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l' —— » !,l W^«>> m »M WM-WWUMW D-rSWs«cLrzHlrr NMSok>werdaer ^WcrgeSccrtt-, Mnzrge Tageszeitung im Amtsgertchtsbezttk Unabhängige Zeitung fllr alle Stände kn Stadt und Btschofswerda und den angrenzenden Gebieten Land. DtchtesteVerbreitung inallenVolLsschtcht«, VW Blatt mthillt die aattltch« Betaanvnachungea der Aou-Haupi- vellagen: BUdenvoche. Jugend u. Deutschtum, Mod« vom Tage^ Fr«, °uu«schast. der Schulinspektton und des tzauptzollamt, zu Bautzm, und Heim. Landwirtschaftlich« Beilage. - Dm» und Verlag von dea ««togerttw» d« Fttunvouteo uad d«, Stadtraw »u Bischol-werda. Friedrich May G.m.b.H. in Bischofswerda. Femfplecher Nr.444uad^S — 1— ' SNS^M»WS>WWS»-0-««»«USESSSSSNSS------- P»ftsch«ck-K»»to: Amt Dresden Str. 1821. Demeinde» nerdM«»«,t—kafle «ttchnsemerd» «ent» Str. aa. Im Falle HSder« Gemall — Krieg oder sonstiger irgend weicher Störung de» Betrieb« der Zeitung »der der BefSrderungseinrtch. tungen — hat der Bezieher kein« Anspruch aus Lieferung oder Rachliesrrung der Zeitung oder aus Rückzahlung de« Bezugspreises. Rr. 57 Mittwoch, den 7. März 1V28. 83. Jahrgang «uzetaenvrei» stn Reichsmark): Di, 4S mm breite einspaltige Drundschriftzrile 25 Psg^ örtliche Anzeigen 20 Bfg, die« «m breite Reklamezttl, tim Textleii) 70 Psg. Mr da» «rsch^no» »an Aiueigm in bestimmten Nummern und an bestimnNm, Plätzen kein« Gewähr. — Rabatt nach Taris. — Für Sammel anzrigen tarifmäßige« Ausschlag. — Erjüllungomt Btschosmnerd» mmt»: Frei in» der Deschäsbrsteü« (Sonnabend» und tau samt« unsere stemmgeu entgegen Jede» «ür die Zeit Tagesschau. Lor tzaushaltausschutz des Reichstage» bewilligte am Montag die erste Rat« für den Sau de» neuen Danzerkreu zer» X mit 15 gegen 12 Stimmen der Sozialdemokraten, Kommunisten, Demokraten und der bayrischen Bauern» bündler. Die 49. Tagung de» Völkerbundsrates ist Montag vor mittag 11 Uhr unter dem Vorsitz von Nrrutia-Columbien in Genf eröffnet worden. Rach einer Meldung au» Cherbourg weroen im Juni und Juli im Laval große Flottenmanöver stattsinden, zu denen die Mittelmeer- und die Nordseeflotte zusammenge zogen werden. * In Troyes in Frankreich kam es zu einer milttär- feindlichen Kundgebung gegen «ine Abteilung eines Artil- lerteregiments, wobei drei Zivilisten verletzt wurden. „Daily Mail" berichtet aus Basra, die Lage werde in folge des Vormarsches von 20000 Vahhabltenkrlegern ge gen da» Irak und gegen Kowett al» ernst angesehen. Die Haltung Ibn Sauds, des Königs von Hedschas, sei sehr zweifelhaft. Es werde von gewisser Seite behauptet, daß er den Wahhabitenstämmen Munition liefere. Au den mit * bezeichneten Meldungen finden di, Leser Aus führlich« an anderer Stelle. Die Entwicklung zum Fntereffenparlament. Die rasch fortschreitende Umwandlung des Reichstags in eine rein wirtschaftliche Interessenvertretung birgt Gefahren in sich, die den meisten noch nicht zum Bewußtsein gekom men sind. Gehen wir auf den Ursprung der Entwicklung zurück, so sehen wir, daß sich nach der Revolution in den alten Parteien immer mehr die Vertreter bestimmter Wirt schaftsinteressen durchsetzten, sodaß bald die Gegenwehr der jenigen folgt«, die sich nicht genügend berücksichtigt glaubten. So entstand als erstes Gegenmittel die Wirtschafts pakt ei des deutschen Mittelstandes, cs folgte die Partei für Aufwertung und Dolksrecht, und die Bauern parteien sind der neueste Schritt auf diesem Wege. So bekommt das Volk sinnfällig zu sehen, wie die Entwicklung läuft, und die Versuche der alten Parteien, das Auskommen neuer Gruppen durch ein „Gesetz gegen Splitterparteien" zu verhindern, sind vergeblich gewesen. Ein besonders weit sichtbares Sturmzeichen für die Ent wicklung des Reichstages zum reinen Jnteressentenparla- lnent sind die Vorgänge im Zentrum, das an: stärksten von allen Parteien noch weltanschaulich gebunden ist. Man hat in Baden erlebt, daß das Zentrum Stimmenverluste an die Wirtschaftspartei hatte. Man beobachtet jetzt die ziemlich erregte Aussprache zwischen der Parteileitung, dem Abgc- ordneten Wirth und den katholischen Arbeiterführern. Man hört zum erstenmal, daß sogar ein Reichstagsabgcord- neter des Zentrums zu einer neuen wirtschaftlich begründe ten Partei übergetreten ist (der Abgeordnete Roß ist in die sen Tagen in die Fraktion der AuMertungspartei eingetre ten), und man vernimmt, daß auch einige Bauernabgeord nete mit der Christlich-Nationalen Bauernpartei liebäugeln. Das Zentrum sieht diese Sturmzeichen sehr wohl, wie man ja überhaupt dieser Partei zuerkennen muß, daß sie sich unter den parlamentarischen Gruppen den bestell Spürsinn zugelegt hat und ihn in den verschiedenen Koalitionen mal nach links und mal nach rechts ausgezeichnet zu gebrauchen wußte. Bei seiner günstigen Mittellose kann das Zentrum es sich auch leisten, verhältnismäßig offen über die Gefahren der parlamentarischen Entwicklung in Deutschland von heute zu reden. Bei den meisten anderen Parteien pflegt man ja den Kopf noch in den «and zu stecken. Der Zentrumsabgeordnete Joseph Andrö in Stuttgart behandelt in einem bemerkenswerten Aufsatz in der „Ger mania" diese Zerfallserscheinungen unseres parlamentari schen Lebens. Er schreibt u. a.: „Wer politisch fühlt und denkt, ist entsetzt, wenn er den Aufmarsch der verschiedensten Interessengruppen zu den kommenden Wahlen sich ansteht. Würden alle diese Be strebungen Erfolg haben, dann würde der Reichs tag als Ganzes gesehen, fast nur noch aus «inseitigen Jnterefsenvertretern zusam mengesetzt sein. Ueber dem Haupteingana des Reichstages aber stehen die Worte: „Dem deutschen Volke. Dieses „Firmenschild" ist richtig. Es fragt sich nur, ob die Abgeordneten (und Fraktionen) auch hierauf geistig eingestellt sind, d. h. ob sie sich in erster Linie als Volks- oder S t a n d e s Vertreter fühlen und betäti- aem Das erstere ist m.E. um so weniger der Fall, je weniger stch die einzelnen Abgeordneten weltanschaulich national ober staatspolitisch gebunden fühlen. So entsteht die Gefahr, daß im kommenden Wahlkampf die Standesinteressen über wiegen und die großen außen- und innenpoliti schen Gesichtspunkte stark in den Hinter grund treten. Das führt dazu, daß viele Abgeordnete nur noch Angestellte von Interessenten sind, und daß ein derartig zusammengesetztes Parlament über haupt nicht mehr in der Lage ist, die für unser Volksleben entscheidenden politischen Fragen zu meistern, von deren guter Lösung auch die Lösung der meisten Standes- und Berufsfragen in der Zukunft nut abhängen wird." Der Abgeordnete Andrö, der selbst aus der Arbeiterbe wegung kommt, lehnt es für seinen Teil ab, einseitigsr Jn- teresfenvcrtreter zu sein. Das Staatspolitische müsse entschei den, und nicht das materielle Interesse des Einzelnen. Da rin stimmen wir ihm voll zu. Wir glauben indes, daß un ter diesem Parteisystem ein solches Herrschen des Staats politischen gar nicht mehr möglich ist. Es ist in dem heuti gen System nicht zu vermeiden, daß die Vermengung von Wirtschaft und Politik stattfindet, die Andrü in folgenden Sätzen schildert: „Wirtschaft und Politik werden tn einer Weise mitein ander vermengt, daß manche Kreise andere Fragen über haupt nicht mehr sehen. Selbstverständlich kann und wird kein vernünftiger Mensch den Wirtschaftsverbünden jed weder Art das Recht abstrciten wollen, Einfluß auf die Ge setzgebung und Verwaltung zu gewinnen. Alles muß aber seine Grenzen haben und es darf nicht dahin kommen, von den Kandidaten einfach die Erfüllung ganz konkreter Stan des- oder Berufsforderungen zu verlangen oder nur einer bestimntten Gesellschaftsschicht als 'Abgeordneter dienen zu wollen. Schließlich und letzthin ist das Gewissen eines Ab geordneten doch derjenige Faktor, der sein Handeln zu be- timmen hat; allerdings soll es auch schon Abgeordnete ge geben haben, die ohne besondere Gewissensbeschwcrden wichtige Entscheidungen mit getrosten haben. Das tut aber auch derjenige Kandidat, der vor den Wahlen alles ver spricht, um nachher vielleicht nur wenig oder auch nichts zu halten oder halten zu können." Wir sehen diese von 'Andre geschilderte Entwicklung hemmungslos weitergehcn, ohne daß die einsichtigen Abge- ordneten cs verhindern können, denn eine grundlegende Besserung kann nur geschaffen werden, wenn ein neues System des volksstaatlichen Aufbaues an die Stelle der heutigen Scheindemokratie tritt, die in Wirk lichkeit bereits in hohem Maße eine Pluiokratie ge worden ist. Der Abgeordnete Andr<^ selbst kennzeichnet diese Entwicklung in gesunder Einsicht mit dem folgenden Abschnitt: „Am Ende der Nur-Standcskandidatnren aber steht ein Volk, das sich zuletzt in den Händen der mächtigsten Inter essen, des modernen Bank- und Börsen kopi- tals, der Schwerindustrie und ähnlicher Kreise befindet und das sich durch die größten Zeitungszentralen oder Kor respondenzbureaus die öffentliche Meinung vorschreiben läßt. Das bedeutet dann praktisch die Zerschlagung und Auflösung der politischen Parteien, die Zurückdrängung po litischer und sittlich-nationolcr Ideen zugunsten einer kleinen kapitalkräftigen Oberschicht, die über die breiten Volksschich ten herrscht und diese beherrscht. Die Konzentration des Kapitals duldet zuletzt kein Mitwirkungs- und Mitbestim mungsrecht der breiten Volksmasse mehr. Wir sehen ja heute schon, wie jede Lohnforderung einer bestimmten Ar- beiterschicht mit der Androhung großer Massenausiperrun- gen beantwortet wird. Ebenso bleibt für einen Schutz der Minderheiten kein Raum mehr übrig. Am Ende einer solchen Entwicklung steht die Diktatur oder der Bolschewismus. Eine solche Entwicklung können alle vernünftig denkenden Wirtschaftskreisc selbst nicht wollen." Mittwoch Phoebrrsbefprechirng. Laut „Bost. Ztg." ist die in Aussicht gestellte Einladung des Reichskanzlers Marx an die Vorsitzenden der Reichs tagsfraktionen zu einer Besprechung der „Phöbus"-Affäre ergangen. Die Besprechung soll am Mittwoch stattfinden. Für die Mittagsstunde sind die Fraktionsführer der ehemaligen Koalition, für den Nachmittag die Vorsitzenden der sozialdemokratischen und der demokratischen Reichstags fraktion gebeten worden. Etatsarbeit im Reichstag. (R e i ch s t o g s st i m m u n g s b i l d.) Abgesehen von einigen Zwischenfällen wird in der Man- tagssitzung des Reichstages glatt und verhältnismäßig schnell die Liste der Redner „abgearbeitet", die stch zur zweiten Beratung des Haushaltsplanes de» Reichrwkrt» schaftsmknisteriums äußern wollen. Der Volksparteiker v. Raumer antwortet auf die sozialdemokratischen Angriffe gegen die industriellen Großbetriebe. Er stellt fest, daß bei einzelnen Maschinen der Anteil der Löhne bis zu 7V Proz. des Preises steige und daß die anderen sozialdemokratischen Angaben über die Löhne bei Siemens insofern völlig falsch wären, als 5 Proz. der Lohnerhöhung schon die halbe Divi dendebedeuten. AuchRaumer ist der Ansicht, daß das Häupter- fordernis des Tages die Beseitigung der Not der Landwirt schaft sei. Der Demokrat Meyerverlln ist anderer Ansicht. Er beklagt cs, daß die Zölle der ausländ. Lebensmittel nicht herab, sondern teilweise heraufgesetzt worden feien und dert den baldigen Abschluß des polnischen Handelsvertrag«. Es ist immerhin beachtlich, daß dieser Demokrat den Reichs wirtschaftsminister in Schutz nimmt und die Schuld an dar ihm unerwünschten Entwicklung nickt ihm in di« Schuh« schiebt. Ein Dorn im Auge ist ihm der Reichsernährung»- Minister Schiele, „der sich als Hemmschuh der Außenhan delspolitik betätige." Das demokratische Wirtschastsrezspt ist Herabsetzung der Produktionskosten. Wie die Demokra ten das Ziel erreichen wollen, wenn sie gleichzeitig den hei mischen Markt preisgeben, dos bleibt ihr Geheimnis. Da ist der Kommunist doch ehrlicher: Er wirst von den Sozial demokraten bis zu den Deutschnationalen alles in emen Topf und bricht eine Lanze für das kommunistische Wirt schaftssystem. Offenbar angeregt von dieser Attacke ruft eine Dame von der Publikumstribüne in den Saal: Wo bleibt das Liquidationsschädengesetz? Als die Ruferin aus dem Saal gewiesen wird, meinen die Kommunisten, e» wäre ja nicht so schlimm, denn diesmal sei keine Höllen maschine im Saal. Nach den Rednern der Wirtschaftlichen Vereinigung, der Bayrischen Volkspartei und der National sozialisten kommt zum Schluß noch die Rede des Deutsch nationalen Vudsuhn. Er wünscht stärkere Berücksichtigung des Handwerks bei der Vergebung behördlicher Aufträge. Mit der Landwirtschaft habe auch der Lewerbliche Mit»!« stand auf dem Lande schwer zu leiden. Die feit Jahren ver sprochene Reichshandwerksordnung müsse endlich vorgelegt werden. Währenddessen Halle sich der H aus h a l ta u sschuß des Reichstages in Einzelaussprache mit dem Marineetat beschäftigt. Admiral Zenker hatte auf zahllose Fragen «t antworten, die nicht immer allzu sachlich waren. Z. B. dt« Frage des Sozialdemokraten Hünlich, ob eins der drei Mo delle der „Emden" nach Doorn gelangt sei, eine Frage, Li« von Zenker verneint wird. Interessanter sind schon vie Er hebungen über die Kostenanschläge für den Bau des Pan zerkreuzers der in Wilhelmshaven 71 und in Kiel 78 Millionen kosten soll. Quoah (Deutfchnat.) beklagt, daß M privatwirtschastlich aufgezogenen Deutschen Werke in Kiel bei der Vergebung von Aufträgen offenbar ins Hintertref, fen geraten und im Anschluß hieran wird die Lage der deutschen Werften beleuchtet, die im Augenblick zwar in einer guten Konjunktur stehen, und die deshalb Seistmrgs- und Konjunkturzuschläge zu den Löhnen zahlen können, deren Zukunftsaussichten aber doch recht dnnkel sind. Die Matzten in Polen. Warschau, S. März. (Drahtb.) Vie nichtamtlich«« Endergebnisse der Wahlen ergebe« folgend« Bild: Insgesamt entfalle« auf dl« einzelnen in den Wahlkreisen ausgestellten Parkeillsten ZN Ma«, date. In dieser Zahl kommen noch der endgültig«« Feststellung de» amtlichen Wahlergebnisse« noch 72 Mandate der sogenannten Staat,liste, die auf die Parteien proportional verteilt werden. Bo« de« Z72 wahlkrei,mando«en erhalten der Regierung»««» 1VZ (10H, der nalionalslaatliche Arbelttblock S, die katholische Union der westgeblele 2, die polnische sozialistische Partei Sl. die Bauernpar tei Ryzwolnle Z0 (ZI), Bauernbund d« Abgeordneten Ktapta»ki Z, Bauernpartei de» Abgeordneten vombski 21. Von de« Recht». Parteien «chatten die Bauernpartei Plast und die christlichen Demo kraten 2S, die nationale Arbeiterpartei (Rechte) 8, die katholisch« nationale Union Z0, der Minderheitenblock, in dem die Deutschen mit vertreten sind, 48, di« ukrainische «rbelteruaion (Rechte) 8, (Linke) 4, die ukrainische radikale Wahlgruppe S. die Kommunisten S, die radikale Vauerngruppe des Pater Okon 1, ostklelnoolnisch« Zionisten unter Jührung d«» Vr. Reich 8, Rust«» 1, ukrainische Ar beiterpartei 1. Auf die lokalen Splitlerliskrn entfallen 12 Mandat«. * Der Minderheitenblack hat demnach leider sehr schlecht aba«- schlosten. Obwohl fast vier Millionen Ukrainer Ostgalizien», die sich im Jahre 1822 aus prinzipiellen Gründen der Wahl enthalten ha ben, diesmal mitgcwählt haben, dürfte der Minderheitenblock nun mehr nur di« Hälfte jener Mandat« erringen, di« «r vor kürst Lab-