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WüchknMch ilscheinrn drei Rumniei». Pranumkraiion«-Preis 22 Z Sildergr. (f Tdlr.) vierleijährlich, 3 THIr. für da« ganze Jahr, ohne Erhöhung, In allen Theilen der PreuSis»en Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin hei Dele ». E ° mp., Jager,1ra«e Nr. 28), so wie rott allen König!. Pa,1-Dottern, angenommen. Literatur des Auslandes. 28. Berlin, Sonnabend den Marz 1847. Phönicien. Phönikien und was von ihm aus uns gelommen. i. Unter den Völkern des Alterthums, die sich durch ihre Geschichte An. sprach auf Fortdauer im Gedächiuiß der Nachwelt erworben haben, nehmen die Phönicier einen achtunggebietenden und das Herz des GeschichtSsreundes mit Wehmuth erfüllenden Rang ein. Durch Religion und Gottes-Erkenntniß tritt das Volk der Hebräer früh und bleibend hervor; durch bildende Kunst und Wissenschaft wird das Volk der Griechen Lehrmeister der Welt; durch rohe Tugend und rohe Gewalt erobert sich Rom de» Namen „klassisch"; durch ungeheure Steinmassen setzt sich Aegypten die Denkmäler seiner Despotcn- Hcrrschaft, und als Waffenkncchtc erobernder Wcltstürmcr haben die Völker von Assyrien, Babylonien und Persien das Bermächtniß eines unglücklichen Ruhmes in die Annalen des Alterthums gezeichnet. Ganz außer und über der Linie der Thätigteit und Schicksale jener Völker steht das phönicische Volk; einzig ist seine Erscheinung in der Mitte der Thaten und Bilder der Vorzeit. „Keine zertrümmerte Städte", sagt ein neuerer,Schriftsteller, „keine verwüstete Länder, wie bei den Heereszügen der Meder und Assyrer, sondern eine lange Reihe blühender Kolonie«», Ackerbau und die Künste des Friedens unter vormals barbarischen Völkerschaften bezeichneten die Siegcsbahn des lyrischen Herkules." Ohne bekannte Vorgängerin und lange Zeit ohne Nach ahmerin, wandelt diese Nation, wie eine wohlthätige Fee, zu den im Dunkel der Unkultur schlafenden Nationen und theilt ihnen die kostbarsten Gaben des genüßlichen und feinen Lebens mit, lehrt sie die eigenen Kräfte besser gc. brauchen und stiftet gesellige Verhältnisse zwischen den weit auseinander, liegenden Stämmen. Wundersam zieht die Geschichte dieses außerordentlichen Volkes vor unseren Augen vorüber, eine Geschichte, welche den Blick des Be. trachters wohlthätig berührt, nachdem er von den Blutscenen der Schlachten, dem Elend geknechteter Völker und selbst von der Uebersättigung im Genuß, reichthum schmerzlich ergriffen war, eine Geschichte, die uns die höchste Achtung einflößen muß, wen» wir Zeit und Oertlichkcit gebührend würdigen. Wir kennen PhönicienS Geschichte nur aus dem Munde seiner Feinde, Neider und Verderber, und dennoch erfahren wir durch diese inmitten der von Haß ein- gcgebcnen Urtheile oder mit beschränkter Ansicht ausgefaßtcn Thatsachcn oft unwillkürliche Lobsprüchc über verschiedene geistige Größen der Phönicier, deren jede einzelne hinreichend wäre, ein Volk unsterblich zu machen. Die Phönicier gaben vielen Ländern Europa's und Afrika s Bevölkerung und Kultur. In Hellas wie in Spanien, in Nord-Afrika wie auf den Inseln des mittelländischen Meeres waren ihre Niederlassungen der Kern für die Bildung weiter Strecken des Abendlandes; von ihnen forderten Könige ihre Baumeister und SchiffSführcr; sie wagten zuerst die See bis in den großen Ocean zu be. herrschen; sie waren die Erfinder aller kunstvollen Werkzeuge, des Glases, des Purpurs und so vieler anderer Dinge, daß cs bei den Alten Gebrauch war, jede Arbeit dadurch zu rühmen, daß man ihr das «pobelon ornanx: sido- nisch oder phönicisch beilegte. Aus einem sandigen und steinigen Boden von kaum 20« Quadratmeilen Größe zusammengcdrängt, machten sie die Wüste zu einem Garten, in welchem nur die herrlichsten Städte die üppige Flur unterbrachen; an den unwirthbarcn Küsten erhoben sich Häfen, in welchen alle Rcichthümcr der Welt aufgespcichert waren, in welchen Handelsflotten Schutz fanden, die Bernstein von den Ostseeküsten holten und die Erzeugnisse Indiens und Arabiens nach dem Abendlande führten; und nicht bloS Kauf- Herren waren sie, welche nur den Mittler zwischen dem Produzenten und dem Konsumenten geschickt zu machen wissen, ohne selber Hand an das Werk des Erzeugens zu legen, nein, sie waren die trefflichsten Künstler, erfindungs reichsten Meister und fleißigsten Arbeiter. Die Phönicier, von denen der Prophet Jesajas (der übrigens so wenig wie andere Propheten oder wie die Griechen gut auf sie zu sprechen ist) sagt, ihre Kaufleute seyen Fürsten und ihre Handelsherren, die Angesehenen der Erde, haben im Altcrthumc ihres Gleichen nicht; erst im spätesten Mittelalter werden sie zum Theil von den Benetiancrn erreicht und erst in der neueren Zeit von den Engländern über troffen. Diese sind in Handel, Colonisation, Kunstfertigkeit, Fleiß und Geschick noch in viel höherem Maße das, was die Phönicier waren, und ist auch ihr Land größer und günstiger gelegen, und waren sie von jeher auch viel mächti ger an Menschcnzahl, was Beides sie eher zu solcher Höhe bringen konnte, so darf man doch zu Gunsten der Engländer nicht vergessen, daß sie nicht nur bei rohen Völkern d-S Völle-Uebergewicht einer höheren Kultur geltend machen, sonder» auch bei gleichgcbildeten und selbst bei höher gebildeten, während die Phönicier in einer Welt von Rohheit sich bewegten und wirklich dem Ver falle cntgegengingen, sobald sie an den gebilveteren Griechen Nebenbuhler im Handel erhielten. Die Verfassung der Phönicier war in frühesten Zeiten schon eine beschränkt monarchische; später waren die einzelnen Städte födcrirt, cs waren Republiken mit Oligarchen an der Spitze, oder mit gewählten Richtern (Buffeten). See- männischer Stolz, verbunden mit Krämersinn, führte zu Weiterungen, welche Stadt gegen Stadt bewaffneten und welche dem fremden Eroberer den Weg zeigten. Bei der Kleinheit des Landes und Volkes und bei der Lage zwischen neidischen Nachbarn und ini Bereiche gieriger Eroberer, muß man sich aber nicht über de» Untergang PhönicienS, sondern vielmehr über sein langes Be stehen wundern. Schon die Patriarchen kennen Sidon als eine reiche, see- mächtige Stadt; die ältesten Griechen erzählen von den Wundern der phöniki schen Künste, und sie lassen unter Anderem das hundcrtthorige Theben im ferne» Oberägypten vom Lyrischen Herkules erbaut seyn. Salomon läßt seinen be rühmten Tempel von phönicischen Meistern bauen und schmücken, eben so wie er seine Schiffe von phönicischen Seefahrern führen läßt, was ihm, dem weisen Könige, gewiß keine Schande »lacht, da in neuester Zeit auch Rußland viele seiner Schiffe von Ausländern und Preußen sein einziges Schiff vo» einem Ausländer führen läßt. Auch der ägyptische König Nccho bedient sich ver Phönicier zur See und läßt unter Anderem von einem Hanno Afrika um schiffen. Erst im 8. Jahrhundert vor Ehr. sollte die Verfassung und die Kriegführung der Phönicier auf die Probe gestellt werden. ES ist klar und die Geschichte der jüngsten Zeit beweist es unwiderleglich, daß diejenigen Staaten am mächtigsten und von längster Dauer find, die am wenigsten Soldaten haben, d. h. die nicht den arbeitsfähigsten Theil ihrer Bevölkerung der Arbeit entziehen, um ihn in bewaffnetem Müßiggang auf Kosten de- anderen Theils der Bevölkerung zu ernähren und zu ehren. Frankreich hat eine halbe Million Soldaten bei 33 Millionen Einwohnern und be zahlt täglich aus der Tasche der Steuerpflichtigen für diese halbe Million Menschen eine halbe Million Thaler. Daher kann es auch weder seine Grundsätze und Ehre, noch sein Land bei ernstem Angriff vertheidigen, weil es nie Geld für einen Krieg aufbringen kann, da der Friede allen Kredit verschlingt, und daher kann es nie eine Kriegs, und Handels flotte zu Stande bringen, weil alle seine Einkünfte von der halben Million Landmüßiggänger verzehrt werden. England hat für sei» ungeheure» Weltreich von nahe an 200 Millionen Einwohnern kaum l00,000 englische Soldaten, und das englische Heer, die eingebornen Soldaten Indiens mit gerechnet, kostet verhältnißmäßig noch nicht den fünfte» Theil dessen, was die französische Armee kostet. Daher hat England Geld zu Flotten und Geld zum Aushalten eines Krieges. Mcjiko hat viermal so viel Soldaten wie Nord- Amerika im Frieden, und doch, welche Figuren spielen beide Länder ini jetzigen Kriege! Auch Phönicien hatte kein stehendes Heer, und deshalb erhielt es sich so lange gegen sonst unwiderstehliche Feinde. Als der neuassyrische Eroberer Salmanassar ganz Borderaficn überschwemmt hatte, kam er auch nach Phö- nicicn. Eifersucht auf die Größe des Lyrischen Glückes machte viele phönici sche Städte zu Verräthern am gemeinsamen Vaterlandc; sie ergaben sich nicht nur dem Salmanassar, sondern standen ihm bei und lieferten ihm Kriegs schiffe zur Bezwingung von TyruS, ganz so, wie weiland deutsche Reichs- und Rheinbundfürsten beim Eindringen des Franzosenkaisers. Aber TyruS lieferte den Feinden eine siegreiche Seeschlacht (die erste Seeschlacht, deren die Ge schichte erwähnt) und hielt eine fünfjährige Belagerung der Assyrer standhaft auS. Der furchtbare Ncbukadnezar belagerte dieses Tprus l3 Jahre, und als er endlich stürmend in die Stadt drang, sand er sie leer, da sich die Einwohner auf eine naheliegende Insel gezogen hatten und dort Neu-TyruS erbauten, das noch blühender als die Altstadt hervorwuchs. Der milde Eroberer Cyru« dagegen gewann die Phönicier für sich, die mehr seine Bundesgenossen al« seine Unterthanen wurden und wahrscheinlich gegen die verhaßten, den Sec handel des Mittelmeercs an sich reißenden Griechen bereitwillig mit den Persern zogen, denen sie zur See die größten Dienste leisteten. Alexander von Makedonien, an der Spitze desjenigen Volkes, das alle andere Völker Barbaren nannte, war cS Vorbehalten, den barbarischen Akt der Zerstörung an einer Stadt zu vollbringen, an die sich eine solche Fülle alter Erinnerungen knüpfte, die vom Zauber künstlerischer Wohlthaten fürs Menschengeschlecht um flossen war und die wegen ihrer unvergleichlichen Verdienste um die Welt durch Erfindungen, Gewerbfleiß und Colonisation, ja endlich für die Tapferkeit, mit der sie sich sieben Monate lang vertheidigte, Schonung, Achtung verdient hatte bog