König hat den Frhrn. v. Rotcnhan zum ersten, den Dekan Friederich zum zweiten Präsidenten ernannt.) — Die Kölnische Zeitung schreibt aus Nürnberg vom 2. Dcc.: „Ge stern wurden sämmtlichc Redacieurc der hier erscheinenden politischen Jour nale vor das königl. Stadtcommissariat (die Local-Ccnsurbehördc) geladen und ihnen eröffnet, daß die Regierung deS Kreises wissen müsse, welchen Correfpondcntcn jede der Redaktionen in München mit der Berichterstat tung der Kammcrvorkommnissc deS bevorstehenden Landtags betraut habe." Ikserttoa-gebuhr mr den Raum Zeiner Aerle