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Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das »Wilsdruffer Tageblatt* erschein! an ollen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. lrri Haus, bei Postbestellung 1.80 AM. zuzüglich Bestellgeld Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstallen und Poft- boten,unse«Austr°ger u. „ «eschästsftelle, nehmen zu >-der,-,t Bestellungen ent. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umseaenv gegen. Im Kall- höherer DemoII.Krieg od. sonstiger ! -2-2 Betriebsstörungen besteht «Lr» Anspruch auf Lieferung drr Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke alle anderen Stände des Wilsdruffer Äeznks Anzeigenpreise laut ausliegendem Taris Nr. 4. — Nachweisungr-Mebühes 20 Rpfg. — Dorgeschriedema Erscheinungslage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit berülkstchtigt. — Anzeigen. Annahme bis vormittags 10 Uhr. - Für die Aichtigkett den durch Fernrus «Kermits Fernsprecher I Amt Wilsdruff Nr. 6 teilen Anzeigen übeene§ men wir keine Gewähr. ' - > — Jeder Radattanspruch erlischt, wenn Ler Betrag durch Klag- eingezogen werben, muh oder der Auftraggeber in Konkurs gerät- Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des StadL« rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 240 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 13. Oktober 1934 Von gestern zu heute. Unter dem Kanonendonner von 1870/71. — Der Blick auf die Zukunft. Frankreichs Außenminister der Nachkriegszeit, Aristide Briand, hat in seinem Testament einmal gesagt, er wünsche beigesetzt zu werden nur unter dem Beifall und der Zustimmung der ganzen französischen Nation; sonst solle man ihn still und schweigend in irgendeiner Ecke „verscharren". Barthou, der französische Außenminister, ist ein Schüler und Freund Briands gewesen. Er hat vor dem Kriege die dreijährige französische Militärdienstzeit durchbringen helfen und war nach dem Kriege der Präsi dent der Reparationskommission, die das Letzte aus Deutschland herauszuziehen versuchte, was es dort überhaupt gab! Er ist es gewesen, der diese Nepa- rationskommission zu dem Entschluß veranlaßte, daß Deutschland Ende 1922 „verurteilt wurde", die An forderungen nicht erfüllt zu haben, die die Reparations kommission an Deutschland gestellt hat. Infolgedessen hatte der damalige französische Ministerpräsident PoincarS das „formelle Recht", in Deutschland einzurücken bis zur Ruhr. Und wenn dieser Mann, Barthou, der damals eigentlich die Geschicke Deutschlands in Händen hatte, aus alten Erinnerungen heraus immer noch der „Uomns cks pgnestro" — der Mannvongestern — gewesen ist und es blieb bis zu seinem tragischen Ende in Marseille, so weiß Deutschland und die deutsche Regierung sehr genau, daß dieser Mann uns zum mindesten ein ehr licher Gegner gewesen ist. Und deswegen senken wir an seinem Grabe den Degen, und hoffen, daß die jüngere Generation in Frankreich sich nicht mehr beeinflussen läßt von dem Kanonendonner, der 1870/71 über Frankreich erschollen ist. -k Es ist selbstverständlich, daß nun das national sozialistische Deutschland bestrebt ist, die Hindernisse zu überwältigen, die ihm in den Weg gestellt werden. Es gibt zahlreiche Leute, die glauben, daß die Fe 11 Ver sorgung Deutschlands gleichfalls unter der Devisennot leiden müßte. Man muß demgegenüber ein mal einige Feststellungen machen: Diesen Miesmachern gegenüber soll betont werden, daß im Jahre 1933 eine Milcherzeugung von 23 Milliarden Liter hervorgebracht worden ist, eine Produktion, die ungefähr 5 bis 6 Prozent größer ist, als dasjenige, was in den vorhergegangencn Jahren erzeugt worden ist. Man weiß, daß der Einfuhr überschuß an Butter im Jahre 1934 ungefähr 50 000 Tonnen betragen hat und daß im Jahre 1933 die Einfuhr von Speisefetten ungefähr dieselbe Höhe er reicht hat. Bei diesen Zahlen ist aber interessant, daß der Einfuhrüberschuß von Butter ständig zurück gegangen ist, während andererseits der Anteil der Ausfuhr eine beträchtliche Steigerung erfahren hat. Es kommt nicht nur darauf an, daß das Problem der Futtermittel noch jetzt oder für die Zukunft gelöst wird, sondern der Reichsnährstand hat dafür gesorgt, daß die Frage der F et 1 v er s o r g u n g für die große Maste der Verbraucher gelöst worden ist. Dr. Pr. Für die Woche des Deutschen Juches. Aufruf des Reichsministers Dr. Goebbels. Der Reichsminister für Volksaufklärung und Propa ganda veröffentlicht zur kommenden „Woche des Deut schen Buches" folgenden Aufruf: Vom 4. bis 11. November findet die dies jährige „Woche des Deutschen Buches" statt. Veranstalte rin ist die Reichsschrifttumskammer mit den ihr an gegliederten Verbänden. Der Nationalsozialismus hat es stets als seine besondere Aufgabe angesehen, die Kulturgüter der Nation zum wirklichen Besitz des Volkes zu machen, und in den Dienst dieser großen Aufgabe stellt sich die „Woche des Deutschen Buches". Es ist Ehrenpflicht, Sorge dafür zu tragen, daß der Ruf, der an alle ergeht, nicht ungehört verhallt. Ich bitte daher alle amtlichen Stellen und Institu tionen, alle politischen und wirtschaftlichen Organisa tionen und insbesondere alle Kulturverbände, an der Vorarbeit und Durchführung der „Woche des Deutschen Buches" teilzu nehmen und deren Erfolg durch gemeinsames Zusammenwirken zu sichern. Wir sind als Volk arm geworden an materiellen Gmcrn, aber wir sind reich an unerschöpflichen Schätzen deutschen Geistes. Machen wir uns diesen Reichtum zu eigen. Bücher sind noch immer gute Kampf- und Weggenossen gewesen. Darum: Haltet fest am Deutschen Buch! Dr. Goebbels. Ein MeMmr der Königsmörder. Opfer der Terroristenorganifalion Pawelttsch. Mitwisser, aber nicht Mittäter? Das Verhör der in Annemasse fest genom menen Benesch rmd Novak hat bisher zu folgen den Ergebnissen geführt: Benesch und Novak haben zugegeben, daß die Visa und die Einreisevermerke in ihren Pässen gefälscht sind. Die Verhafteten behaupten, daß ihnen die Pässe kurz vor der Grenzüberschreitung zugestellt worden sind; durch wen, haben sie nicht verraten. Sie haben zu gegeben, einer revolutionären Vereinigung anzugehören, deren nähere Beschreibung sie ver weigern. Sie behaupten, Befehl erhalten zu haben, sich nach Paris zu begeben und dort eine führende Persönlich keit ihrer Vereinigung zu treffen, von der sie einen be sonderen Auftrag entgegennehmen sollten, jedoch hätten sie an dem angegebenen Treffpunkt vergeblich gewartet. Um sich die Zeit zu vertreiben, hätten sie die Umgebung von Paris besucht und so auch in Fontainebleau geweilt. Hier hätten sie durch Rundfunk und Presse von dem Marseiller Anschlag Kenntnis erhalten und sich schleunigst Fahrkarten nach Thonon besorgt in der Hoffnung, auf demselben Weg, auf dem sie gekommen waren, zurückkehren zu können. Oie Auftraggeber des Mörders Fortsetzung der Vernehmung in Annemasse Die Vernehmung der beiden in Thonon verhafteten Südslawen führte jetzt zu greifbaren Ergebnissen; die beiden der Mittäterschaft verdächtigten Verhafteten haben zugegeben, daß sie der südslawischen Terroristenorgauisa- tion Pawelitsch angehörten. Von dieser Organisation hätten sie Anweisung erhalten, sich zu einer besonderen Mission nach Frankreich zu begeben, wo ihnen weite« Anweisungen mitgeteilt werden sollten. Sollten neue Anweisungen bis zum 9. Oktober in Paris nicht eingegangen sein, sollten sie sich von Evian nach Lausanne begeben und dort nähere Einzelheiten ab warten. Rajtitsch, genannt Benesch, hat ferner erklärt, daß ihm ein gewisser Sarbaut den falschen Paß in Paris aus gehändigt habe, während Novak behauptet, ein gewisser Hatzs. dRft.habe jhch seinen Paß in Zürich übergeben, Die Vernehmung der beiden in Thonon verhafteten Südslawen hat jetzt zu greifbaren Ergebnissen geführt. Die beiden der Mittäterschaft verdächtigten Angeklagten haben zugegeben, daß sie der südslawischen Ter roristenorganisation Pawelitsch angehör- ten. Von dieser Organisation hätten sie Anweisung er halten, sich zu einer besonderen Mission nach Frankreich zu begeben, wo ihnen weitere Anweisungen mitgeteilt werden sollten. Sollten neue Anweisungen bis zum 9. Oktober in Paris nicht eingetrofsen sein, sollten sie sich von Evian nach Lausanne begeben und dort nähere Einzelheiten abwarten. Bisher 150 Verhaftungen in Paris. Es ist der französischen Polizei immer noch nicht ge lungen, alle Helfershelfer des toten Königs mörders zu verhaften. Es erfolgten bisher zwei Fest nahmen, durch die man zweifellos enge Mitarbeiter Kalcmens gefaßt hat. Es zeigt sich aber immer mehr, daß das Verschwörcrncst viel größer ist, als man bisher angenommen hat. Nach den letzten Feststellungen scheint auch eine Frau zu der Verbrecherbande zu gehören. In Frankreich sind bis jetzt etwa 140 verdächtige Jugoslawen und Balkan-Emigranten verhaftet worden. Zm Walde versteckt. Ein dritter Verdächtiger, in dem man einen der Haupt beteiligten sieht, konnte sich in Fontainebleau der Verhaftung entziehen. Er flüchtete in einen Wald, und alles Suchen nach ihm war vergeblich. Im weitesten Umkreis von Paris sind große Abspcrr- maßuahmen auf allen Zugangsstraßen getroffen worden. Alle Kraftwagen und jeder Passant werden auf das ge naueste untersucht. Zahlreiche Abteilungen der Polizei truppen aus der weitesten Umgebung wurden heran gezogen. Der Wald bietet aber für einen einzelnen Men schen so viele Schlupfwinkel, daß es sehr schwer sein wird, den Flüchtling aufzuspüren. Es ist aber anzunehmen, daß er in absehbarer Zeit aus Mangel an Ernährung sich ge zwungen sieht, sich entweder zu ergeben oder einen Durchbruchsversuch zu machen. Die Polizei hat zahlreiche Mitteilungen aus dem Publikum erhalten, nach denen man den Flüchtigen an allen möglichen Orten gesehen haben will. Diese ganzen Anzeigen haben sich aber als nicht stichhaltig erwiesen. Keine dieser Spuren war richtig. „Schickt mich nicht nach Belgrad!^ über die Vernehmung der am Genfer See ver hafteten Verbrecher erfährt man noch einige interessante Einzelheiten. Der eine Verhaftete namens Nowack schrie plötzlich in höchster Aufregung: „Schlagt mir hier den Kopf ab, aber schickt mich nicht nach Bel grad!" Die Marseiller Polizei hat übrigens auch feststellen können, daß sich unter den Verschwörern eine hübsche jungeFrau befindet, die zu gleicher Zeit mit Kalemen und seinen Genossen in einem Hotel wohnte und sich dort unter dem Namen Maria Vroudiek eingetragen hat. Oie Überführung -es ioien Königs. Kriegsschiffe geben das Geleit. Der jugoslawische Kreuzer „Dubrownik" mit der Leiche König Alexanders an Bord und der französische Kreuzer „Colbert", auf dem sich der französische Marine minister Pistri befindet, passierten die Meerenge von Messina. Eine italienische Flotten abteilung fuhr den beiden Kriegsschiffen entgegen und begleitete sie durch die italienischen Gewässer. Beim Passieren des Leuchtturms von San Ranieri in der Meerenge von Messina grüßte eine Salve von 21 Kanonenschüssen den toten König. Der Kreuzer „Dubrownik" mit den sterblichen Überresten des Königs wird am 14. Oktober, geleitet von sämtlichen süd- slawischen Kriegsschiffen, in Spalato eintreffen. Ser Zilin bringt es an den Tag. Das Versagen des Marseiller Sicherheitsdienstes. Der verbrecherische Anschlag auf den südslawischen König und den Außenminister Barthou hat, wie bereits be richtet, gefilmt werden können. Dieser Film, der den amtlichen Stellen sehr wertvolle Aufklärungen über die Art des Ordnungsdienstes und die einzelnen Phasen des Verbrechens geben wird, ist jetzt in vielen Exemplaren fertiggestellt und sollte in allen Pariser Lichtspieltheatern vorgefiihrt werden. Im letzten Augenblick hat die Polizei die öffentliche Vorführung des Films aber verboten. Nur ein einziges Pariser Licht spielhaus kam den Anweisungen der Polizei nicht nach und zeigte den Film trotz des Verbotes. Augenzeugen berichten, daß aus diesem Dokument deutlich hervorgehe, wie mangelhaft der Sicherheitsdienst organisiert gewesen sei. „Paris Soir" schreibt, man könne nicht von einer Kette von Polizeibeamten sprechen, die die Bevölkerung zurück hielt, sondern man sehe nur hier und da einen Beamten, der alle Mühe habe, die Straße freizu machen. Außerdem stelle man an Hand dieses Filmes mit Erstaunen fest, daß der Wagen, in dem sich der König und der französische Außenminister befanden, von nur zwei höheren Offizieren zu Pferde begleitet war und außerdem sehr dicht an der Zuschauermenge vorbeifuhr. Schwere Ausschreitungen in Serajewo. Höllenmaschine im Postamt explodiert. In Serajewo fanden größere Kundgebungen statt. Demonstrationszüge gingen, gegen alle Häuser vor, die nicht durch schwarze Fahnen als Zeichen der Trauer um den toten König geschmückt waren, ebenso gegen die katholische Kathedrale. Der Bau wurde außen und innen erheblich beschädigt. Auf den Kirchen, deren geistliche Behörden sich weigerten, ohne besondere Ge nehmigung Trauerfahnen herauszustecken, wurden von den Demonstranten zwangsweise große schwarze Fahnen gehißt. Auch gegen Geschäftsinhaber, die es versäumt batten, Trauerfahnen herauszuhängen, wurde von der Menge vorgegangen. In vielen Fällen wurden die Schaufensterscheiben eingeschlagen. Im Serajewoer Postamt explodierte eine Höllen maschine, durch die ein Postbeamter schwer verletzt wurde. Der Täter konnte von der Polizei bisher nicht verhaftet werden; es ist auch noch völlig unklar, welchen Kreisen er angehört. * Die Ausschreitungen sind ein Zeichen dafür, daß in der Bevölkerung eine starke Erregung entstanden ist gegen alle, die sie für Feinde des Königs und des Staates halten-