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. . .... 14. Jahrgang Sonnabenä, äen 12. kpril 191S Nr. 85 Mer Tageblatt UM -lnzeiger für -as Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: /wer Sonntagsbla«. /r«",r Vn» sü'gad^'ü'n," f»w'! Gpttchsiun-e -rr Neüaktion mlt Nuenahme -«» Sonntag, nachmittag, 4—s Uhr. — T«l,gramm.n-r,ss*, Lag,blatt ftu«*rzg«blrg». tzwuspttchw sr. N NNA 7cn °!n/gÄ" )0r unverlangt »lngrsanüt, Manuskript« kann Sewühr nicht g'l.ig.t werden. . w°°uWmK»,MMä»L^ Mengen» nicht Preise! P. L. F. Mt Recht wird immer wieder darauf Hin. gewiesen, daß all« Lohn- und Gehaltsordnungen -ine Schraube ohne Ende darstellen. Daß einer Hinauf« sehung der Löhne ein Hinaufklettern der NahrungSmtt- tel, und Bedarfsartikelpreis« folgt, das sogar ost Höher' als die Lohnsteigerung ist, sodaß der Zustand sich im mer mehr verschärft und manche sogar meinen, «S wäre besser gewesen, die Lohnforderungen abzulehnen, um das Preisniveau zu halten. Dabei aber ist diese LoHn- und Preisfrage nicht wie in normalen Zeiten nur von wirtschaftlicher, sondern heute von gewaltiger, la fast alleinbestimmender hochpolitischer Bedeutung. Tie Streik parolen und Forderungen beweisen etz, daß die Spartako-Kommunisten lügen, wenn.sie von politischen Streiks reden. Die politischen Forderungen: Näteshstem, Sozialisierung und zum Teil sogar Sturz der Negierung sind nur Anhängsel, Zugeständnisse an die Streikschllrer — der eigentliche Streikgrund sind Lebensmittelfragen. Tie Arbeiter hoffen, die Löhn« so Hoch steigern zu dünnen, daß sie die Schletchwaren be zahlen können, ohne zu bedenken, daß der Korb mit» Schleichwaren, der scheinbar greifbar vor ihnen hängt» in die Höhe fliegt^, sobald sie in die andere Wagschjabo ihren höheren Lohn werfen. Woran liegt das? Nicht gn der Tücke der Schleich- Händler, sondern am Mangel der Warenmengen. Bet offenen Grenzen würde die Lohnsteigerung einen ge waltigen Zustrom ausländischer Waren und damit ein Sinken der Preis« zur Folg« haben. (SS kann also Fälle geben, wo da» ehern« PretS-Lohngesetz durch, brachen wird.) Heute aber bleibt di« Warenmenge die gleiche, es wird nur die Zahl der Kauffähigen vermehrt mnd damit die Nachfrage verzehnfacht. Die verzehn fachte Nachfrage muh aber die Preise in» Angemessene, ins phantastische steigern. GS gibt nur Äne Möglich keit, aus dieser Raserei herauszukommen,, e» müssen gewaltige Mengen hereingeschafft und auf dm Karst' geworfen werden. E» müssen alle Möglichkeiten, und die besitzt der Privathandel und PrivatlVedtt in höhe rem Matze al» der Staat, ausgenützt werden, um au» dem neutralen Ausland« Lebensmittel zu beschaffen. Natürlich wird auch da da» Steigen der Preise eine Zeitlang anhalten, aber in viel langsamerem Zeitmaß, und sobald der erste Bedarf gedeckt, der erste Heißhun ger gestillt ist, würden die Preis« langsam zu sinken beginnen. Da» Miß schon pLShalb eintretm, weil di« Zeit des Importes ab Mitte Juni mit der Zett zusam menfällt, wo die ersten Frühgemüs« di« Nahrungsmittel vermehren. Die Produktion steigt während de» Som mer» und zur Erntezeit mühte dev Stillstand, la ha» Abflauen der Preise zu erzielen sein. Dazu bedarf es freilich! einer starken Entschlüße sähigkett der Negierung. Die Sozialdemokratie mit ihrem Kleben an parteipolitischen Rücksichten, die sie dis Zwangsorganisationen aufrechterhalten läßt, vermag diese Entschlußkraft nicht aus^ubringen. Dieser Bor- Wurf ist sehr schwer! Er besagt nicht» anders, al» daß die Soztalvemokratie e» trotz besten Willen» noch! nicht fertig gebracht hat, «in« Volk-Partei zu sein. Et« stellt Parteiprogramme immer noch — wie weiland di« Konservativen — Übe« da» Volk-Wohl und läßt den weiten Blick, dev in solchen Zeiten alles ist, vermissen? Diese Befangenheit kann ihr den Hal» brechen, wenn Das Neueste vom Tage. NeichSminister per Finanzen Schiffer Kat sein Rücktrittsgesuch eingereicht. , l » Die Einführung der Sommerzeit auch in diesem Jahre ist gestern von der Nationalversammlung abgelehnt worden. » In München ist nach einer Meldung der Deut schen Allgemeinen Zeitung die Räterepublik ge stern mit Waffengewalt gestürzt worden. * Wie der Vorwärts aus Eisenbähnerkveisen erfährt, sei eine Streikdrohung der Regierung nicht übermittelt worden, und von feiten der Organisa tion bestehe eine Ttretkgesahr nicht. , * Die assoziierten Negierungen haben Holland gestattet, einige Mengen Lebensrnittel nach d«m unbesetzten Gebiet Deutschland» auszuführen. Englischen Blättern zufolge ist die Vorhut der englischen Entsatztruppen für Nordrutz- land am Mittwoch au» London ab gereist. Üe sich nicht bald aufrafst. Denn heut« wie nie gilt der Satz: Das VolkSwoHl steht über den Parteipro-' gra mmen. Rücktritt äes Reichsfinanzministers Reichsminister dev Finanz«» Schiffer Hat fei« RücktrittSgefuch eingereicht. Wie man sich trzählt, sott dieses Gesuch bereit» vor einige« Lage« geschrieben ge west« sei«, dach erscheint e« dann immerhin mortwüir- Psg, daß der Minister sein» große StatSrede gehalten hat. Schiffer weilte am Donnerstag i« Berlin, und wir haben Grund zu glauben, daß er dort allerhand Dinge erfahre« hat, die ihm e» nicht mehr möglich, er scheinen ließen, die Berantwortung für sein Ressort weiter zu tragen. Die finanzielle Lage de» Reiche» Hat sich ganz außerordentlich schwie rig gestaltet. Rur unter der Voraussetzung, daß die Gittererzeugung auf da» höchstmögliche Maß gebracht wird, kann eine Konsolidierung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse in absehbarer Zeit erwartet melden. Augen blicklich sind wir ja nicht einmal mehr tu der Lage, unsere Lebensmittel im Auslände bezahlen zu können. Auch der Goldbestand de» Reiche» soll eine erheblich größere Verminderung erfahren haben, al» allgemein bekannt ist. Schiffer hat anschei nend nicht die Ncberzengung, daß dis RerchSregirrung mit ihren Sozialisierungsmaßnahmen und dem Ent schluß zur Verankerung de» ReichKarbeitSrate» in der Verfassung eine« Weg beschritten hat, der au» dem wirtschaftlichen Chaos zu gesicherten Zuständen zurück« führt. Da» Kabinett berät zur Stunde «och im Veistiu de» Finanzministers. Man hofft, ihn von seinem Rücktritt zurückhalten z« können. Wir glauben, daß dstse Versuche keinen Erfolg mehr haben können. Ter Rücktritt Schiffer» wird für die Koalitionsregierung keine unmittelbare Gefahr mit sich! bringen. ES ist an- zunehmen, daß der gegenwärtige Reichsschatzminister Gotheinden frei gewordenen Poste« übernehmen wird und Paß für den Posten eine» Reichstschatzministers ein anderer Demokrat Antreten wird. Vom allgemeinen Gesichtspunkte aus beleuchtet müßte man es bedauern, wenn der tzinanzmTnister auf seinem Rücktrittsgesuch beharrt. Nicht mit Unrecht wird auch in den Kreisen der Opposition darauf hinge wiesen, daß Schiffer der einzige Mann im Kabinett ist, der über die nötige Sachkunde verfügt, die gerade fürl da» Amt des Finanzmintsters erwünscht sein muß. Drei Regierungen in Bagern. Die ungezählten der in Bamberg sitzenden recht- mäßigen Regierung zugehenden VertrauenSkund- ge bungsn au» dem ganzen Lande haben das Kabi nett in der Ansicht bestärkt, daß baldigst «ine Klärung der Lag« in Bayern Antreten müsse. Mr Landtag soll, Wie wir bereit» meldeten, in der alten bayrischen Bt- schofS-stadt zusammentreten. Der Aeltesten.Ausschuß hat seine Uebersiedlung angekündigt, und zahlreiche Abge ordnete sind in dem neuen Tagungsort etngetroffen. In München soll inzwischen ein« dritte Regierung an» Ruder gekommen sein, wovon wir gestern ebenfalls telegraphisch schon Mitteilung machten. Tie auf in direktem Weg« — München ist zurzeit noch von jedem Fernsprechverkehr abgeschnitten — hierher gelangten Meldungen klingen nicht ganz untdahrscheinlich. Ferner wird heute berichtet über ein« Einigung zwischen Kommunisten und Zentvalrat ft» MituchM. Di« darüber vorliegende Meldung vom 11. April lautet r Die Eintgnng des Zeutralvate» mit den Kommunist«« ist in dev heutigen pttttag»t> stund« zustande gekommen. Die gemäßigten Ele mente behielten gegen di« Führer vom Schlage de» Dr. Levien und de» Berliner russischen Kommunisten- sichrer» vrwine da» Ne bergewt cht. Die Kom munisten erklärte« sich bereit, mit beratende« Stimm« in de« Zentralrat etnzutreten. Eharaltcrästisch für di« ganz« hetllo» verworrene Situation der letzten 24 Stunde« ist, daß da» führend« Mitglied de» gen- tralrate» Doller gestern von do« Kommunisten ver haftet wurd», «m am Rachmittag wieder fretgelasse« zu werden. Danach haben di» Kommunisten,poch nicht den Zen tralrat gestürzt, wie die» Berliner Plätter hüon aus führlich zu melden wußten, weit»» kömmt hont« di« Nachricht von einem neuen Anschlag auf Minister! Auer. Unterm 11. April wird darüb«« aus München in direkt gedrahtet: Am Nachmittag erschien vor dev Chirurgische« Klinik in der Nutzbanmstvaße ein Automobil mit Bewaffnete», nm dort de« schwer verwuu» dete« frühere« Minister Auer yemnäzuh-l««. Die Wache« widersetzte« sich und telephonierte« «m militärischen Beistand, so dqß die Eindringling« ent waffnet und verhaftet werde« konnte«. Dem ver nehme« nach« wollten sie auch de« ft» der gleiche« Klinik schwer verwundet liegenden Grafe« Ave», der: Mörder Eisners, herauSholen. Von den Übrigen heut« noch, vorliegenden, sich Vst widersprechenden Nachrichten au» Bayern lassen wir noch die nachstehenden folgen» Der Verband verlangt Regierungs» Maßnahme« gegen Bayern. Die rvrovningpost meldet aus Pari», die Alliierte« verhandeln über die Deutschland aufzuerlegend«« Verpflichtungen, die aufgehoben« Gesetzmäßig- kett in Süddentschland wtederl<er»nsteH««, um die Borbedingunge« de« Frieden» zu scha»ien Md die russisch-bayrische BünduiSpolittk unmöglich zu »wa chen. Frankreich fordere die Sperrung der Zufuhren von Lebensmittel« «ach, dem! bolschewistische« Bayer». Sowjetbahern Witt sein» eigen« Geldwährnug. T«r Volksbeauftragt« für Finanz«» d«r Räterepublik Bayern hat an da» ReichSbankdtrektorium in Berlin folgende» Telegramm gerichtet: Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen der Räterepublik Bayern und der Reichsregierung stellt un» vor di« Frage, ob wir auch in bezug auf die Währung seid- ständig vorgehen sotten. Di« Uebertragung des diplo matischen Bruches aus da» Geldwesen würde den Wie deranschluß in beklagenswerter Weis« erschweren. Ich will mit durchgreifenden Mitteln di« Währung sanie ren. Ich verlasse die Wege der systemlosen Bargeld wirtschaft, gehe zur absoluten Währung über und bitte um Bekanntgabe Ihrer Stellungnahme. Dev VolkSbeauftragte der Räterepublik Bayern. Dvvstlose Lago t» München. Für die Bevölkerung München» ist der Zustand jetzt unerträglich. München ist von außen vollkommen abgeschlossen. Zn der ganzen Stadt gibt e» kei nen Tropfen Mich, und kein Stück Bich mehr. Much die KohlenvorrÜte gehen zu End«, so daß An- Teil der Betrieb« nicht mehr arbeiten kann. Der draht liche Berkehr nach München ist gesperrt, dagegen Wust der Personenverkehr aufrecht erhalten. Abfall von, dev Räterepublik. Nach den in Nürnberg vorliegenden Meldungen be ginnt di« Anhängerschaft der Räterepublik aus dem Lande stark zusammenzuschmelzen. „In Ansbach, Ingolstadt, Crailsheim (Bezirk Offenheim-, Wasserfrühdingen, Weide n und der gesam ten Oberpfalz hat man die Zustimmung zur Räte republik zurückgezogen und sich zur Regierung Hoff mann bekannt. Das wahre polnische Gesicht. In Posen Ist Vie Erbitterung der Pols« über die Ntchtlanduna der Haller.Arm« in Danzig aufs äußerste gestiegen. Ta» zeigt sich' In der Zunahme deutsch.seindlicher Handlungen. Las Erscheinen der Po sener Neuesten Nachrichten und de» Posen« Tageblat tes wurde wiederum verboten. ZM deutsch« Domherr Klinke wurde schwerer politischer verbrochen beschul digt und gefanaengesetzt. Me Büsten Kaiser Wilhelms, König Friedrich», Gneisenau» und Jahn» wurden vom Pöbel stückweise herabgeworfen und durch di« Straßen geschleift. Selbst gegen die Entente nimmt Der Bolksrat eine drohend« Haltung in seiner Pro klamation «in. Die Entente wisse, daß Polen sich «am zig nicht entreißen lass«, sonst wäre ein Widerstand ge gen di« Deutschen uns gegen dm Bolschepnstenansturm unmöglich. De« DraMport vor Hatterschm Armee. Für die Durchführung des Abkommen» von Wpg sind die «rfvrderltchen Transportmittel zu» Uevorführung de» polnischen Arme« Haller nach Polen durch Deutschland bisher von der preußischen Eisern bahnbehürde nicht im aan.zen Umfang» deyeiR gestellt. Di« AuMhriurg der verMchtung Hößt