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Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. ( DIk. 30 Pf., durch die Post bezogen ( Nk. 35 Pf. Einzelne Nummern f0 Pf. WmM, Dofe», MenW und die UnWendtü. Imtsölutt Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags (2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Eorpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt No. 104. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. Dienstag, den 3. September 18SS. Sedan. Herrliche Siege hatte der August des Jahres 1870 unseren Fahnen gebracht; große Waffenthaten, die die Welt in Erstaunen setzten, waren Schlag auf Schlag gefolgt, und doch — als die Botschaft kam: „Napoleon gefangen und mit ihm sein ganzes Heer!" da hatten wir Mühe, es zu glauben! Welch eine Wendung durch Gottes Fügung! „Nun wirf hinweg den Wittwenschleier, Nun gürte dich zur Hochzeitsfeier, O Deutschland, hohe Siegerin! Die du mit Klagen und Entsagen Durch vierundsechszig Jahr getragen, Die Zeit der Trauer ist dahin!" Ja sie war dahin sür immer, hinweggewischt von „Der großen, gottgesandten Stunde, Da deines Haders alte Wunde Die heil'ge Noth auf ewig schloß." Wer jene große Zeit mit durchlebt hat, der vergißt sie nimmer, und er müßte nicht ein deutsches Herz im Busen tragen, wenn er nicht die heilige Flamme der Erimurung daran als ein köstliches Erbtheil weiter geben wollte an Kind und Kindes- kind. Wie wird doch jetzt nach fünfundzwanzig schnell verrauschten Jahren die Erinnerung an jene heldenhafte Zeit wieder so lebendig bei uns! Wie kehrt doch mit ihr die alte Sieges freude wieder. Ein billiges Vergnügen, sie uns zu benörgeln und zu schmälern; man lasse den feigen, vaterlandslosen, aller Ideale baaren Herzen gerne dies Vergnügen, uns ficht's nicht an. Wir feiern darum nicht weniger freudig die Thaten unserer Brüder, die uns mit ihrem Blute Elsaß und Lothringen zurück- gswonnen und ein deutsches Kaiserreich gegründet Haden. Wir feiern ihre Thaten nicht im wildem Siegeöübermuthe, nicht im Verlangen nach neuen Kriegen, nicht aus kindlicher Angst, als könnten sie in Vergessenheit gerathen und was der albernen Unterstellungen mehr sind. „Nichtswürdig ist die Nation, die nicht ihr Alles freudig setzt an ihre Ehre." Unsere Helden von 1870 und 1871, ihre Thaten, vor allen anderen ein Sedan, das der eigentliche Grundstein zum deutschen Kaiserreich war, sie gehören auch zu unserer Nationalehre, und den Schild dieser Ehre blank zu halten und ihn als Panier aufzupflanzen vor aller Welt, das soll uns kein Teufel wehren. Dabei sind wir jedoch weit entfernt von Freudenrausch und Siegesübermuth. Wir sind uns vielmehr wohl bewußt, daß -ine große Vergangenheit der Gegenwart große Ver pflichtungen auferlegt. Und wenn wir heute zurückblicken auf oie Tage von Sedan und damit unsere Zeit vergleichen, si müssen wir uns schämen. Das Reich, das unsere Helden nach außen so herrlich aufgebaut haben, nach innen haben wir es auözu- bauen nicht verstanden. „Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht," das ist bisher das Focit gewesen. Es hat Jemand den Vorschlag gemacht, daß jeder Deutsche in dieser Zeit den Hut ziehen sollte vor den Siegestrophäen von 1870 und 1871. Wir wüßten doch noch eine bessere, daß wäre die, daß feder Deutsche in dieser Zeit die Kniee beugen lernte vor seinem Gott und sich seiner Verpflichtungen gegen sein Vaterland voll bewußt würde und sich ernster nähme als bisher. Das schöne Wort des Fürsten Bismarck: „Wir Deutschen fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt," steht bis jetzt nur auf dem Papier; es in die deutschen Herzen schreiben, das heißt: wahrhaft Sedan feiern! Ans Deutschlands großer Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71. Von Eugen Rahden. (Nachdruck verboten.) 16. Die Sedan-Schlacht. (Fortsetzung.) Das Schicksal der Armee Napoleons war zur Stunde so gut wie besiegelt und es galt für die Franzosen, nur noch die Ehre zu retten. Die Deutschen zogen den Kreis immer enger. Sie rückten jetzt auch südlich von Floing auf den Höhen vor und infolgedessen schoben sich auch die Eroberer von Floing weiter vor, was bei der hartnäckigen Tapferkeit der gegenüber- st.henden französischen Truppen nicht ohne Verluste abginq Als die Widerstandskraft der französischen Infanterie zu er lahmen begann, warf sich noch einmal die französische Reiterei opferwillig in den Kampf. Mit sieben leichten Regimentern und einigen Schwadronen Kürassieren stürzte sich General Marguerite auf die deutsche Infanterie. Er ward tödtlich ver ¬ wundet und wieder übernahm General Gallifet die Führung. Das Schicksal der tollkühnen, tapferen Reiter war furchtbar. Das vernichtende Feuer der 46er und 5. Jäger versprengte sie total und vernichtete sie zum großen Theil. Fast alle erlagen dem Feuer der deutschen Infanterie, welche sie Lheils zurück jagte, theils unschädlich machte; viele fanden in den Stein brüchen von Gautier, in welche sie hinabstürzten, ihr Grab. Die ganze Höhe war in der nächsten Stunde mit dahin sprengenden, gefallenen oder verwundeten Reitern und Pferden bedeckt. Dir Generale Girard und Tilliard waren gefallen. Die Regimenter hatten die Hälfte ihrer Bestände verloren, während die deutschen Truppen nur geringe Verluste erlitten. Die französische Reiterei aber hat sich in diesem kühnen, opfer willigen Angriffe mit unvergänglichem Ruhm bedeckt. Der Angriff hatte auf den Fortgang der Schlacht keinen wesentlichen Einfluß. Die deutschen Truppen gingen weiter zwischen Floing und Jlly und auf Fazal, das Centrum der französischen Stellung vor, ja sogar nach Süden zu gegen Sedan hin, errangen die Deutschen Vortheil, so daß die Fran zosen selbst ihren Rückzug nach Sedan bedroht sahen. Alle Durchbrüche der Franzosen im Norden waren zurückgewiesen worden, dagegen war der Ansturm der Deutschen so heftig ge worden, baß sich die feindlichen Truppen immer mehr auf das DorfCazal und das Garennegehölz zurückzogen, welches letztere sich immer mehr füllte. Schließlich nahmen die Deutschen auch das heftig vertheidigte Dorf Cazal und machten dabei 300 Gefangene. Hiermit kamen die Deutschen auch auf dieser Seite (Südwesten) in die nächste Nähe der Festungswerke. General v. Wimpffen hatte nun die Ueberzeugung erlangt, daß im Norden kein Durchbruch mehr möglich sei, wohl aber hoffte er noch immer, sich einen Weg nach Osten, nach Carignan hin, zu bahnen. Der General forderte alle disponiblen Theile der' verschiedenen Korps auf, sich an dem Durchbruch zu be- theiliqen und den Kaiser bat er, sich an die Spitze der Truppen zu stellen und die Truppen durch seine persönliche Anwesenheit mit fortzureißen. Doch die bald nach 1 Uhr ausgegebenen Be fehle kamen zum größten Theil gar nicht an den Ort ihrer Bestimmung, theils waren die Truppen zu erschöpft, um noch außerordentliches zu vollbringen, endlich aber war bereits allge meine Demoralisation eingerissen. Auch der Kaiser ließ später antworten daß er einen Ausbruch in letzter Stunde für un- nöthiq und die Bewegung für nutzlos halte Dennoch machte ein Theil der französischen Armee um 2 Uhr einen Vorstoß auf Balan und das Givonnethal; der Kampf fand hauptsächlich zwischen Daigny, Haybers und Fond de Givonne statt, endete aber mst dem Rückzüge der Franzosen. Um 3 Uhr Nachmittags standen auf dem Höhenrücken ringsum Sedan 21 deutsche Batterien und das von Jlly herüberschallende Gewehr- und Geschützfeuer zeigte dem Kronprinzen von Sachsen, daß die Auf gabe auch im Norden gelöst sei. Der eiserne Ring hatte sich um das französische Heer vollständig geschlossen. In dem Walde von Garenne, die Mitte innerhalb der französischen Stellung zu Beginn der Schlacht, hatten sich die noch übrigen Theile der französischen Armee zusammengefunden. Es herrschte hier eine heillose Verwirrung, wie nicht anders in dem engen Kreise zu erwarten; denn ringsum richtete sich ein mächtiges Geschützfeuer auf den Wald und Mauern von Bajo netten verwehrten den Eingeschlossenen jeden Durchgang. Um 3 Uhr wurde behufs Herbeiführung einer raschen Entscheidung von den Deutschen der Angriff auf den Garennewald unter nommen. Die Franzosen wurden überall zurückgetrieben, Ge fangene zu Tausenden gemacht und viele Geschütze erobert, alles dies inmitten eines prasselnden Kugelregens, welcher es da und dort den bereits eingebrach*en Gefangenen möglich machte, sich wieder zu befreien, ja die Waffen wieder aufzunehmen und auf ^e Deutschen zn feuern. Bei der Einnahme des brennenden Gehöftes Guerimont wurden Gefangene gemacht, die beim nächsten Vorstoß ihrer Landsleute wieder die Waffen ergriffen und dann wieder entwaffnet wurden. Der Garde-Füsilier Gold acker holte sich mitten aus einem Haufen von Feinden einen französischen Adler. Die Flüchtlinge, die in Hellen Schaaren gen Sedan stürzten, wurden verfolgt und viele Gefangene ge macht. Erst um 5 Uhr aber waren dk Kämpfe um den Wald und in demselben beendet. Auf Anordnung des Generals von Wimpffen hatten die Franzosen sich in der Festung Sedan nochmals gesammelt und nach Süden zu gegen Balan einen ganz energischen letzten Durchbruchsversuch gemacht. Die Franzosen eroberten Haus um Haus, wobei die noch versteckt gewesenen Mannschaften und die Einwohner sich lebhaft am Kampfe betheiligten und die Bayern in arge Bedrängniß brachten. Jndeß konnte Wimpffen mit den wenigen tausend Mann, die er zusammengerafft, nicht mehr viel erreichen. DK deutsche Artillerie begann das Dorf wirksam zu beschießen und die Bayern und Sachsen stellten sich dem Durchbruchsversuch energisch entgegen. Unter dem mörderischen Granatfeuer von 19 Batterien sah Wimpffen seine Truppen zusammenschmelzen; trotz des unleugbaren Erfolges, den das Häuflein Franzosen noch im letzten Augenblick errungm, schwand für Wimpffen jede Hoffnung. Im Begriff, auf Zazeilles loszustürmen, sah er nu r noch 600 Mann, Offiziere und Soldaten, hinter sich; die anderen waren zerstreut in den Häusern und Gärten, oder todt und verwundet. Als Wimpffen nun die wiederholte Aufforderung des Kaisers erhielt, in Unter handlungen mit dem Feinde einzutreten, da gab auch er Alles verloren. Mitten in Balan, im dichtesten Hagel der Geschosse haltend, gab er endlich nach 5 Uhr seinen Truppen den Befehl zum Rückzug. Die bayrische Infanterie und die Preußen nahmen nun Balan wieder und kamen so nahe an Sedan heran, daß sie die Franzosen auf Glacis und Wällen beschossen. Jetzt erschien die weiße Flagge auf den Wällen, aber trotzdem wurden von den Franzosen gegen Daigny und bei la Garenne noch neue Vorstöße gemacht, die energisch abgewiesen werden mußten. Eine Kürassier-Schwadron unter Major d'Alincourt machte noch gegen Abend einen verzweifelten Versuch im Süd wester! durch den Ring hindurchzusprcngen; doch der tapfere Führer und die meisten seiner Reiter erlagen dem Feuer der deutschen Infanterie bei Cazal. Die Franzosen waren Mann für Mann rettungslos ver loren. Von seinem Standorte bei Frenois konnte König Wil helm alles übersehen und es lag ihm nun daran, dem weiteren zwecklosen Blutvergießen Einhalt zu thun. Um dem Feinde die Hoffnungslosigkeit seiner Lage klar vor Augen zu führen, ließ er württembergische Batterien auf Sedan feuern. Bald brannte die Stadt an mehreren Stellen, die Geschosse schlugen in die dichtgedrängte Masse der Flüchtigen in den Straßen von Sedan. Dort entstand eine entsetzliche Verwirrung. Im Thor erdrückten sich Soldaten unter einander, indem sie sich abmühten, in die Stadt hinein zu gelangen. Von den Wällen herab setzten Kürassiere zu Pferd mit Gepäck in den Festungsgraben, wobei die Pferde Beine und Rippen brachen. Soldaten kletterten über einander weg. Offiziere aller Grade, Obersten und Generäle, befanden sich in dem Getümmel. Kanonen mit ihren schweren Lasten und starken Pferden bahnten sich in das Ge dränge hinein einen Weg, verstümmelten und zermalmten die Flüchtlinge zu Fuß. Ueberall lagen Todte umher, Bürger und Soldaten M grausamen Gemisch. Eben wollten die Bayern die Vorstadt Torcy erstürmen, als die weiße Flaaae erschien hüt' Oberst um Einstellung der Feindseligsten Batten F""d zusammengerückten deutschen Batterien sowie die Geschütze der Franzosen stellten ihr Feuer ' 17-Schlacht war zu Ende und das Schicksal der französischen Armee besiegelt. . . Deutschen verloren in der Schlacht bei Sedan 465 Offiziere und 8459 Mann; unter den Gefallenen befanden sich viele höhere Offiziere und General von Gersdorff. Die Franzosen verloren in der Schlacht 38,000 Mann, darunter 21,000 Mann gefangen, 50 Geschütze, 5 Fahnen, 1 Adler, außerdem 3000 Mann, welche auf belgisches Gebiet übergetreten waren und dort entwaffnet wurden. Nach der Kapitulation, die nun folgte, existirte von den ganzen kaiserlichen Armeen außer der in Metz eingeschlossenen Armee Bazaine's vorläufig nur das bei Mezieres zusammenge- zogene 13. Korps Vinoy. Dieses, von Paris her dem Marschall Mac Mahon zu Hilfe gesandt, fand die Zugänge von Westen her zu wohl gehütet, um noch am Kampfe theilzunehmen. Es entging so glücklich dem Schicksal, in die Niederlage mit ver wickelt zu werden. General Vinoy rückte nach der Kunde von Sedan nach Paris ab. Das Generalstabswerk (Auszug) sagt über die Bedeutung der Schlacht: Der Anmarsch zur Schlacht bei Sedan war ein strategisches Meisterwerk, geplant und ausgeführt zur vollsten Ausnutzung eines etwaigen Sieges, nämlich zur Vernichtung der feindlichen Armee. Vorbedingung war die ausgezeichnete Führung der Kavallerie-Korps, welche auf den Märschen in Wahrheit das Auge der Armee gebildet hatten. Bei der Durchführung der Schlacht bei Sedan zeigte sich die Wichtigkeit großer Artillerie aufstellungen zur Vorbereitung des Erfolges. Der einheitliche Plan wurde durch einen großartigen Erfolg gekrönt. Nach der Schlacht bei Sedan war der Kieg mit dem Kaiserreiche beendet. 17. Die Kapitulation von Frenois. (2. September.) Kaiser Napoleon, der sich am Vormittag im Kampfe stark dem feindlichen Feuer ausgesetzt hatte, dann m Sedan auf dem