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Beilage zu Ntr. 3 der Sächsischen Glvzeitung. Schandau, Sonnabend, den 13. Januar 1906. Sächsisches. — Acnderunq des Familiennamens. Ans Anlaß eines besonderen Falles hat das sächsische Mini sterium d. I. durch eine kürzlich erschienene Verordnung entschieden, daß cs nicht angängig sei, die Berechtigung zur Annahme eines bestimmten Familiennamens ein- für allemal mit einem dein Gesetze über Familicnamvart- schaften unterliegenden Grundbesitze zu verknüpfen, cs trage daher Bedenken, dem Anträge im vorliegenden Falle stattzugcbcu, im voraus dem jeweiligen Besitzer der errichteten Familicnanwartschaft die Berechtigung ein- zuräumen, seinem Familiennamen den Namen der Familicnanwartschaft hinzuzufügcn. Dies würde dadurch möglich werden, daß nach eingetrctcuem Bcsitzwcchscl dem neuen Anwartschaftsbcsitzer auf besonderes Ansuchen die entsprechende NamcnSbcilcguug genehmigt werde. Die Erteilung dieser Genehmigung unter Beschränkung auf die Person könne für den einzelnen Fall in Aussicht gestellt werde«. — Gemeinnützige, kostenfreie Untcrrichts- kurse für jeden Vorwärtsstrcbenden zur Erlernung der englischen und französischen Umgangssprache, sowie dop pelte und einfache Buchführung, HandelScorrcspondcnz, Rechnen, Wcchscllchrc und Stenographie finden in diesem Semester an der Berliner Handels-Akademie statt. Aus wärtige erhalten den Unterricht nach genauer Anleitung schriftlich, am Schluß findet eine Prüfung statt. Kosten freie Ueberwachung aller Arbeiten durch erstklassige Fach lehrer. Die zum Unterricht nötigen Materialien hat sich jeder Teilnehmer selbst zu beschaffen, weitere Kosten als Porto erwachsen dann nicht. Höhere Schulbildung nicht erforderlich. Unterrichtsdauer 4—6 Monate pro Fach. Anfragen unter Beifügung des Rückportos sind an die Berliner Handelsakademie, L. Neil, Berlin, Komman dantenstraße 89 zu richten. — Was aus ciuem Stück wüsten Landes werden kann durch Eifer und Fleiß, das schildert ein Garten freund und Lehrer in der letzten Nummer des praktischen Ratgeber: „Mit wahrer Arbeitswut ging ich an die „Urbarmachung". Dreivicrtel Nieter tief wurde alles durchs Sieb geworfeu und die Erde terassensörmig ver teilt. Abrutschungen wurden anfangs durch Holzwändc verhütet; Heuer, nachdem alles abgefault, nahm ich Kelle und Zement und mauerte zwei Böschungen in den wenigen freien Stunden, die mir zur Verfügung stehen. Den größten Teil füllen etwa 170 Rosen, nieder-, halb- und hochstämmig aus, die als Zwischeupflanzuug niedere Tropaeleum, Gladiolen und Nelken aufweiscn. Knapp am Drahtzaun ist ein Längsbect mit Edelweiß. Links davon sind die Teppichanlagcn. Das untere Krcisbect bildet einen prachtvollen Stern, rot in gelb, als Mittcl- pflanze eine Musa. Die kleinen Kreiübeete beherbergen Draeaenen und Puccas, von Begonia-Tcppichkönigin cin- gesäumt. Ein prachtvolles Schau-Exemplar ist die Musa, welche die schönste in hiesiger Gegend ist. Unter ihr breitet sich ein Arabesken-Teppich in rot, gelb, braun und grau (Sedum) aus. Die Scitenbcete leuchten in den vielen bezaubernden Farben des Portulaks, von denen sich kleine Kreisbeete wunderschön abhcben. Die Laube unter dem Ahornbaume ist von wildem Wein umrankt und bietet von oben einen ideal-schönen Ucberblick über die ganzen Anlagen. — „Ueber Land und Meer" schreibt: „Auch die Reklame nimmt immer mehr wirklich künstlerische Formen an. Die bekannte Tee-Importfirma Meßmer (Frank furt a. M.) die seit längerem hierin mit gutem Beispiel voraugegaugen, bietet in diesem Jahre ihrem Kundenkreise eine Reihe von Postkarten, die Steinzeichnungcn hervor ragender Künstler wie Graf Kalckreuth, Franz Hein, G. Schöirleber, G. Kampmann u. a. in farbiger Re produktion wiedergeben. Diese Postkarten gehören zu dem Besten, was überhaupt auf diesem Gebiete geleistet worden. Die Firma Meßmer versendet auf Anfrage diese Karten gratis und franko. Die allbclicbte Ncnjahrsgabe der Haascnstein L Vogler Aktiengesellschaft in Gestalt ihres großen ZcitungSkataloges dürfte diesmal seitens ihrer zahlreichen Geschäftsfreunde besonders freudig aufgenommen werde«. Seine handliche altbewährte Form, seine elegante, praktische Ansstattnng wurde beibehalten, der gediegene, mit großer Sorgfalt und Sachkenntnis bearbeitete Inhalt bedeutend erweitert, und ist der Katalog dadurch ein un entbehrlicher Ratgeber für jeden bedeutenderen Inserenten geworden. Der Katalog enthält alle Zeitungen und Zeitschriften der Welt und bildet mit seinem übrigen reichhaltigen, mit weiteren praktischeren Neuerungen versehenen Inhalt, ein Nachschlagewerk ersten Ranges. An das Vorwort schließt sich ein Jahres- und be sonders praktisch gestalteter Notiz-Kalender an, der Ein tragungen für jeden Tag des Jahres gestattet. Diesem folgen wissenswerte Bestimmungen über den Post- und Telegraphen - Verkehr, Reichsbankwescn, Angaben über Zeitvcrglcichnngcn, Münzen, Wechselstcmpcl, Eisenbahn- srachtcn, Zinsbcrcchnnngstabellcn u. s. m., sowie das Verzeichnis sämtlicher Agenturen der Haasenstcin L Vogler Aktiengesellschaft in Deutschland, der Schweiz, Italien und Oesterreich-Ungarn, ein vollständiges Ortsregistcr der Politischen Zeitungen, welches das sofortige Aussinden dcr an den betreffenden Plätzen erscheinenden Zeitungen er möglicht. Die bei jedem Ort vermerkte Einwohnerzahl ist von Seiten der Inserenten als von größtem Vorteile längst anerkannt worden. Die nach Brauchen aufgcfiihrtcn Zeitschriften, ferner die Kurs- uud Reiscbiichcr, Kalender u. s. w., sowie eine große Anzahl empfehlenswerter Anzeigen von Zeitungen uud Zeitschriften bilden den Schluß des Kataloges, der zu seinen zahlreichen Freunden noch weitere gewinnen dürfte. Feuilleton. Irrwege. Noma» von B. v. d. Lanken. (I. Fortsetzung.) Langsam, mit gesenktem Kopfe folgte sie Fräulein Clo tilde in ihr kleines Stübchen und begann, nachdem man sie allein gelassen, ihre Sachen in Schrank und Kommode unlerznbringen. Es war wenig und bescheiden genug. Die Mittel ihres Vaters waren ja immer so beschränkt gewesen. Jetzt in ihrer Trauer brauchte sic ja weiter nicht«, als ihr schwarzes Kleidchen. Ein paarmal hielt sie mitten in der Arbeit des AnSpackcnS inne, stand mit schlaff herabhängenden Arme» und lräncngefüllle» Augen und blickte zum Fenster hinaus auf den stillen Marktplatz. Ihr Herz zog sich zu sammen vor Heimweh und Sehnsucht. Heimweh! Sie schluchzte laut auf, Haimweh — o, cs würde ungestillt bleiben dieses Heimweh, sie halte keine Heimat mehr, nir gends. Gleichgiltig dagegen, ob die Sachen ausgepackt oder cingepackt blieben, nur eingenommen von ihren schmerzlichen Gefühlen, setzte Irene sich auf eine kleine Fußbank mitten in der Stube, stützte den Kopf in beide Hände und weinte — heute waren es ja gerade acht Tage, da war sie mit dem Baler spazieren gegangen, es war heiß und sonnig gewesen, nnd der Vater hatte viel über Herzbeklemmung geklagt. Langsam schlitten sie eine Anhöhe hinan, von der man einen schönen Blick über die grünende, üppige Land schaft Halle. Auf dieser kleinen Anhöhe, die von einer prächtigen Eiche gekrönt und umschattet wurde, setzte er sich, während sie Blumen pflückend ein Stückchen in den Wald und die Wiese hinabging. AIS sie zurückkam und sich neben ihn setzte, lehnte er das Haupt an ihre Schulter, sic dachte er würde einschlafen und saß ganz still. Der Kopf ihres Vaters sank langsam auf seine Brust, und die Lider legten sich über die Augen, diese gütigen, zärtlich blickenden Augen, sic streichelte immer wieder seine Wange, und während sie ihn ansah Halle sic zum eisten- male bemerkt, wie schmal und eingefallen sein Gesicht in der letzten Zeit geworden war. Er schläft, Halle sie gedacht, aber sic fühlte seine Hand in der ihren kalt und steif werden und ein furchtbares Angstgefühl überkam sie. Papa — Papa — Keine Antwort; als sie ihr Gesicht zu ihm hinabneigte glitten die letzten Strahlen der sinkenden Sonne über das stille Antlitz eines Tote». Die Stunde dort oben, allein mit dem geliebten Ver storbenen. Irene wußte, sic wüidc sic nie, nie vergessen, ein ganzes langes Leben nicht — und hier, in ihrer tröst-- losen Umgebung überkam sie der Jammer eist recht; das kleine kahle Stübchen mit den umherlicgcnden Sachen, die fremde Slqdt, die fremden, gleichgiltigen, schrecklichen Menschen. Allein, verwaist. Nie zuvor Halle sie all da« T> ostlose, das in diesen Worten liegt, derartig cmpsunden, wie in diesem Augenblicke; und in ihrem kahlen Slübchen unler der Obhut der beiden alten Schwestern meinte sie, daö Herz müsse ihr brechen, und die Sonne würde nie mehr für sic scheinen; es würde stets dies dumpfe, leere Schmerzgefühl in ihrer Brust wohnen. Immer heißer flossen die Dänen, immer sehnsüchtiger schrie die junge, einsame Seele nach dem Toten, dessen zärtliche Liebe ihr Leben verschönt Halle und drssen Herzen ganzes Glück sie gewesen war. Vom Turme der Stadlkirchc schlug e« vier; langsam verhalllen die Töne durch die klare, stille Sommcrluft. Irene schrack auf. Sie hatte eben noch Zeil, ihre Tränen zu trocknen und sich der Tür zu nähern, und Fräulein Clotilde stand vor ihr. Mit einem Blicke Halle die Ein- tretende wahrgenommen, daß Irene noch lange nicht mit dem Einräumcn fertig war. „Um GolleS willen!" rief sie, ihre knöchernen Hände zusammenfallend, „was in aller Welt hast Du in diesen zwei Stunden angcfangen? Dn hast wohl geschlafen, was?" setzte sie mit einem mißtrauischen Blick hinzu. „Nein, geschlafen habe ich nicht." „Nicht — hm — also wohl gelesen, natürlich, hier liegt ja ein Buch und sogar ein französisches!" rief sie entrüstet, „wie kommst Du denn dazu? Hat dein Vater das erlaubt, weißt Du nicht, daß ein junges Mädchen nie einen französischen Roman in die Hand nehmen darf?" Irene, die eben im Begriff war, ein Kleid in den Schrank zu hängen, hielt willen m ihrer Beschäftigung inne und starrte die Sprecherin an, als habe sie nicht recht gehört. „Dieses Buch kann man lesen," sagte sie, „es ist von Octave Fcnillcl: 1m romuu cl'un Mino lloinmo puuvro." „Da? sehe ich, daß von einem jungen Mädchen viel darin die Rede sein muß. So viel französisch verstehe ich noch," enlgcgnelc das Fränlcin scharf, „aber ein Roman, der das Leben eines jungen Mannes behandelt, ist an nnd für sich kein Roman für ein Mädchen wie Du." Sic klappte daS Buch zu und nahm eö an sich. „Aber Tante Ctoiilde —" rief Irene, die Hand nach ihrem Eigcntumc ansslrcckend. „Dao Bnch bleibt in meinem Gewahrsam. Wenn Du alt genug brst, wirst Du co wieder erhallen. Und jetzt beeile Dich, wir trinken Kaffee im Garten. Du wirst den Weg schon finden, die Treppe hinunter, gleich über die Ansdicte und den Has. Ich werde nachher Nachsehen, ob Du alles ordentlich untcrgcbracht hast." Irene verstand herzlich wenig von dem, was man mit häuslicher Tüchtigkeit bezeichnet, aber sie halte einen prak tischen Blick und Geschicklichkeit zu allem, wenn eö sein mußte, und so wurde sie auch ziemlich leidlich mit dem Unterbringen ihrer Sachen fertig. Emcn reizenden Arbeits beutel von rosa Seide am Arme, schickte Irene sich dann an, in den Garten hinabzngchcn. Als sie über die Diele an der Tür der Apolhrke vorüdcrging, sah sie Herrn Bellcrmannö schlottrige Gestalt hinter dem Vcrkaufstischc, und seine kleinen, dunklen Augen bohrten sich durch die Scheiben der Tür förmlich in ihr Gesicht. Im Garten fand sie die Tanten, die eine mit einem Strickstrumpfe in den Händen, die andere einen großen Flickkorb vor sich, Hnnd und Katze lagen behaglich auSge- strcckt, niillen in dem Wege zu der Pfcifcnkrautlaube, in der die Schwestern saßen; neben Belli) lag auf dem Tische ein zerrissener, langer, weißer Franenstrnmpf, daneben ein Stopfpilz und ein Knäuel Garn, in dem eine Stopfnadel steckte. „Seh Dich zu mir, ich werde Dir zeigen, wie man Strümpfe stopft," sagte Bellt), „was hast Du denn da?" mit einem Blicke auf die schöne AtlaSlasche an Irenen« Arm. „Meine ArbcilStasche." „Eine ArbeitStasche von rosa AtlaS-Biokatstoff, nicht Übel! Wo habt Ihr denn die anfgestöbcrt? Muß ja heidenmäßig teuer gewesen sein." „Hübsch, aber unpraktisch," bemerkte Clotilde, „nicht« für unsere Verhältnisse hier, die lege nur fort." „Setz Dich also, ich will Dir zeigen, wie man Strümpfe stopft," wiederholte Betty. Irene nahm den ihr angewiesenen Platz ein, und da« alte Fräulein unterwies sie in allen nöligen Handgriffen. Irene begriff rasch, aber die Giller an dem Stopfkaro wurden immer noch nicht gleichmäßig genug, hier und da zog sie zu fest an — trotzdem war ihre Lehrmeisterin zu frieden. „Dn wiist e« lernen und kannst mir dadurch viel Mühe abnchmen," bemeiktc Belly, „es gibt immer viel zu tun nach jeder Wäsche." Irenens Augen folgten der Richtung ihrer Blicke, und ein unbehagliches, fast ängstliches Gefühl beschlich sie beim Anblicke des umfangreichen Flickkorbc«. So saßen die drei Menschen, die daS Schicksal äußer lich jo nah zusammen geführt, und die sich innerlich so fern von einander fühlten, stundenlang in dem stillen, sommer lichen Garten zusammen. Die Schwestern sprachen unter einander über den Haushalt, das Einmachcn der Früchte und über einige Familien aus der Stadl, die offenbar zu ihiem Bekanntenkreise gehörten, deren Wohl und Wehe für Irene aber nicht das mindeste Interesse halte. Sie war nicht daran gewöhnt, längere Zeit so fest mit einer Arbeit beschäftigt auf ciuem Flecke gebannt zu sein. Ihr lebhaftes Temperament, ihr beweglicher Geist litten darunter, sodaß ein körperliches Unbehagen sic über kam. Ihre Hände brann ten, ihr Rücken schmerzte, und über Stirn und Augen legte sich ein quälender Druck. So oft die Schläge der Turm uhr durch die Luft klangen, begrüßte sie sie wie eine Stimme der Erlösung. Wenn sie nur nicht so entsetzlich langsam gekrochen wäre, die Zeil. Mit einem plötzlichen Entschlusse legte Irene den Strumpf hin und stand auf. Beide Damen blickten sie überrascht an. „Was ist denn los? Was willst Du?" „Bitte, erlaube, ich möchte einmal dnrch den Garten gehen — ich — kann das lange Sitzen nnd da« Prickeln nicht mehr aushallcn," rief Irene mit mühsam beherrschter Unruhe. Durch den Garten gehen? Nun ja, dann geh' nur. Das klang so gedehnt, als ob Irene ganz Unmögliches erbeten hätte, das man aber anstandshalber nicht abschlagen konnte. „DaS Sitz n und Prickeln kannst Du nicht aushallen?" rief Belly, „mein Golt was soll ein erwachsenes Mädchen denn aber anbeiS tun, als sich mit nützlichen Arbeiten be« schäfligen?" Irene kämpfte mit oufsteigendcn Tränen der Empörung. Sollte sic denn ihr Leben so hinbringen Tag für Tag? Stundenlang so sitzen, flicken und stopfen? Trotzdem schwieg sie jetzt, trat vor die Laube hinaus und sich reckend und beide Arme auodchnend, seufzte sie tief, wie erlöst, auf. Die Schwestern wechselten wieder einen Blick, in dem nicht viel Llcbcs lag; dagegen erhob der Spitz sein weißes Köpfchen und sah den lebhaften Bewegungen mit sichtlichem Interesse zu. „Golt, wie unsläl, wie unerzogen das Mädchen ist! Es ist wiikiich eine große Last für uns und keine leichte Aufgabe, etwas Ordentliches aus der zu machen, meinte Clotilde." „Freilich — Oskar hat sich damals auch ganz unver antwortlich übereilt, solch Versprechen zu geben." Irene schlenderte während dessen durch die liniengeraden Gartenwege bis ans Ende, wo eine lebende Hecke die Grenze des Nachbargarlens bildete. Neugierig lugte sie hinüber; fast derselbe Zuschnitt drüben wie hüben, auch eine grllnumranklc Laube, davor aber im Korbstuhle eine jüngere Frau, auch mil Flicken nnd Stopfen beschäftigt. Aber statt dcS schwarzen Katers nnd des weißen Spitzes spielten zwei Buben von nngefähr vier nnd zwei Jahren neben ihr, und aus einem Wagen tönte das quarrende Sümmchen eines kleinen Kindes — Irene ging weiter, nach der anderen Seile. — Ein ähnliches Bild, nur stall der kleinen Kinder, des Hundes und des Katers größere Mädchen und neben einer üppigen, frisch ausschendcn grau ein Herr mit einer langen Pfeife im Stuhle, behaglich den blauen Rauch in die Luft blasend. „Mein Golt," dachte Irene, „sind denn alle Menschen hier in ihrem Tun und Lassen und Lebenszuschnitt einer wie der andere? Leben denn alle so, kennen, wünschen, begehren sic denn nicht« anderes, als solch ein Leben?" Uud au ihrem Geiste zogen die Erinnerungen vorüber an die Nciscjahre mit dem Vater. Die Erinnerungen, ach, die Erinnerungen, die sic immcr wieder gefangen nahmen nnd sic die Gegenwart und ihre Umgebung um so härter erscheinen ließen. Sie stützte den Ellbögln auf den Slaketzaun, und ihre Augen folgten den weißen Woikengebilden, dje oben am Himmel dahinglitten. „Irene, Irene — wo bleibst Du?" Den scharfen, lauten Klang der Frauenstimme hinter ihr empfand sie beinahe wie löiperlich Schmerzhaftes; mit einer heftigen Bewegung, die sie nur mühsam beherrschte, wandte sic sich um: „Ich komme ja, ich komme," rief sic zurück. Und dann saß sic wieder in der Pfcifcnkrautlaube, Fräulein Bcllys langen Strumpf mit dem Stopfpilz in der Hund und zwängte die Nadel durch die Fäden und fühlte die