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Dresdner Journal : 09.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930209
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930209
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-09
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 09.02.1893
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Lrpeäition 6es vreeöner ^ournei». Lrsiüen, 2«inj;er»tr. 20. kernrprscli-Loectilu»: I^r. 129k. Ämtlicher Teil. HSekannlmachung. Der neubegründeten Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit Alemannia zu Leipzig ist auf Grund deren Statutes vom 19. November vorigen JahreS in Gemäßheit 8 2 des Gesetzes vom 28. August 1876 Genehmigung zum Betriebe der Mobiliarfeuerversicher- ung im Königreiche Sachse» unter den durch das an- gezogene Gesetz in Verbindung mit den Gesetzen vom 18. Oktober 1886 und vom 5. Mai 1892, sowie durch die Verordnungen vom 20. November 1876, vom 19. Ociober 1886 und vom 8. December 1892 vorgeschrit tenen Bedingungen und Beschränkungen, mit Vor behalt des Widerrufs, ertheilt worden. Dresden, den 31. Januar 1893. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Münckner. Nichtamtlicher Teil. Jelegrapyifche und telephonische Bachrichten. Leipzigs. Februar. (Priv.-Tel. d. Dresdn. I ourn.) Ein furchtbare« Brandunglück betraf in letzter Nacht die Gastwirtschaft von Schäfer am Neu- markt. SeckS Personen verbrannten, drei wurden schwer verletzt. AlS Urheber des BrandeS durch Entzündung einer Rakete wurde ein hiesiger Wein- Händler verhaftet. Von anderer Seite wird unS gemeldet: Um Mitternacht brach in Schäffers Restaurant auf dem Neumarkt Feuer aus, daö sich heftig verbreitete. Die Gäste konnten durch den engen AuSgang daS Lokal nickt mehr verlassen; sechs wurden äl tst, drei alS schwerverletzt aufgefvnden. Halle, S. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Gestern kamen in der Irrenanstalt Nietleben zwei Todesfälle und drei choleraverdüchtigr Erkrank ungen vor. Paris, 8 Februar. (W. T. B ) Das Gerückt von der Demission des gesamten Kabinetts oder eine- Ministers wird offiziell dementiert. ES heißt jedock, die Regierung denke daran, die erste Ge- lrgenheit zu ergreifen, um vo r der Kammer einen weniger unklaren Ausdruck ihrer Gesinnungen ihr gegenüber zu erhalten. Paris, 9. Februar. (Tel. d Dresdn. Journ?) Die Morgenblättrr messen dem Hervortreten Ca- vaignacs eine besondrre Bedeutung bei. Durch seine gestrige Kammerrede stelle Eavaignac seine Kandidatur für die Präsidentschaft de^ Republik auf. Die Blätter raten Hrn. Carnot, Cavaignac zum Minister zu ernennen; er werde sonst Ca- vaignac im Elysee Platz macken müssen. Die kon servativen Blätter und auch einige Journale anderer Parteirichtung halten die Stellung keS Kabinetts für itark erschüttert. Der „Figaro" sagt, falls die Minister die Haltung der Kammer begriffen, würden sie demissionieren und einem Ministerium der Kammerauflösung Platz machen. Marseille, 9. Februar. (Tel d Dresdn. Journ.) Bisher find insgesamt neun choleraverdächtige Todesfälle vorgrkommen. Gestern wurden drei verdächtige Erkrankungen bekannt. London, 9. Februar. (Tel. d Dresdn. Journ.) Einer Lloyddeprsche auS Corunna zufolge ist der der Anchorlinic gehörige, von Glasgow nach Neapel fahrende Dampfer „Trinacria" in der Nähe des Kap Villano gescheitert und gilt alS gänzlich verloren. 37 Leute der Mannschaft sind ertrunken, nur zwei sind gerettet. Kopenhagen, 8. Februar. (W.T B.) Ler EiSbrecker, welcher heute früh von Nyborg m^t Post und Reisenden abfuhr, sitzt südlich von Korsör noch im Eise fest. Belgrad, 8 Februar. (D. B Hd.) Hiesige Blätter behaupten, daß der Prinz Ferdinand von Bulgarien in Wien nicht nur in betreff seiner Vermählung, sondern auch in wichtigen politischen Angelegenheiten den Rat Kaiser Franz Josephs eingebolt habe, so in erster Reihe die Anerkennung der Selbständigkeit Bulgariens. ES heißt, die Türkei werde mit Österreich-Ungarn zu gleicher Zeit diese Srlbständigkeitöerklärung acceptieren. (?) England und Italien würden sich dann an- schließen. (?) Deutschland werde sich vorläufig passiv verhalten. Frankreich nnd Rußland werden ihr Veto einlegen wegen der Verletzung deS dritten Punktes des Berliner Vertrages. Serbien werde mit Freuden seine unabhängigen Nachbarn be grüßen. (?) Bukarest, 8. Februar. (W. T. B.) Heute war bei dem Thronfolgerpaar Empfang der Ge meindevertretung sowie drs katholischen und pro testantischen Klerus und mehrerer Deputationen. — Bei den letzten 9 Ergänzungswahlen zur De- putiertenkammer wurden 8 Konservative und ein Liberaler gewählt. Dresden, 9. Februar. Nochmals die ägyptische Frage. * Dem englischen Parlamente ist ein Blaubuch über Ägypten vorgelegt worden, das einen richtigen Maß stab für die Beurteilung der Stellung giebt, welche die verschiedenen Mächte zu der ägyptischen Frage ein nehmen und daS deshalb die Veranlassung dazu bietet, daß man in der Presse nochmals auf die Vorgänge zurückkommt, welche letzthin die Ursache zu einer ern- sten Verwicklung zu werden schienen. Kritisch war zumal die erste Phase der Angelegenheit — so führt die „Neue Freie Presse" in einem gut geschriebenen Aussatz aus, den wir im nachfolgenden wiedergeben —; der junge Khedive entließ in einer Anwandlung von Unabhängigkeitsbestreben den Ministerpräsidenten Mu stapha Fehmi Pascha und ernannte Falri Pascha, einen ausgesprochenen Gegner Englands, zu seinem Nach- folger. Die Herrlichkeit des neuen Würdenträgers dauerte indes nur vierundzwanzig Stunden. Lord Cromer empfing scharfe Weisungen aus London und handelte danach. Seine Unterredung mit Abbas Pascha zerstörte den Traum des letzteren, die englische Vor mundschaft abzuschütteln, auf das Gründlichste. Ter Vizekönig mußte sich sogar ausdrücklich verpflichten, künftig keinen Ministerwechsel ohne Englands Zu stimmung vorzunehmen. Nun aber kam die zweite, nicht weniger kritische Phase. England hatte triumphiert; in Frankreich em pfand man das um so unangenehmer, als die auf die erste Nachricht von der Widersetzlichkeit des Khedive angeordnete Verstärkung der Occupationstruppeu trotz des diplomatischen Erfolges durchgeführt ward. In der französischen Kammer gab es erregte Interpella tionen, in der Pariser Presse heftige Artikel, und Hr. Waddington erhielt den Auftrag, Lord Rosebery freundschaftliche Vorstellungen zu mache». Sie waren, wie wir jetzt aus dem Blauduche erfahren, schärfer, als das Beiwort vermuten ließ Waddington nannte das Vorgehen Cromers eigenmächtig und gewaltthätig — immerhin ein bezeichnendes Symptom für den großen Äiger, welchen der englische Sieg in Frank- Lunst und Wissenschaft. Der böse Geist. Roman von A. G v. Suttner. 7 (Fortsetzung.) Diesem Beispiele folgte übrigens auch Marcel; auf seinen Reisen hatte er gelernt, den lächerlichen Dünkel abzuschütteln und sich mit jedem Gebildeten in einen näheren Umgang einzulassen, einerlei, ob derselbe das Wörtchen „von" vor Lem Namen trug oder nicht; ein hübsches Gesicht zog ihn ebenso an wie ein ge lungenes Gemälde, ein gutes Buch — und je mehr anziehende Erscheinungen sich in seiner Nähe besann den, um so angenehmer und befriedigter war ihm zu mute. In Pottenbrunn mangelte es nicht an solchen Erscheinungen; dar Städtchen war wegen seiner hüb schen Insassinnen berühmt. Die Königin des Balles war indes Zoe; darüber herrschte nur eine Stimme und den Beweis lieferte der Umstand, daß sie von Tänzern förmlich belagert war, die um Gewährung einer Tour baten, sich ein- schrieben und geduldig auf ihrem Posten harrten, bis endlich die Reche an sie kam. „Ein Glück, daß ich mir schon vor einer Woche den Kotilion gesichelt habe!" sagte Marcel, als er während einer Pause Gelegenheit fand, mit ihr zu plaudern ,Hätte ich mein Anliegen bis heute ver schoben, so wäre mir die keineswegs angenehme Über raschung zu teil geworden, mit einer Wagenladung von Körben abzuziehen." „Glauben Sie?" versetzte sie kopfschüttelnd. „Ich denke, für einen Freund hätte ich schon einen Tanz zurückzubehalten gewußt, selbst auf die Gefahr hin, vergebens auf eine Aufforderung zu warten und — sitzen zu bleiben." „Ich danke Ihnen, Zoe, Sie sind viel zu gut mit mir. Was übrigens den Schluß Ihres Satzes be trifft, so können Sie sicher sein, daß der Freund nicht vergessen hätte —" „Ich scherzte nur. Glauben Sie übrigens, daß ich heute an dem Sitzenbleiben etwas so Schreckliches fände? Der kleine Triumph des heutigen Abends hätte mich vielleicht vor fünf Jahren gefreut und stolz gemacht; gegenwärtig bin ich über diese Mädchen- sckwächen zum Glück hinaus. Allerdings leugne ich nicht, daß ich an geselligen Zusammenkünften, an Musik und Tanz auch jetzt noch Vergnügen finde wie an allem, was das Leben bietet, aber meiu Gedanken horizont hat sich zum Glück über die enge Grenze er weitert, wo alle Ideen sich nur in der einen ver einigen: Werde ich gefallen? Wird man sich um mich drängen und balgen? Man sagt, ich sei hübsch; meinetwegen; dann aber gelten diese heutigen Hul digungen auch nur meiner äußeren Person; was ich denke, was ich spreche, ist den anwesenden Herren einerlei." „Nicht allen!" fiel Marcel ein. „Nehmen wir also Einen aus Mein Ehrgeiz aber wäre eS, durch andere Leistungen anzuziehen, als durch das Behängen mit Tüll, Seide und Blumen; leider ist diese schöne Zeit noch nicht für uns gekommen; wir haben unsere Puppenrolle noch lange nicht auS- gespirlt." reich hervorrief. Der politische Wellenschlag dehnte sich inceS viel weiter aus und erreichte Konstantinopel. Auch der Sultan fühlte sich angeblich empört über das Vorgehen Englands gegen seinen vornehmsten Vasallen. DaS Geschenk von vier kostbaren Pferden, das er an Abbas schickte, sollte eine dankbare An erkennung der Auflehnung wider die Engländer bedeu ten. Auch wird erzählt, daß Hr. v. Nelidow eifrig be müht sei, dem Sultan begreiflich zu machen, er dürfe sich seine Souveränetät über Ägypten nicht rauben lassen. Der russische Botschafter, hieß es weiter, habe Abdul Hamid die Unterstützung Rußlands und Frank reichs versprochen, wenn er sich des Vizekönigs ener gisch annehmen wolle. Endlich tauchte sogar das Ge rücht auf, der französische Botschafter am Goldenen Horn, Hr. Cambon, fuche die Pforte zur Einberufung einer europäischen Konferenz zu bestimmen, welche die ägyptische Frage regeln solle. Die Konferenz verschwand so schnell von der Bild fläche, als sie aufgetaucht war. Von London und Konstantinopel aus erklärte man es für eine platte Unwahrheit, daß Cambon in dieser Richtung thätig sei. Die Rede, welche Hr. Develle in Beantwortung der Interpellation Delafosses am Donnerstag in der fran zösischen Kammer hielt, klingt keineswegs so, als ob man in Paris auch nur die geringste Lust verspürte, Ägyptens wegen mit England Händel anzufangen. Hr. Develle nahm, wie es jeder Minister in solchem Falle thun muß, alle Rücksicht auf nationale Würde und Eitelkeit. Er versicherte: „Wir dürfen unsere Friedensliebe nicht bis zur Abdankung treiben." Er folgerte aus einer tags zuvor gefallenen Äußerung Gladstones, daß die englische Regierung neue Unterhandlungen über Ägypten mit Frankreich an- knüpfen wolle, und gestatte'e sich das billige Ver gnügen, die englische Okkupation unter Hinweis auf die jüngste Thronrede dir Königin Victoria als eine vorübergehende zu bezeichnen. Aber bei alledem troff die Rede des Hrn. Develle von eitel Versöhnlichkeit und freundschaftlicher Gesinnung. Er hält sich an das englische Versprechen, daß die Occupation Ägyptens nicht ewig dauern werde, und verzichtet auf die Frage: Wie lange? Vielleicht hat er die klassische Antwort im Gedächtnisse, mit welcher Lord Salisbury voriges Jahr die Neugier Rustem Paschas abfertigte. Die Franzosen möchten die Engländer sehr gern a»;s Ägypten hinauSdrängen, allein die Republik ist heute nicht in der Lage, eine kühne und folgenschwere auswärtige Politik zu treiben. Hinausdiplomatisieren lassen sich die Engländer nicht; im Gegenteil, sie zeigen bei jedem dahin gerichteten Versuch die Zähne. Wären sie nicht sofort mit solcher Energie aufgetreten, so würden vielleicht alle die Nachrichten, die jetzt spöttisch belächelt werden können, nach und nach wahr geworden sein. Ta man jedoch in Paris die Ueberzengung er langte, gutwillig wär-n die Engländer nun einmal nicht aus Ägypten fortzubringen, sondern sie würden, um sich dort zu behaupten, wahrscheinlich selbst den Krieg nicht scheuen, so fügt man sich. Ganz ähnlich hat die Festigkeit Englunds auch in St. Petersburg gewirkt. Man ist in der russischen Staatskanzlei stets darauf aus, den Engländern irgend einen Stein in den Weg zu legen; auch ohne die junge Freundschaft für Frankreich, die übrigens in allerletzter Zeit einen kleinen Stoß bekommen zu haben scheint. Wo immer ein englisches Interesse auf dem Spiele steht, sieht man die russische Diplomatie das selbe durchkreuzen Die Nebenbuhlerschaft in Asien wirkt in den übrigen Weltteilen nach — und Ägypten gehört nach der alten Geographie selbst zu Asien. Man intriguiert von russischer Seite am Bosporus, um die britische Fahne vom Nil zu entfernen. Aber über geheime Ränke hinauszugehen, hat man keine Lust. Höchstens möchte man die Pforte zu einem „Da haben Sie recht, obzwar ich bemerken muß, daß gegenwärtig —" „Lüde Zoe," ließ sich Baron Ragotz vernehmen, der mit einem Fremden herangetreten war, in dessen Arm er den seinen geschoben hatte, „ich stelle Dir hier unseren liebenswürdigen Nachbarn, Herrn Jörg v. Eytzing vor; Du erinnerst Dich doch der werkthätigen Hilse, die er uns bei Gelegenheit des Brandes geleistet hat?" „Ihr Herr Vater beschämt mich," fiel unmittelbar darauf eine eigentümliche, tiefe und hohl klingende Stimme ein, „er rechnet mir die einfache Erfüllung einer Nächstenpflicht in einer Weise an, wie ich sie durchaus nicht beanspruchen kann." Zoe hatte zu dem Sprecher aufgeblickt; er war eine hohe, hagere Erscheinung mit rabenschwarzem Voll und Schnurrbarte, wodurch die Bläffe seines Gesichtes in ganz ungewöhnlich auffälliger Weise her vortrat; seine Augen lagen hinter einem Paar grauer Brillen halb versteckt, so daß man nicht deutlich wahr- uehmen konnte, wohin er den Blick richtete. Äuf Zoe brachte der Nachbar keinen sympathischen Eindruck her vor, trotzdem antwortete sie freundlich: „Wir sind noch immer gewohnt, auch die Pflichterfüllung als etwa; Lobenswertes anzuerkennen, und so dürfen Sie sich nicht dem Tanke für Ihren freundlichen Beistand ent ziehen." Im Nu hatte Eytzing ihre Gedankenrichtung er- raten: „Leider gilt es noch nicht als felbstverständlich, daß daS Prinzip der Solidarität sozusagen eine Cha raktereigenschaft der Allgemeinheit sein soll; das so genannte Gute fordert noch ebenso Lohn wie da« Böse Strafe verdient; eine ganz verfehlte Rebel, die meist nur die Menschen bewegt, sich dort nützlich zu zeigen, direkten Schritt gegen England Hetzen Das gelingt jedoch nicht, weil eine kecke Initiative allen Über lieferungen und Gewohnheiten türkischer Staatsmänner widerspricht. Kurz, die englische Entschlossenheit behält Recht. Niemand, nicht einmal die alten Rivalen, erhebt festen Einspruch. Die englische Occupation dauert auf unbestimmte Zeit fort, und der Khedive muß künftig den englischen Generalkonsul um Erlaub nis fragen, wenn er einen Minister fortschicken oder ernennen will. Das Blaubuch nimmt den Fran zosen sogar den schwachen Trost, daß Riaz Pascha kein Mann nach den Herzen der Engländer sei, denn man erfährt daraus, daß Lord Cromer schon am 1. Januar, also mehr als zwei Wochen vor dem letzten Ministerwechsel in Kairo, Riaz zum Minister präsidenten vorgeschlagen habe. Der Verlauf der ganzen ägyptischen Angelegenheit aber belehrt die Welt darüber, daß eS in manchem Stücke vollkommen einer lei sei, ob ein konservativer oder ein liberaler Mini ster die auswärtige Politik Englands leite. Lord Rosebery hat genau so gehandelt, wie Lord Salisbury gehandelt haben würde. Das Wohl des Vaterlandes, der praktische Vorteil Englands steht dem cinen wie dem andern höher als die Partei. Lagesgeschichk. Dresden, 9. Februar. Über den gestern, Mittwoch, abend bei Ihren König!. Majestäten in den Parade - sälen des Residenzschlosses stattgefnndenen Kammer ball ist folgendes zu berichten: An dem genannten Hoffeste nahmen von Fürstlich keiten teil: Ihre Majestäten der König und die Königin, Ihre König!. Hoheiten der Prinz Georg und die Prinzessin Mathilde, Ihre Hoheit die Frau Herzogin zu Schleswig-Holstein mit Prinzeß-Tochter Feodore und Se. Durchlaucht der Fürst Reuß j. L. Heinrich XIV. Die Versammlung der zahlreich ge ladenen Gäste, unter deren sich das Oorps lliplowa- tign«, die Herren Staatsminister, viele Generäle und Vertreter der Offizierskorps mit Damen, sowie sremde und einheimische aristokratische Familien befanden, er folgte von Z49 Uhr an im roten Salon und im Stucksaale. Gegen 9 Uhr erschienen die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften, umgeben von den Damen und Herren der Hofstaaten, in den Festräumen. Se. Majestät der König trugen die Uniform Allerhöchst- feines Leibgrenadierregiments. Nachdem Ihre Königlichen Majestäten einen kurzen Cercle gehalten, wurde in dem mit herrlichen tropischen Gewächsen geschmückten großen Ballsaale der Tanz mit einem Millöckerschen Walzer „Traum" eröffuet. Die Hofballmusik war diesmal der Kapelle des 1. (Leib-) Grenadier Regiments Nr. 100 übertragen worden, welche als weitere Tanzweisen Kompositionen von Strauß, Suppö, Offenbach, Ziehrer rc. spielte. Im Speisesaale, im weißen Salon und im Turmzimmer standen den Gästen Konditoreibnfsets zur Verfügung, während der rote Salon als Spielzimmer eingerichtet worden war. Um 11 Uhr wurde der Tanz unter brochen und das Souper zu 280 Gedecken im Eck parade und im Bankettsaale an Tischen zu je 9, bez. 12 Couverts eingenommen. Nach Aufhebung des Soupers wurde der Tanz noch bis nach 1 Uhr fort gesetzt. Ihre Königlichen Majestäten zogen Sich hier auf mit den übrigen Fürstlichkeiten zurück, womit das Hofballfest sein Ende erreicht hatte — Nächsten Dienstag findet der letzte Hofball, der sogenannte große Fastnachtsball statt, welcher die dies jährigen Karnevaissestlichkeiten am Königl. Hose be schließt. Voraussichtlich werden nach Fastnacht zwei Hofkonzerte abgehalten. wo das eigene Ich in der Folge Vorteil zieht." Er bemerkte jetzt Marcel und reichte diesem die Hand: „Guten Abend, lieber Baron, wie geht es Ihnen? Es sind schon einige Wochen verflossen, seitdem ich das Vergnügen hatte, Sie zu sehen." „Einem vielbeschäftigten Manne dürfte nicht sehr erwünscht sein, zu oft von Besuchern belästigt zu werden", erwiderte Marcel. „O, um Freunde zu empfangen, werde ich immer genug Zeit erübrigen! Solche Besuche wie der Ihrige sind mir zu jeder Stunde willkommen." Dann zu Zoe: „Baron Tannenberg hat soviel von der Welt gesehen >nd so reichliche Erfahrungen gesammelt, daß man aus seinem Umgänge nur Nutzen ziehen kann. Sie sehen, es spricht ein tüchtiges Stück Egoismus aus mir: ich trachte, von meinen Gästen Vorteil: u erlangen „Übrigens", fügte er halblaut hinzu, „bin ich entschlossen, mir zeitweise von den Geschäften Ruhe zu gönnen und mich etwas mehr dem stsellschaftlichen Verkehr hinzugeben; zu diesem Zwecke will ich mich in Pottenbrunn nach einem Absteigequartier umsehen; ich finde den Ort ganz besonders anziehend", schloß er mit Betonung. Zoe schenkte dieser nicht ohne Absicht gemachten Be merkung nur insofern Beachtung, als si; einigermaßen kühl erwiderte: „Da geht unser Geschmack auseinander: ich freue mich scbon auf den Tag, wo wir wieder nach Buchenseld übersiedeln werden." Jetzt trat Prinz Heissenstein heran, um seine Tänzerin zur Quadrille abzuholen, und Marcel eilte davon, da er dir Tochter Doktor RatmannS zum Tanze gebeten hatte
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