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MMufferAMatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, ,MU-;dr«fftr Tagrdla«' erscheint tLglich nachm. S Uhr für den folgenden Tag. Bezugrprri»Bei Abholung in »s GeschLstsstelle und den Ausgabestellen L Wk. ini Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 MH., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend S.en knd^ »«gee und «eschästsstellcn nehmen zu jeder Zeit De. ftrllungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung dar Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Siüchscndung cingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto bciliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespa!tene Raumzeile ?0 Goldpfennig, die LgespalteneZeile der amtlichenDekanntmachungcn4v Gold pfennig, die 3gespalteneReklamezette im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgedühr 20 Goldpfennige. Vor- Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmedisvorm.lOUHr — Für die Richtigkeit der durchFernruf übermittelten Anzeigen Übernehmen mir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Mettzen, de« Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 194 — 83. Jahrgang Tclegr.-Adr.: «Amtsblatt" Wirsbrnff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch den 20 August 1924 . WmKM. Reichskanzler Dr. Marx, Dr. Stresemann und Dr. Luther trafen am Montag in Berlin aus Lon don ein und wurden alsbald vom Reichspräsidenten Ebert empfangen. Bon einem aus mittelparteilichem Boden stehenden Politiker wird uns geschrieben: Man kann den Herren Marx, Stresemann und Lutber bei ihrer Rückkehr nach Berlin nicht nachsagen, sie f : wie die Jünglinge mit tausend Masten auf den Ozean oes Lebens hinausgeschifft, als Macdonald sie nach London berief, und nun als Greise mit zerbrochenem Kahn in den Hasen wieder eingelausen. Schon als sie sich auf den Weg machten, hatten sie reich liches Gepäck an Zweifeln und Sorgen mit an Bord, und sie wußten, daß ihnen schwere Wochen bevorstanden. Auch das werden sie nicht wahrhaben wollen, daß ihnen greisen haft zumute sei, nun, da sie wieder in der Berliner Wilhelmstraße gelandet sind und die Bilanz ihrer gleichberechtigten Verhandlungen in der britischen Haupt stadt ziehen können. Aber das Werk, das sie zustande ge bracht haben, wird schwerlich seinen Meister übermäßig loben, denn ob nun dreißig oder fünfzig oder sechs- undsechzig Prozent von den „Voraussetzungen" erreicht worden sind, die unsere Delegation nach London mit genommen hat —, diese Voraussetzungen waren als Mindestforderungen gedacht. Und selbst wenn man, wie es sich gebührt, auf die überaus schwierige Lage unserer Verhandlungsführer Rücksicht nehmen und ihnen zugestehen Will, daß andere Männer an ihrer Stelle auch nicht mehr erreicht hätten, so bleibt doch immer noch die Frage offen, ob sic recht daran getan haben, einem so unvollkommenen, so sehr auf schwankem Grunde ruhenden Kompromiß ihre Zustimmung zu geben, oder ob sie nicht vielleicht besser gehandelt hätten, sie zu verweigern und den alli ierten Negierungen dann ihre weiteren Entschließungen zu überlassen. Sie haben diesen Ratschlag, der ihnen noch unmittelbar vor Toresschluß auch von demokratischer Seite erteilt wurde, nicht befolgt, sondern einen Pakt mit Frankreich abgeschlossen, der die Fortdauer der unrecht mäßigen Ruhrbesetzung bis zum 15. August 1925 zur Grundlage hat. Als die Delegation nach London ging, hätte sie die Zumutung eines solchen Kompromisses gewiß von sich gewiesen. Was ist inzwischen geschehen, daß sie glauben konnte, dem deutschen Volk diesen „Friedens schluß" mit nach Hause bringen zu können? Natürlich, Herr Stresemann verweist auf die Rückkehr der Ausgewiesenen, die Frei lassung der Gefangenen, die Wiederherstellung der deutschen I u st i z h o h e i t, auf die wiedergewonnene Freiheit unserer Wirtschaftsführung im Westen, auf die Wiedereinrenkung unserer Zollgrenzen und auf die Be endigung der französisch-belgischen Eisenbahnregie. Aber mit diesen Zugeständnissen werden doch zumeist ledig lich die Voraussetzungen erfüllt, die zu dem Gutachten der Sachverständigen gehören wie die Kolbenstange zur Lo komotive. Sie mußten uns von der Gegenseite an getragen werden in demselben Augenblick, in dem von uns die Annahme des Sachverständigengutachtens verlangt wurde. Die militärische Räumung der Ruhr mußte aber eigentlich die unmittelbare, ganz selbstverständliche Folge dieser Freigabe des westfälischen Industriegebietes sein, weil sonst von der Entfaltung unserer Wirtschafts kräfte an dieser Stelle, wie sie durch die von uns ge forderten Leistungen bedingt ist, nicht die Rede sein kann. Statt dessen soll es dabei bleiben, daß wir erst die Herren Franzosen mit diesen unseren Leistungen zufriedenstellen und daß s i e dann ihre Truppenmacht zurückziehen, soweit es Herrn Herriot gefallen und — von anderen Leuten ge stattet werden wird. Wir haben also jetzt mit den Ein brechern einen Vertrag abgeschloffen, ohne daß das Un recht an der Ruhr rückgängig, geschweige denn wieder gut gemacht wird. Damit haben wir uns diesem Unrecht unterworfen, und sind nun bis auf weiteres dem Ver trauen zu Herrn Herriot ausgeliefert, wie wir uns im November 1918 den bekannten Versprechungen des Prä- sidenten Wilson ausgeliefert haben. Das ist ein Ergebnis, das nicht befriedigt, man mag sich zu dem Gesamtproblem der Londoner Konferenz stellen wie man will. Wenn ein Volk allen Grund hat, sein Ver trauen fremden Staatsmännern zu versagen, so sind es wir Deutsche. Wir haben mit Italien einen Bündnis vertrag gehabt und sind von ihm im Stich gelassen worden; wir haben mit Rumänien ein Militärbündnis gehabt und es hat gegen uns die Waffen ergriffen. Trotz so furcht barer Erfahrungen aus jüngster Zeit sollen wir nun Herrn Herriot unser Vertrauen schenken und daraufhin die Lasten des Dawes-Gutachtens übernehmen mit allen ihren schweren Eingriffen in unsere Staats- und Wirtschasts- Hoheit. Herriot mag persönlich ein ehrenwerter Republi- kaner sein, aber er ist vor allen Dingen Franzose, so sehr Franzose, daß er jetzt in dem Schlußbrief an Marx an der Gesetzmäßigkeit des Ruhreinbruchs festhält, die er als simpler Abgeordneter von Lyon leidenschaftlich bestritten hat. Wenn er trotzdem innerlich entschlossen sein sollte, die Räumung der Ruhr zu beschleunigen, sie jedenfalls loyal Ter Ries MO geze» die WMMmM (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) auf die Feststellung, Laß Kohlen- und Kokskeferunge» für Frank- London, 19. August. Marx übergab dem französischen f reich während 35 Jahre gesichert feien. Das Einvernehmen ! Ministerpräsidenten, als die Konferenz auseinanderginq, einen konnte nicht ohne SchEigwiLn erzielt werden. Die Konferenz I Brief, der in englischen eingeweihten Kreisen viel besprochen wird. ' hat sozusagen dir geschäftsmäßige Lösung des Dawes-Gutachtens ! In diesem Brief spricht Marx die Hoffnung aus, daß die deutsch- f nchtMcheM. Was besonders hervorghehobsn zu werden ver- ! französische Annäherung, die jetzt glücklich Tatsache geworden sei, s diene, sei weniger das, was erreicht wurde, als das, was ver- f nunmehr auch durch die Haltung der subalternen Körver (ge- ! mie«cn worden ser. f meint ist die Rheinlandkommiffion) im besetzten Gebiet zum Aus- z z druck kommen möge. Herriot antwortete, daß er alles tun werde, f F^KkLrtMLN NNd 0KS L0tLö0KLk AHs Komme«. Berlin, 19. August. Der „Tag" berichtet: Die Frak tionen des Reichstages werden bereits in den nächsten Tagen zusammentreten, und zwar die Deutsche Volkspartei am Diens tagnachmittag, die Deutsch nativnr'e Volkspartei am Donnerstag nachmittag. Die Frakionsführer haben selbstverständlich die Stellungnahme der Fraktionen gegenüber der Neichsregisrung noch nicht festgelegt. Sie werden zunächst den Fraktionen Be richt erstatten und es wird dann wahrscheinlich zu relativ lang- ! Die belgische Zustimmung zum Londoner Abkommen. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 19. August. Im Verlauf der gestrigen drei stündigen Unterredung haben der König und der Minister-! Präsident Theunis, dem Brüsseler Korrespondenten des Jour nal zufolge, die endgültige Unterzeichnung des Londoner Proto kolls beschlossen. Italienische Pressezustimmung zu London Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Rom, 19. August. In der italienischen Presse tritt keine Stimme hervor, die mit London unzufrieden ist. Herriots große Ansprache Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 19. August. Herriot hat gestern abend vor ver sammelten Pressevertretern am Quai d'Orsay eine Ansprache gehalten, in der er sich zu den praktischen Resultaten der Lon doner Konferez äußerte. Den größten Nachdruck legte Herriot - was in seiner Macht liege, um den deutschen Wünschen nachzu- > > kommen. Dieser Brief an Herriot ist auf Drängen des bayri- ! ! scheu Vertreter in der Delegation überreicht worden. In eng- ! lischen Kreisen ist man mit dem Gebaren der Rheinlandkommis- ; s sion überhaupt sehr unzufrieden. Ein Vorschlag geht dahln, daß ' f auch kn der Rheinlandkvmmisfion ein Amerikaner das ausfchlag- i f gebende Recht erhalten solle, und falls dies möglich, es einen f j Appell an das Schiedsgericht geben müsse, soweit wichtige Fragen, i ! namentlich die Souveränität oder die fiskalischen Rechte Deutsch- ! i w-wrigen Verhandlungen kommen. Die Negierung ist aber ent schlossen, spätestens Freitag mit dm Plenarverhandlungen im , Reichstag zu beginnen. Sollten bis dahin die Gesetze zum Sach- i verständigengutachten vom Reichsrat noch nicht verabschiedet sein, so wird zunächst eine Erklärung der Reichsregicrung aus die ! Tagesordnung gesetzt werden. . , Auflösung der Mieum am 1. Oktober? Düsseldorf, 19. August. In Kreisen französischer In- ! genieure und Chefingenieure verlautet, daß bei planmäßiger Enk- ! Wicklung der Dinge die Micum in ihrer jetzigen Form zum 1. Ok- § tober 1924 aufgelöst wird. Die zurzeit bestehenden Hauptabtei- i lungen würden, wenn fi>H dieses Gerücht bestätigt, bis zur cnd- , gültigen Auflösung nach erheblichem Personalabbau noch ver ändert, etwa als Liquidatisnsausschüffe weiter bestehen. Der Fortgang der spanischen Gegen offensive in Marokko (Eigener Fernfprechdiensl des „Wilsdruffer Tageblattes".) Paris, 19. August. Die Gegenoffensive der Spanier in Marokko schreitet erfolgreich fort. Der Oberkommandierende von Melilla leitet die Operation persönlich. Die Marokkaner verteidigen jeden Zoll breit Boden. ourcyzusnyren unv Überhaupt Vie Befriedung Europas, so- .weit sie von Frankreich abhängt, nach Kräften zu fördern, wer kann heute wissen, wie lange er noch an der Spitze der Geschäfte stehen und wer nach ihm das Vertrauen zu recht fertigen haben wird, das man unseren Bevollmächtigten in London jetzt abgeschmeichett oder, sagen wir richtiger, abgedroht hat. Daß Herr Macdonald mit den anderen Delegier ten nach vollbrachter Tat auch die Deutschen als seine „Freunde" angeredet hat, ob das Lohn ist, der reichlich lohnet? Es war einmal noch während des Krieges davon die Rede, daß es Zeit sei für die Deutschen, sich von Sen timentalitäten freizumachen. Wollen wir nicht vielleicht bei dem bvltischen Ministerpräsidenten damit den Anfang . machen? Ihm unmißverständlich bedeuten, vaß, wenn er l auch vor dem Stirnrunzeln der französischen Generale um gefallen und zurückgewichen ist, wir doch kein Vertrauen zu Staatsmännern haben können, die sich ohne die Krücke des Unrechts und der Vergewaltigung anderer Völker nicht zu behaupten wissen? Ist es bisher von deutscher Seite nicht ausgesprochen worden, so kann es doch noch von Führern des deutschen Volkes nachgeholt werden, unabhängig da- von, zn welchen endgültigen Schlüssen sie den Konferenz- eraebniffen gegenüber kommen werden. Aas Mil aer fleichstag llm? stemr uia IM; e. Berlin, 18. August. Die Tatsache des Abkommens von London steht noch zu unvermittelt vor uns, als daß sich schon eine klar und deutlich herausgearbeitett^ Stellung der einzelne« maßgebenden Parteien zu ihm der Flut der augen blicklichen Kritiken und Würdigungen, wie sie sich in der Presse niederschlagen, herausfühlen lassen könnte. Selbst verständlich ist es, daß die Rechtspresse ihre bisherige widersprechende Haltung beibehält und die für Deutsch land unzweifelhaft starken Belastungen in Helles Licht stellt. So weist die Deutsche Allgemeine Zeitung varauf hin, daß wir einen Rückfall in die Methoden der Gewaltpolitik erleben und statt einem freien Über einkommen ein zweites Londoner Ultimatum schlucken müssen. Die Kreuzzeituna konstatiert, Deutschland stehe wieder einmal am Grabe seiner Hoffnungen und umerwerfe sich fast bedingungslos. Die Deutsche Tageszeitung bezeichnet die französischen Zugeständ nisse als ein Nichts, sie seien kaum die Preisgabe des französischen Vorgeländes. Allerdings scheint sich teil weise von Sonntag auf Montag eine gewiss« Milderung in der Form der Meinungsäußerungen vollzogen zu haben. So fand der scharf rechts stehende Berliner Lokalanzeiger Sonntag nur die herbste Verurteilung dieses Vertrages, während das Blatt in seiner Montag- Abend nummer ohne redaktionellen Einspruch eine Mit teilung seines Pariser Mitarbeiters wiedergibt, nach der in Paris die Auffassung herrsche, daß die Deutsch- nationale Volkspartei vor der drohende« Reichs tagsauflösung zurückschrecken und für die Annahme der er forderlichen Gesetze des Dawes-Planes im Reichstags stimmen würde. In der Linkspresse ist besonders interessant die Schwenkung des Berliner Tageblatts, das sich bisher sehr entschieden gegen die Annahme der Herriot- schen Forderungen ausgesprochen hatte und nun sagt, so lange man von der Heimat aus auf die Entschließungen in London durch Festigkeit des Tones zugunsten Deutsch lands hätte einwirken können, sei diese Aufgabe zu er füllen gewesen. Jetzt, nachdem die Entscheidung gefallen, müsse man vom Reichstag ebenso bestimmt ein Ja zum Abkommen fordern wie vorher das Nein von der Dele gation in der Räumungsfrage. Die Vossische Zei tung findet, daß die von der deutschen Delegation in London erreichten Erfolge die Erwartungen über treffen, die man vor der Reise habe hegen können, und daß diejenigen falsch malen, die einen neunundneunzig prozentigen Erfolg in einen hundertprozentigen Mißerfolg umwandeln. Der Vorwärts endlich sieht das Er gebnis des Abkommens darin, daß statt ungewisser Zu- kunft eine Zeit der Gewißheit vor uns liege, die zwar schwere Lasten bedeute, aber auch sichere Hoffnungen. Heute nachmittag tagt in Berlin ein Ministerrat, tn den nächsten Tagen werden die Ministerpräsidenten der Länder sich versammeln, und der Ältestenrat des Reichs, tages wird über die Einberufung des Plenums entschei den — dort wird sich die Haltung der Parteien dokumen tieren und damit die endgültige Entscheidung für »der gegen das Abkommen fallen müssen.