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TharM DM, Menlch» M dir Umgegenden. - >r — Imlsölull für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. rscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 55Pf. Jul erate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. No. 111. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. Dienstag, den 21. September 1897. Die nächste Reichstagssession. Die sommerliche Ruhepause in der inneren deutschen Politik, welche diesmal ohnehin knapp genug bemessen war, ist ersichtlich zu Ende gegangen, wie mancherlei An zeichen erkennen lassen. Das Parteileben beginnt wieder- reger zu pulsiren, wohin neben den in Fluß kommenden Parteitagen namentlich die Zurüstungen zu den allgemeinen Reichstags-Neuwahlen des nächsten Jahres gehören, und an den verschiedenen maßgebenden Regierungsstellen be ginnt man allmahlig die Vorbereitungen für die mancherlei Arbeiten des herannahenden parlamentarischen Winters zu treffen Da ist es wohl erklärlich, daß sich das Inter esse auch wieder dem deutschen Reichstage und seiner- nächsten Session zuwendet, mit welcher die laufende fünf jährige Legislaturperiode im Reiche zum Abschluß gelangt, was am 15- Juni 1898 der Fall sein wird, da am 15. Juni 1893 das gegenwärtige Reichsparlament gewählt Worden ist Indessen ist vorerst weder über den Zeitpunkt des Wiederzusammcutrittes desselben uoch über die Ar beiten die den Reichstag in seiner bevorstehenden letzten Tbätiakeitsveriode erwarten, bislang etwas Genaueres be kannt In ersterer Beziehung verlautete bisher lediglich, daß der Reichstag gegen Ende November einberufen werden solle während als muthmaßliche Vorlagen neben dem uenen Etat verschiedene Gesetzentwürfe, die mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch zusammenNngen, in erster Linie ein die Revision der deusicken Zwilprozeßordnnng be treffender Gesetz Mvurf, ferner der Entwurf eines beson deren Neichsvers cher^ durch welches hauptsäch lich das öffentliche Versicherungswesen m Deutschland nach einheitlichen Gesichtspunkten geregelt werden soll, weiter die in der vorigen Session in der Budgetkomunssion stecken gebliebene Vorlage über die Abänderung des dampfergesetzes, sowie einige kleinere Vorlagen genannt werden. ... . . . Inwieweit nun die Reichsregierung bei den noch be stimmt testzustellenden Arbeitsprogramm der nächsten Reichstagssession neben der ,,Dampfer"-Vorlage uM .andere frühere, unerledigt gebliebene oder «bgeleh e Vor lagen znruckgreiten wird, das bleibt noch abzmMuem Daß sich unter ihnen nothwendige und dringliche Gewtz- entwürfe befinden, welche znr Lösung mehr oder weniger wichtiger gesetzgeberischer Fragen bestimmt sind, brauch! wohl kann, des Näheren erörtert zu we'den. Hierzu ge hören vor Allem die im Reichstage schon wiederholt ge- icheüerte Vorlage über die Reform der Reichsfinanzen, ^''"-die gleichfalls im Reichstage bereits wiederholt da- doch immer wieder unerledigt gebliebene Entwürfe ^.Zustizgesetzen, und ferner die verschiedenen und Umaestm»?^ auf einschneidende Abänderungen a setze W unser sozialpolitischen Versicherungs- ^aviu dieser schon zur endlichen Verabschiedung Zession aclwreu würde abermals eine ausgedehnte wK d-m E-, wenn W Wi,!i7rsfr,ifw-Mpü^ außerdem auch die vielberufene etwa noch die vielfach er- , uevm'lage unterbreitet werden würden. Indessen M nicht anzunehmen, daß in den Kreisen der verbündüen besteht, den Reichstag m seinei ko MNden letzten Sesgon mit so wichtigen Auf- aabeu zu als ja int nächsten Frühjahr oder Fruhsommer die allgemeinen Nenwahlen zum Reichstage staüfmden, da Ware eine lange Arbeitsseffiou durchaus nicht angebracht, ;a überhaupt gar nicht durch zuführen. . Allem Anscheine durfte sich daher der herannahende Schlußabschnitt in der gesummten Th^ des bisherigen Neichsparlaments zu einer bloßen Geschaftssesston gestalten in der eben nur noch die uöthigsten und unaufschiebbarsten gesetzgeberischen Arbeiten zur Erledigung gelangen. Auch kann man schon jetzt kaum bezweifeln, daß die meisten der Reden der kommenden Reichstagssession bereits auf die Wahlen zugeschnitten sein, und sich als Programmreden uns den verschiedenen Parteilagern präfentlren werden, mich aus diesem Grunde dürfte schwerlich auf eiu um- Msendcres Arbeitsmaterial für das Parlament zu rechnen sein. Sollte sich im Uebrigen das umlaufende Gerücht ^Wahrheiten, wonach die Reichstagswahlen nicht erst in der zweiten Hälfte des Juni, sondern bereits im April 1898 stattfinden sollen, so würde eine Auflösung des Reichs tages kaum zu umgehen sein, falls man ihn nicht etwa schon im Oktober dieses Jahres zur möglichsten Durch führung der ihm zu setzenden Aufgaben einberufen will. Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm wird jetzt seinen Manöver- und Jagdaufenthalt in Ungarn in Pest beschließen, an diesem Montag zieht er in die Mauern der ungarischen Hauptstadt ein. Zum ersten Male darf dieselbe hiermit den deutschen Kaiser als ihren Gast begrüßen, und diese Thatsache wird nicht nur in Pest selbst, sondern auch im ganzen übrigen Ungarlande mit tiefer Genugthnung em pfunden. Mit seinem Erscheinen in der aufblühenden Hauptstadt des Reiches der Stephanskrone trägt Kaiser- Wilhelm dem hochentwickelten nationalen Stolze der Magyaren voll Rechnung und bescheinigt zugleich dem ungarischen Volke und Staate gewissermaßen dessen führende Nolle in den gemeinsamen politischen Angelegen heiten Oesterreichs und Ungarns. Schließlich kann man auch den erstmaligen Besuch des deutschen Herrschers in Pest als eine Anerkennung der deutsch- und dreibund freundlichen Haltung betrachten, welche Ungarn allezeit in entschiedenster und unzweideutigster Weise bekundet hat. Der Empfang des hohen Gastes in der ungarischen Haupt stadt wird denn auch die Gesinnungen, welche ihm deren Bevölkerung entgegenträgt, zweifellos getreulich wider spiegeln, Kaiser Wilhelm'wird in Pest eine ebenso glanz volle wie begeisterte und herzliche Aufnahme finden. Kaiser Wilhelm traf im Laufe des Sonntag Vor mittag aus Karapancsa in Mohacs ein, von wo aus er Nachts die Reise nach Budapest fortsetzte. Ueber den Jagchaufenthalt der Kaiser Wilhelm und Franz Josef in den ausgedehnten Jagdrevieren des Erzherzogs Friedrich an der Donau wird aus Mohacs dom. 17. d. M. Folgendes gemeldet: Nach dem gemein- Ichafmchen Jagddiner im Jagdhaufe von Köriserdö fuhr der deutsche, Kaiser mit dem Erzherzog Friedrich wieder zur Abendpirsch in das Forstrevier Karapancsa. Kaiser Eranz^osef pirschte Nachmittags zunächst in der Forst Köriserdö und fuhr später mit dem Dampfer nach Prokophok, wo er übernachtete. — Kaiser Wilhelm verlieh dem Korpskommandanten Prinzen Lobkowitz den Schwarzen Adlerorden. — Der Kaiser wird sich von Ungarn nach Rommten in Ostpreußen begeben, um daselbst einen 14 tägigen ^ngdaufentlM zu nehmen. Bei der jüngsten Sitzung des Staatsministeriums sollen die Vorbereitungen für die nächste Reichstagssession besprochen worden sein. Es wird hierüber gemeldet, daß rach einer länger» Darstellung des Staatssekretärs im Reichsjustizamte, Nieberding, beschlossen sei, die Entwürfe über Abänderung der Zivilprozeßordnung und der Konkurs ordnung dem Reichstage zu seiner bevorstehenden Session zugeheu. zu lassen. Aus den übrigen Ressorts soll nur das absolut Nothwendigste an den Reichstag gelangen. Ueber dem Zeitpunkte seines Wiederzusammentrittes sind noch keinerlei Entscheidungen getroffen. Berlin, 18. September. In den nächsten Tagen droht ein Generalstreik der Berliner Metallarbeiter, deren Zahl 40 000 übersteigt, auszubrecheu. Die Ursache bildet ein Ausstand der Former und Kernmacher bei der Firma Borsig, dem nur geringfügige Lohnstreitigkeiten zu Grunde liegen. Die Firma Borsig gehört dem Verbände der Metallindustriellen an, dessen übrige Mitglieder satzungs- gemäß verpflichtet sind, der von einem Ausstande betroffenen J-irma ihre von den Ausständigen liegen gelassenen Arbeiten fertigzustellen. Die Arbeiter der übrigen Fabriken beschlossen aber am Donnerstag, unter keinen Umständen Borsigsche Arbeiten zu machen, sondern lieber auch ausständig zu werden Ferner wurden die ledigen Ausständigen ver pflichtet, Berlin zu verlassen, um die Streikkasse bei der bevorstehenden Ausdehnung des Ausstandes nicht zn über lasten. Im Laufe des Donnerstags und Freitags hat bereits eine große Anzahl von Formern, weil sie nicht für Borsig Arbeiten wollen, die Arbeit niedergelegt; so bei der Firma Roeffemann und Kühnemann, deren Inhaber, Kommerzienrath Kühnemann, Vorsitzender des Verbandes der Metallindustrielleu ist, und in kleinen Fabriken. Die daraufhin drohende allgemeine Entlassung sämmmcher Former wollen die Arbeiter mit einem Generalstreik sämmtlicher Metallarbeiter beantworten. Nunmehr haben bei der genannten Firma sämmtliche Former die Arbeit eingestellt. Fünfzig ledige Former, darunter 18 von der Firma Klein u. Thomas, haben bereits Berlin verlassen, um den Verheiratheten den Kampf zu erleichtern, und 30 beabsichtigen heute ihrem Beispiele zu folgen.-Muter den Streikenden befinden sich Personen, die 35—50 Jahre bei einer Firma beschäftigt sind. In der Provinz werden ErsatzkräUe angeworben. In einer öffentlichen Versammlung erklärte am Donnerstag der Vertrauensmann der Berliner Metallarbeiter, Näther, die gesammte Berliner Metall arbeiterschaft stehe hinter den Formern und trete für sie in jedem Falle ein. Durch den bevorstehenden Kampf müsse der Ring der Unternehmer gesprengt werden. Für Montag sind bereits öffentliche Versammlungen einberusen, die sich mit der Stellungnahme zum Streik beschäftigen sollen. Ein Kampf auf der ganzen Linie zwischen Metall industriellen f Md Metallarbeitern scheint unabwendbar zu sein. Ueber die Stimmung in Elsaß-Lothrinjgen wird der „Köln. Ztg." aus den Reichslanden geschrieben: Als der Besuch des Präsidenten der französischen Republik in Rußland ziemlich unerwartet eine dramatische Wendung nahm, und das harrende französische Volk durch die Ver kündigung des russisch-französischen Bündnisses in den größten Freudentaumel versetzt wurde, da hoffte man jenseits und befürchteten auch viele diesseits der Vogesen chauvi nistische Kundgebungen aus Elsaß-Lothringen. Jene Hoff nungen sind nun getäuscht, und diese Befürchtungen nicht gereichtfertigt worden. Die Bevölkerung Elsaß-Lothringens hat sich dem Verbrüderungsschauspiel am nordischen Kaiser hofe gegenüber völlig kühl verhalten, hat auch theilnahmlos den Jubelhymnen jenseits des Wasgaues gelauscht und jede thörichte Kundgebung vermieden; auch die elsässische Presse besprach jene Dinge mit derselben Ruhe und Gelassenheit wie die altdeutsche. Mögen die Elsässer dem politischen Leben Deutschlands auch vielfach noch fernstehen, der Gedanke an eine Lostrennung von Deutschland ist als thöricht aufgegeben, die Hoffnung auf eine Wieder vereinigung mit Frankreich als unerfüllbar aus ihrem Herzen geschwunden, das haben deutlich wieder jene Vor gänge gezeigt, die so leicht als Anlaß zu deutschfeindlichen Kundgebungen benutzt werde« konnten. Nur in wenigen überspannten politischen Köpfen leben noch solche Ideen. Das Deutschthum aber steht in Elsaß-Lothringen bereits fest genug, nm solchen Auslassungen, soweit sie nur der kindliche Gefühlsausbruch einzelner einflußloser Privat personen sind, vornehm lächelnd zuzuschauen. Die sozialdemokratische Generalkommission in Hamburg hat nunmehr ihre Statistik über die Strikes des Jahres 1896 veröffentlicht. Das verflossene Jahr war ein wahres Strikejahr, denn in demselben sind nach den Aufstellungen der Kommission nicht weniger als 483 Strikes geführt worden, während in den Jahren 1890—95 insgesammt nur 750 Strikes gezählt wurden. In demselben Zeitraum waren 72 274 Personen an den Strikes betheiligt, während 1896 allein 128 808 Sinkende gezählt wurden. Die Aus gabe erreichte für 1896 mit 3042 950 Mark fast die Summe, welche für die sechs vorhergehenden Jahre zu sammen verausgabt wurde und 3130 089 Mark betrug. 1896 wurden von fast sämmtlichen sozialdemokratischen Organisationen Strikes geführt. Die sozialdemokratische General-Kommission stellt auch eine Rechnung über den Kapitalverlust auf, welche» durch die Strikes der letzten siebe» Jahre die Arbeiter erlitten haben. Es strikten 72 274 -ff 128 808 — 201082 Arbeiter. Die Kommission nimmt nun an, daß jeder Arbeiter durchschnittlich 5 Wochen die Arbeit ruhen ließ und einen Wochenlohn von durch schnittlich 18 Mark hatte; somit ergiebt sich ein Verlust von 10 097 380 Mark und mit den Ausgaben für die Strikes ein solcher von 24 270 413 Mark. Angesichts dieses erschreckenden Resultates und der unbestreitbaren Thatsache, daß in den letzten Jahren alle größeren Ausstände zu Ungunsten der Streikenden abgelaufen sind, sollte man , meinen, daß die Leiter der Sozialdemokratie, wenn es ihnen wirklich um das Wohl der Arbeiter zn thun wäre, keine - dringendere Pflicht kennten, als die Arbeiter vor Strikes zu warnen, Statt dessen verhalten sie sich regelmäßig