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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.03.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110316029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911031602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911031602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-16
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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Anzeigen-Preis tOn Ich»reI> an» recpvg uuo ilmgedun, die Sgelpaltene iü mou breite PeritzeU» L> di» 74 nun breite Steklamezeil« l »WI ««wärt« Ä) Sieklamen t.20 Icheratr »an Bebdrben >« amrilchen Lc di« 74 nun breite Verinelle 4» Gchchtlt«anzeigen mit B atzvorschristen und « der Lveiidaulgud« iu> Hreile «rhum. Aadail nach Lar:,. Beilagegedüdr l> ^g p. Lautend exll. Postgevühr. ,7eOert«ilch «uitrtge kLnneu nicht »urück- gezogen werden, Air da« ^rtcherneu an depunmten Lagen nab Plätzen wird kein« Garantie «vernommen. Lnzeigen-Annahme: Luguftulplatz 8. do timklichen Ailialen u. allen Ännoiicen- itzpebittoarn de« In» und «lullautet. Redaktion und Geschäftsstelle: Iohannikgasj« «. Ferntprecher: I4VUL 1468«, 146l>t Hanpt-Ätltale Dresden: Leeslrai»e 4.1 (Leiepdou 462l). Nr. 75. vonnersmg, üen lö. 8ISr; lSI I. 105. Ishrgsng. Die verksllmlgskommiMon lür üie Reichslsnüe. Zu der Dienstags-Sitzung der Kommission für die Dorberatung der elsaß-lothringischen Verfassungsent- würfe lagen, wie bereits kurz berichtet, sowohl seitens des Zentrums als der Fortschrittlichen Vottspattei und der Nationalliberalen Anträge vor, die eine Aenderung der Reichsoerfassung und eine anderweite Gestaltung des Gesetzes über die Verfassung Elsaß-Lothringens vorschlugen; im wesent lichen nach der durch die Erklärung der verbündeten Regierungen vom 9. März d. I. gegebenen An regung. Die Anträge unterscheiden sich nur durch die verschiedenartige Anordnung, nach der in dem einen Falle die Bestimmung über die Reichsverfassung vor-, im anderen Falle nachgehen sollte. Der Antrag des Zentrums wies die hauptsächlichsten Abänderungen gegenüber der Erklärung der Regierung auf, indem er die Bestimmungen als Absatz 2 in die Reichsverfassung ausgenommen wissen wollte, während die Regierung uud auch die beiden anderen Anträge die Einschaltung eines besonderen neuen Paragraphen in die Reichs verfassung wütrschten. Der Antrag sprach ferner aus drücklich aus, daß künftig LieZahlderStimmen im Bundesrat 61 betragen sollte, und er fügte außerdem in 8 1 der Verfassung für Elsaß-Lothringen, wonach die Staatsgewalt vom Kaiser aus geübt wird, die Worte ein: »im Namen des Reichest Seitens eines Vertreters der Reichspartei wurde die Genugtuung darüber ausgesprochen, daß durch die Erklärung der Regierung ein Boden gefunden worden sei, auf dem ein« gemeinsame Arbeit sich er mögliche, Laß aber die Reichspartei nach verschiedenen Richtungen hin noch Beruhigung wünsche und sich diesbezügliche Anträge vorbehalte. Seitens des Wort führers des Zentrums wurde anerkannt, daß in der Erklärung der Regierung durch die Gewährung der Bundesratsstimmen an Elsaß-Lothringen, sowie Lurch die Bestimmungen, wonach das Reichsland als Bundesstaat gelten solle, ein wesentliches Zugeständnis zu erblicken sei. Der Vertreter der Fortschrittlichen Volkspartei gab die gleiche Erklärung für seine Partei ab. Der Vertreter der nationalliberalen Fraktion erklärte, daß das Zugeständnis der Regie rung sich im wesentlichen in der Richtung bewege und der Haltung entspreche, wie sic die nationalliberale Partei von Anfang an eingenommen habe, und daß daher sein« Freunde sich mit Befriedigung auf diese Regelung einzulassen in der Lage seien. Der Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion erkannte zwar den Fortschritt an, der mit dem Zu geständnis der Regierung gemacht wurde, hielt dieses aber für noch nicht weitgehend genug, und lehnte La ber ein Eingehen auf den Entwurf ab. Der Ver treter der Wirtschaftlichen Vereinigung sprach die gleiche Ablehnung aus; indessen aus dem Grunde, daß ihm das Zugeständnis schon zu weit gehe. Zu der gleichen Anschauung bekannte sich der Wortführer der konservativen Mitglieder der Kom mission. Bei der Abstimmung wurde die vom Zen trum beantragte Einfügung, wonach der Kaiser „i m Namen des Reiches" die Staats- aewalt ausübt, gestrichen. Im übrigen wurden alle drei Anträge vorbehaltlich näherer Fest stellung des Wortlautes durch eine Redaktions-Kom mission mit den Stimmen -es Zentrums, der Fort schrittlichen Volkspartei, der Nationalliberalen und der Reichspartei angenommen. In der Sitzung am Mittwoch wurden die An» träge des Zentrums, die die Bildung eines Kollegial-Ministeriums und die Ernennung der Minister durch den Statthalter oorsahen, gegen die Stimmen des Zentrums und der Sozial demokratie abgelehnt. Der Rest der 88 2, 3 und 4 wurde in der Fassung der Regierungsvorlage an genommen. Dabei ist bei 8 3 einem national- liberalen Anträge stattgegeben worden, der für die llebettragung landesherrlicher Befugnisse seitens des Kaisers an den Statthalter die Gegenzeichnung des Reichskanzlers vorschreibt. Eine längere Debatte entstand über die von einem sozialdemokratischen Kommissionsmitglied an geschnittene Frage, in welcher Weise die Verant wortlichkeit des Statthalters gegenüber dem elsaß-lothringischen Landtage in Vollzug gesetzt werden solle, ob der Statthalter insbesondere ver pflichtet sei, vor dem Landesausschuß zu erscheinen. Regierungsseitig wurde betont, daß in dieser Be ziehung an dem Rechtszustand nichts geändert werde, wonach bisher wohl eine Berechtigung, nicht aber eine Verpflichtung zum Erscheinen vor dem Landes ausschuss« bestehe. Bisher sei der Statthalter vor dem Landesausschusse allerdings noch nicht erschienen. Von sozialdemokratischer Seite und von Vertretern der Fortschrittlichen Volkspartei wird auf die be stehende Gesetzeslücke hingewiesen und betont, daß, wenn man eine Verantwortlichkeit des Statthalters begründe, dann der letztere auch die Verpflichtung haben müsse, seine diesbezügliche Regierungsmaß nahme vor dem Landtage selbst zu vertreten. Es wird vorbehalten, bei der dritten Lesung eine er gänzende Vorschrift zu beantragen. Die Kommission wendet sich der Beratung des ß 5 zu. Dazu beantragen die Sozialdemokraten die Er - setzung des Landtages, der aus Erster und Zweiter Kammer bestehen soll, durch eine ein zig« Volksvertretung. Außerdem wird von sozialdemokratischer Seite der Absatz 3 des 8 5 bean standet, der eine Aufrechterhaltung des Staatshaus haltes gewährleisten will, auch wenn letzterer nicht fristzeitig genug in dem Landtage zustande kommen sollte. Die Beratung hierüber wird auf nächsten Freitag vertagt. Die bisherigen Abstimmungen inderKommissionfürElsaß-Lothringen lassen bereits einen gewissen Schluß zu auf die Schlußabstimmung der Parteien. Danach dürften di« Konservativen sowie Sie Wirtschaftlich« Vereinigung bei ihrer ablehnenden Hal tung beharren, die Reichspartei mit den Nationalliberalen und der Dolkspartei für die Verfassungsresorm stimmen, während die Haltung des Zentrums ungewiß bleibt. Von Len Sozialdemokraten ist anzu nehmen, daß sie zwar gegen das Gesetz stimmen, aber dafür sorgen werden, daß ihre Stimmen nicht gezählt werden, wenn die Gegner des Gesetzes nur durch den Hinzutritt ihrer Stimmen die Mehrheit für sich verlangen und damit für das Scheitern der Der- fassungsreform den Ausschlag geben würden. Oer Schjklallrtssbgsbenentwurf. Die Kommission zur Vorberatung der Schiffahtts- abgabenvorlage verhandelte am lö. März über die Bildung von Strombauverbänden. Es wurden Wünsche und Anträge besprochen, die sich auf Einbeziehung des Neckars von Heilbronn bis Eßlingen, des Mains von Aschaffenburg bis Bam berg, der Lahn und der Mosel bezogen. Aus der Oie Osme in Grsu. 13s Roman von Anny v. Pannhuys. (Nachdruck verboten.) „Dieser Leutnant von Degen scheint eine sehr an ständige Gesinnung sein eigen zu nennen, was man von all der sonstigen Prcdewitzschen Sippschaft durch aus nicht beyaupten kann'', meinte die ältere Schwester, „und wenn ihm wirklich daran liegt, seine Cousinen kennen zu lernen, wir werden es ihm wahr haftig nicht nachtragen, was von seiner Familie an unserer guten Mutter gesündigt wurde." Rita nickte beifällig zu den Worten der Schwester. „Darf ich Herrn von Degen diese Worte wieder holen, gnädiges Fräulein?" „Aber gewiß, Herr Referendar." Stetten dachte daran, wie der Leutnant sich darüber freuen würde. Aber nun fand sich wirklich kein stichhaltiger Grund mehr, seinen Besuch zu ver längern, Stetten mußte aufbrechen. Heiter und strahlend nahm er Abschied; man hatte ihn um fünf Uhr zum Tee gebeten, dann würde er sie Wieder sehen, die schöne, liebenswürdige Rita von Predewitz, die er für eine Diebin gehalten, und in die er jetzt ganz unsinnig verliebt war, darüber war er sich selbst vollkommen klar. Oh, wie reizend und nett sie sein konnte, viel reizender und netter, als er sich's vorgestellt, und dann sollte er auch endlich das Geheimnis erfahren: warum die Sängerin eigentlich nicht das Theater hätte besuchen dürfen, um die Schwester auftreten zu sehen. Jetzt wollte er zwar zunächst zum Kommissar gehen, aber auf ein Viertelstündchen würde es ja nicht ankommen, er verspürte große Lust, der Schwester einen Besuch zu machen, und ihr sein übervolles Herz auszuschütten. Er folgte diesem Gedanken. Er fand feine Schwester zum.Ausgehen bereit; sie wollte einige Besorgungen machen. Stetten schloß sich ijr an, und unterwegs erzählt« er ihr von der diebischen Kammerjungfer, und auch, daß er, ob seines falschen Verdachtes, von Rita von Predewitz Verzeihung erhalten habe, daß er nun zum Kommissar wollte, und nachmittags zum Tee ge beten sei. Auch den Gruß der Sängerin bestellte er. — Ellen lächelte ob der enthusiastischen Art, in der Stetten von der Sängerin sprach, doch ließ sie sich nichts merken. Indes nun die Schwester noch ein paar Läden be suchte, ging Stetten zum Kommissar. Dieser war gerade dabei, einen soeben erhaltenen Brief zu lesen, den er sofort beiseite legte, als er sich erhob, um mit dem Freund einen Händedruck zu tauschen; dann setzten sich die Herren nieder, und Stetten berichtete die Geschichte des gestohlenen Kreuzes. Langenau war ganz Ohr, seine Hand spielte dabei mechanisch mit dem Briese, den er vorhin gelesen. „So, und nun", schloß der Referendar, „leye ich feierlich, natürlich im Einverständnis mit Fraulein Wendland, die Verfolgung dieser Angelegenheit in deine Hände." — „Na, weißt du, Rudi, deinen Verdacht, den du gegen Fräulein von Predewitz hegtest, finde ich zwar furchtbar komisch", lachte der Freund, „aber schließ lich: er lag nahe. Doch jetzt lres, bitte, mal diesen Wisch hier", er reichte ihm den Brief, den er bisher in der Hand gehalten. Stetten las. Es waren nur wenige Zeilen, die auf dem ziemlich ordinären Papier standen: „Wenn die hochlöbliche Polizei in Barmenstadt die Diebin eines Brillantkreuzes sucht, so findet sie diese in der Person der Meta Wiegler, die bis vor gestern Jungfer bei Fräulein Rita von Predewitz aus Köln war." Weiter stand nichts auf dem Bogen, weder Ueber-, noch Unterschrift. Das Kuvert war adressiert: „An den Königlichen Polizeikommissar in Barmen- städt." Die Marke trug den Poststempel „Berlin". Stetten gab das Schreiben zurück. „Irgendein Racheakt liegt diesem lakonischen Briefe zugrunde, doch er bestätigt den Verdacht von Fräulein Wendland." „Allerdings! Ich kann dir aber auch schon die Mitteilung machen, daß dies« Meta Wiegler sich noch in unserer Stadt befindet." „Was sagst du da? Weißt du das sicher?" „Ganz sicher!" „Ja, aber ich erzählte dir doch, das leere Etui wurde aus dem Berliner Schnellzug geworfen." „Gewiß. Doch das beweist nur, daß außer der Betreffenden noch eine andere Person an dem Dieb stahl beteiligt ist." „Der Bahnarbeiter Schmitt aber will doch eine Gestalt in Grau am Waggonfenster gesehen haben?" Mitte der Kommission wird die Ablehnung der Anträge beantragt. Verschiedene Regierungs oertreter treten diesen Ausführungen bei. Zu nächst fehle der Bauherr, der den Ausbau der ge. wünschten Strecken übernehmen wolle, ohne Zu stimmung der einrel staatlichen Land tage könne daran nicht gedacht werden. Einst weilen liegen solche Bschlüsse jedoch nicht vor. Für die Interessen der Beteiligten würde also nichts erreicht durch die Aufnahme der weitergehenden Pro jekte in das Gesetz. Ein nationalliberaler Vertreter be gründet den Antrag der Württemberger, daß die im Gesetz vorgesehene Kanalisierung des Neckars nicht nur bis Heilbronn, sondern bis ins Herz des Landes, Groß-Stuttgart und Eßlingen durchgeführt werden soll. Ein Konrmissionsmitglied gab zu, daß die An führung der weitergehenden Projette im Gesetz di« Bedeutung nicht habe, die die Antragsteller voraus fetzten, immerhin sei es wünschenswert, daß jetzt schon rm Gesetz ausgesprochen werde, daß solche Projette beständen und die Sympathie der Mehrheit des Reichstags gefunden haben. — Gin Redner verbreitete sich eingehend über die Gefahren, die der Ruhr- industrie durch die Moselkanalisierung erwachsen würden, während von anderen Seiten diese Kanalisierung als große nationale Wasserstraßen politik gepriesen wurde. — Die Abstimmung wurde für spätere Zeit verschoben. politische Nachrichten. Die veränderte Stichwahlparole. Der nationalliberale Wahlkreisausschuß in Gießen-Nidda hat beschlossen, die antisemitische Kandidatur Werner gegen die Sozialdemokratie zu unter st ütze n. Die „Franks. Ztg." stellt fest, daß die ursprünglich Parole di« Stimmabgabe sreigegeben habe, daß also durch den vorliegenden neuen Beschluß der erste Be schluß umgestoßen worden sei. In der Berliner Gelbmetallindustrie droht ein schwerer Kampf auszubrechen, da die be- treffenden Arbeitnehmer sich mit den Aus ständigen einer Kronleuchterfabrik soli darisch erklärt haben. Eine volksschullehrerin im Parlament. In der Mittwochssitzung des norwegischen Storthings wurde ein Abgeordneter beurlaubt und sein Stellvertreter, ein« Volksschul lehrerin, einberufen, um ihren Platz als erste Frau unter den norwegischen Abgeordneten einzu nehmen. Eine stürmische Sitzung der Reichsduma über die Hochschnlfrage. Petersburg, 16. März. (Tel.) Im Laufe der Abendsitzung wurde die Interpellation über die Vor gänge an den Hochschulen erörtert. Das Mitglied der äußersten Rechten Obrussow sprach über di« Frauenhochschulen und erwähnte, daß während der Revolutionszeit die Kursi st innen sich zu Hunderte ntrunkenen Matrosen an ge boten hätten, um erfolgreicher ihre Propaganda zu betreiben. Diese Worte riefen Proteste auf der linken Seite hervor. Man hörte Rufe wie: „Herunter mit dem Schuft!" Es entstand ein furchtbarer Lärm, der trotz der Er mahnung des Präsidenten sich immer mehr steigerte. Als Obrussow weiterzureden ver. suchte, forderte ihn der Präsident auf, die Bühne zu verlassen, da die einstündigc Redcfrist verflossen sei. Dies rief wieder aus den Bänken der Rechten Sturm hervor. Der Präsident schloß die Sitzung unter großem Lärm. Mitglieder der Linken und Rechten eilten zur Rednertribüne: die Beamten des Hauses stellten sich aber dazwischen und ver hüteten so einen Zusammenstoß. Erst als d>e elektrische Beleuchtung abgestellt war, verließen die Deputierten allmählich den Saal. Sus Leipzig unü Nmgegenü. Leipzig, 16 März. Wetterbericht der Kgl. Sächs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 17. März. Südöstlich« bis südwestliche Winde, veränderliche Bewölkung, Temperatur wenig geändert, zeitweilige Niederschläge bleiben wahrscheinlich. Pöhl berg: Schwache Schneedecke nur auf dem Berge, glänzender Sonnenaufgang, Himmelsfärbung orange, Schneehöhe 10 Zentimeter. Fichtelberg: Vormittags und nachmittags schwacher Nebel, gute Schlittenbahn bis in die Täler, starker anhaltender Reif, großartiger Ranhfrost, Schneehöhe 270 Zentimeter. * 25 Jahr« im Dienste des Polizeiamts. Das 25jährige Dienstjubiläum beging am 16. März Herr Polizeioberwachtmeister Heiser, Vorstand des 28. Polizeibezirks. Dem Jubilar wurden sehr viele Ehrungen und Glückwünsche der Beamten des Polizei amts zuteil. Herr Polizeihauptmann Melchior ge dachte unter ehrenden Worten der tadellosen Dienst zeit des Jubilar? und wünschte diesem ein ferneres Wohlergehen. * Auszeichnung. Die Kgl. Kreishauptmannschast Leipzig hat dem seit 9. September 1885 ununterbrochen in der Weinhandlung von Fertsch L Simon, K C. Hoflieferanten in Leipzig, Markt 11, beschäftigten Markthelfer Heinrich Oswald Müller in Leipzig- Reudnitz sowie dem ebenda seit 15. März 1886 un- unterbrochen beschäftigten Packer Eduard Wilhelm Beyer in Leipzig je ein« Belobigungsurkunde aus gestellt, die ihnen in Gegenwatt eines Vertreters ihrer Arbeitgeberin an Ratsstelle ausgehändigt wurde * Zahlung der Fernsprechgebühren durch Ab schreibung vom Postscheckkonto. Solchen Fernsprech teilnehmern, die ein Postscheckkonto haben, können auf Antrag die Fernsprechgebühren sowie die Ke bühren für die durch Fernsprecher aufgelieferten Tele gramme regelmäßig bei Fälligkeit von ihrem Post scheckkonto abgcschrieben und dem Postscheckkonto des Fernsprechamts gutgeschrieben werden. Don der Um buchung wird der Kontoinhaber durch einen besonde ren Lastschriftzettel benachrichtigt. Damit die Konto inhaber auf die bevorstehende Abbuchung der Fern sprechgebühren aufmerksam gemacht werden und er forderlichenfalls ihr Guthaben rechtzeitig verstärken können, werden ihnen die Fernsprechgebühren,zettel usw. zwei Tage vor der Anmeldung der Beträge beim „Das braucht doch nicht die Diebin gewesen zu sein, es war der Hehler, oder die Hehlerin. Ich glaubte zuerst auch, allerdings aus anderen Gründen, daß die Spur nach Berlin führe, deshalb reiste ich gestern vormittag dorthin; da ich jedoch weder am hiesigen, noch am Berliner Bahnhof, ebenso beim Schaffnerpersonal die geringsten Anhaltspunkte für meine Annahme fand, fuhr ich wieder heimwärts, beinahe instinktiv, möchte ich sagen, hatte ich das Gefühl, die Gesuchte hat Barmenstädt noch nicht ver lassen. Und richtig, heute früh erhielt ich von einem meiner Beamten, den ich damit beauftragte, die Meldung, unten am Neckar, im Gasthof ,Zum roten Männchen", logiere seit vorgestern abend zehn Uhr eine Frauensperson, auf welche die Beschreibung genau passe, auch der Name stimmt. Sie fragt den ganzen Tag, ob kein Telegramm für sie angekommen sei, gehe gar nicht aus und lasse sich das Essen aufs Zimmer oringen. Diese Wissenschaft verdankt der Beamte dem Wirt „Zum roten Männchen", mit dem er gut bekannt ist." „Das alles weißt du, Langenau, und sitzest hier so ruhig, als ginge dich das alles gar nichts an. Be- denke, es handelt sich um ein wertvolles Schmuckstück." „Das weiß ich erst seit kurzem, du sagtest es mir vor kaum zehn Minuten, dadurch wurde mir ja auch der Sinn des anonymen Briefes verständlich." — „Ja. ja! Aber wenn die Diebin inzwischen ent wischt?" „Das wird ihr nicht gelingen, sie wird beobachtet von dem Beamten, von dem ich sprach. Immerhin habe ich jetzt die Absicht, mir die Fremde im „Roten Männchen" etwas genauer anzusehen. Willst du mich begleiten, Stetten?'' Der Referendar tat einen Blick auf seine Uhr, dann antwortete er schnell: „Gerne, und ich bin sehr begierig, diese Meta Wiegler kennen zu lernen." „Und ich", meinte- Langenau, bin noch viel be gieriger, zu erfahren, warum sie nicht beizeiten Reiß aus nahm, vorausgesetzt natürlich, daß sic die Diebin ist." Der Kommissar steckte den anonymen Brief zu sich, dann traten die Herren den Weg zum „Roten Männchen" an. Zwölftes Kapitel. Ganz unten am Neckar, wo die Straßen enger werden und die Häuser kleiner und unansehnlicher, wo die minder begüterte Bevölkerung Barmenstädts ihr Heim ausgeschlagen hat, wo vorwiegend schmutzige Kinder und schlampige Frauen die Staffage bilden, liegt das einst sehr bekannte Cxrsthaus „Zum roten Männchen". Es ist ein alter, fast zweihundertjähriger Bau. in dem nur noch selten Reisende absteigen. Kleine Handwerker und Geschäftsleute aus dem Viertel pflegen hier früh und abends ihr Gläschen zu trinken. Es gibt ja draußen am Bahnhof moderne Hotels, wo man auch schon für wenig Geld wohnen kann, da wird doch niemand so töricht sein, die alte Wirtschaft aufzusuchcn, die so hinvcgetiert und von längstverflossenen Glanzzeiten träumt. — Wenig Menschen sind auch so töricht, doch zu ihnen gehört anscheinend die Fremde, die eben die knarrende, alte Holzstiege herunterkam, im gleichen Moment, da Langenau und Stetten durch die niedrige Haustür traten. Ein flüchtiger Blick zeigte den beiden, daß sie die Gesuchte vor sich hatten, ein Irrtum war wohl aus geschlossen. Die Person wandte sich jetzt an die Dicnstmagd, die mit Tellern und Gläsern beladen eben aus dem Gastzimmer stolperte — es mußte Meta Wiegler sein. Stetten betrachtete interessiert die eifrig auf dl« Magd Einredend« und verglich sic heimlich mit Rita von Predewitz, ein Vergleich, der sehr zuungunsten der Jungfer äusfiel. Während das Haar der Sänge rin goldblond ist, konnte man das der noch immer lebhaft Sprechenden getrost „rot" nennen. Ihre Figur war etwas eckig und das Gesicht wies große, immerhin hübsche, intelligente Züge auf. Sie war zum Ausgang gekleidet, doch das zierlich und adrett gearbeitete graue Kostüm zeigte nicht die geringste Aehnlichkeit mit dem Kleid, das in vornehmer Ele ganz die wunderschöne Gestalt der geliebten Frau umschloß. Auch die Hüte glichen sich nur in der Grundform, wie Stetten feststellte. Wer die beiden Frauen einmal nebeneinander gesehen, würde sie niemals verwechseln, das konnte nur di« oberflächliche Beschreibung der Choristin zu stande bringen. (Fortsetzung folgt.)
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