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HWkiMWss NM Bki Klagen, Konkursen, Vergleichen usw, wlrd »ei Brulko- delrag ln Rechnung gestellt, Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung, der Lieferanten oder der Besördcrungsetnrich- lungen — Hai der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder aus Rückzahlung deS Bezugspreise«, j mMmeiM Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Erscheint jeden Wochentag nachmittag«, — Fernspr. Nr. 11. Postscheckkonto Leipzig 23 464. - G-nieindegirokonto 14. - Bankkonten: Commerz-und Privat-Bank Zweigstelle Hohen- stein - Ernstthal — Darmstädter und Nationalbank Zweig- Niederlassung Hohenstein-Ernstthal. - Unverlangt etngesandte Manuskripte werden nicht zuriickgeschickt. — Einsendungen ohne Namensnennung finden kein, Aufnahme. Generalanzeiger für Hohenstein-Ernstthal mit Hüttengrund, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Rüsdorf, Langenberg, Meinsdorf, Falken, Langenchursdorf, Reichen, bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rußdorf. Dieses Blatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen deS Amtsgerichts, des Finanzamts und des Stadtrats zu Hohenstein - Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Rr. 1S0 Donnerstag, den 3V. Juni '.927 s 1 77. gahrgT' Stresemann vor hem Nobelpreis-Ausschuß Oslo, 29. Juni Heute vormittag hat der König dem deut schen Reichsaußenminister und Gemah lin einen halbstündigen Besuch im Grandhotel abgestattet. Mittags um 2 Uhr begab sich Dr. Strese mann mit seiner Gemahlin in die Univer sität. Trotz des trüben Wetters hatte sich vor der Universität eine große Menschenmenge ange sammelt. Der Festsaal war von einer repräsen tativen Versammlung dicht besetzt. Auf den reservierten Sitzplätzen sah man u. a. den deut schen Gesandten, das gesamte Personal der deut schen Gesandtschaft, den Präsidenten des Stor- thing, den Ministerpräsidenten, Mitglieder der Regierung und des Storthings, zahlreiche Ver treter des diplomatischen Korps, Vertreter der städtischen Behörden, sowie zahlreiche hervor ragende Persönlichkeiten des künstlerischen, wis senschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Auch die deutsche Kolonie war fast vollzählig ver treten. Kurz nach 2 Uhr betrat der König den Saal und begrüßte Dr. Stresemann in herzlicher Weise. Darauf hielt der Vorsitzende des Nobelkomi tees, Direktor der Universität, Professor Stang, eine kurze Ansprache, in welcher er der großen Freude des Komitees Ausdruck gab, Stresemann begrüßen zu können. Unter lautem Beifall bestieg dann Strese mann die Rednertribüne. Er sprach in etwa einstllndigcr Rede über folgende Gedankengänge: Diese Auszeichnung mit dem Friedens nobelpreis gilt nicht theoretischen Forderungen, sondern praktischer Politik. Sie gilt einer Ein heit in bezug auf die Politik der Länder, die ähnliche Wege gegangen sind, gilt Deutsch land, nicht einer einzelnen Persönlichkeit. Allerdings möchte ich das Wirken der einzelnen Persönlichkeit nicht unterschätzen, aber wenn es sich um große Ideen handelt, braucht der Ein zelne die Unterstützung seiner Mitbürger. Ge rade in Deutschland ist teilweise ein harter Kampf um die deutsche Außenpolitik geführt worden. Deshalb bin ich vielleicht am ehesten in der Lage, die Frage nach der Geistesverfas sung des heutigen Deutschlands zu beantworten. Das heutige Deutschland ist vielfach nach Aeußerlichkeiten beurteilt worden. Der Gedanke des Stifters des Nobelfriedensprcises war, den von ihm selbst mit genialcns-Erfinderblick ent fesselten Naturkräften die bändigende Macht des Menschengeistes entgegen zu setzen. Daß die heutige Entwicklung des deutschen Volkes sich in solcher Richtung bewegt, ergibt sich daraus, daß' die deutsche Verständigungs- und Friedenspolitik nicht möglich gewesen wäre, wenn sie nicht einem tiefen Seh nen der deutschen Volksseele entspro chen hätte. Dabei kreuzen sich die Ideen des nationalen und des internationalen Zusammen wirkens. Man muß, wie Minister Herriot in Frankfurt kürzlich ausführte, national empfin den, um international wirken zu können. Dem deutschen Volke ist es nach dem militärischen Zu sammenbruch nicht leicht gemacht worden, die nationale Idee in diesem Sinne zu vertreten und auf dem Wege zum Frieden mit führend zu sein. Der schwerste Verlust lag nicht nur in den verlorenen Gebietsteilen, Kolonien und Vermögen, sondern darin, daß die M i t t e l - schicht, die früher die wichtigste Trägerin des Staatsgedankens gewesen war, völlig ver- « rmte und proletarisiert wurde. Mit Füßen getreten und gedemiitigt, wandte sich die geistige Bewegung dieser Schichten in scharfer Kritik gegen ungerechtfertigte Angriffe von außen und betonte um so mehr die Erhaltung des Traditio nellen im Innern. Die Nachkriegszeit brachte für Deutschland weiter den Ruhrkrieg. Noch einmal brauste das Gefühl gegen die Vergewaltigung auf, aber es begann zu differenzieren zwischen.denen, die den Krieg wollten und denen, die seine rechtliche Basis schon damals für gegeben hielten. Hieran kam die Konferenz in London über den D a w e s plan. Das verwundete Volk sah zum ersten mal seine Vertreter nicht als Objekt, sondern an einem Tisch mit den Vertretern einst feindlicher Nationen. Es nahm aus Herriots Munde die Zusicherung der Ruhrräumung entgegen. Es kam Briand, der dieses Wort Herriots einlöste. Es kam mit der deutschen Initiative des Memo randums vom 19. Februar 1923 die Eröffnung der P o l i t i k v o n L o c a r n o. Es wäre eine Unwahrheit, zu sagen, daß diese Politik freudiger und herzlicher Zustimmung begegnet wäre. Sie begegnete Mißtrauen auf der Gegenseite, Miß deutung im Innern. Dann kam im Wechsel zwi schen Mißtrauen und Vertrauen die Verständi gung über die Verträge. Dann kamen falsche Empfindlichkeiten, die noch einmal im März 1926 Deutschlands Eintritt in den Völker bund unmöglich machten, dann der Eintritt Deutschlands, bei dem Herr Briand in seiner Rede davon sprach, daß die Zeit der Kanonen vorbei sein müsse, und in der er die Worte sprach, die über diesem Jahrhundert stehen sollten, daß die beiden großen Völker, Deutsche und Franzo sen, die so viel Lorbeeren im Krieg auf den Schlachtfeldern gegenseitig errungen hätten, ihre Zukunft nunmehr dem Wettbewerb um o:s gro ßen idealen Ziele der Menschheit widmen soll ten. Wer diese Stunden in Genf mit erlebt hat, der wird sie niemals vergessen. Die Zeiten, die eitdem gekommen sind, waren ein Auf und Ab. Sie zeigen gegenwärtig mehr eine Krisisdes Vertrauens in der ganzen Entwicklung des Friedens, als eine unnötige Bejahung von allen Völkern der Erde und doch kann heute gesagt werden, daß in dem Willen nach Frieder und Verständi gung die überwältigende Mehrheit des deut sche» Volkes sich einig ist. Wenn ein Volk, dessen Umschichtung so ge waltsam wie die unsrige ist, des Bolschewismus von rechts und links Herr geworden ist, so zeigt dies zunächst den Sieg des Realpolitischen über das Imaginäre und über den Illusionismus. Im neuen Deutschland hat die Arbeiterklasse, gleich gültig welche politische Vertretung sie sich gab, ich fest an das Reich und den Staat gebunden. Keine Aenderungen der Parteikonstellation kön nen an dem Gesamtwillen, keine Schicht des Volkes auszuschließen von der Mitarbeit und Verantwortung am Staate, Irgend etwas ändern. Die Heranziehung derjenigen' die da glaub ten, im neuen Staat die neue Staatsform ablch- ncn zu müssen, Tagesereignisse und Tagespolitik, Schwierigkeiten bestehender Konstellationen ändern nichts an der geschichtlichen Tatsache, daß alle Parteien heute am neuen Deutschland Mitarbeiten, denn schließ lich siegte über alle Verschiedenheit der Anschau ungen doch der Gedanke, daß alle Hände notwen dig waren zum Aufbau, daß die Söhne und Enkel, die einst zurückblicken werden auf diese Zeit, die Anerkennung nur denen zollen werden, die in dieser Ehrenzeit nicht beiseite gestanden, sondern mit Hand anlegten, um das zusammen- gcstürzte Haus wieder aufzubauen. Gegenüber der Idee „altes oder neues Deutschland" fand sich die Synthese der Verbindung des Alten mitdem Neu«n. Diese Synthese sieht das deutsche Volk verkörpert in der Persön lichkeit seines Reichspräsidenten. Er war dem Manne gefolgt, der — hervorgegangen aus den Kreisen der alten grundsätzlichen Oppo sition — als erster Präsident des Deutschen Rei ches mit großem Takt, mit politischer Weisheit und mit starker Vaterlandsliebe den Weg vom drohenden Chaos zur Konstitution, von der Konstitution zum Wiederaufbau geebnet hat. In dem vom Volke gewählten Reichspräsidenten von Hindenburg sieht das deutsche Volk die Persön lichkeit, die, ausgewachsen in den Traditionen des alten Kaiserreiches, die Pflichten gegenüber der jungen Republik in schwerster Zeit erfüllt. In seiner Persönlichkeit und in seinem Wesen ist dieJdeederVolksgemeinschaftvcr- körpert. Mit dem Deutschland von heute hat nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft zu rech nen. Man hält diesem Deutschland vor, daß sich in ihm Hunderttausende zusammenfinden in Or ganisationen, die von Fron^soldatentum sprechen, von Frontgeist und ähnlichen Dingen. Aber sollte das psychologisch anders sein? Ist es nicht eine Freude, für Herrn Briand, wenn diese alten Soldaten ihn zu sich rufen? In einer Rede vor den alten Kämpfern aus dem Orient hat Herr Briand gesagt, daß einer der glücklichsten Momente seines Lebens der gewesen sei, als er die Nachricht erhalten habe, daß Ver dun von den Deutschen nicht erobert morden sei. Und warum will man es einem Deutschen ver denken, daß er ebenso zu den glücklichsten Augen blicken seines Lebens die Stunde zählt, in der ihm Kunde ward von der Schlacht von Tannen berg, von der Bewahrung deutschen Bodens vor dem Ansturm der Gegner? Ich wende mich anHerrnBriandselbst.der von der Er innerung sprach, an die großen Taten beider Völker im Ringen gegeneinander in den mächti gen Zeiten der Vergangenheit. Ich bin sicher, daß gerade diejenigen, die an der Front den Weltkrieg erlebt haben in all sei ner Größe und in all seinem Grauen, die Träger einer neuen Zukunft des Friedens sei» werden. Die Einleitung der Politik von Locarno war ein Wendepunkt in der Entwicklung der europäischen Nachkriegszeit. Es ist irrig, zu glauben, daß die deutsche Oeffentlichkeit die Politik von Locarno nur unter dem Gesichts punkt der Auswirkungen für Deutschland allein ansieht. Locarno bedeutet viel mehr. Einmal ist es der Zustand des dauernden Friedens am Rhein, gewährleistet durch feierlichen Verzicht der beiden großen Nachbarnationen auf Anwen dung von Gewalt, zum anderen durch die Ver pflichtung anderer Mächte, demjenigen Hilfe zu leisten, der entgegen dieser feierlichen Verein barung das Opfer der Gewalt wird. Für diesen Gedanken steht heute die überwältigende Mehr heit des deutschen Volkes ein. Mit diesem Gedanken wäre cs nicht verein bar, wenn auf dem Boden eines Landes, das als unterlegenes Land die Revanche abschwört und dem Frieden sich widmet, auf Jahre hinaus der Druck von Bajonetten lasten sollte. Die Politik von Locarno ist unvereinbar mit der Politik des Mißtrauens, mit der Politik der Gewalt, mit der Politik der Unterdrückung. Sie ist Politik der Verständigung, Politik des freien Willens; sic ist die Politik des Glaubens an eine neue Zu kunft. Verstehe ich Sie recht, dann ist es Ihr Volk gewesen, das in mehr als hundertjährigem Frie den lebt, das diese Idee mitkräftigen wollte durch die Entscheidung des Nobelkomitees, das dcn Männern von Locarno den Preis zuerkannte für ihr Streben. Ich verbinde mit dem Dank für diese Ehrung die Hoffnung, daß die Ideen, di« Ihrer Ehrung zugrunde lagen, Gemeingut wer» den möchten der ringenden Nationen der Gegen wart, auf daß, wenn dieses Ziel erreicht wird, das Wort Wahrheit werden möge, daß der groß« Deutsche, der am meisten über die Völker hin auswirkte, einst gesprochen hat: „Wir bekennen uns zu drm Geschlecht, das aus dem Dunkcl in« Helle strebt! Nach Beendigung seines Vortrages erntet« der Reichsaußenministcr anhaltenden stürmischen Beifall. Der König drückte Dr. Stresemann die Hand. DieVedeuiung der internationalen Handelskammer-Konferenz Bo- unterem Berliner veriretee Berlin, 30. Juni In Stockholm findet gegenwärtig die internationale Handelskammer konferenz statt, der eine gewisse Bedeutung nicht abzusprechen ist. An den Beratungen neh men zum ersten Male auch deutsche Vertreter teil. Insgesamt sind in Stockholm über einhun dert Vertreter aus annähernd 25 Staaten ver sammelt, neben weit über 600 Sachverständigen aus aller Herren Ländern. Deutschland gehört der internationalen Handelskammer seit dem Jahre 1925 an, und zwar ist Deutschland auf dem damaligen Brüsseler Handelskammerkon- greß zum Mitglied gewählt worden. Auf der Brüsseler Tagung sahen die maßgebenden inter nationalen Wirtschaftler endlich ein, daß ohn« Mitarbeit Deutschlands die schwebenden inter nationalen wirtschaftlichen Fragen nicht zu lösen ind. Die internationale Handelskammer kann ich heute als der bedeutendste internationale Zu- ammenschluß der Geschäftsleute der Welt ^e- ^eichnen, gewissermaßen als ein wirtschaftliches Parlament, dessen Ansehen heute auf Grund der jüngsten Beratungen der Genfer Weltwirt schaftskonferenz nicht bestritten werden kann. Die internationale Handelskammer ist im Jahre 1919 auf Anregung Amerikas begründet worden und ihre erste Tagung hielt sie im Jahre 1920 in Paris ab. Was die Bedeutung dieser Organi- ation betrifft, so hat sie nicht den Zweck, mit anderen internationalen Einrichtungen in Wett bewerb zu treten und etwa der interparlamen tarischen Konferenz oder dem Völkerbunde „Kon kurrenz" machen zu wollen. Sie ist eine Konfe renz mehr handelstechnischer Natur und betrach tet es als ihre erste Aufgabe, die großen W>rt- chaftsfragen der Zusammenarbeit, des Wieder aufbaues und der internationalen Verständi gung zu fördern und vorzugsweise den vielen einzelnen Problemen und Sonderfragen, die im täglichen Eeschäftsleben bei der zunehmenden internationalen Verflechtung eine Rolle spielen, ihre ernste Aufmerksamkeit zu widmen. Von den wichtigsten Verhandlungsgegenständen sei nur erwähnt die Frage der Vereinheitlichung des Schecks- und Wechselrechts, der Akkreditive, der Verbesserung der Eisenbahn- und Seetrans porte und weiter Fragen der Handelsluftfahrt und der internationalen Handelsschiedsgerichts partei. Auf seiner letzten Tagung, und zwar der dritten in Nom im Jahre 1923, hat die inter nationale Handelskammer bereits eine ver dienstvolle Vorarbeit für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas geleistet; als Grundbe dingung sah man schon damals die Rückkehr zur Goldwährung und geordneten Staatshaushalten für die wirtschaftliche Erholung Europas an Infolge ihrer aufklärenden Arbeit hat sie zwei