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AMbuM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «nd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich I Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Eolporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^§149. Freitag, den 30. Zuni 1882. Die den 30. dieses Monats fälligen Ablösungs- und Landescultnr-Renten sind längstens bis zum 3. Juli d. I. zu bezahlen. Stadtsteuer-Einnahme Waldenburg, am 28. Juni 1882. Hausversteigerung. Künftigen dritten Juli d. I., Vormittags 11 Uhr, soll das in der nieder» Kirchgasse gelegene sogenannte Archidraconatgebäude, welches unter Folium 629 des Grund- und Hypothekenbuchs und Nr. 236 des Brand- catasters, sowie des Flurbuchs unter Nr. 216 u und b für die Stadt Walden burg eingetragen und bei der Landesbrandkaffe mit 3580 Mark versichert steht, unter den im Termin bekannt zu machenden Bedingungen ums Meistgebot versteigert werden. Neflectanten wollen sich gedachten Tages zur angegebenen Stunde in der Gaststube des Schönburger Hofes einfinden unv ihre Gebote eröffnen. Waldenburg, den 27. Juni 1882. Der Kirchenvorstand daselbst. "Waldenburg, 29. Juni 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Kaiserin stattete am 28. d. dem Kaiser in Ems einen Besuch ab. Am 29. d. geht die türkische Gesandtschaft, Drygalski Pascha und Riazim Bey, nach Ems, wo sie vom Kaiser em pfangen und mehrere Tage verweilen wird. In der Reichsdruckerci werden jetzt die preisge krönten Entwürfe zu dem Reichslagsbau photo graphisch abgenommen, um demnächst vervielfältigt zu werden. Das Enilaffungsgesuch des Finanzministers Bitter ist vom Kaiser genehmigt worden. Bitter erhielt den Rothen Adler-Orden I. Klasse. In einer längeren Abhandlung über Erhöhung der Branntweinsteuer wird von Herrn vr. Del brück in der Politischen Wochenschrift die hervor ragende Stellung, welche die Spiritusfabrikation in dem Wirthschaflssystem Deutschlands einnimmt, er örtert und zum Schluß bemerkt: „Das ^Populäre einer Erhöhung der Spiritussteuer liegt in der da raus resultirenden Preiserhöhung für den Brannt wein. Will man dem genügen, so muß auch ein Weg gesucht werden, auf welchem wirklich der Branntwein als Getränk herangezogen wird: und dazu tst nicht eine Steuer geeignet, welche auf der Fabrikation der Rohwaare ruht, von welcher dann auch die Steuer für zum Export und zu technischen Zwecken verwendete Waare bezahlt werden muß. Die Destillationen, welche immer auch Schankstätten sind, bilden den geeigneten Ort für die Auflage einer Steuer. So ist denn die Einrichtung einer w,'amen Schanksteuer der bleibende Ausweg, welcher von der preußischen Negierung bereits vor geschlagen, doch von denr Landtage abgelehnt wurde. . . . Der deutsche Spiritus-Export beruht zum großen Theil auf der Fein-Spril-Bereitung — Kartoffel-Fein-Sprit ist die einzige Waare, welche zum Verschneiden feinster Weine in Frankreich be nutzt werden kann. Ein Gesetz also, welches die Fabrikation und Vertrieb von Trinkbranntwein mit Steuer belegt und zugleich die Anwendung von Nohspiritus, d. h. fuselhaltigem Spiritus, zur Her stellung von Getränken verbietet — wird dem Geld- bedürsnisse des Staates genügen, die gegenwärtige Lage der Spiritusfabrikation möglichst wenig alteri- ren und zugleich den schädlichen Einfluß des Brannt weins in wirksamer Weise ermäßigen." Da es für die landwirlhschaftliche Verwaltung von der größten Wichtigkeit ist, über die gegen wärtigen bäuerlichen Besitz- und Wohlstands- Verhältnisse in möglichst zuverlässiger Weise orientirt zu bleiben, so hat der preußische Minister der Landwirthschaft in einer Verfügung an die landwirthschaftlichen Vereine in Preußen von "den Vorständen derselben bis Ende November 'Be richte über verschiedene Fragen eingefordert. Die vorgelegten Fragen lauten: Ist eine besondere Höhe oder schnelle Zunahme der Verschul dung des ländlichen Grundbesitzes in den letzten Jahren wahrzunehmen? Wenn dies der Fall, in welchen Gegenden, bis zu welcher Höhe und aus welchen Ursachen? (Erbtheilung, schlechte Wirthschaft, zu geringes Betriebskapital, zu theurer Ankauf, schlechte Ernten, Viehsterben rc.) Haben häufige Subhastationen ländlicher Grundstücks stattgefunden? Sind größere und mittlere Güter und Bauerhöfe mehrfach von den bisherigen Besitzern parzellirt oder durch gewerbsmäßige Unternehmer ausgeschlachtet worden? Sind die betreffenden Parzellen mehr zur Arrondirung des größeren und mittleren Besitzes oder zur Etablirung kleinerer Wirthschaflen oder Häuslerstellen benutzt worden? Die Ermittelungen sollen in den verschiedenen Kreisen durch geeignete Persönlichkeiten vorgenommen werden, welche sich dieser Arbeit freiwillig unterziehen wollen, und nur, so weit es ohne lästiges Eindringen in Privatver hältnissen möglich ist. Obwohl über neue Steuervorschläge noch keine Beschlüsse gefaßt sind und gefaßt sein können, ver nimmt man doch, daß im Rückblick auf die Reichs- tagsbotschast vom 17. November v. I. zunächst auf die prozentuale Börsen st euer zurückgegangen und diese den Vorrang vor der dort gleichfalls in Aus sicht genommenen Getränkesteuer-Reform erhalten werde. Vor einigen Tagen ist die Nachricht durch die Presse gegangen, daß dem Reichstage in dieser Session nicht nur der Reichshaushaltsetat pro 1883/84, sondern auch der von 1884/85 vorgelegt werden wird. Daran wurde die Betrachtung ge knüpft, daß ein zweijähriger Etat unzulässig sei, und daher doch ein Gesetz wegen Einführung zweijähriger Etatsperioden vorgelegt werden müßte. Die Sache verhält sich so, daß die Reichsregierung den Etat pro 1883/84, wie dies erforderlich, und probeweise auch den Etat für die Jahre 1884/85 dem Reichs tage zu unterbreiten beabsichtigt. Es soll damit bewiesen werden, daß es möglich ist, mit zweijähri gen Etats zu arbeiten. In welcher Weise diese probeweise Vorlegung des Reichshaushaltsetats pro 1884/85 erfolgen soll, das unterliegt noch der wei teren Prüfung. Fürst Bismarck hat den ihm übersandten Jahres bericht der Handelskammer von Hanau zurück gesendet mit dem Anheimgeben, ihn umzuarbeiten und zwar weil zollpolitische Aeußerungen im allge meinen Theile seiner Ansicht nach im Widerspruch mit den Ausführungen des zweiten specielleren Theils stehen. Die Handelskammer beschloß, das Anschreiben des Ministers zu beantworten und ihre Anschauungen zu begründen. Ueber die Affaire Meiling schreibt die russische Nowoje Wremja: „In Deutschland bildet augen scheinlich das Tagesgespräch ein Ereigniß, das die ehrlichen Deutschen in eine starke Aufregung versetzt hat, da dasselbe bereits gegenwärtig, wo es noch gewissermaßen ein Geheimniß bildet, das größte Interesse hervorruft. Wir meinen den Verkauf ge heimer Karten und Pläne, betreffend die Küstenbe festigungen und Häsen Deutschlands. Gerüchten zufolge soll der Schuldige bereits seiner hochver- rälherischen Handlung geständig sein. Es läßt sich wohl annehmen, daß nähere Untersuchungen die ganze Angelegenheit als eine ganz unbedeutende hin stellen werden. Die ganze Sache wird vielleicht von der deutschen Presse aus besonderen, noch nicht fest zustellenden Ursachen üderdrieben dargestellt, vielleicht auch nur aus dem Grunde, weil die Deutschen in der letzten Zeit sehr mißtrauisch geworden sind. Es läßt sich schwer annehmen, daß irgend eine ungeheure Summe ausgegeben wird, um von irgend einem Subalternoffizier geheime Pläne von Häfen und Küstenbefestigungen zu kaufen. Welche Garantie kann ein solcher Offizier dafür bieten, daß die von ihm erhaltenen Kopien richtig sind? Wenn schließlich dieser Offizier auch etwas mittheilen konnte, so ist doch zu bedenken, daß die Anfertigung von genauen Kopien von detaillirt ausgsarbeiteten Plänen eine zu lange Zeit in Anspruch nehmen muß, als daß nicht das Fehlen der betreffenden Dokomente bemerkt werden sollte. Die deutschen Blätter be haupten dagegen, Meiling habe nicht nur Pläne der bereits bestehenden, sondern auch der noch zu errichtenden Küstenbefestigungen verkauft. Um es kurz zu sagen, erscheint demnach Meiling als der Inhaber sämmtlicher deutschen Geheimnisse des deutschen Generalstabes und der deutschen Marine- verwallung. Eine solche Ungereimtheit erfordert augenscheinlich wohl keine ernste Erörterung." Zu richtiger Beurtheilung dieser Aeußerung darf nicht übersehen werden, daß in der Zusammensetzung des Berliner Personals der rusf. Botschaft Veränderungen vorgekommen sind, welche erkennen lassen, daß sich die rusf. Regierung veranlaßt sah, einen ernsthafteren Standpunkt zu der Meiling'schen Angelegenheit zu nehmen. Oesterreich. Der deutsche Reichskanzler Fürst Bismarck hat dem Grafen Julius Andrassy aus Anlaß der Ver mählung dessen Tochter mit dem Grafen Batthyanyi folgendes Schreiben gesandt: Berlin, 16. Juni 1882. Verehrter Freund! Das Familienfest, welches Sie in wenigen Tagen feiern werden, bietet mir erfreu liche Veranlassung, an unsere langjährigen Bezieh ungen anzuknüpfen und Ihnen zur Vermählung der Gräfin Ilona mein und meiner Frau herzliche Glück wünsche darzubringen. Ich richte dieselben gleich zeitig an Sie und an die Frau Gräfin, der ich mich zu Gnaden empfehle, und bitte Sie, der Braut meinen Wunsch und meine Ueberzeugung auszu drücken, daß sie in der Wahl des Gemahls glücklich gewesen. Ich habe den Grafen Ludwig Batthyanyi im vergangenen Jahre hier kennen gelernt und ihm mit den Meinigen ein gutes Andenken bewahrt. In freundschaftlicher Verehrung der Ihrige — v. Bismarck. Ungarn. In der Tisza Eszlarer Affaire wird die Untersuchung energisch fortsetzt. Der gewesene Schächter und gegenwärtige Rabbinerstellvertreter Salomon Rosenberg, ebenderselbe, den man gleich anfangs des Mordes der Esther Solymossy be schuldigte, wurde in Folge höchst gravirender Um stände verhaftet. Er soll der Urheber der Mystifi- cation mit der falschen Leiche sein.