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lhimburger Tageblatt Erscheint täglich mit U»«nahme ser Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- Icheinende Rammer bi« mittags 12 Uhr. Der AvonnementSpreiS beträgt vierteljähr lich 1 M». 8» Pf. Einzelne Nrn. b Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Tinges. 20 Pf- Expedition: Waldenburg, Obergafse 291 L. und M-enburger Anjeizer. Filialen: in Altstadtwaldcnburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kausunge« bei Herrn Fr. Janaschek; in LangenchurS- dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Frau Kaufmann Max Härtig, Leipzigerstr. 163; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Freitag de» 8. Mai 1896. Wttteruugsbericht, ausgenommen am 7. Mai, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 766 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. ThermometerstauL -s- 14" 6. (Morgens 8 Uhr -f- 11,s".) Feuchtigkeitsgehalt der Lust nach Lambrechts Polymeter 48"/». ThaupUllkt -s- 3,5 Grad. Windrichtung: Nord. Daher Witteruugsausfichten für den 8. Mai: Halb bis ganz heiter. ^Waldenburg, 7. Mai 1896. Die Magyaren begehen in diesem Jahre das tausend jährige Bestehen ihres Staates, der trotz aller Anfech tungen, die ihm vom Osten drohten, doch eine unver wüstliche Lebenskraft offenbart hat. Lange Zeit herrschte in der Hauptstadt Ofen ein türkischer Pascha, ehrgeizige Fürsten von Nachbarländern vereinigten die ungarische Krone mit der ihrigen, und mit der Selbständigkeit war auch der Name des Staates verschwunden. Aber immer wieder taucht das Magyarenthum aus der dunklen Tiefe empor, in welche es durch übergewaltige Ereignisse ge schleudert wurde, und ruhmvolle Helden gaben ihm Macht und Ehre wieder. Kühne Reiterschaaren brachen vor tausend Jahren in die weiten Steppen des heutigen Un garn ein und gründeten sich dort eine Heimat; die Nach kömmlinge dieser der europäischen Kultur fremden Reiter schaaren waren dann berufen, eine Mauer gegen den Islam zu werden, der von Asien her Europa ernstlich bedrohte, eine Mauer, die wohl überstiegen und zeit weise überfluthet, aber doch niemals ganz gebrochen wurde. Die Magyaren, wie sie sich selbst heute nennen, haben ein Recht, stolz zu sein auf ihre Vergangenheit und ihre Geschichte, und die Tausend-Jahr-Feicr wird darum mit einem hervorragenden Aufwand von Glanz und Pomp begangen. Kaiser Franz Joseph, der mit der Krone des heiligen Stephan gekrönte König von Ungarn, weilt selbst in der Hauptstadt Budapest, um durch seine Gegenwart die großartigen Festveranstaltungen verherrlichen zu helfen, und die deutsche Nation kann der ungarischen, die mit im Friedensbündniß vereint ist, nur einen ungestörten und frohen Verlauf ihrer nationalen Erinnerungsfeier von Herzen wünschen. Die Ungarn sind ein heißblütiges, tapferes, ost mehr wagendes, als wägendes Volk. Sie sind durch Sprache und Charakter den germanischen Volksstämmen fremder, als die romanischen Volksgruppen. Aber die Magyaren sind in ihrer großen Politik doch auch ein Schutzwall des Germanenthums gegen Slawen, wie Muhamedaner gewesen. In Ungarn lebt auch heute noch ein unbe zähmbarer Haß gegen Alles, was slawisch heißt, dieser Haß ist neu geweckt und neu gekräftigt durch die russische Intervention während der ungarischen Revolution von 1848/49. Die Magyaren haben darnach auch lange Zeit erbittert der habsburgischen Monarchie gegenüber gestanden, bis sich zum Ende der sechziger Jahre ver Ausgleich vollzog, welcher heute tiefe Wurzeln geschlagen hat. Die Ungarn waren auch von vornherein begeisterte Anhänger des Friedensbundes, begeistertere Anhänger, als manche Herren in Wien, die die Ereignisse von 1866 nicht zu vergessen vermochten; denn in dem Frie densbunde lag gerade auch für den magyarischen Staat eine Garantie für einen selbständigen, ungefährdeten Be stand, und auch vie übrigen Mächte des Friedensbundes mögen sich dieses starken und kräftigen Bundesmitgliedes freuen. Aber wo Helles Licht, ist auch Schatten. Den Magyaren ist ihr weitgehender Nationalstolz und ihre Leidenschaft lichkeit nicht immer zum Vortheil gediehen, und dies er kennt man besonders in der inneren Politik Ungarn's. Die Leidenschaftlichkeit der Magyaren hat einen überaus scharfen Gegensatz in den politischen Parteien hervor gerufen, der politische Kampf ist fast ausschließlich ein Machtkampf geworden, und die, welche die Macht in den Händen haben, sind Anwandlungen von Willkür nicht immer ganz unzugänglich. Früher sagte man unter Be zug auf solche Vorkommnisse mit manchem Recht, daß der Orient schon in Budapest beginne. Damit ist es heute so ziemlich vorbei, aber ein Schatten von orienta lischem Despotismus liegt doch noch über Manchem, was in Ungarn geschieht. Vor Allem zeigt sich das in der Behandlung der fremden Nationalitäten, welche die Länder der ungarischen Krone mitbewohnen. Die Angehörigen dieser fremden Nationalitäten sind zahlreicher, als die Magyaren in ihrer Gesammtheit, aber trotzdem haben die Regierungen in Budapest recht häßliche und sehr nach Zwang schmeckende Versuche unternommen, die Mitglie der anderer Nationalitäten zu Magyaren zu machen. Man ist hierbei nicht auf dem Rechtspfad geblieben, son dern man hat diesen recht bedenklich verlassen, die Deut schen in Ungarn, voran die siebenbürger Sachsen, wissen ein Lied davon zu singen. Das ist eine dunkle Stelle in der Geschichte des magyarischen Staates, und man kann nur wünschen, daß nach der Tausendjahr-Feier den Magyaren eine groß herzigere und verständnißvollere Auffassung von den Rechten und Pflichten einer herrschenden und leitenden Nation zu Theil wird. Unter den Programmnummern der Feier steht auch die Errichtung von weiteren Volks schulen, gewiß eine der Anerkennung würdige Thatsache. Aber jhierüber darf nicht vergeßen werden, daß die Magyaren Hunderte von Schulen unterdrückten, die nicht ihrem Stamme angehörten. Man soll in Budapest nie vergeßen: Eine Geschichte von tausend Jahren verdient gewiß eine Feier, aber eine Geschichte von tausend Jahren legt auch Pflichten und Rechtsachtung auf. Gerade die deutsche Nation würde Erfolge in dieser Beziehung als die schönste und würdigste Feier des tausendjährigen Be stehens des ungarischen Staates freudig begrüßen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser übernachtete am Dienstag im Berliner Schloße. Mittwoch früh hörte der Kaiser den Vortrag des Chefs des Civilkabinets v. Lucanus, empfing den Oberpräsidenten von Posen v. Wilamowitz und fuhr darauf zur Besichtigung des Augusta- und des Elisabeth- regiments nach Spandau. Nach einem Frühstück im Kreise des Offiziercorps kehrte Se. Majestät nach Berlin zurück, wo er der Generalprobe der Oper „Fra Fran cesco" im kgl. Opernhause beiwohnte. Später erfolgte die Heimkehr des Kaisers nach Wildpark bezw. dem Neuen Palais. Das Kaiserpaar wird am Sonnabend Vormittag 11'/r Uhr auf der Haltestelle Strehlen zum Besuch der Dresdener Gartenbauausstellung eintreffen und am selben Abend nach Frankfurt a. M. Weiterreisen zur Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Denkmals. Die Gcschäftsordnungscommission hat das Mandat des Abg. Köhler (1. Hessen, Antis.), welchem eine Postagentur übertragen worden ist, für erloschen er klärt. Gegen den Entwurf von Vorschriften für die Ein richtung und den Betrieb von Buchdruckereien und Schriftgießereien richtete der deutsche Buchdrucker verein an den Bundesrath eine Eingabe, in der unter eingehender Begründung eine Reihe von Bestimmungen des Entwurfs verworfen und dafür neue, zweckmäßigere Grundsätze in Vorschlag gebracht werden. Zum Admiral befördert worden ist der Staatssek retär des Reichsmarineamts, Viceadmiral Hollmann. Die Agitation für den 8 Uhr-Ladenschluß wird, das ist heute schon ganz sicher vorauszusagen, mit einem glänzenden Fiasco endigen. In Berlin sind die betref fenden Agitationsverhandlungen geradezu kläglich ver lausen. In Hamburg nahm der Senat den aus der Bürgerschaft hervorgegangenen Antrag einstimmig an, den Senat zu ersuchen, im Bundesrath gegen den 8 Uhr-Ladenschluß zu wirken. Der Hosprediger a. D. Stöcker ist mit mehreren anderen Mitgliedern aus dem evangelisch-socialen Con- greß ausgeschieden. Seine Thätigkeit für die christlich sociale Sache wird dadurch nicht berührt. In Bezug aus die vierten Bataillone erfährt der „Hann. Cour.", daß die bevorstehende Vorlage 86 Voll- bataillonc und 45 Regimenter in Aussicht nimmt. Das 9. Halbbataillon des Gardecorps wird nicht zusammen gelegt, sondern in seinem Bestände vertheilt. Die Corps zu 2 Divisionen erhalten je 1 Brigade zu 2 Regimen tern zu 2 Bataillonen; die Corps zu 3 Divisionen je eine 7. Brigade zu 3 Regimentern. Total ergeben sich also 20 Brigaden als Stämme für Reservedivisionen. Mehrausgaben entstehen für 20 neue Brigadecomman- deure und 43 Reginyrntscommandeure. Erspart werden dagegen die Gehälter von 87 Bataillonscommandeuren und 24 Adjutanten. Die Vorlage betr. Umformung der vierten Batail lone wird dem Reichstage noch in dieser Woche zugehen. Der Bundesrath hat die Vorlage bereits den zuständigen Ausschüßen überwiesen, es erfolgt alsdann die Beschluß fassung des Bundesraths; am Freitag schon dürste die Vorlage dem Reichstage zugestellt werden, so daß die Entscheidung bis Pfingsten wohl erfolgen kann. Noch immer erhält sich das Gerücht, der Handels minister Frhr. v. Berlepsch hätte thatsächlich ein De- missionsgesuch eingereicht gehabt; daßelbe sei jedoch nur bis zum Reichskanzler Fürsten Hohenlohe gelangt, der dann sofort eine Sitzung des StaatsministeriumS berief, die am Sonntag von 2—6 Uhr stattfand und in der Frhr. v. Berlepsch veranlaßt worden sei, sein Gesuch zurückzunehmen. Auch in dieser Form ist die Meldung von einem erfolgten Entlaßungsgesuch des Handelsministers unbegründet. Die Frage der Gebietsabtretung Chinas an Deutschland zu einer deutschen Niederlassung ist, wie aus Tientsin gemeldet wird, nunmehr gütlich geregelt, nachdem Amerika auf gewiße Rechte verzichtet hat. Der deutsche Flächenraum übersteigt den der englischen und französischen Concessionen zusammengenommen. Den Chinesen wird gestattet, innerhalb der Grenzen der deut schen Concession zu wohnen. Die Zuckersteuercommission des Reichstags hat ihren Bericht noch nicht fertig gestellt, doch hofft man, daß die Arbeit so gefördert werden wird, daß bis zur zweiten Lesung im Plenum, die wahrscheinlich nächsten Montag beginnen wird, auch eine Verständigung über die Einführung einer mäßigen Betriebssteuer erzielt sein wird. Um die Lehrerbesoldungsfrage in Preußen zu fördern, ist von den sreiconservativen Abgg. v. Tzschoppe und Frhr. v. Zedlitz mit Unterstützung der überwiegenden Mehrzahl der Mitglieder der sreiconservativen Partei folgende Interpellation eingebracht worden: Was ge denkt die Staatsregierung zu thun, um nach der Ab lehnung des Lehrerbesoldungsgesetzes durch das Herren haus den beabsichtigten Ausbau des Alterszulagesystems zu Gunsten der Lehrer sobald als möglich herbeizusühren und die Mißstände zu beseitigen, die sich aus dem Man gel einer gesetzlichen Neuregelung der Lehrergchälter er geben?