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Tabellarischer Satz 50 "/o Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigeugebühren durch Klage oder in Konkursfällen gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis '/2IO Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgerichtSb^irks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S-, Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Riederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. FörsterS Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 8 Sonnabend, den 10. Januar 1SS1 83. Jahrgang Amtlicher Teil öffentliche Aufforderung zur Einreichung der Steuerabzugsbelege im Markeuverfahre« für das Kalenderjahr 1930 1. Der Arbeitnehmer hat seine Steuerkarte sür 1930 und die Einlagebogen, die im Jahre 1930 zum Einkleben von Steuermarken verwendet worden find, und die ihm der Arbeitgeber auszuhündigen hat, spätestens bis zum 20. Januar 1931 an das Finanzamt abzuliefern, in dessen Bezirk er zur Feit der Personenstandsaufnahme am 10. Oktober 1930 seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dabei hat er die Nr. der Steuerkarte für 1931 und die Behörde, die diese Steuerkarte ausgestellt hat, anzugeben. 2. Kann der Arbeitnehmer die Steuerkarte sür 1930 nicht abltesern, weil sie sein Arbeit geber nach den Bestimmungen über die Einreichung' von Steuerabzug-belegen im allgemeinen UeberweisungsZerfahren mit einer Lohnsteuerbescheinigung einreichen mutz, so hat der Arbeit nehmer lediglich die ihm auszuhändigenden Einlagebogen an das Finanzamt abzuliesern, dabei aber den Namen und die Wohnung des Arbeitgebers, bei dem er am 31. Dezember 1930 in Stellung war, genau anzugeben. 8. Dte Arbeitgeber find verpflichtet, die öffentl. Aufforderung in den Arbeits- u. Ge« schüstsrüumen durch Anschlag allgemein bekanntzumachen. Diese Verpflichtung besteht auch für l diejenigen Arbeitgeber, die den Steuerabzug im Ueberweisungsoerfahren durchführen, da sich unter ihren Arbeitnehmern sol-re befinden können, sür die im Lause des Jahres 1930 von einem an deren Arbeitgeber Marken geklebt worden find. Zur Erleichterung der Einlieferung der Steuerkarten und Einlagebogen ist eine betrirbs« weise Einsendung zulässig. In diesem Falle übernimmt der Arbeitgeber an Stelle des Arbeit nehmers dte Ablieferung der Steuerkarlen und Einlagebogen, die dann gemeindeweiss geordnet den sür die Arbeitnehmer zuständigen Finanzämtern zu übermitteln find. Es ist sehr erwünscht, datz von dieser Möglichkeit weitgehend Gebrauch gemacht wird. Sonst empfiehlt es sich, datz die Arbeitnehmer ihre Steuerkarten selbst dem Finanzamt abliefern, damit ihnen eine Empfangsbescheinigung ausgestellt werden kann und etwaige Zweifel oder Anstünde sofort behoben werden können. Kann der Arbeitgeber di« Einlagebogen ausnahmsweise nicht an den Arbeitnehmer aushändlgen, so hat er sie nach Ablauf des Kalenderjahres dem Finanzamt der Betriebsstütte einzusenden. Alles Nühere ist aus einem Merkblatt zu ersehen, datz das Finanzamt unentgeltlich abgibt. Ebenso wird weitere Auskunft im Finanzamts erteilt. Finanzamt Kamenz am 61.19«1 i reg ierung wen. Der Reichspräsident hat nach Anhörung des zu ständigen Referenten im Reichsarbeitsministerium am Frei tag eine Notverordnung unterzeichnet, die die geltende Schlichtungsordnung abändert, und durch die eine Entscheidung im Ruhrkonflikt hcrbeigeführt wird. Amtlich wird dazu mitgeteilt: Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichs Verfassung wird folgendes verordnet: Bestellt der Reichsarbeitsminister in den Fällen des 8 12 Absatz 3 der Verordnung zur Ausführung der Verordnung über da« Schlichtungswesen vom 29. Dezember 1923 (Reichsgesetzblatt Nr. 24/1, Seite 9) einen besonderen Schlichter zur Durchfüh rung eines neuen Schlichtungsverfahren, weil er ein solches im öffentlichen Interesse für erforderlich hält, so hat der Schlichter auf Anordnung des Reichsarbertsministers zur Vil- düng der Schlichtungskammer außer den Beisitzern der Arbeit geber und der Arbeitnehmer zwei unparteiische Beisitzer zu berufen. Ist bei der Regelung oder bei der Abstimmung der Schlichtungskammer die Genehmigung sämtlicher Beisitzer, Arbeiter und Arbeitnehmer oder eine Stimmenmehrheit nach der Feststellung des Vorsitzenden nicht zu erzielen, so haben der Schlichter und die beiden unparteiischen Beisitzer den Schiedsspruch im Sinne der Verordnung über das Schlich tungswesen vom 3V. Oktober 1923 (Reichsgesetzblatt I, Seite 1043) mit Stimmenmehrheit abzugeben. Die Anordnung nach Absatz 1 setzt voraus, daß sie im Staatsinteresse dringend erforderlich erscheint. Hierüber hat der Reichsarbeitsminister die Entscheidung der Reichsregie rung herbeizuführen. Die zur Durchführung dieser Verord- nuug erforderlichen Vorschriften erläßt der Reichsarbeits minister. Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Ver kündung in Kraft und mit dem 31. Juli 1931 außer Kraft. Aenderung -er Schlichtungsor-nung durch Notverordnung Stimmen zur Notverordnung über das Schlichtungswesen Wie der Inhalt der Notverordnung ergibt, ist sie nicht lediglich auf den gegenwärtigen Fall des Streits im Ruhr bergbau anzuwenden. Die allgemeine Fassung war erforder lich, weil ähnliche Gefahren wie dort in der augenblicklichen Notzeit nach den Erfahrungen auch an anderer Stelle auf treten können. Andererseits ist die Geltungsdauer der Ver ordnung auf die Zeit bis 31. Juli 1931 beschränkt. Falls Vorschriften zur Durchführung der Verordnung des Reichs präsidenten erforderlich werden, hat diese der Reichsarbeits minister zu erlassen. Stimmen zur Notverordnung über das Schlichtungswesen Berlin, 10. Januar. In einer Stellungnahme zur Notverordnung über das Schlichtungswesen hebt dieNatio - nalliberale Korrespondenz hervor, daß die Not verordnung einen bedenklichen Schritt neben dem normalen Wegs bedeute. Die Verantwortung werde, wieder einmal von den Schultern der unmittelbar betroffenen Par teien genommen und wieder einmal einer nur mittelbar interessierten staatlichen Institution auferlegt. Volksnot müßte das Verantwortungsbewußtsein des Volkes allgemein steigern. Das allein öffne den Weg zu natürlichen Lösungen. Es sei dringend notwendig, daß sobald wie möglich zu dem nor malen Schiedsverfahren zurückgekehrt werde. Es sei Zwangs wirtschaft, wenn ein Einzelfall, möge er an sich noch so bedeutsam und erfolgreich sein, zum Anlaß einer generellen Entscheidung genommen werde. Die „DAZ" sagt, dem Zur Begründung dieser neuen Notverordnung wird folgendes amtlich mitgeteilt: Ihre Vorschriften schließen sich eng an die Schlichtungsverordnung und die Ausführungs verordnung dazu, die in allen Punkten in Geltung bleiben, an, und sollen sie lediglich ergänzen. Im geltenden Recht ist vorgesehen, daß im Falle des Scheiterns eines Schlichtungs verfahrens, wenn es das öffentliche Interesse er fordert, ein neues Schlichtungsverfahren eingeleitet wer den kann. Zu diesem Zweck kann der Reichsarbeitsminister auch einen besonderen Schlichter bestimmen. Rach der neuen Verordnung kann nun der Reichs arbeitsminister diesen Schlichter amweisen, in die Schlich tungskammer außer den Arbeitgeber- und Arbeitnehmer- Beisitzer« auch zwei unparteiische Beisitzer zu berufen. Die Kammer verhandelt alsdann in ihrer volle« Besetzung. Zeigt sich aber bei der Verhandlung oder bei der Abstimmung, daß di« Mitwirkung aller Arbeitgeber- und Arbeitnehmer beisitzer mit den Mitteln des Schlichtungsrechts nicht zu erzielen ist und daß es deshalb zu einem rechtsgültige« vcyreosspruch nicht kommen würde, oder ergibt die Ab stimmung in der vollbesetzten Kammer keine Mehrheit, so scheiden nach der Vorschrift der Verordnung die Beisitzer der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer aus, und der Schiedsspruch ist lediglich von dem Vorsitzenden und den beiden unparteiischen Beisitzern, und zwar mit Stimmen mehrheit, zu erlassen. Hierdurch soll erreicht werden, daß praktisch stets ein Schiedsspruch zustandekommen kann. Die rechtliche Bedeutung des Schiedsspruches, der ohne Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeisitzer gefällt wird, unterscheidet sich nicht von der jedes anderen Schiedsspruches nach der Schlichtungsverordnung. Der Schiedsspruch ist also in jedem Falle nur ein Vorschlag an die Parteien, der an genommen oder abgelehnt werden kann; ebenfalls besteht chie Möglichkeit der Verbindlichkeitserklärung nach den Dorschrif. ten des allgemeinen Schlichtungsrechtes. Die Anordnung des Reichsarbeitsministers, unparteiische Beisitzer zu berufen, die das in der Schlichtungsverordnung nicht vorgesehene besondere Verfahren nach der neuen Ver ordnung in Kraft setzt, soll nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, nämlich dann, wenn das Staatslntereffe die Anwendung dieser Maß nahme dringend erfordert. Zur Entscheidung darüber hat der Reichsarbeitsminister vor der erwähnten Anordnung einen Beschluß derReichs- Das Wichtigste In dem Lohnslrett der thüringischen Metallindustrie hat der Reichs« arbeitsminifter den Schiedsspruch vom 18. Dezember 1930, der eine Senkung der Löhne um 6 v. H. Vorsicht, für verbindlich erklärt. Tie Verhandlungen zwischen den Vertretern der Grubenbesitzer und der Bergleute in Südwalcs sind ergebnislos abgebrochen worden. Die Beendigung des Streiks ist in dieser Woche nicht mehr zu erwarten. Wie au« Havanna berichtet wird, befürchtet die kubanische Regierung den Ausbruch neuer Unruhen. Starke Militärpatrouillen durch, ziehen die Straßen. Alle Zeitungen der Oppositionspartei sind vom Präsidenten Machado verboten worden. In ganz Sibirien herrscht gegenwärtig ein überaus starker Frost, der besonders an der Eisenbahnlinie Irkutsk—Tschita 33—34 Grad er reicht. Aus Irkutsk selbst wird el» Frost von über 41 Grad ge meldet. In diesem Gebiet ist das Leden vollkommen stillgelegt. Erlaß der Notverordnung wird man mit sehr gemischten Gefühlen gegenüberstehen können. Nicht nur drohe eine Politisierung des Schlichtungswesens. Die Sorge, daß hier -- wenn auch nur befristet und begrenzt — eine Entwickelung rückgängig gemacht werde, die sich seit zwei Jahren im wesentlichen bewährt habe, sei nicht von der Hand zu weisen. Der „Börs enkurier" begrüßt die Not verordnung mit ihrer politischen Lohnregelung als das Uebel, das dem weit größeren Unglück eines ausgedehnten Arbeits kampfes im Ruhrgebiet begegne. Die „Rhein. Wests. Zt g." schreibt u. a., die Notverordnung habe lediglich die Bedeutung eines Kompromisses, das deshalb sehr faul sei, weil wiederum eine wirtschaftliche Frage nach politischen Gesichtspunkten entschieden worden sei. Von diesem Verfah ren müßte man allmählich abkommen. Es sei zu teuer. Elf Lahre Versailles. Elf Jahre sind verflossen, seitdem der sogenannte „Frie- densvertrag" von Versailles in Kraft getreten ist. Nur der Name spricht von Frieden, der Inhalt läßt wenig davon er kennen. Wenn wir heute zurückschauen auf diese elf Jahre, so können wtr nur sagen, daß durch den am 10. Januar 1920 unterzeichneten Vertrag für uns der Krieg im Frieden in Permanenz erklärt worden ist. Deshalb darf dieser Tag nicht wie andere an uns vorübergehen, sondern er muß uns eine dringende Mahnung sein, die in Versailles uns geraubte Freiheit uns wiederzu - erkämpfen. Immerhin haben uns diese elf Jahre das eine gebracht, daß es keinen Deutschen mehr gibt, der in dem Versailler Vertrag einen wahren Friedensvertrag erblickt. Er war und ist bis Heute ein Diktat derSiegermächte, er bedeutet eine Knute unter der wir ächzen. Wir dürfen nicht ruhen, die Welt davon zu überzeugen, daß dieser Frie- densvertrag ein Unding ist und daß es nicht möglich ist, aus die Dauer ein Sechzigmillionenvolk durch einen derartigen Schandvertrag in Lie Knie zu zwingen. Dieser Vertrag ist undurchführbar und wird sich, wenn ihn dieselben Mächte, die ihn schufen, nicht ändern, von selbst totlaufen, oder besser gesagt: er wird von uns zerschlagen werden müssen. Ein freies deutsches Volk, das wir vordem waren und das wir wieder werden wollen, kann nicht in einem ewigen Tri butverhältnis gehalten werden, aus dem es kein Los- ringen gibt und aus dem stets neue Verpflichtungen er- wachsen. Wir können und wollen auf die Dauer nicht das Joch tragen. Wir sind kein Volk der Knechte. Möge also dieser Erinnerungstag die Säumigen und die Müden wieder aufrütteln, daß sie kämpfen um ihre Freiheit, um die Freiheit des großen deutschen Volles.